Urteil
Einstweilige Anordnung - Anspruch auf Fortsetzung einer begonnenen Umschulungsmaßnahme - Anspruch auf Übergangsgeld

Gericht:

LSG Nordrhein-Westfalen 18. Senat


Aktenzeichen:

L 18 R 674/10 B ER


Urteil vom:

02.12.2010


Tenor:

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 05.08.2010 geändert.
Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller die Fortsetzung der begonnenen Maßnahme zum staatlich geprüften Betriebswirt in einem Berufsförderungswerk oder einer entsprechenden Einrichtung zu gewähren.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Die außergerichtlichen Kosten des Antragstellers trägt die Antragsgegnerin.

Gründe:

I.
Der im August 1966 geborene Antragsteller (Ast) und Beschwerdeführer begehrt vorläufigen Rechtsschutz mit dem Ziel, die Antrags- und Beschwerdegegnerin (Ag) zu verpflichten, ihm vorläufig Übergangsgeld in gesetzlicher Höhe zu gewähren und die Ag zu verpflichten, ihm unverzüglich nach pflichtgemäßem Ermessen eine berufliche Rehabilitationseinrichtung zu benennen, an der er die Weiterbildung für den Beruf des staatlich geprüften Betriebswirts fortsetzen kann.

Auf den im März 2004 gestellten Antrag des Ast auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben bewilligte die Ag - nach Klärung ihrer Zuständigkeit gegenüber der BGE (Berufsgenossenschaft für den Einzelhandel, später BGHW/BG Handel und Warendistribution) und der medizinischen Voraussetzungen - durch Bescheide vom 11.03.2005 und 16.09.2005 eine Maßnahme zur Berufsfindung und Arbeitserprobung im Berufsförderungswerk (BFW) H. (ursprünglich D.), an der der Ast in der Zeit vom 10. bis 21.10.2005 teilnahm. Ausweislich des Abschlussberichts des BFW H. vom 14.11.2005 konnte unter Berücksichtigung der erbrachten Gesamtergebnisse einem kaufmännischen Umschulungsberuf, an dem der Ast. auch Interesse zeigte, zugestimmt werden; auf Grund der vom Ast abgeschlossenen Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann stelle sich eine Reintegration in den Arbeitsmarkt auch mit diesem Berufsbild grundsätzlich als realisierbar dar, ohne zwingend eine weitere kaufmännische Ausbildung zu durchlaufen. Die grundsätzlich in Betracht kommende verkürzte Umschulung erfordere auf Grund der Furcht des Ast vor Prüfungssituationen begleitende psychologische und soziale Fachdienste, wie sie beispielsweise ein Berufsförderungswerk biete. Im Vorfeld der Umschulung, zumindest jedoch während des Schulungsverlaufs, wurde insoweit eine psychotherapeutische Behandlung für notwendig erachtet. Wegen deutlicher Kenntnislücken in Mathematik solle der Ast an einem dreimonatigen Reha-Vorbereitungslehrgang teilnehmen. Die Ag bewilligte auf der Grundlage eines unter dem 22.12.2005 erstellten Reha-Planes zunächst einen dreimonatigen Vorbereitungslehrgang mit dem Ziel der Weiterbildung zum staatlich geprüften Betriebswirt mit einer Dauer von 24 Monaten im BFW G. Den Lehrgang schloss der Ast in Mathematik mit guten und in Deutsch mit sehr guten Leistungen ab (Schreiben vom BFW G vom 22.06.2006).

Mit Blick auf den erfolgreichen Abschluss des Vorbereitungslehrgangs konnte die Umsetzung in die Hauptmaßnahme ohne Probleme am 31.08.2006 beginnen, mit einem voraussichtlichen Ende am 09.07.2008 (Übergangsgeld kalendertäglich 31,84 Euro bzw. 31,94 Euro, Bescheid vom 06.09.2006).

Das BFW unterrichtete die Ag schriftlich über Abwesenheitszeiten des Ast wegen Klinikaufenthalts bzw. Arbeitsunfähigkeit in der Zeit vom 06.06.2006, vom 25. bis 28.06.2006, am 13.11.2006, vom 27.11.2006 bis 01.12.2006 sowie am 12.01.2007. Die Schreiben enthielten jeweils den Zusatz, dass die Ag unaufgefordert informiert werde, soweit das Erreichen des Ausbildungszieles gefährdet sei. Ausweislich des Semesterzeugnisses der Fachschule für Wirtschaft und Technik C vom 31.01.2007 erzielte der Ast Bewertungen von sehr gut bis befriedigend (Note befriedigend in Mathematik/Naturwissenschaften und Rechnungswesen/Controlling).
In der Folge wurde die Ag über weitere Schulunfähigkeitszeiten informiert und zwar vom 08.02. bis 09.02.2007, am 09.03.2007, vom 07.05. bis 11.05.2007 und am 16.05.2007 sowie am 23.05.2007 und vom 24.05. bis 22.06.2007.
Die Fachschule für Wirtschaft und Technik C (FWT) unterrichtete das BFW unter dem 16.06.2007 darüber, dass der Ast auf Grund seiner Fehlzeiten im Fach Mathematik den kompletten Einstieg in die betriebswirtschaftliche Rechnung verpasst habe und dass er auch in weiteren Fächern erhebliche Lücken aufweise; ein Einstieg in Klasse 2 im August müsse sehr kritisch bewertet werden; eine Versetzung sei möglich, der Nachholbedarf jedoch sehr groß, so dass eine Wiederholung der Klasse von Vorteil wäre.

Nach einem Vermerk der Ag vom 27.06.2007 sollte der Ast darüber informiert werden, dass beim derzeitigen Leistungsstand auf Grund der Arbeitsunfähigkeitszeiten und einer anstehenden Operation mit ungewisser Prognose hinsichtlich des Eintritts der Schulfähigkeit das Ausbildungsziel in der vorgesehenen Zeit nicht mehr zu erreichen sei. Unter demselben Datum des 27.06.2007 widerrief sie den Bescheid vom 06.07.2006 mit der Begründung, dass aus gesundheitlichen Gründen während der Leistungen zur Teilhabe ein Unterrichtsausfall eingetreten sei (07.05. bis 11.05, 16.05. bis 23.05. 2007 und laufend). Im Rahmen des Ermessens sei geprüft worden, ob Umstände vorlägen, die einem Widerruf des Bescheides entgegenstünden, was nach dem Akteninhalt nicht ersichtlich sei. Sofern an der weiteren Durchführung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben Interesse bestehe, stelle sie anheim, erneut einen Antrag zu stellen, sobald sich der Gesundheitszustand stabilisiert habe. Dann werde auch eine eventuell erforderliche Rückversetzung geprüft. Als Zusatz fügte sie dem Bescheid den zuvor zitierten Aktenvermerk an.

Die Maßnahme wurde laut Mitteilung des BFW G am 27.06.2007 abgebrochen.

Unter dem 29.07.2007 teilte der Ast mit, dass er trotz "Selbststudium" den Abbruch nicht habe abwenden können, er beantrage die "Rückversetzung" in den Folgelehrgang BW 07 und bat um eine möglichst zeitnahe Anmeldung zum Wiedereinstieg.

Da es keinen Halbjahresrhythmus gab, musste der Ast von vorn beginnen.
Auf der Grundlage und in Fortführung des alten Reha-Planes wurde durch Bescheid vom 14.08.2007 neuerlich die Weiterbildung für den Beruf des staatliche geprüften Betriebswirts für 24 Monate bewilligt (voraussichtlich Ende 24.06.2009). Die Maßnahme begann am 30.08.2007. Das Übergangsgeld für die Dauer der Maßnahme wurde durch Bescheid vom 11.09.2007 bewilligt.

In der Folgezeit meldete das BFW Abwesenheitszeiten wegen Arbeitsunfähigkeit bzw. Schulunfähigkeit
vom 01.10.2007 - 02.10.2007
am 06.11.2007
am 30.11.2007
vom 13.12.2007 - 14.12.2007
und am 15.01.2008.

Das vom Ast vorgelegte Zeugnis vom 01.02.2008 der FWT wies Leistungsbewertungen im Bereich von sehr gut bis gut aus. Auch danach wurden Abwesenheitszeiten des Ast wegen Schulunfähigkeit gemeldet vom
22.05.08 bis 23.05.08
05.06.08 bis 06.06.08 und vom
09.06.08 bis 13.06.08.

Nach dem Zeugnis der FWT vom 04.07.2008 wurden mit Ausnahme des Faches Rechnungswesen/Controlling (befriedigend) die übrigen Leistungen mit sehr gut bis gut bewertet und der Ast laut Beschluss der Klassenkonferenz versetzt.

Danach wurden weitere Arbeitsunfähigkeitszeiten gemeldet vom
26.09.08 bis 02.10.08 (Wiederaufnahme der Ausbildung 29.09.08 trotz AU)
03.11.08 bis 07.11.08
24.11.08 bis 01.12.08.

Wegen für den Ast nach dessen Auffassung unzumutbarer Verhältnisse im Wohnheim und Differenzen zwischen ihm und einem Dozenten sollte - auch nach Auffassung des zuständigen Reha-Beraters - der Ausbildungsort gewechselt werden. In diesem Zusammenhang wurde auch geprüft, ob eine Schulung durch ein BFW zwingend erforderlich ist, wobei allerdings feststand, dass es nicht zu einem Maßnahmeabbruch kommen, sondern der Wechsel in eine andere Einrichtung nahtlos übergehen sollte (Telefonvermerk vom 12.11.2008).
Einem sofortigen Einstieg in eine laufende Maßnahme zum Betriebswirt wurde seitens der DAA Wirtschaftsakademie in D., zu der der Ast Kontakt aufgenommen hatte, zugestimmt. Die Maßnahme an der FWT endete mit dem 30.11.2008; zum 01.12.2008 begann die Ausbildung in der DAA Wirtschaftsakademie in D., die die Ag durch Bescheid vom 03.12.2008 für den Beruf staatlich geprüfter Betriebswirt nunmehr mit einer voraussichtlichen Dauer von 16 Monaten bewilligte. Gleichzeitig widerrief sie durch weiteren Bescheid vom 03.12.2008 den Bescheid vom 14.08.2007 mit Wirkung ab 01.12.2008 mit der Maßgabe, dass das Übergangsgeld ab 01.12.2008 unter einer neuen Maßnahmenummer weitergezahlt wird. Der Bescheid enthielt den Zusatz, dass wegen Wechsels der Ausbildungsstätte am 01.12.2008 das Rehabilitationsziel nicht erreicht werden könne.
Für die Dauer der mit Bescheid vom 03.12.2008 bewilligten Maßnahme erhielt der Kläger weiter Übergangsgeld (Bescheid vom 04.12.2008).

Unter dem 28.02.2009 reichte der Antragsteller eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zu den Akten und teilte unter detaillierter Darlegung verschiedener Vorgänge mit, dass er sich an der Schule bzw. innerhalb des neuen Klassenverbands bei der DAA gemobbt fühle. Weitere AU-Bescheinigungen wurden in der Folge zu den Akten gereicht (zuletzt bis zum 06.04.2009), u.a. die ärztliches Bescheinigung eines Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. Sch. vom 31.03.2009, der aus gesundheitlichen Gründen dem Ast geraten hat, die Fortbildungsmaßnahme in der Schule nicht fortzuführen, da eine Chronifizierung insbesondere der psychischen Leiden drohe.

Im weiteren Verlauf führte die Ag unter Einschaltung von Reha-Beratern mit dem Ast Beratungs- und Informationsgespräche, wobei die Reha-Berater auch die Einschätzung äußerten, dass eine Fortführung der Maßnahme nicht sinnvoll erscheine und vorab eine medizinische Reha-Maßnahme durchgeführt werden solle. Dem widersprach der Ast, weil er insbesondere im Hinblick auf seine berufliche Eingliederung keine weitere Zeit verlieren wolle und auch nicht beabsichtige, die Maßnahme zu beenden, bevor eine konkrete möglichst nahtlose Anschlussmaßnahme feststehe.

Durch Bescheid vom 03.04.2009 widerrief die Ag die Bescheide vom 03.12.2008 und vom 14.08.2007 ab dem Tag nach der Zustellung. Aus gesundheitlichen Gründen sei während der Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben ein Unterrichtsausfall eingetreten. Die seit dem 27.02.2009 gemeldeten Fehlzeiten hätten eine regelmäßige Teilnahme an den Leistungen zur Teilhabe nicht erlaubt. Nach den Feststellungen der Reha-Einrichtung und nach ihrer Auffassung könne das Rehabilitationsziel wegen der Fehlzeiten in der vorgesehenen Zeit nicht mehr erreicht werden.
Unter dem 06.04.2009 bot die Ag medizinische Rehabilitationsleistungen an, die der Ast ablehnte.

Gegen den Bescheid vom 03.04.2009 erhob der Ast Widerspruch und stellte unter dem 09.04.2009 einen Antrag auf einstweilige Anordnung (S 4 R 124/09 Er - SG Dortmund -) u.a. mit dem Begehren auf Rücknahme des rechtswidrigen Widerrufsbescheides vom 03.04.2009; Weitergewährung der ihm bewilligten Umschulung zum staatlich geprüften Betriebswirt und Benennung einer beruflichen Rehabilitationseinrichtung zur Weiterbildung für den Beruf Betriebswirt sowie Verpflichtung der Ag, ihm ab Antragseingang vorläufig Übergangsgeld zu gewähren.
Die Ag vertrat hierzu die Auffassung, dass der Ast die von ihm begehrte Ausbildung mit Unterbrechungen insgesamt seit ca. 28 Monaten betreibe und keinen Abschluss erzielt habe. Zweifel an der Belastbarkeit des Ast für die Fortführung der begonnenen oder Aufnahme einer neuen Ausbildung seien daher berechtigt. Der übliche Förderrahmen nach § 37 SGB IX sei bei weitem überschritten. Da der Ast das Angebot einer medizinischen Rehabilitationsmaßnahme abgelehnt habe, sei zur Prüfung seiner Belastbarkeit für eine Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben am 16.04.2009 ein neurologisch-psychiatrisches Fachgutachten in Auftrag gegeben worden. Es seien keinerlei Gründe für die Notwendigkeit einer einstweiligen Anordnung erkennbar.

Vor dem SG Dortmund haben sich die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung am 08.10.2009 im Wege des Vergleichs darauf verständigt, dass
- die Ag ein Gutachten von Dr. R. einholt und sie binnen sechs Wochen nach Eingang des Gutachtens über die Frage entscheiden wird, ob und welche Maßnahme über die weitere Umschulung zum Betriebswirt sie dem Ast anbietet.
- der Ast das Recht habe, Unterlagen, die ihm selbst wichtig erscheinen, dem Sachverständigen zur Untersuchung vorzulegen.
- die Ag die Berücksichtigung dieser Unterlagen durch den Sachverständigen nicht behindern und dem Ast eine Durchschrift des Gutachtenauftrags an Dr. R. übersenden werde.

Vor diesem Hintergrund haben die Beteiligten das Verfahren für erledigt erklärt.

Unter dem 27.11.2009 erstattete der Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. R. im Auftrag der Beklagten ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten. Zusammenfassend stellte er fest, dass es sich bei dem Ast um die Folgen eines Wegeunfalls aus dem Jahre 2003 mit Zustand nach traumatischer Brustwirbelkörperfraktur und Anlage einer Spondylodese handele. Darüber hinaus bestehe weiterhin eine posttraumatische Belastungsstörung und ein leichtes Polyneuropathie-Syndrom. Der Ast sei auch weiterhin in der Lage, die Ausbildung zum staatlich geprüften Betriebswirt umzusetzen. Die von ihm erlebte Mobbingsituation habe zusätzlich zu der bereits bestehenden posttraumatischen Belastungsstörung zu einer vorübergehenden, deutlichen Akzentuierung der psychischen Situation geführt. Hinsichtlich der Symptome der posttraumatischen Belastungsstörung sei der Ast in psychotherapeutischer Behandlung. Unter Berücksichtigung der vorliegenden Erkrankungen und der psychischen Beeinträchtigungen sollten Arbeiten unter Zeitdruck wie beispielsweise Akkord- und Fließbandarbeiten sowie Tätigkeiten mit häufigem Publikumsverkehr unterbleiben. Wesentliche Einschränkungen des allgemeinen Umstellungs- und Anpassungsvermögen seien nicht zu finden. Insgesamt bestehe Belastbarkeit für weitere Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, konkret zur Ausbildung zum staatlich geprüften Betriebswirt.

Nach geäußerter Kritik der beratenden Ärztin der Ag Dr. M. am Gutachten nahm Dr. R. auf Veranlassung der Beklagten (Schreiben vom 22.12.2009), weiter dazu Stellung, warum keine gezielte und eingehendere psychiatrische Exploration a) zur unfallbedingten psychiatrischen Krankheitsanamnese b) zu den während der beruflichen Rehabilitation zu Tage tretenden Besonderheiten im interaktionellen Stil des Versicherten mit Mitarbeitern und Mitrehabilitanden und der spezifischen Verarbeitung des erlebten Mobbing durchgeführt worden sei. Insbesondere sollte Stellung genommen werden dazu, wie die während der beruflichen Rehabilitation aufgetretenen psychischen Beeinträchtigungen diagnostisch beurteilt werden, ob es sich hierbei um charakterliche Besonderheiten, eine ausgeprägtere unfallunabhängige seelische Störung oder um eine in der unfallunabhängigen vorbestehenden Persönlichkeit begründete, tiefergehende Störung von Krankheitswert handele.
Dr. R. hat sich hierzu im Ergänzungsgutachten vom 29.12.2009, auf das Bezug genommen wird, geäußert.

Mit Blick auf Alternativtätigkeiten (Verwaltungsfachangestellte Kommunalverwaltung, öffentlicher Dienst, Industriekaufmann, Eurokaufmann) hörte die Ag die beratende Ärztin unter Hinweis auf Tätigkeitsbeschreibungen im "Berufenet" an. Sie meinte, in allen genannten Alternativausbildungen sei von häufigem Publikumsverkehr auszugehen. Weder die Umschulung zum staatlich geprüften Betriebswirt noch die gewünschten Ausbildungen seien leidensgerecht.

Mit Bescheid vom 28.01.2010 stellte die Ag fest, dass der Ast für die Fortführung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben wieder belastbar sei. Da nach den Feststellungen von Dr. R. Tätigkeiten mit häufigem Publikumsverkehr unterbleiben sollten, habe dies zur Folge, dass weder die Fortsetzung der abgebrochenen Ausbildung zum staatlich geprüften Betriebswirt noch die von dem Ast alternativ vorgeschlagenen Ausbildungen zum Verwaltungsfachangestellten, Industriekaufmann oder Eurokaufmann durch die Ag gefördert werden könnten. Alle diese Tätigkeiten seien durch Kunden-, Bürger- oder Publikumsverkehr gekennzeichnet. Die Ag sei jedoch bereit, in Zusammenarbeit mit dem örtlichen Rehabilitationsfachberater zu prüfen, welche geeignete Maßnahme für den Ast in Betracht komme.

Unter dem 07.02.2010 hat der Ast erneut Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt mit der Maßgabe, die Ag zu verpflichten, ihm ab Antragseingang vorläufig Übergangsgeld in gesetzlicher Höhe zu gewähren und ihm unverzüglich gem. § 13 Abs. 1 Satz 1 SGB VI nach pflichtgemäßem Ermessen eine berufliche Reha-Einrichtung zu benennen, an der er die Weiterbildung für den Beruf des Betriebswirts fortsetzen kann.
Eine Schulunfähigkeitsbescheinigung über den 08.04.2009 hinaus sei nicht ausgestellt worden, so dass davon auszugehen sei, dass er ab dem 09.04.2009 wieder an der Maßnahme teilnehmen konnte. Entgegen den Ausführungen im Widerrufsbescheid vom 03.04.2009 sei das Rehabilitationsziel für ihn noch zu erreichen.
Die Ag hat demgegenüber die Auffassung vertreten, die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung lägen nicht vor. Der Ast habe sich selbst bei der Wirtschaftsakademie abgemeldet und eine Fortsetzung seiner Ausbildung nicht gewünscht. Mithin sei der Widerruf gerechtfertigt gewesen, da die Maßnahme für eine bestimmte Bildungseinrichtung bewilligt worden sei. Bis zum 08.04.2009 sei im Übrigen das Übergangsgeld nachgezahlt worden. Soweit der Ast meine, in der Lage zu sein, die Ausbildung zum staatlich geprüften Betriebswirt weiterführen zu können, stelle sich die Frage, weshalb es seit dem 31.08.2006 (dem erstmaligen Beginn der Umschulung) nicht längst zu einem (erfolgreichen) Abschluss der Maßnahme gekommen sei, weshalb bislang drei Ausbildungsstätten involviert worden seien und weshalb nun in einer vierten und neuen Ausbildungsstätte der erfolgreiche Abschluss möglich sein solle.

Das SG hat durch Beschluss vom 05.08.2010 den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Es bestehe schon kein Anordnungsgrund. Was das Übergangsgeld anbelange, sie der notwendige Lebensunterhalt durch die Leistungen nach dem SGB II gedeckt, die der Ast nachweislich beziehe. Es sei auch kein Grund vorgetragen worden, der die Annahme einer existenziellen Gefährdung ohne die Gewährung von Übergangsgeld oder Zwischenübergangsgeld rechtfertige. Hinsichtlich der Benennung einer anderen Einrichtung zwecks Fortsetzung der Ausbildung zum Betriebswirt könne der Ast ebenfalls keinen Erfolg haben, weil es ihm unbenommen sei, durch häusliche Arbeit seinen Wissensstand zu halten bzw. zur Verfügung stehende Literatur zu lesen. Insoweit bleibe es dabei, dass der Ast allenfalls ein bis zwei Jahre verliere, bevor er seinen Abschluss erhalte. Dies sei nicht so erheblich, auch nicht mit Blick auf das Alter des Ast. Denn es mache keinen Unterschied auf dem Arbeitsmarkt, ob sich jemand mit 45 oder mit 47 Jahren bewerbe. Es erscheine nach dem Akteninhalt auch möglich, das Verwaltungsverfahren dadurch zu beschleunigen, dass sich der Ast nicht jeglichem Angebot der Ag widersetze. Dem Interesse des Ast auf baldige berufliche Rehabilitation stehe das Interesse entgegen, nicht durch die Vorwegnahme des Hauptsacheverfahrens ein Reha-Verfahren durchzuführen, das sich im Nachhinein als erfolglos und damit als nicht zu gewähren herausstellt.
Im Übrigen seien die Ausführungen des Dr. R. nicht als ausreichend und schlüssig anzusehen, um von einem hohen Grad der Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg in der Hauptsache auszugehen. Im Wesentlichen gehe es nämlich um die Frage, ob der Ast die Voraussetzungen für eine Umschulung zum Betriebswirt erfülle. Es bestünden jedoch Zweifel an einer dauerhaften Integration ins Erwerbsleben iS des § 33 SGB IX. Um diese Frage zu klären seien im Hauptsacheverfahren umfangreiche medizinische Ermittlungen durchzuführen, um die Belastbarkeit zu überprüfen.

Gegen den ihm am 09.08.2010 zugestellten Beschluss hat der Ast am 11.08.2010 Beschwerde eingelegt, die er mit Schriftsatz vom 13.09.2010 begründet hat. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Inhalt des Schriftsatzes Bezug genommen.

Der Ast beantragt,

den Beschluss des SG Dortmund zu ändern und die Ag im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm vorläufig Übergangsgeld in gesetzlicher Höhe zu gewähren sowie

ihm unverzüglich gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 SGB VI nach pflichtgemäßem Ermessen eine berufliche Reha-Einrichtung zu benennen, an der er die Weiterbildung für den Beruf des Betriebswirts fortsetzen kann.

Die Ag beantragt sinngemäß,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie sei bereit, gemeinsam mit dem örtlichen Reha-Fachberater zu prüfen, welche geeignete Maßnahme für den Ast in Betracht kommt.

Hinweis:

Einen Fachbeitrag zum Einstweiligen Rechtsschutz finden Sie im Diskussionsforum Rehabilitations- und Teilhaberecht der Deutschen Vereinigung für Rehabilitation (DVfR) unter:
https://www.reha-recht.de/fileadmin/download/foren/a/2013/A4...

Rechtsweg:

SG Dortmund Beschluss vom 05.08.2010 - S 4 R 184/10 ER
SG Dortmund Urteil vom 06.06.2013 - S 4 R 1909/10

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II.

Die zulässige Beschwerde ist begründet.

Der Erlass einer einstweiligen Anordnung ist zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis gemäß § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Voraussetzung für den Erlass einer Regelungsanordnung ist stets, dass sowohl ein Anordnungsgrund (d.h. die Eilbedürftigkeit der Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile) als auch ein Anordnungsanspruch (d.h. hinreichende Wahrscheinlichkeit eines in der Sache gegebenen materiellen Leistungsanspruchs) glaubhaft gemacht werden (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG iVm § 920 Zivilprozessordnung - ZPO -). Grundsätzlich soll wegen des vorläufigen Charakters der einstweiligen Anordnung die endgültige Entscheidung in der Hauptsache nicht vorweg genommen werden. Wegen des Gebots effektiven Rechtsschutzes ist von diesem Grundsatz aber eine Abweichung geboten, wenn ohne die begehrte Anordnung schwere, später nicht wieder gut zu machende Nachteile entstünden, deren Beseitigung in einer nachfolgenden Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr möglich wäre.

Ausgehend hiervon hat der Ast sowohl einen Anordnungsanspruch (1) als auch einen Anordnungsgrund (2) glaubhaft gemacht. Dem Begehren des Ast steht auch nicht der Umstand entgegen, dass der Ag bei der Entscheidung, ob und welche Leistungen sie bei der Teilhabe am Arbeitsleben zu gewähren hat, ein Ermessen eingeräumt ist (3).

1) Streitgegenstand des jetzigen Verfahrens um eine einstweilige Anordnung ist der Bescheid vom 28.01.2010, der gemäß § 86 SGG Gegenstand der Hauptsache (Widerspruchsverfahren) geworden ist. Mit diesem Bescheid hat es die Ag u.a. abgelehnt, die Ausbildung zum staatlich geprüften Betriebswirt zu fördern. Soweit sie in diesem Zusammenhang die Feststellung getroffen hat, dass der Ast auf Grund des Ergebnisses der Begutachtung durch Dr. R. für die Fortführung von Leistungen zur Teilhabe belastbar ist, steht dies nicht im Streit; es ergeben sich auch keine Anhaltspunkte dafür, dass diese Feststellung unzutreffend sein könnte.

Die Entscheidung der Ag, eine Förderung des Ast komme für alle Ausbildungen, insbesondere die im Bescheid genannte bisherige Ausbildung zum staatlich geprüften Betriebswirt, nicht in Betracht, hält einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Die Ag hat in unzulässiger Weise die hier im Vordergrund stehende Frage, ob die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit des Ast für einen erfolgreichen Abschluss der begonnenen Rehabilitation ausreicht, mit dem - fraglichen - Zugang zu einem gewünschten oder gewählten Beruf vermengt. Fördermittel dürfen zwar nur dort eingesetzt werden, wo der gewünschte Beruf zugleich die Chance des Rehabilitationserfolges eröffnet; von den Beteiligten war allerdings im Rahmen des Gesamtplanes niemals ein konkreter oder angestrebter Beruf ins Auge gefasst, sondern vielmehr - zutreffend - die Gesichtspunkte berücksichtigt worden, die im Hinblick auf die für die hier in Streit stehende konkrete (Weiterbildungs-)Maßnahme erforderliche Leistungsfähigkeit von Bedeutung sein können. Prognostisch stand der Eingliederung aus medizinischer Sicht ursprünglich nichts entgegen. Die Ag hat jedoch im Hinblick auf die ab Februar 2009 eingereichten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen Zweifel an der gesundheitlichen Eignung für eine Weiterführung der Maßnahme geäußert. Insoweit haben sich die Beteiligten im vorangegangenen Verfahren im Wege des Vergleichs darauf verständigt, zu prüfen, ob der Ast einer Weiterbildung aus medizinischer Sicht gewachsen ist. Diese Frage hat Dr. R. und ihm folgend die Ag in der hier angefochtenen Entscheidung bejaht.

Vor diesem Hintergrund ist die weiter getroffene Entscheidung, die Weiterbildung zum staatlich geprüften Betriebswirt abzulehnen, rechtswidrig.
Nachdem die Ag in Fortführung und auf der Grundlage ihres Reha-Planes vom Dezember 2005 durch Bescheid vom 14.08.2007 neuerlich die Weiterbildung zum staatlich geprüften Betriebswirt für voraussichtlich 24 Monate bewilligt hatte, waren die Beteiligten einvernehmlich davon ausgegangen, dass die Maßnahme fortzusetzen ist. Der Ausbildungsortwechsel und die in diesem Zusammenhang getroffenen weiteren Entscheidungen haben an dem mit dem Reha-Plan verfolgten Ziel nichts geändert. Deshalb wurde auf dieser Grundlage im Bescheid vom 03.12.2008 die Förderung der Maßnahme nochmals mit einer weiteren Dauer von nunmehr 16 Monaten bei der DAA D. befürwortet. Den Bescheid vom 14.08.2007 hat die Ag mit Wirkung ab 01.12.2008 mit der Maßgabe widerrufen, dass das Übergangsgeld unter einer neuen Maßnahmenummer weitergezahlt werde. Hinsichtlich der Weiterbildungsmaßnahme im Übrigen änderte sich nichts. Insoweit räumt die Ag zu Recht ein, dass die Maßnahme für eine bestimmte Bildungseinrichtung weiter bewilligt worden ist.

Soweit die Ag durch den Bescheid vom 03.04.2009, der Gegenstand des vorhergehenden einstweiligen Anordnungsverfahrens war, die Bescheide vom 03.12.2008 und vom 14.08.2007 mit der Begründung widerrufen hat, dass aus gesundheitlichen Gründen ein Unterrichtsausfall eingetreten und die gemeldeten Fehlzeiten eine regelmäßige Teilnahme an den Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nicht mehr erlaubt hätten und damit das Rehabilitationsziel in der vorgesehenen Zeit nicht mehr erreicht werden könne, ist schon fraglich, ob die zugrundeliegenden Fakten für eine solche Beurteilung ausreichen, weil bis zu diesem Zeitpunkt lediglich eine AU-Bescheinigung bis April 2009 vorlag und die Vergangenheit gezeigt hatte, dass der Ast bei längerandauernden AU-Zeiten das Klassenziel erreicht hatte. Es kommt auf diese Beurteilung hier aber nicht mehr entscheidend an, nachdem die Beteiligten dieses Verfahren vergleichsweise mit dem Ziel beendet haben, die gesundheitliche Leistungsfähigkeit festzustellen (s.o.).
Festzuhalten ist allerdings, dass der im Bescheid vom 03.04.2009 verfügte Widerruf des Bescheides vom 14.08.2007 hinfällig war, weil dieser bereits durch den Bescheid vom 03.12.2008 mit Wirkung ab 01.12.2008 widerrufen worden war und keine Wirkungen mehr entfaltete.

Hinsichtlich des weiteren, durch den Bescheid vom 03.04.2009 widerrufenen Bescheides vom 03.12.2008 "Weiterbewilligung für die Dauer von 16 Monaten für den Beruf staatlich geprüfter Betriebswirt" gilt: Die hier vorgesehene "Weiterbewilligung" der Maßnahme war grundsätzlich zulässig mit einem Widerrufsvorbehalt versehen. Die Ag hatte sich den Widerruf unter den konkret angegebenen Gründen vorbehalten. Sie hat allerdings auch im Falle des Widerrufs nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden, d.h. selbst bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 47 Abs. 1 (hier Ziffer 1) SGB I kann sie im Rahmen pflichtgemäßen Ermessens entscheiden, ob sie widerruft oder nicht. Ob die Ag im Zeitpunkt des Widerrufs bei der wie unter Ziffer I dargestellten, gegebenen Sachlage die Widerrufsentscheidung rechtmäßig getroffen hat, ist fraglich, weil erkennbar Ermessensgesichtspunkte nicht dargelegt sind. Festzuhalten ist allerdings, dass am 03.04.2009 zwar eine AU-Bescheinigung bis zum 08.04.2009 vorlag; daraus konnte und musste die Ag zu jenem Zeitpunkt aber keinesfalls schließen, dass auf Grund des Unterrichtsausfalls das Rehabilitationsziel nicht erreicht wird, zumal der behandelnde Arzt des Klägers lediglich eine Fortsetzung der Maßnahme an der Schule, die der Ast seinerzeit besuchte, nicht befürwortet hatte. Er nahm sogar an, dass beim Wechsel der Ausbildungsstätte die Symptomatik wahrscheinlich verschwinden werde. Diese Annahme hat schließlich das Gutachten von Dr. R. bestätigt. Der Ast hatte Interesse an einer nahtlosen Fortführung bekundet. Insoweit hat die Ag ohne Prüfung geeigneter Alternativen, die sich zu jenem Zeitpunkt aus wirtschaftlicher, zielorientierter Sicht geboten hätten, wie z.B. Wechsel der Ausbildungseinrichtung, die Maßnahme widerrufen, obwohl sie kurz vor Beendigung eher unverhältnismäßig war und der Ast noch im Juli 2008 beste Leistungsbewertungen vorzuweisen hatte. Vor diesem Hintergrund hat sich als einzig sinnvolle Lösung angeboten, für die letzten vorgesehenen Monate der Ausbildung eine geeignete Bildungseinrichtung zu suchen, an der die begonnene Maßnahme abgeschlossen werden konnte.
Soweit sich die Beteiligten im Vergleich dahin verständigt haben, die Belastungsfähigkeit des Ast für die Weiterbildungsmaßnahme zu überprüfen, konnte dies bei verständiger Würdigung nur mit dem Ziel erfolgt sein, dass sich die Ag auf der Grundlage der getroffenen ärztlichen Feststellungen bei für den Ast positivem Ergebnis umgehend um eine Einrichtung bemüht, an der die Maßnahme beendet werden kann.
Die gezielten weiteren Nachfragen an den Gutachter gingen an der getroffenen Vereinbarung vorbei und verzögerten den Ablauf, zumal sie für die im Vordergrund stehende Beurteilung nicht erheblich waren.

Da der Ast am Wohnort in ambulanter psychotherapeutischer Behandlung ist, bedarf es möglicherweise nicht mehr der unterstützenden Einrichtung eines Berufsförderungswerks; insoweit könnte sich - nicht nur aus Kostengründen - ohnehin eine wohnortnahe Ausbildungsstätte anbieten.

2) Der Ast hat auch das Vorliegen eines Anordnungsgrundes glaubhaft dargetan. Die vorgesehene Weiterbildungsmaßnahme wurde zuletzt durch Bescheid vom 14.08.2007, geändert durch Bescheid vom 03.12.2008, bewilligt und durchgeführt. Würde man den Ast auf ein erfahrungsgemäß länger dauerndes Hauptsacheverfahren verweisen, würde über die hier ohnehin schon recht lange Dauer des Anordnungsverfahrens hinaus weitere Zeit verstreichen, die im Hinblick auf den Erfolg der Maßnahme nicht mehr zuträglich ist. Ein weiterer Zeitablauf stellt auch für den erreichten Ausbildungs- und Wissensstand eine erhebliche Gefährdung dar, auch wenn der Ast gezeigt hat, dass trotz teilweise längerer Arbeitsunfähigkeitszeiten gute Leistungsergebnisse zu erzielen sind. Insoweit könnte die Ag möglicherweise gehalten sein, dem Ast die Teilnahme an einschlägigen Kursen anzubieten, um "Wartezeiten" zu überbrücken und den Ausbildungs- und Wissensstand präsent zu halten.

3) Der begehrten Anordnung steht nicht der Umstand entgegen, dass hinsichtlich der konkreten Ausgestaltung der Teilhabe am Arbeitsleben der Ag ein Ermessen eingeräumt ist. Es ist allerdings fraglich, ob der Ast im Hauptsacheverfahren nur die Verpflichtung erstreiten könnte, die Ag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu verurteilen. Gleichwohl ist zu beachten, dass bei Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zumindest dann eine Ausnahme geboten ist, wenn durch eine solche Regelungsanordnung, nämlich Ermessen zu betätigen, kein wirksamer Rechtsschutz erreicht werden könnte. Das ist hier der Fall.

Soweit der Ast eine vorläufige Anordnung hinsichtlich der Gewährung von Zwischenübergangsgeld oder Übergangsgeld begehrt, ist ein Anordnungsgrund nicht ersichtlich, weil der Lebensunterhalt für die Vergangenheit durch SGB II Leistungen gedeckt war und dies auch weiterhin zumutbar ist. Deshalb ist der Antrag insoweit zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar (§ 177 SGG).

Referenznummer:

R/R3474


Informationsstand: 14.12.2010