Urteil
Bindungswirkung eines Grundurteils über die Verpflichtung des Trägers der Arbeitslosenversicherung zur Gewährung von Leistungen der beruflichen Rehabilitation

Gericht:

LSG Sachsen-Anhalt 2. Senat


Aktenzeichen:

L 2 AL 19/09


Urteil vom:

26.01.2012


Grundlage:

  • SGB III § 77 |
  • SGB I § 60 |
  • SGB I § 66 Abs. 3 |
  • SGG § 141 Abs. 1

Tenor:

Das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 13. Januar 2009 und der Bescheid der Beklagten vom 27. Juni 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Dezember 2005 werden abgeändert. Die Beklagte wird verurteilt in Ausführung des Urteils des Sozialgerichts Halle vom 17. November 2004 erneut über den Anspruch des Klägers auf eine Maßnahme der beruflichen Weiterbildung zu entscheiden.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Die Beklagte hat 1/3 der außergerichtlichen Kosten des Klägers zu erstatten

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt eine Förderung seiner beruflichen Eingliederung durch die Beklagte.

Der am ... 1950 geborene Kläger erwarb in der damaligen DDR das Abitur und schloss ein anschließendes Universitätsstudium der Germanistik und Musikwissenschaft im Jahr 1973 mit einem Diplom ab. Nach dem Diplom durfte er aufgrund politischer Einflussnahme der Behörden der DDR nicht auf diesem Fachgebiet tätig sein. Er war zunächst im Stadtkulturhaus, dann als Kantor an der Katholischen Kirche und sodann freiberuflich als Chorleiter tätig. Ab dem Jahr 1980 war er als Mitarbeiter und Gruppenleiter in der wissenschaftlichen Arbeitsorganisation in volkseigenen Unternehmen tätig. Aufgrund einer Krebserkrankung erhielt er von der staatlichen Rentenversicherung der DDR ab dem 1. März 1989 eine Invalidenrente bzw. später von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit.

Mit Bescheid vom 14. November 1995 stellte das Regierungspräsidium H. fest, dass der Kläger politisch Verfolgter im Sinne des § 1 Abs. 1 Nummer 4 des beruflichen Rehabilitierungsgesetzes (BerRehaG) ist. Die Verfolgungszeit habe vom 16. November 1973 bis zum 30. April 1980 gedauert. Wegen seiner systemkritischen Einstellung sei dem Kläger ab dem 16. November 1973 die Berufsausübung als Musikwissenschaftler sowie bis zum 30. April 1980 auch die Ausübung einer sozial gleichwertigen Tätigkeit verwehrt worden. Die Verfolgungszeit sei nur bis zum 30. April 1980 festzustellen, weil der Kläger ab dem 1. Mai 1980 wieder eine seiner Qualifikation (Hochschulabschluss) entsprechende und damit sozial gleichwertige Tätigkeit habe ausüben können.

Am 14. Dezember 1995 beantragte der Kläger bei der BfA berufsfördernde Leistungen zur Rehabilitation nach § 16 des Sozialgesetzbuches Sechstes Buch - Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI). Er sei nach seinem Abschluss als Musikwissenschaftler im Jahr 1973 politisch verfolgt worden und habe Berufsverbot erhalten. Er sei zunächst bis 1975 als Kantor in M. beschäftigt gewesen. Sodann habe er seit dem Jahr 1976 bis zum Jahr 1980 freiberuflich als Chorleiter, Pianist, Komponist und Arrangeur gearbeitet. Ab dem Jahr 1980 sei er zu einem Mitarbeiter der wissenschaftlichen Arbeitsorganisationen umgeschult worden. Hierfür habe er betriebliche Kurse und eine Umschulung durch die Handwerkskammer erhalten. Diese Ausbildung habe er abgeschlossen und sei im Zeitraum von 1980 bis 1988 Mitarbeiter und Gruppenleiter der wissenschaftlichen Arbeitsorganisation im VEB Kombinat L. bzw. VEB B. gewesen. Aus seinem letzten Beschäftigungsverhältnis sei er aufgrund einer Krebserkrankung und nachfolgender Invalidisierung ausgeschieden. Er wies darauf hin, dass ihm seiner Ansicht nach dem 2. SED-Unrechtsbereinigungsgesetz und dem Rehabilitationsgesetz Fördermittel zustünden. Er strebe eine Promotion auf dem Gebiet der Musikwissenschaften an, um den Beruf als Musikwissenschaftler ausüben zu können.

Die BfA stellte die dem Kläger gewährte Rente mit Wirkung zum 31. August 1997 unter der Annahme ein, der Kläger sei vollschichtig leistungsfähig. Seitdem war der Kläger arbeitslos gemeldet und bezog Arbeitslosenhilfe.

Die BfA lehnte den Antrag des Klägers auf berufsfördernde Leistungen mit Bescheid vom 13. Januar 1999 ab, da sie für die beantragten Leistungen - Förderung der wissenschaftlichen Arbeit - nicht zuständig sei. Diese Entscheidung leitete die BfA an die Rehabilitationsstelle der Beklagten weiter (Eingang 19. Januar 1999).

In dem vom Kläger mit der BfA geführten Widerspruchsverfahren legte die BfA mit Schreiben vom 13. Dezember 1999 gegenüber dem Kläger dar, dass der ursprüngliche Ablehnungsgrund - mangelnde Zuständigkeit für die Förderung der wissenschaftlichen Arbeit - nicht aufrechterhalten werde. Eine Förderung sei jedoch weiterhin nicht möglich. Berufsfördernde Leistungen zur Rehabilitation seien notwendig, um die geminderte Erwerbsfähigkeit des Klägers zu bessern. Es sei womöglich der falsche Eindruck entstanden, die Rentenversicherung sei für die politische Rehabilitation zuständig. Tatsächlich sei sie aber nur für die berufliche Rehabilitation, d.h. für Leistungen zur wesentlichen Besserung der Erwerbsfähigkeit mit dem Ziel der dauerhaften leidensgerechten Wiedereingliederung auf dem Arbeitsmarkt zuständig. In den Gesprächen habe der Kläger die Förderung der im Jahr 1995 begonnenen Promotion auf dem Gebiet der Musikwissenschaften begehrt. Eine entsprechende Förderung sei jedoch abzulehnen. Die Förderung der Promotion sei nach ihrer Auffassung nicht die einzig zwingende Möglichkeit der beruflichen Eingliederung. Eine dauerhafte Wiedereingliederung in das Erwerbsleben sei auch mit einer den gesetzlichen Förderungsrahmen nicht überschreitenden beruflichen Rehabilitationsleistung zu erreichen. Sie erkläre sich bereit, hierzu entsprechende Alternativen zu prüfen und zu erörtern.

Mit Widerspruchsbescheid vom 8. Mai 2001 wies die BfA den Widerspruch des Klägers zurück: Zwar sei die Erwerbsfähigkeit des Klägers als Mitarbeiter der wissenschaftlichen Arbeitsorganisation aufgrund der bei ihm bestehenden Gesundheitsstörungen gefährdet. Gleichwohl sei eine Promotion nicht zu fördern, da nicht zu erkennen sei, dass die berufliche Wiedereingliederung nur durch eine Promotion erfolgen könne. Es seien auch Leistungen der beruflichen Anpassung in Betracht zu ziehen, um die wegen der Behinderung eintretenden Lücken im beruflichen Wissen zu schließen.

Am 14. Juli 2001 erhob der Kläger beim Sozialgericht Halle (SG) Klage gegen die ablehnenden Entscheidungen der BfA. Das SG lud die Beklagte zum Verfahren bei. Mit Urteil vom 17. November 2004 hob es den Bescheides der BfA vom 13. Januar 1999 in Gestalt des Widerspruchsbescheides auf und verurteilt die Beklagte, über den Antrag des Klägers vom 4. Dezember 1995 auf Gewährung von Leistungen der beruflichen Rehabilitation unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden: Der Kläger habe dem Grunde nach Anspruch auf die Gewährung von Leistungen der beruflichen Rehabilitation gegen die Beklagte. Ein Anspruch gegen die Träger der Rentenversicherung bestehe nicht. Es sei davon auszugehen, dass der Kläger in der Lage sei, eine Tätigkeit als Musikwissenschaftler bzw. in der wissenschaftlichen Arbeitsorganisation wettbewerbsfähig zu verrichten. Daher scheide ein Anspruch gegen die gesetzliche Rentenversicherung auf Erbringung von Leistungen der beruflichen Rehabilitation aus. Hingegen habe er einen Anspruch gegen die Beklagte auf Leistungen der beruflichen Fortbildung. Aufgrund des ihm erteilten Berufsverbotes habe er keine beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten erwerben können, um in seinem erlernten Beruf tätig werden zu können. Dabei sei zu berücksichtigen, dass eine berufliche Rehabilitation vorrangig in dem Bereich erfolgen müsse, in dem der Kläger eine Ausbildung habe. Welche konkreten Maßnahmen Erfolg versprechend seien, habe die Beklagte eigenständig festzustellen und dabei die Neigungen des Klägers zu berücksichtigen.

Mit Schreiben vom 3. März 2005 erinnerte der Kläger die Beklagte daran, ihm eine konkrete Förderung anzubieten.

Mit Bescheid vom 27. Juni 2005 lehnte die Beklagte die am 4. Dezember 1995 beantragte berufliche Weiterbildung zum Musikwissenschaftler in Form einer Promotion ab: Für das vom Kläger angestrebte Bildungsziel sei eine bedeutende Arbeitskräftenachfrage nicht zu prognostizieren. Bundesweit seien keine offenen Stellen für Musikwissenschaftler gemeldet. Um die berufliche Eingliederung des Klägers zu ermöglichen, sei mit ihm am 27. Januar 2005 besprochen worden, die erlernten Kenntnisse als Musikwissenschaftler zu berücksichtigen. In die Erarbeitung der Eingliederungsstrategie sei auch die Tätigkeit als Sozialbetreuer im Rahmen einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme vom 1. Dezember 2001 bis zum 30. November 2002 eingeflossen, in der er seine frühere Tätigkeit als Chorleiter ausgeübt habe. Zudem sei ihm eine zugelassene Weiterbildung in Form eines modularen Lernsystems für Hoch- und Fachschulabsolventen unterbreitet worden. Diesen Maßnahmevorschlag habe der Kläger nicht angenommen, da er seine beruflichen Ziele nicht mit dem Maßnahmeangebot habe in Einklang bringen können. In einem Gespräch am 23. Februar 2005 habe er seine Meinung verdeutlicht, dass er für die berufliche Alternative im Management keine Befähigung besitze, dass er in dem Maßnahmeziel keine Möglichkeit der beruflichen Eingliederung für sich selbst sehe und dieses auch nicht verfolgen wolle. Er habe erst am 27. April 2005 Kontakt mit dem Bildungsträger gesucht. Dabei habe er seine Einstellung auch gegenüber dem Träger geäußert. Da sich seine Neigungen und Interessen ausschließlich auf eine bestimmte, nicht förderfähige Maßnahme beschränkten (Promotion) und diese nicht der aktuellen und prognostizierten Arbeitskräftenachfrage und somit der beruflichen Wiedereingliederung auf dem Arbeitsmarkt diene, sei der Antrag abzulehnen. Der Bescheid ergehe in Ausführung des Urteils des Sozialgerichts Halle vom 17. November 2004. Eine Rechtsbehelfsbelehrung war dem Schreiben nicht beigefügt.

Am 26. Juli 2005 hat der Kläger gegen den Bescheid vom 27. Juni 2005 Widerspruch erhoben: Die Beklagte habe zunächst Maßnahmen durchzuführen, um festzustellen, welche konkreten Fördermaßnahmen erfolgversprechend seien. Es sei unzutreffend, dass er einen konkreten Vorschlag abgelehnt habe. Tatsächlich habe der Bildungsträger selbst eingeschätzt, dass er ihn für das Fortbildungsangebot für ungeeignet halte. Unrichtig sei auch, dass er auf der Förderung einer Promotion beharre. Ihm sei an jeder Maßnahme gelegen, die ihn beruflich integriere.

In einem Gespräch am 24. Oktober 2005 erörterten Mitarbeiter der Beklagten mit dem Kläger, dass Unterstützung bei der beruflichen Rehabilitation zur Einmündung in den ersten Arbeitsmarkt zum Beispiel durch eine Modulare Weiterbildung gegeben wäre. Eine spezielle Maßnahme für Musikwissenschaftler sei aufgrund fehlender gesetzlicher Voraussetzungen nicht möglich und entspreche auch nicht dem derzeitigen Arbeitsmarkt. Zur Eignungsabklärung solle sich der Kläger bei dem psychologischen Dienst der Agentur für Arbeit H. am 1. November 2005 vorstellen. Diesen Termin nahm der Kläger nicht wahr. Am 15. November 2005 stellte er gegenüber der Beklagten dar, dass er nicht ausschließlich an einer Promotion interessiert sei.

Vom 1. Dezember 2005 bis zum 31. Mai 2006 nahm der Kläger an einer Maßnahme der ARGE SGB II H. GmbH zur Förderung der Existenzgründung im Rahmen des Projektes "Jahresringe" teil.

Mit Widerspruchsbescheid vom 13. Dezember 2005 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 27. Juni 2005 als unbegründet zurück: Es sei zwar nicht zu bestreiten, dass eine berufliche Weiterbildung zur Einmündung in den ersten Arbeitsmarkt notwendig sei, da der Kläger derzeit nicht über die erforderlichen Kenntnisse für eine Tätigkeit auf dem ersten Arbeitsmarkt verfüge. Allerdings müsse das angestrebte Bildungsziel mit hoher Wahrscheinlichkeit eine berufliche Eingliederung erwarten lassen. Für das angestrebte Bildungsziel, als Musikwissenschaftler tätig zu sein, werde dagegen eine bedeutende Arbeitskräftenachfrage nicht prognostiziert. Bundesweit seien keine offenen Stellen gemeldet. Um dennoch eine berufliche Eingliederung zu ermöglichen, sei am 27. Januar 2005 mit ihm ein Gespräch geführt worden, um berufliche Alternativen zu besprechen. In diesem Zusammenhang sei ihm ein weiteres Bildungsangebot in Form eines modularen Lernsystems für Hoch- und Fachschulabsolventen unterbreitet worden. Dieser Maßnahmevorschlag sei von ihm nicht angenommen worden. In einem erneuten Gespräch am 23. Februar 2005 habe er deutlich gemacht, dass die berufliche Alternative im Bereich Management nicht seiner Befähigung entspreche. Der Kläger habe erst am 27. April 2005 Kontakt mit dem Bildungsträger aufgenommen, um sich einen ersten Überblick über die Maßnahmen zu verschaffen. Er habe nach der Vorsprache und aufgrund der durch den Bildungsträger gewährten Einblicke seine bereits im Vorfeld geäußerte Einstellung nicht geändert. Bei der Erarbeitung einer Eingliederungsstrategie sei unter anderem die Tätigkeit als Sozialbetreuer im Rahmen einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme vom 1. Dezember 2001 bis zum 30. November 2002 einbezogen worden, die dem Kläger eine Ausübung seiner früheren Tätigkeit als Chorleiter ermöglicht habe. Darüber hinaus habe aufgrund des vom ihm bekundeten Interesses an einer Existenzgründung eine Beratung durch die ARGE SGB II H. GmbH stattgefunden. Hier sei ein Angebot einer Arbeitsgelegenheit bei der wissenschaftlichen Servicegesellschaft mbH erfolgt. Der Kläger habe zunächst Interesse bekundet, dann aber Abstand genommen, da ihm die Arbeit mit Jugendlichen nicht so sehr wie die Betreuung von Kindern oder Älteren liege. Bei einem erneuten Gespräch am 24. Oktober 2005 sei die Unterstützung durch den psychologischen Dienst der Agentur für Arbeit H. erörtert worden. Diesen Termin habe der Kläger nicht wahrgenommen. Er habe auch mit Schreiben vom 15. November 2005 den Wunsch nach einer Rehabilitation zum Musikwissenschaftler geäußert. Eine solche Maßnahme sei nicht zu fördern.

Am 16. Januar 2006 hat der Kläger bei dem Sozialgericht Halle (SG) Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 27. Juni 2005 in Form des Widerspruchsbescheides vom 13. Dezember 2005 erhoben und weiterhin die Förderung durch Leistungen der beruflichen Rehabilitation für eine Tätigkeit im Bereich Musikwissenschaften, hilfsweise für eine pädagogische musikalische Tätigkeit begehrt: Die Beklagte lasse außer Acht, dass sie bereits durch das Urteil vom 17. November 2004 verpflichtet sei, über seinen Antrag auf Gewährung von Leistungen der beruflichen Rehabilitation unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden. Die Beklagte habe ihm allerdings keinerlei Maßnahme zur Rehabilitation in den Beruf eines Musikwissenschaftlers angeboten. Er selbst habe sich durchaus flexibel gezeigt und angeregt, ihm eine Maßnahme zur pädagogischen Qualifizierung zu gewähren. Er habe auch keine ihm angebotene Maßnahme abgelehnt. Stattdessen habe die Bildungseinrichtung die ihm angebotene Weiterbildung als für ihn ungeeignet erachtet.

Die Beklagte hat vorgetragen, dass eine Fortbildung als Musikwissenschaftler unter Berücksichtigung der gesetzlichen Vorgaben nicht möglich sei, da eine solche Ausbildung ausschließlich als Studiengang an Hochschulen angeboten werde. Gleiches gelte für eine pädagogische Qualifizierung, für die der Kläger auf die Zuständigkeit des Landes hingewiesen worden sei. In der Vergangenheit seien unter Beachtung des beruflichen Werdeganges des Klägers und des aktuellen Arbeitsmarktes berufliche Alternativen besprochen worden. In die Erarbeitung einer Eingliederungsstrategie seien unter anderem die Tätigkeit als Sozialbetreuer im Rahmen einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme und eine Tätigkeit als Chorleiter einbezogen worden. Weiterhin sei dem Kläger eine zugelassene Weiterbildung in Form eines modularen Lernsystems für Hoch- und Fachschulabsolventen vorgeschlagen worden. Nach dem Inhalt der Maßnahme ermögliche diese einen beruflichen Einstieg in verschiedene Bereiche des Kultur- und Dienstleistungssektors und wäre auch als Vorbereitung auf eine von dem Kläger in mehreren Beratungsgesprächen verdeutlichte Absicht, eine Selbstständigkeit zu begründen, geeignet. Die negative Aussage des Bildungsträgers sei nach ihrer Ansicht der vom Kläger unterlassenen Mitteilung an den Bildungsträgers geschuldet, dass er in dem Zeitraum von 1980 bis 1998 Mitarbeiter der Arbeitswissenschaft gewesen sei. Mit diesen Tätigkeiten seien durchaus Bezugspunkte zu betriebswissenschaftlichen oder kaufmännischen Themenstellungen gegeben. Zur Unterstützung der Eignungsabklärung für eine berufliche Alternative sei mit dem Kläger die Einschaltung des psychologischen Dienstes vereinbart worden. Hiergegen habe er keine Einwände geäußert. Trotzdem habe er den Termin nicht wahrgenommen. Hierin sehe sie einen Verstoß des Klägers gegen die ihm mit Urteil des SG vom 17. November 2004 auferlegten Mitwirkungspflichten.

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 13. Januar 2009 abgewiesen: Wie schon im Urteil vom 17. November 2004 erkannt worden sei, fehle es dem Kläger aufgrund des 1973 erteilten Berufsverbotes an den notwendigen beruflichen Kenntnissen und Fähigkeiten, um in seinem erlernten Beruf als Musikwissenschaftler tätig werden zu können. Er verfüge zwar über den entsprechenden Berufsabschluss; ihm fehlten jedoch die praktischen Kenntnisse und Fähigkeiten bzw. die im Laufe eines Berufslebens erworbenen Qualifikationen, um in diesem Beruf tätig zu sein. Dies sei auch unstreitig. Gleichwohl gebe es keine konkreten Maßnahmen, welche die Beklagte im Rahmen der beruflichen Förderung einsetzen könnte. Nach den maßgeblichen Bestimmungen sei eine Förderung einer beruflichen Maßnahme auf die Eingliederung durch spezifische, auf den Einzelfall abstellende berufliche Maßnahmen über Auffrischung bzw. Erweiterung der beruflichen Kenntnisse begrenzt. Derartige zur Verfügung stehende Maßnahmen griffen jedoch dann nicht, wenn wie vorliegend ein spezielles Studium vorliege. Dies gelte umso mehr, als der Arbeitsmarkt für Musikwissenschaftler fachspezifisch ausgerichtet sei und in keiner Weise mit einer gewerblichen, kaufmännischen oder verwaltenden Tätigkeit vergleichbar sei. Hinzu komme, dass der Kläger aufgrund der hohen wissenschaftlichen Qualifikation nur noch durch ein wissenschaftliches Ergänzungsstudium zu fördern wäre. Eine derartige Förderung sei aber nach den gesetzlichen Vorgaben ausgeschlossen, da es sich um eine Ausbildung an einer Fach- oder Hochschule handeln würde. Eine berufliche Förderung sei bei dem Kläger nur in dem von der Beklagten angebotenen Umfang möglich. Die Eingliederungsstrategie der Beklagten sei nicht zu beanstanden und berücksichtige den beruflichen Werdegang und zum anderen den aktuellen Arbeitsmarkt und die Kenntnisse des Klägers sowie dessen Neigungen. Das unterbreitete modulare Lernsystem für Hoch- und Fachschulabsolventen entspreche dem einzig gangbaren Weg. Dem stehe nicht entgegen, dass der Bildungsträger meine, der Kläger sei aufgrund fehlender Vorkenntnisse in den Bereichen Betriebswirtschaft, Finanzwesen, Marketing, Vertrieb, Management, Wirtschaftsenglisch und PC-Anwendung nicht für die Maßnahme geeignet. Die Beklagte habe davon ausgehen dürfen, dass der Kläger aufgrund seiner intellektuellen Fähigkeiten in der Lage sei, gleichwohl die Maßnahmeziele zu erreichen. Eine Förderung im Sinne einer ergänzenden oder begleitenden Fach- oder Hochschulausbildung bzw. die Förderung einer Promotion sei aufgrund der gesetzlichen Ausrichtung der Förderinstrumente der Beklagten nicht möglich.

Am 23. Februar 2009 hat der Kläger gegen das ihm am 28. Januar 2009 zugestellte Urteil Berufung erhoben: Wenn er das Urteil annehme, verliere er seine Rechte auf Rehabilitation. Wenn die Entscheidung durch das Urteil des SG vom 17. November 2004 nicht richtig gewesen sei, gingen ihm wertvolle Beitragsjahre für die Altersrente verloren. Er stelle sich die Frage, wer für den Schaden aufkomme. Die Beklagte habe ihm nie entsprechend des Urteils vom 17. November 2004 ein echtes Rehabilitationsangebot gemacht. Das Angebot vom 27. April 2005 sei ungeeignet gewesen. Der Leiter der Ausbildung habe ihm mitgeteilt, dass er für diese Weiterbildung keinerlei Grundvoraussetzungen mitbringe. Der Kläger hat nach einer mündlichen Verhandlung vorgeschlagen, dass die Beklagte ihn durch Kostenübernahme wegen einer Produktion, Herstellung und Vertrieb einer CD mit eigenen Liedern, wegen der Herausgabe eines Buches mit eigenen Gedichten, wegen der Edition eines Buches über Friedrich Nietzsches Verhältnis zur Musik sowie durch die Vermittlung seiner musikalisch-literarischen Programme unterstützen könne. Von der Beklagten sei ihm jede Hilfe verweigert worden, wozu auch die Entscheidungen des SG beigetragen hätten. Ihm gehe es darum, dass die Beklagte eine ihm aufgrund des Urteils vom 17. November 2004 zustehende Rehabilitation verweigere. Die von ihm vorgeschlagenen Projekte seien realistische und zielführende Maßnahmen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 13. Januar 2009 und den Bescheid der Beklagten vom 27. Juni 2005 in der Form des Widerspruchsbescheides vom 13. Dezember 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihn durch Kostenübernahme wegen einer Produktion, Herstellung und Vertrieb einer CD mit eigenen Liedern, wegen der Herausgabe eines Buches mit eigenen Gedichten, wegen der Edition eines Buches über Friedrich Nietzsches Verhältnis zur Musik sowie durch die Vermittlung seiner musikalisch-literarischen Programme zu fördern, hilfsweise durch eine andere geeignete Maßnahme zur Berufsqualifizierung im pädagogischen oder sozialen Bereich zu fördern.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hat zur Begründung auf die Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil verwiesen. Im Übrigen gebe es keine beruflichen Weiterbildungs- bzw. Fortbildungsangebote, die in ihrer inhaltlichen und fachlichen Zielstellung so komplex seien, dem Kläger den Einstieg in den ersten Arbeitsmarkt als Musikwissenschaftler zu ermöglichen. Der Kläger habe eine Mitwirkungspflicht, eigene und realisierbare Ideen und Maßnahmen für seine berufliche Zukunft mit zu entwickeln. Die vom Kläger zuletzt vorgeschlagenen Förderungen seien nicht förderfähig.

Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten haben vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte ergänzend verwiesen.

Rechtsweg:

SG Halle Urteil vom 13.01.2009 - S 1 AL 31/06

Quelle:

Justiz Sachsen-Anhalt

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist nur zum Teil erfolgreich.

Die Berufung des Klägers ist gegen das Urteil des SG nach § 143 SGG statthaft und zulässig, insbesondere form- und fristgerecht gemäß § 151 Abs. 1 SGG eingelegt. Die Berufung ist auch nicht gemäß § 144 Abs. 1 SGG ausgeschlossen, weil die Klage bzw. Berufung keine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, die bzw. der weniger als 750 Euro betrifft. Der Kläger begehrt eine umfangreiche berufliche Förderung.

Die Berufung des Klägers ist zum Teil begründet, weil die Beklagte die berufliche Weiterbildung des Klägers weiter zu fördern hat. Hinsichtlich der vom Kläger speziell begehrten Förderung durch Kostenübernahme für verschiedene Projekte sind die Klage und die Berufung hingegen unbegründet.

Gegenstand der Berufung ist die Klage gegen den Verwaltungsakt der Beklagten vom 27. Juni 2005 in der Form des Widerspruchsbescheides vom 13. Dezember 2005. Strittig ist, ob mit diesen Verwaltungsentscheidungen den Maßgaben des Urteils des SG vom 17. November 2004 hinreichend Rechnung getragen worden ist und ob der Kläger - nach der gemäß § 99 Abs. 2 SGG geänderten Klage - die Förderung bestimmter Einzelprojekte begehren kann oder zumindest hilfsweise einen Anspruch auf eine erneute Entscheidung über sein Förderbegehren hat. Diese Begehren kann der Kläger insgesamt durch Anfechtungs- und Verpflichtungsklage im Sinne des § 54 Abs. 1 Satz 1 SGG verfolgen. Er ist nicht hinsichtlich der einzelnen Maßnahmen auf die Erhebung einer Feststellungsklage im Sinne des § 55 SGG beschränkt.

Die Klage ist teilweise begründet, weil die Beklagte in Ausführung des Urteils des SG vom 17. November 2004 eine Förderung nicht allein bezogen auf die Weiterbildung zum Musikwissenschaftler in Form einer Promotion beschränken kann bzw. wegen der Ablehnung eines modularen Bildungskonzepts durch den Kläger gänzlich einstellen kann. Der Kläger hat diesbezüglich einen Anspruch, dass die Beklagte nach Maßgabe des Urteils des SG vom 17. November 2004 erneut über die Förderung des Klägers durch Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung entscheidet (A.). Die Klage ist insoweit unbegründet, als die Beklagte die vom Kläger begehrten Einzelleistungen nicht fördern darf (B.).

A. Aufgrund des die Beteiligten bindenden (vgl. § 141 Abs. 1 SGG) Urteils vom 17. November 2004 ist die Beklagte verpflichtet, über den Antrag des Klägers vom 4. Dezember 1995 auf Gewährung von Leistungen der beruflichen Rehabilitation unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.

Diesen Anspruch hat die Beklagte zu erfüllen und kann nicht mehr einwenden, sie wäre für solche Leistungen bzw. eine Entscheidung hierüber nicht zuständig. Der Maßstab der gerichtlichen Prüfung über den Antrag auf berufliche Förderung kann nur sein, ob die Beklagte die Verpflichtung aus dem Urteil ausgefüllt hat, d.h. insbesondere die Rechtsauffassung des Gerichts hinreichend beachtet hat. Das Urteil behandelt den aus Sicht des SG bestehenden Anspruch des Klägers auf berufliche Rehabilitation des Klägers, der gegen den Träger der gesetzlichen Rentenversicherung nicht bestehe. Anspruch habe der Kläger aber auf Leistungen der beruflichen Fortbildung. Eine solche habe vorrangig auf dem Gebiet zu erfolgen, in dem der Kläger über eine Ausbildung (d.h. im Bereich Musikwissenschaften) verfüge. Die Neigungen des Klägers seien zu berücksichtigen. Wenn sich der Förderwunsch auf eine bestimmte Maßnahme beschränke und diese unter Berücksichtigung des Arbeitsmarkts nicht zu erbringen sei, müsse die Beklagte den Antrag ablehnen.

Aus Sicht des Senats behandelt das Urteil vom 17. November 2004 damit bei näherer Betrachtung der zitierten Rechtsgrundlagen und -grundsätze aber nicht eine berufliche "Rehabilitation". Denn es verurteilt die Beklagte nicht etwa zu speziellen Leistungen für politisch von der DDR verfolgte und an ihrer Berufsausübung gehinderte Personen oder zu solchen für behinderte Personen, sondern betrifft nur die im Ermessen der Beklagten zu gewährenden Leistungen der beruflichen Weiterbildung, die im Grundsatz allen Anspruchsberechtigten offenstehen. Denn das SG prüft weder spezielle Voraussetzungen für behinderte Menschen noch geht es von einer Rechtsgrundlage nach dem BerRehaG aus (die es auch nicht gibt). Die Voraussetzungen und der Umfang möglicher Leistungen werden aus § 42a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG, außer Kraft seit 1999) bzw. nunmehr aus §§ 77 ff. des Sozialgesetzbuches Drittes Buch - Arbeitsförderung (SGB III) abgeleitet.

Der Kläger hat keine Ansprüche gegen die Beklagte, die über die Verpflichtung in dem Urteil vom 17. November 2004 hinausgehen.

Er hat insbesondere keinen Anspruch auf Förderung als behinderter Mensch gemäß SGB 3 § 77 i.V.m. §§ 102 ff. SGB III. Eine Behinderung des Klägers i.S.d. § 19 Abs. 1 SGB III i.V.m. § 2 Abs. 1 SGB IX, d.h. Einschränkungen der körperlichen Funktion, geistigen Fähigkeit oder seelischen Gesundheit liegt nach den in der Verwaltungsakte der Beklagten enthaltenen medizinischen Stellungnahmen nicht vor. Der Senat sieht sich deshalb und mangels entsprechender Behauptungen auch nicht veranlasst, weitergehende Ermittlungen hierzu durchzuführen.

Ansprüche auf eine "berufliche Rehabilitation" ergeben sich auch nicht aus dem Beruflichen Rehabilitationsgesetz (BerRehaG). Dieses Gesetz gewährt in der DDR politisch Verfolgten keine besondere Anspruchsgrundlage für eine Förderung. Zwar regelt der Zweite Abschnitt des BerRehaG (§§ 6, 7) die Umstände einer bevorzugten beruflichen Fortbildung und Umschulung. Die Regelung des § 6 betrifft aber nur den Anspruch auf Zahlung von Arbeitslosengeld während einer Weiterbildung. Folglich werden hierüber nicht Kosten der Weiterbildung gefördert, sondern der Lebensunterhalt während deren Durchführung sichergestellt. Die Kostenerstattung für Weiterbildungsmaßnahmen gemäß § 7 BerRehaG (in entsprechender Anwendung der §§ 79 bis 83 SGB III) erfasst nur die Fälle, in denen bei der Teilnahme an einer nach den Vorschriften des SGB III für die Weiterbildungsförderung zugelassenen Maßnahme der beruflichen Weiterbildung die Weiterbildungskosten nicht nach dem SGB III übernommen werden. Diese Regelung enthält damit ebenfalls keine besondere Anspruchsgrundlage für den Zugang zu einer Förderung der beruflichen Weiterbildung.

Nach der also für die begehrte Förderung der beruflichen Weiterbildung allein maßgeblichen Normen der §§ 77 ff. SGB III hat der Kläger aufgrund des Urteils weiterhin einen Anspruch gegen die Beklagte auf eine in ihrem Ermessen liegende Entscheidung zur beruflichen Weiterbildung. Die Beklagte hat mit der Entscheidung vom 27. Juni 2005 in der Form des Widerspruchsbescheides vom 13. Dezember 2005 die auf dem Urteil beruhende Verpflichtung nicht hinreichend erfüllt.

Gemäß § 77 Abs. 1 SGB III (gültig bis 31. März 2012) können Arbeitnehmer bei beruflicher Weiterbildung durch Übernahme der Weiterbildungskosten gefördert werden, wenn

1. die Weiterbildung notwendig ist, um sie bei Arbeitslosigkeit beruflich einzugliedern, eine ihnen drohende Arbeitslosigkeit abzuwenden oder weil bei ihnen wegen fehlenden Berufsabschlusses die Notwendigkeit der Weiterbildung anerkannt ist,

2. vor Beginn der Teilnahme eine Beratung durch die Agentur für Arbeit erfolgt ist und

3. die Maßnahme und der Träger der Maßnahme für die Förderung zugelassen sind.

Liegen die Voraussetzungen für eine Förderung vor, wird dies dem Arbeitnehmer mit einem Bildungsgutschein gemäß § 77 Abs. 4 Satz 1 SGB III bescheinigt.

Solange das Urteil vom 17. November 2004 Rechtskraft entfaltet, ist der Kläger so zu behandeln, als gehörte er weiterhin zum anspruchsberechtigten Personenkreis nach dem SGB III. Nach Maßgabe des Urteils des SG ist die grundsätzliche Notwendigkeit der Weiterbildung des Klägers nicht mehr in Frage zu stellen. Zu fördern ist der Kläger daher, um seine noch andauernde Arbeitslosigkeit zu beenden und ihn beruflich einzugliedern. Ebenso besteht nach Maßgabe des Urteils kein Ermessen mehr, den Kläger gegebenenfalls nicht zu fördern (Ausfall des Entschließungsermessens).

Die Beklagten hat aber weiterhin bei der Auswahl einer Maßnahme eine Prognose anzustellen, ob deren Durchführung geeignet ist, einen derart positiven Einfluss auf die Beschäftigungschancen des Klägers zu nehmen, dass seine Arbeitslosigkeit beendet wird (Beschäftigungsprognose). Hierfür erscheinen Angebote wie die von der Beklagten vorgeschlagenen Module zur Verbreiterung seines kaufmännischen und sonstigen Wissens grundsätzlich geeignet.

Bei der der Auswahl der Maßnahme hat die Beklagte zu beachten, dass bei verschiedenen in Betracht kommenden Maßnahmen in der Regel diejenige zu wählen ist, die eine bessere Beschäftigungsprognose bietet. Hierbei sind aber noch die Maßgaben des Urteils des SG zu beachten, dass Maßnahmen gewählt werden, die eine Eingliederung auf dem Gebiet des erlernten Berufs als Musikwissenschaftler erwarten lassen.

Ermessensfehlerhaft ist es hingegen, die Förderung auf den ursprünglichen Wunsch nach einer Promotion eingeschränkt zu sehen bzw. zu beenden, wenn der Kläger einzelne ihm unterbreitete Maßnahmeangebote als nicht geeignet ablehnt. Der Kläger hat hinreichend deutlich werden lassen, dass der Wunsch nach einer Promotion nicht mehr sein einziges Begehren ist, d.h. dass er weitere Maßnahmen nicht von vornherein ablehnen würde. Dies bezieht sich insbesondere auf Maßnahmen zur Berufsqualifizierung im pädagogischen oder sozialen Bereich.

Die Beklagte hat auch nicht nachgewiesen, dass es keine einzige Maßnahme gibt, die eine Eingliederung als Musikwissenschaftler unter Einbeziehung pädagogischer Kenntnisse oder überhaupt in soziale bzw. pädagogische Berufe erwarten lässt.

Im Übrigen können Leistungen der beruflichen Weiterbildung nur nach Maßgabe der vom Urteil nicht abwandelbaren §§ 60, 66 des Sozialgesetzbuches Erstes Buch - Allgemeiner Teil (SGB I) insgesamt versagt werden. Abgesehen davon, dass die Beklagte keine hierauf gestützte Entscheidung getroffen hat, liegen hierzu auch die Voraussetzungen nicht vor. Für eine Versagung einzelner Maßnahmen bzw. der Weiterbildung als Ganzes hätte die Beklagte den Kläger zuvor auf diese mögliche Rechtsfolge hinweisen müssen (§ 66 Abs. 3 SGB I), was nicht geschehen ist.

Allerdings müssen auch aufgrund des gegen die Beklagten ergangenen Urteils nur solche Maßnahmen vermittelt werden, die zugelassen sind und von einem zugelassenen Träger angeboten werden. Weiterhin ist eine Beratung des Klägers durch die Beklagte erforderlich.

B. Das Begehren des Klägers nach Förderung der im Schreiben vom 12. September 2011 genannten Projekte (Produktion einer CD, Veröffentlichung eines Gedichtbandes, eine Edition eines Buches über Nietzsches Verhältnis zur Musik) ist nicht begründet.

Aus dem Urteil des SG vom 17. November 2004 kann eine Verpflichtung der Beklagten nicht folgen. Die Projekte stellen keine Konkretisierung der Weiterbildungsgrundsätze nach den Grundsätzen des Urteils dar.

Der Wunsch des Klägers nach Förderung der Projekte lässt sich auch auf keine die Beklagte treffende Rechtsgrundlage stützen. Insbesondere können sie nicht nach Maßgabe der §§ 77 ff. SGB III gefördert werden. Es handelt sich nicht um Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung, weil sie keine weiteren beruflichen Kenntnisse vermitteln. Sie sind zudem weder im Sinne des § 77 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB III zugelassen noch werden sie von einem zugelassenen Träger erbracht. Ebenso wenig kommt eine Förderung als berufliche Ausbildung nach § 60 Abs. 1 und 2 SGB III in Betracht. Im Übrigen stehen die Leistungen der Künstlervermittlung auch ohne Verurteilung zur Verfügung.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 183, 193 Abs. 1 und 4 SGG.

Die Revision ist nicht nach § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen, weil sich insbesondere keine streitentscheidende und bislang noch offene Rechtsfrage stellt, die zur Wahrung der Rechtseinheit bzw. -fortbildung zu klären ist.

Referenznummer:

R/R6633


Informationsstand: 23.03.2016