Urteil
Einladung von Schwerbehinderten bei internen Stellenausschreibungen

Gericht:

BAG


Aktenzeichen:

8 AZR 75/19


Urteil vom:

25.06.2020


Grundlage:

Leitsatz:

1. Der öffentliche Arbeitgeber ist nach § 82 Satz 2 SGB IX in der bis zum 29. Dezember 2016 geltenden Fassung auch bei einer internen Stellenbesetzung verpflichtet, eine/n schwerbehinderte/n interne/n Bewerber/in, dem/der die fachliche Eignung nicht offensichtlich fehlt, zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen.

2. Sind etwa zeitgleich mehrere Stellen mit identischem Anforderungsprofil zu besetzen und führt dieselbe für die Durchführung des Auswahlverfahrens zuständige Dienststelle des öffentlichen Arbeitgebers für die Stellen ein identisch ausgestaltetes Auswahlverfahren nach identischen Kriterien durch, reicht es aus, den/die schwerbehinderte/n Bewerber/in zu einem Vorstellungsgespräch für eine der zu besetzenden Stellen einzuladen, auf die diese/r sich beworben hat.

Pressemitteilung des BAG:

(Nr. 18/2020 vom 25.06.2020)

Das BAG hat entschieden, dass ein öffentlichen Arbeitgeber, dem die Bewerbung einer fachlich nicht offensichtlich ungeeigneten schwerbehinderten oder dieser gleichgestellten Person zugeht, diese nach § 82 Satz 2 SGB IX in der bis zum 29.12.2016 geltenden Fassung zu einem Vorstellungsgespräch einladen muss - auch bei einer (ausschließlich) internen Stellenausschreibung.

Im März 2016 schrieb die Regionaldirektion Berlin-Brandenburg der Beklagten intern zwei Stellen als Personalberater aus, wobei eine Stelle bei der Agentur für Arbeit in Cottbus und die andere Stelle bei der Agentur für Arbeit Berlin-Mitte zu besetzen war. Der langjährig bei der Beklagten beschäftigte Kläger bewarb sich auf beide Stellen. Für beide Stellen, die identische Anforderungsprofile hatten, führte die für die Besetzung dieser Stellen zuständige Regionaldirektion Berlin-Brandenburg ein Auswahlverfahren nach identischen Kriterien durch. Der Kläger wurde nur zu einem Vorstellungsgespräch betreffend die Stelle in Berlin eingeladen mit dem Hinweis, dass die Ergebnisse des Auswahlgesprächs für die Stelle in Berlin in das Stellenbesetzungsverfahren für die Stelle in Cottbus einfließen würden. Beide Bewerbungen des Klägers blieben erfolglos. Der Kläger hat die Beklagte nach erfolgloser außergerichtlicher Geltendmachung gerichtlich u.a. auf Zahlung einer Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG in Anspruch genommen. Er hat die Auffassung vertreten, die Beklagte habe ihn entgegen den Vorgaben des SGB IX und des AGG wegen seiner Schwerbehinderung benachteiligt. Dies folge daraus, dass die Beklagte ihn entgegen § 82 Satz 2 SGB IX a.F. nicht zu einem Vorstellungsgespräch auch für die Stelle in Cottbus eingeladen habe.
Das Arbeitsgericht hatte die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hatte die Beklagte zur Zahlung einer Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG in Höhe eines auf der Stelle erzielbaren Bruttomonatsentgelts verurteilt.

Die hiergegen gerichtete Revision der Beklagten hatte vor dem BAG Erfolg.

Nach Auffassung des BAG hat die Beklagte den Kläger nicht wegen seiner Schwerbehinderung benachteiligt und schuldet ihm deshalb nicht die Zahlung einer Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG. Zwar müsse der öffentliche Arbeitgeber, dem die Bewerbung einer fachlich nicht offensichtlich ungeeigneten schwerbehinderten oder dieser gleichgestellten Person zugeht, diese nach § 82 Satz 2 SGB IX a.F. auch bei einer (ausschließlich) internen Stellenausschreibung zu einem Vorstellungsgespräch einladen. Dieser Verpflichtung sei die Beklagte allerdings dadurch ausreichend nachgekommen, dass die für die Besetzung beider Stellen zuständige Regionaldirektion Berlin-Brandenburg den Kläger zu einem Vorstellungsgespräch betreffend die bei der Agentur für Arbeit Berlin-Mitte zu besetzende Stelle mit identischem Anforderungsprofil eingeladen hatte, das Auswahlverfahren nach identischen Kriterien durchgeführt wurde und eine Vertreterin der Regionaldirektion Berlin-Brandenburg den jeweils gebildeten Auswahlkommissionen angehörte.

Rechtsweg:

ArbG Berlin, Urteil vom 03.11.2017 - 16 Ca 10367/16
LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 01.11.2018 - 21 Sa 1643/17

Quelle:

JURIS-GmbH

Tenor:

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 1. November 2018 - 21 Sa 1643/17 - im Kostenpunkt vollständig und im Übrigen insoweit aufgehoben, als die Beklagte zur Zahlung einer Entschädigung an den Kläger iHv. 5.200,00 Euro verurteilt wurde. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 3. November 2017 - 16 Ca 10367/16 - wird auch insoweit zurückgewiesen.

Die Anschlussrevision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 1. November 2018 - 21 Sa 1643/17 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens zu tragen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger eine Entschädigung wegen eines Verstoßes gegen das Verbot der Benachteiligung wegen der (Schwer)Behinderung zu zahlen, sowie darüber, ob die Beklagte dem Kläger als Schadensersatz die Zahlung einer höheren Vergütung schuldet.

Der seit Juni 2013 als schwerbehinderter Mensch anerkannte Kläger ist seit dem 14. Mai 1991 bei der Beklagten beschäftigt. Er ist Mitglied des Personalrats der Agentur für Arbeit Berlin N. Aufgrund seiner Tätigkeit als Personalrat war er in der Zeit von September 1992 bis September 1993 vollumfänglich und in der Zeit vom 29. Dezember 1998 bis zum 15. August 1999 zu 50 % von seiner dienstlichen Tätigkeit freigestellt. Seit dem 16. August 1999 war er wiederum vollständig von seiner dienstlichen Tätigkeit freigestellt, zunächst wegen seines Personalratsamts und seit Mai 2013 wegen seiner Tätigkeit als Schwerbehindertenvertreter. Nach seiner Wiederwahl zur Vertrauensperson der schwerbehinderten Beschäftigten der Agentur für Arbeit Berlin N am 19. November 2014 war er bis zum Ablauf der Amtszeit Ende 2018 von seiner dienstlichen Tätigkeit freigestellt, und zwar im Zeitraum vom 6. Juni 2016 bis zum 14. November 2017 zu 40 %, im Übrigen zu 100 %.

Vor seiner vollumfänglichen Freistellung ab dem 16. August 1999 war der Kläger als Arbeitsvermittler tätig und als solcher zunächst in die Vergütungsgruppe Vb sowie zuletzt in die Vergütungsgruppe IVb des damals für die Beklagte geltenden Tarifvertrags zur Anpassung des Tarifrechts - Manteltarifliche Vorschriften - (im Folgenden MTA-O) eingruppiert. Nachdem er an einer Qualifizierung zum Arbeitsberater teilgenommen und eine (fiktive) Erprobungszeit als Arbeitsvermittler und zugleich Arbeitsberater durchlaufen hatte, übertrug ihm die Beklagte zum 1. Februar 2004 (fiktiv) die Aufgaben eines Beraters für Rehabilitanden und Schwerbehinderte. Seitdem erhielt der Kläger eine Vergütung nach der Vergütungsgruppe IVa MTA-O. Zum 1. Januar 2005 wurde er (fiktiv) zum Teamleiter im Bereich SGB II befördert und der Tätigkeitsebene III, Entwicklungsstufe 6 des Tarifvertrags für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Bundesagentur für Arbeit (im Folgenden TV-BA) zugeordnet. Zum 1. Januar 2010 übertrug die Beklagte ihm (fiktiv) die Aufgaben eines Teamleiters Arbeitgeberservice (SGB III).

Die letzte Beurteilung des Klägers als Arbeitsvermittler erfolgte am 26. Juli 2001. Hierbei erhielt er die Gesamtnote "C": "Entspricht den Anforderungen in jeder Hinsicht". Am 8. August 2007 erstellte die Beklagte für den Kläger eine fiktive Laufbahnnachzeichnung anhand derjenigen Beschäftigten, die - wie der Kläger - am 16. August 1999 in der Agentur für Arbeit als Arbeitsvermittler eingesetzt und noch immer bei der Beklagten beschäftigt waren. Dabei stellte die Beklagte fest, dass von 78 Vergleichspersonen acht - ebenso wie der Kläger - die Tätigkeitsebene III erreicht hatten und bei der Stichtagsbeurteilung 2006 mit der Gesamtnote "C" beurteilt worden waren. Daraus schloss die Beklagte, dass der Kläger wahrscheinlich ebenfalls mit der Gesamtnote "C" beurteilt worden wäre. Am 4. Januar 2010 schrieb die Beklagte die fiktive Laufbahnnachzeichnung fort und stellte dabei letztlich fest, dass 2009 keine der Vergleichspersonen die Tätigkeitsebene II TV-BA erreicht hatte und 66,67 % die Gesamtnote "C" erzielt hatten. Daraus folgerte die Beklagte, dass der Kläger mit hoher Wahrscheinlichkeit ebenfalls mit der Gesamtnote "C" beurteilt worden wäre.

Am 14. und am 28. März 2016 schrieb die Beklagte in ihrem internen Stellenanzeiger jeweils eine nach der Tätigkeitsebene II TV-BA bewertete Stelle als Personalberaterin/Personalberater im "Internen Service" in der Agentur für Arbeit Cottbus und in der Agentur für Arbeit Berlin M aus.

Der Kläger bewarb sich mit E-Mails vom 31. März und 14. April 2016 bei der Regionaldirektion Berlin-Brandenburg der Beklagten auf beide Stellen.

Am 21. April 2016 teilte der Leiter des Personalbereichs der Regionaldirektion Berlin-Brandenburg der Beklagten dem Kläger mit, dass das Stellenbesetzungsverfahren für die Stelle in Berlin M zuerst durchgeführt werde und dass die Ergebnisse dieses Auswahlgesprächs in das Stellenbesetzungsverfahren für die Stelle in Cottbus einfließen würden.

Am 13. Mai 2016 fanden mit dem Kläger und der Mitbewerberin W für die in der Agentur für Arbeit in Berlin M zu besetzende Stelle Auswahlgespräche in Form eines strukturierten Interviews statt. Die Auswahlkommission setzte sich hierbei aus dem Geschäftsführer der Beklagten Interner Service Berlin L, dem Bereichsleiter Interner Service Berlin St und der Expertin Personalentwicklung der Regionaldirektion Berlin-Brandenburg (Personalverantwortliche) V zusammen. Außerdem nahmen die Bezirksgleichstellungsbeauftragte Z und die Vertreterin der Bezirksschwerbehindertenvertretung S an dem Gespräch teil. Bewertet wurden aufgrund dieses Auswahlgesprächs die Motivation und die Fachkenntnisse, die Fach- und Methodenkompetenz, die sozial-kommunikative Kompetenz, die Aktivitäts- und Umsetzungskompetenz sowie die personale Kompetenz der Bewerber. Die Antworten des Klägers wurden im Gesamtergebnis mit "B" (bedingt geeignet) und in den Einzelergebnissen teilweise mit "B", teilweise mit "C" (nicht geeignet) bewertet. Die Mitbewerberin W wurde hingegen sowohl im Gesamtergebnis als auch in den Einzelergebnissen jeweils mit "A" (geeignet) bewertet.

Für die in der Agentur für Arbeit in Cottbus zu besetzende Stelle fand am 20. Juni 2016 ein Auswahlgespräch mit der Mitbewerberin B, ebenfalls in Form eines strukturierten Interviews nach identischen Prüfungskriterien statt. Die Auswahlkommission setzte sich bei diesem Gespräch aus dem Geschäftsführer der Beklagten Interner Service Cottbus D und der Expertin Personalentwicklung der Regionaldirektion Berlin-Brandenburg (Personalverantwortliche) V zusammen. Außerdem nahmen erneut die Bezirksgleichstellungsbeauftragte Z und die Vertreterin der Bezirksschwerbehindertenvertretung S an dem Gespräch teil. Die Auswahlkommission bewertete sowohl das Gesamtergebnis als auch die Einzelergebnisse der Mitbewerberin B mit "A". Zu einem gesonderten Auswahlgespräch für die Stelle in Cottbus war der Kläger nicht eingeladen worden.

Mit Schreiben vom 20. Juni 2016 erteilte die Regionaldirektion Berlin-Brandenburg der Beklagten dem Kläger die Stelle in Berlin M betreffend und mit Schreiben vom 15. Juli 2016 die Stelle in Cottbus betreffend eine Absage. Die Stelle in Berlin M wurde zum 1. August 2016 mit der Mitbewerberin W und die Stelle in Cottbus zum 22. August 2016 mit der Mitbewerberin B besetzt.

Der Kläger machte mit Schreiben vom 16. September 2016 gegenüber der Beklagten wegen einer unterbliebenen Einladung zum Vorstellungsgespräch für die bei der Agentur für Arbeit in Cottbus zu besetzende Stelle einen Anspruch auf eine Entschädigung sowie auf Schadensersatz nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (im Folgenden AGG) geltend. Die Beklagte lehnte die Forderung mit Schreiben vom 28. September 2016 ab.

Mit seiner Klage hatte sich der Kläger zunächst gegen seine Nichteinbeziehung in das Auswahlverfahren für die in Cottbus zu besetzende Stelle gewandt. Mit seiner Klageerweiterung hat er ua. die Feststellung begehrt, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm seit dem 22. August 2016 eine Vergütung nach der Tätigkeitsebene II Stufe 6 TV-BA zu zahlen. Zudem hat er die Beklagte auf Zahlung einer angemessenen, in das Ermessen des Gerichts gestellten Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG in Anspruch genommen.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, er habe nach § 280 Abs. 1 BGB bzw. § 823 Abs. 2 BGB iVm. § 8 BPersVG, § 96 Abs. 2 SGB IX in der bis zum 31. Dezember 2017 geltenden Fassung (im Folgenden § 96 SGB IX aF) einen Anspruch auf Vergütung nach der Tätigkeitsebene II, weil er als freigestellter Personalrat und Schwerbehindertenvertreter in seiner beruflichen Entwicklung behindert worden sei. Nach Art. 33 Abs. 2 GG hätte die Auswahl anhand einer aktuellen (fiktiv nachgezeichneten) Beurteilung erfolgen müssen und nicht nach dem strukturierten Interview, welches ihn durch die konkrete Ausgestaltung der Fragen wegen seiner Freistellung benachteiligt habe. Zudem habe die Beklagte gegen das in Art. 33 Abs. 2 GG niedergelegte Prinzip der Bestenauslese verstoßen. Schon wegen seiner Erfahrungen im Personalwesen aufgrund der langjährigen Tätigkeit im Rahmen der Personalrats- und Schwerbehindertenvertretungsarbeit sei er der beste Bewerber gewesen, ohne dass es auf die Ergebnisse der Auswahlgespräche angekommen wäre. Letztlich könne er seinen Anspruch auf Zahlung einer höheren Vergütung auch auf § 15 Abs. 1 AGG stützen. Die Beklagte habe ihn bei der Entscheidung über die Besetzung der Stelle in Cottbus wegen seiner (Schwer)Behinderung benachteiligt. Sie hätte ihn nach § 82 Satz 2 SGB IX in der bis zum 29. Dezember 2016 geltenden Fassung (im Folgenden § 82 SGB IX aF) auch für die in Cottbus zu besetzende Stelle zu einem Vorstellungsgespräch einladen müssen, um die dortige Auswahlkommission in die Lage zu versetzen, sich einen eigenen Eindruck zu verschaffen. Wegen dieser Benachteiligung stehe ihm überdies ein Anspruch auf eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG zu.


Der Kläger hat - soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung - zuletzt beantragt:

1. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger seit dem 22. August 2016 eine Vergütung nach der Tätigkeitsebene II Stufe 6 TV-BA zu zahlen und die Differenz zwischen der Vergütung nach der Tätigkeitsebene III Stufe 6 TV-BA und der Vergütung nach der Tätigkeitsebene II Stufe 6 TV-BA jeweils einen Tag nach Fälligkeit iHv. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz zu verzinsen,

2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger eine angemessene Entschädigung zu zahlen, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, die jedoch 15.633,51 Euro nicht unterschreiten sollte.


Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat die Auffassung vertreten, der Kläger habe keinen Anspruch auf eine Vergütung nach der Tätigkeitsebene II. Er sei durch die Fragen im Auswahlgespräch nicht benachteiligt worden. Mit der Mitbewerberin B sei ein identisches Interview wie mit ihm geführt worden. Der Kläger sei auch nicht der am besten geeignete Bewerber gewesen. Etwaige Ansprüche nach dem AGG stünden dem Kläger nicht zu; er sei nicht wegen seiner (Schwer)Behinderung benachteiligt worden. Der Umstand, dass er nicht zu einem Vorstellungsgespräch für die in Cottbus zu besetzende Stelle eingeladen worden sei, stelle kein Indiz iSv. § 22 AGG für eine Benachteiligung wegen der (Schwer)Behinderung dar.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht das Urteil des Arbeitsgerichts teilweise abgeändert und die Beklagte verurteilt, an den Kläger eine Entschädigung iHv. 5.200,00 Euro zu zahlen. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihr Begehren nach vollständiger Klageabweisung weiter. Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen und verfolgt mit der Anschlussrevision seinen Klageantrag zu 1. sowie sein Begehren nach Zahlung einer höheren als der vom Landesarbeitsgericht zugesprochenen Entschädigung weiter. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Anschlussrevision.

Entscheidungsgründe:

Die Revision der Beklagten ist begründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG. Die Beklagte hat den Kläger nicht wegen seiner (Schwer)Behinderung benachteiligt. Die Anschlussrevision des Klägers ist teilweise, dh. soweit der Kläger seinen mit dem Klageantrag zu 1. geltend gemachten Anspruch auf Zahlung einer höheren Vergütung auf einen Verstoß der Beklagten gegen den Grundsatz der Bestenauslese (Art. 33 Abs. 2 GG) sowie darauf stützt, er sei als freigestellter Personalrat und Schwerbehindertenvertreter entgegen den Vorgaben in § 8 BPersVG und § 96 Abs. 2 SGB IX aF in seiner beruflichen Entwicklung benachteiligt worden, unzulässig. Im Übrigen, dh. soweit der Kläger seinen Anspruch auf Zahlung einer höheren Vergütung auf § 15 Abs. 1 AGG stützt und darüber hinaus die Zahlung einer höheren als der vom Landesarbeitsgericht zugesprochenen Entschädigung begehrt, ist die Anschlussrevision zwar zulässig, aber unbegründet, da die Beklagte den Kläger nicht wegen seiner (Schwer)Behinderung benachteiligt hat.


A. Die Revision der Beklagten, mit der diese sich gegen ihre Verurteilung zur Zahlung einer Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG wendet, ist begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte aus § 15 Abs. 2 AGG auf Zahlung einer Entschädigung.

I. Der Anspruch auf Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG setzt einen Verstoß gegen das in § 7 Abs. 1 AGG geregelte Benachteiligungsverbot voraus, wobei § 7 Abs. 1 AGG sowohl unmittelbare als auch mittelbare Benachteiligungen (§ 3 Abs. 1 und Abs. 2 AGG) verbietet. Das Benachteiligungsverbot in § 7 Abs. 1 AGG untersagt im Anwendungsbereich dieses Gesetzes eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes, ua. wegen einer Behinderung. Zudem dürfen Arbeitgeber nach § 81 Abs. 2 Satz 1 SGB IX in der bis zum 31. Dezember 2017 geltenden Fassung (im Folgenden § 81 SGB IX aF) schwerbehinderte Beschäftigte nicht wegen ihrer Behinderung benachteiligen. Im Einzelnen gelten hierzu nach § 81 Abs. 2 Satz 2 SGB IX aF die Regelungen des AGG.


II. Die Beklagte hat den Kläger - entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts - bei der Besetzung der Stelle in Cottbus nicht wegen seiner (Schwer)Behinderung benachteiligt.

1. Zwar wurde der Kläger dadurch, dass er von der Beklagten im Auswahl- bzw. Stellenbesetzungsverfahren für diese Stelle nicht berücksichtigt wurde, unmittelbar iSv. § 3 Abs. 1 AGG benachteiligt. Dies folgt bereits daraus, dass er eine ungünstigere Behandlung erfahren hat als seine Mitbewerberin, mit der die Beklagte die Stelle in Cottbus besetzt hat.

2. Der Kläger hat die unmittelbare Benachteiligung jedoch nicht wegen seiner (Schwer)Behinderung erfahren. Er hat die Kausalität zwischen der Benachteiligung und seiner (Schwer)Behinderung nicht dargetan. Entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts stellt die Nichteinladung des Klägers zu einem Vorstellungsgespräch für die in Cottbus zu besetzende Stelle kein Indiz iSv. § 22 AGG dar, das die Vermutung begründet, dass zwischen der benachteiligenden Behandlung und einem Grund iSv. § 1 AGG, hier der (Schwer)Behinderung, der nach § 7 Abs. 1 AGG erforderliche Kausalzusammenhang besteht. Die Beklagte war nach § 82 Satz 2 SGB IX aF nicht verpflichtet, den Kläger auch zu einem Vorstellungsgespräch für die dort zu besetzende Stelle einzuladen.

a) Das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG erfasst nicht jede Ungleichbehandlung, sondern nur eine Ungleichbehandlung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes. Zwischen der Benachteiligung und einem in § 1 AGG genannten Grund muss demnach ein Kausalzusammenhang bestehen.

aa) Soweit es - wie hier - um eine unmittelbare Benachteiligung iSv. § 3 Abs. 1 AGG geht, ist hierfür nicht erforderlich, dass der betreffende Grund iSv. § 1 AGG das ausschließliche oder auch nur ein wesentliches Motiv für das Handeln des Benachteiligenden ist; vielmehr ist der Kausalzusammenhang bereits dann gegeben, wenn die Benachteiligung iSv. § 3 Abs. 1 AGG an einen Grund iSv. § 1 AGG anknüpft oder durch diesen motiviert ist, wobei die bloße Mitursächlichkeit genügt (BAG 23. November 2017 - 8 AZR 372/16 - Rn. 20 mwN).

bb) § 22 AGG sieht für den Rechtsschutz bei Diskriminierungen im Hinblick auf den Kausalzusammenhang eine Erleichterung der Darlegungslast, eine Absenkung des Beweismaßes und eine Umkehr der Beweislast vor. Wenn im Streitfall die eine Partei Indizien beweist, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes vermuten lassen, trägt die andere Partei die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat (BAG 25. Oktober 2018 - 8 AZR 501/14 - Rn. 51, BAGE 164, 117).

(1) Danach genügt eine Person, die sich durch eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes für beschwert hält, ihrer Darlegungslast bereits dann, wenn sie Indizien vorträgt, die mit überwiegender Wahrscheinlichkeit darauf schließen lassen, dass eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes erfolgt ist. Dabei sind alle Umstände des Rechtsstreits in einer Gesamtwürdigung des Sachverhalts zu berücksichtigen (BAG 25. Oktober 2018 - 8 AZR 501/14 - Rn. 52 mwN, BAGE 164, 117).

(2) Die Würdigung der Tatsachengerichte, ob die von einem Bewerber vorgetragenen und unstreitigen oder bewiesenen Tatsachen eine Benachteiligung wegen der Behinderung vermuten lassen, ist nur eigeschränkt revisibel. Die revisionsgerichtliche Kontrolle beschränkt sich darauf, ob die Würdigung der Tatsachengerichte möglich und in sich widerspruchsfrei ist und nicht gegen Rechtssätze, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt (vgl. BAG 23. Januar 2020 - 8 AZR 484/18 - Rn. 67; 11. August 2016 - 8 AZR 375/15 - Rn. 48 mwN, BAGE 156, 107).

b) Danach hat der Kläger die Kausalität zwischen der Benachteiligung und seiner (Schwer)Behinderung nicht dargetan. Der Umstand, dass die Beklagte ihn nicht zu einem Vorstellungsgespräch für die in Cottbus zu besetzende Stelle eingeladen hat, begründet nicht die Vermutung iSv. § 22 AGG, dass der Kläger im Auswahl- bzw. Stellenbesetzungsverfahren wegen seiner (Schwer)Behinderung nicht berücksichtigt wurde. Die Beklagte war ihrer Verpflichtung nach § 82 Satz 2 SGB IX aF, den Kläger zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, mit der Einladung zu einem Vorstellungsgespräch für die in Berlin M zu besetzende Stelle nachgekommen. Sie musste den Kläger nicht zusätzlich zu einem Vorstellungsgespräch für die in Cottbus zu besetzende Stelle einladen.

aa) Nach § 82 Satz 1 SGB IX aF melden die Dienststellen der öffentlichen Arbeitgeber den Agenturen für Arbeit frühzeitig frei werdende und neu zu besetzende sowie neue Arbeitsplätze. Haben schwerbehinderte Menschen sich um einen solchen Arbeitsplatz beworben oder sind sie von der Bundesagentur für Arbeit oder von einem von dieser beauftragten Integrationsfachdienst vorgeschlagen worden, werden sie zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen, § 82 Satz 2 SGB IX aF. Nach § 82 Satz 3 SGB IX aF ist eine Einladung entbehrlich, wenn die fachliche Eignung offensichtlich fehlt.

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bb) Allerdings begründet die Verletzung der in § 82 Satz 2 SGB IX aF geregelten Verpflichtung eines öffentlichen Arbeitgebers, eine/n schwerbehinderte/n Bewerber/in zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, regelmäßig die Vermutung einer Benachteiligung wegen der (Schwer)Behinderung. Diese Pflichtverletzung ist nämlich grundsätzlich geeignet, den Anschein zu erwecken, an der Beschäftigung schwerbehinderter Menschen uninteressiert zu sein (BAG 23. Januar 2020 - 8 AZR 484/18 - Rn. 37; 11. August 2016 - 8 AZR 375/15 - Rn. 25, BAGE 156, 107; 22. Oktober 2015 - 8 AZR 384/14 - Rn. 35; 26. Juni 2014 - 8 AZR 547/13 - Rn. 45 mwN).

cc) Zudem gilt die Pflicht des öffentlichen Arbeitgebers nach § 82 Satz 2 SGB IX aF, eine/n schwerbehinderte/n Bewerber/in zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, auch bei internen Stellenbesetzungen, also auch dann, wenn es sich um eine/n interne/n schwerbehinderte/n Bewerber/in handelt (vgl. auch LPK-SGB IX/Düwell 4. Aufl. § 82 Rn. 8; Kossens/von der Heide/Maaß/Kossens SGB IX 4. Aufl. § 82 Rn. 11; Knittel SGB IX Kommentar 11. Aufl. § 82 Rn. 26; von Roetteken jurisPR-ArbR 24/2012 Anm. 4; aA BVerwG 15. Dezember 2011 - 2 A 13.10 - Rn. 19 ff.; LAG Rheinland-Pfalz 5. März 2012 - 5 Sa 597/11 - zu II der Gründe; LAG Saarland 13. Februar 2008 - 1 TaBV 15/07 - zu III der Gründe). Dies ergibt eine Auslegung von § 82 Satz 2 SGB IX aF unter Berücksichtigung des Wortlauts, des systematischen Zusammenhangs, der Entstehungsgeschichte sowie von Sinn und Zweck der Bestimmung.

(1) Der Wortlaut von § 82 Satz 2 SGB IX aF ist - auch unter Berücksichtigung der inneren Systematik des § 82 SGB IX aF - insoweit nicht eindeutig. Zwar knüpft § 82 Satz 2 SGB IX aF mit der Formulierung "um einen solchen Arbeitsplatz beworben" an die in § 82 Satz 1 SGB IX aF getroffene Regelung an, wonach die Dienststellen der öffentlichen Arbeitgeber den Agenturen für Arbeit frühzeitig frei werdende und neu zu besetzende sowie neue Arbeitsplätze melden. Das Wort "solchen" in § 82 Satz 2 SGB IX aF muss sich allerdings nicht zwangsläufig nur auf Arbeitsplätze beziehen, die der Agentur für Arbeit gemeldet werden und damit (auch) zur externen Besetzung anstehen, sondern kann sich ebenso gut ausschließlich auf die in § 82 Satz 1 SGB IX aF genannten frei werdenden, neu zu besetzenden sowie die neu eingerichteten Arbeitsplätze beziehen (LPK-SGB IX/Düwell 4. Aufl. §  82 Rn. 8). Der Umstand, dass schwerbehinderte Bewerber nach § 82 Satz 2 SGB IX aF auch dann zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen sind, wenn sie von der Bundesagentur für Arbeit oder einem von dieser beauftragten Integrationsfachdienst vorgeschlagen wurden, ändert daran nichts.

(2) Nach der Entstehungsgeschichte des § 82 SGB IX aF könnte bereits einiges dafür sprechen, dass der öffentliche Arbeitgeber auch bei interner Stellenbesetzung schwerbehinderte Bewerber/innen zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen hat, sofern diesen die fachliche Eignung nicht offensichtlich fehlt.

(a) Die Verpflichtung des Arbeitgebers, den schwerbehinderten Bewerber zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, wurde zum 1. Oktober 2000 als weitere Pflicht für Bundesbehörden in § 14a SchwbG (BGBl. I S. 1394) eingeführt. In der Gesetzesbegründung heißt es hierzu, dass die öffentlichen Arbeitgeber des Bundes in Erweiterung der allgemeinen Arbeitgeberpflichten in § 13 und § 14 SchwbG den Arbeitsämtern frühzeitig frei werdende oder neue Arbeitsplätze zu melden hätten; darüber hinaus seien die schwerbehinderten Bewerber zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, wenn sie nicht offensichtlich für die zu besetzende Stelle fachlich ungeeignet seien (BT-Drs. 14/3372 S. 18). Danach könnte einiges dafür sprechen, dass der Gesetzgeber mit der Verpflichtung zur Einladung zum Vorstellungsgespräch eine weitere besondere Arbeitgeberpflicht schaffen wollte, die unabhängig davon bestehen sollte, ob die Stellen intern oder extern besetzt werden sollten.

(b) Bei der Schaffung des SGB IX (im Folgenden SGB IX 2001) hat der Gesetzgeber die zuvor in § 14a SchwbG enthaltene Pflicht der öffentlichen Arbeitgeber des Bundes, schwerbehinderte Bewerber zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, - nunmehr auf alle öffentlichen Arbeitgeber erweitert - in § 82 Satz 2 SGB IX 2001 normiert. In der Gesetzesbegründung wird insoweit lediglich darauf hingewiesen, dass mit der in § 82 SGB IX 2001 getroffenen Regelung auch die öffentlichen Arbeitgeber nach § 71 Abs. 3 Nr. 2 bis Nr. 4 SGB IX aF in die Verpflichtung einbezogen würden, frei werdende und neu zu besetzende sowie neue Arbeitsplätze den Arbeitsämtern frühzeitig zu melden.

(c) Aus dem Umstand, dass der Gesetzgeber in § 82 Satz 1 SGB IX in der ab dem 30. Dezember 2016 geltenden Fassung den Passus "nach einer erfolglosen Prüfung zur internen Besetzung des Arbeitsplatzes" eingefügt und diese Bestimmung mit dem Bundesteilhabegesetz (BTHG) 2016 ohne jede Änderung in § 165 Satz 1 SGB IX in der ab dem 1. Januar 2018 geltenden Fassung übernommen hat, ergibt sich für § 82 Satz 2 SGB IX aF schon deshalb nichts anderes, da dieser Passus nach Ansicht des Gesetzgebers deshalb erforderlich war, weil für öffentliche Arbeitgeber die Meldung frei werdender und neu zu besetzender Stellen aufgrund haushaltsrechtlicher Vorschriften problematisch sein könne und zunächst zu prüfen sei, ob offene Stellen mit vorhandenem Personal besetzt werden könnten (BT-Drs. 18/10523 S. 67). Diese gesetzgeberischen Erwägungen betreffen indes ausschließlich die Meldepflicht des Arbeitgebers. Eine Klarstellung, ob die Pflicht zur Einladung schwerbehinderter Menschen zu einem Vorstellungsgespräch - ggf. schon immer - nur gegenüber externen oder auch gegenüber internen Bewerbern/innen bestand, war damit nicht verbunden.

(3) Dass der öffentliche Arbeitgeber nach § 82 Satz 2 SGB IX aF verpflichtet ist, auch - nicht offensichtlich fachlich ungeeignete - interne schwerbehinderte Bewerber/innen zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, folgt aus einer am Sinn und Zweck orientierten Auslegung der Norm im Lichte der in Art. 5 der Richtlinie 2000/78/EG sowie in Art. 5 Abs. 3, Art.  27 Abs.  1 und Art. 2 Unterabs. 3 UN-BRK getroffenen Bestimmungen.

(a) Nach den Vorstellungen des Gesetzgebers sollen schwerbehinderte Bewerber/innen durch das in § 82 Satz 2 SGB IX aF genannte Vorstellungsgespräch die Möglichkeit erhalten, ihre Chancen im Auswahlverfahren zu verbessern. Sie sollen die Chance haben, den Arbeitgeber von ihrer Eignung (im weitesten Sinne) zu überzeugen. Über die schriftlichen Bewerbungsunterlagen hinaus soll sich der Arbeitgeber ein Bild von der Persönlichkeit des Bewerbers, seinem Auftreten, seiner Leistungsfähigkeit und seiner Eignung machen. Weiter stellt das Vorstellungsgespräch auch ein geeignetes Mittel dar, um eventuelle Vorbehalte oder gar Vorurteile auszuräumen (BAG 22. August 2013 - 8 AZR 563/12 - Rn. 59).

Bereits dieser Gesetzeszweck gebietet eine weite Auslegung von § 82 Satz 2 SGB IX aF dahin, dass eine Verpflichtung zur Einladung schwerbehinderter Menschen nicht nur dann besteht, wenn diese sich als externe Bewerber um eine "Einstellung" bewerben, sondern auch dann, wenn sie sich als interne Bewerber auf eine andere Stelle bei ihrem Arbeitgeber bewerben, wobei damit häufig ein "beruflicher Aufstieg" verbunden ist. Vorbehalte oder gar Vorurteile der personalverantwortlichen Personen können nicht nur gegenüber externen Bewerbern, sondern auch gegenüber bereits beschäftigten schwerbehinderten Menschen bestehen (LPK-SGB IX/Düwell 4. Aufl. § 82 Rn. 8). Zudem ist nicht auszuschließen, dass sich bestehende Behinderungen bei Ausübung der angestrebten Tätigkeit anders auswirken als bei Ausübung der bisherigen Tätigkeit und dass diesem Umstand in Beurteilungen, die der/die schwerbehinderte Beschäftigte auf dem bisherigen Arbeitsplatz erhalten hat, nicht hinreichend Rechnung getragen wurde. Im Übrigen kann - auch wenn der öffentliche Arbeitgeber die bei ihm beschäftigten schwerbehinderten Bewerber/innen kennt - nicht generell unterstellt werden, dass den Personalverantwortlichen der jeweils zuständigen Dienststelle, die über die Stellenbesetzung zu entscheiden haben, auch das tatsächliche Leistungsprofil des/r schwerbehinderten Bewerbers/in im Hinblick auf die zu besetzende Stelle bekannt ist. Letztlich ist von Bedeutung, dass der öffentliche Arbeitgeber einem sich bewerbenden schwerbehinderten Menschen die Chance eines Vorstellungsgesprächs auch dann gewähren muss, wenn dessen fachliche Eignung zwar zweifelhaft, aber nicht offensichtlich ausgeschlossen ist und dass der schwerbehinderte Mensch im Bewerbungsverfahren nach § 82 Satz 2 SGB IX aF mithin insoweit bessergestellt wird als nicht schwerbehinderte Konkurrenten (BAG 20. Januar 2016 - 8 AZR 194/14 - Rn. 32). Hierdurch erhält der schwerbehinderte Mensch die Möglichkeit, einen nach den bisherigen Umständen ggf. bestehenden Vorsprung anderer Bewerber, den diese insbesondere aufgrund ihrer Zeugnisse und ggf. ihrer dienstlichen Beurteilungen haben, durch einen persönlichen Eindruck auszugleichen. Dafür, dass ein/e schwerbehinderte/r Bewerber/in diesen Chancenvorteil bei einer internen Stellenbesetzung nicht haben soll, ist nichts ersichtlich.

(b) Eine weite Auslegung von § 82 Satz 2 SGB IX aF dahin, dass der öffentliche Arbeitgeber nicht nur zur Einladung externer, sondern auch zur Einladung interner schwerbehinderter Bewerber/innen zu einem Vorstellungsgespräch verpflichtet ist, ist auch mit Blick auf die in Art. 5 der Richtlinie 2000/78/EG sowie in Art. 5 Abs. 3, Art.  27 Abs.  1 und Art. 2 Unterabs. 3 UN-BRK getroffenen Bestimmungen geboten.

(aa) Nach Art. 5 Satz 1 der Richtlinie 2000/78/EG haben die Mitgliedstaaten angemessene Vorkehrungen zu treffen, um die Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes auf Menschen mit Behinderung zu gewährleisten, was nach Art. 5 Satz 2 der Richtlinie 2000/78/EG bedeutet, dass der Arbeitgeber die geeigneten und im konkreten Fall erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen hat, um Menschen mit Behinderung ua. nicht nur den Zugang zur Beschäftigung, sondern auch den beruflichen Aufstieg zu ermöglichen, es sei denn, diese Maßnahmen würden den Arbeitgeber unverhältnismäßig belasten (vgl. EuGH 17. Juli 2008 - C-303/06 - [Coleman] Rn. 39; dazu, dass Art. 5 der Richtlinie 2000/78/EG im AGG keine wortgleiche Umsetzung erfahren hat BAG 22. Mai 2014 - 8 AZR 662/13 - Rn. 42, BAGE 148, 158).

(bb) Art. 5 Abs. 3 UN-BRK bestimmt, dass die Vertragsstaaten zur Förderung der Gleichberechtigung und zur Beseitigung von Diskriminierungen alle geeigneten Schritte unternehmen, um die Bereitstellung angemessener Vorkehrungen zu gewährleisten. Nach Art. 27 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a UN-BRK sichern und fördern die Vertragsstaaten die Verwirklichung des Rechts auf Arbeit durch geeignete Schritte, einschließlich des Erlasses von Rechtsvorschriften, um ua. "Diskriminierung aufgrund von Behinderung in allen Angelegenheiten im Zusammenhang mit einer Beschäftigung gleich welcher Art, einschließlich der Auswahl-, Einstellungs- und Beschäftigungsbedingungen, der Weiterbeschäftigung, des beruflichen Aufstiegs sowie sicherer und gesunder Arbeitsbedingungen, zu verbieten". Zudem bestimmt Art. 2 Unterabs. 3 UN-BRK, dass von der "Diskriminierung aufgrund von Behinderung" alle Formen der Diskriminierung erfasst sind, einschließlich der Versagung angemessener Vorkehrungen. Die Bestimmungen der UN-BRK sind Bestandteil der Unionsrechtsordnung (vgl. EuGH 11. September 2019 - C-397/18 - [Nobel Plastiques Ibérica] Rn. 39; 11. April 2013 - C-335/11 ua. - [HK Danmark, auch genannt "Ring, Skouboe Werge"] Rn. 28 ff.) und damit zugleich Bestandteil des - unionsrechtskonform auszulegenden - deutschen Rechts (BAG 4. November 2015 - 7 ABR 62/13 - Rn. 27, BAGE 153, 187; 19. Dezember 2013 - 6 AZR 190/12 - Rn. 53, BAGE 147, 60). Der Umstand, dass die UN-BRK seit ihrem Inkrafttreten integrierender Bestandteil der Unionsrechtsordnung ist, führt darüber hinaus dazu, dass auch die Richtlinie 2000/78/EG ihrerseits nach Möglichkeit in Übereinstimmung mit diesem Übereinkommen auszulegen ist (vgl. EuGH 11. September 2019 - C-397/18 - [Nobel Plastiques Ibérica] Rn. 40; 11. April 2013 - C-335/11 ua. - [HK Danmark, auch genannt "Ring, Skouboe Werge"] Rn. 28 bis 32).

(cc) Da sowohl Art. 5 der Richtlinie 2000/78/EG als auch Art. 5 Abs. 3 und Art.  27 Abs.  1 UN-BRK die Bereitstellung angemessener Vorkehrungen fordern, um Menschen mit Behinderung nicht nur den Zugang zur Beschäftigung, sondern auch den beruflichen Aufstieg zu ermöglichen, und es bei Bewerbungen interner Bewerber/innen auf einen anderen Arbeitsplatz bei ihrem Arbeitgeber häufig um den beruflichen Aufstieg geht, ist § 82 Satz 2 SGB IX aF iSv. Art. 5 der Richtlinie 2000/78/EG sowie von Art. 5 Abs. 3 und Art.  27 Abs. 1 UN-BRK dahin auszulegen, dass er den öffentlichen Arbeitgeber zur Einladung eines schwerbehinderten Menschen zu einem Vorstellungsgespräch unabhängig davon verpflichtet, ob es sich um eine/n externe/n oder interne/n Bewerber/in handelt.

dd) Entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts war die Beklagte ihrer Verpflichtung aus § 82 Satz 2 SGB IX aF, den schwerbehinderten Kläger zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, mit der Einladung zu einem Vorstellungsgespräch für die in Berlin M zu besetzende Stelle nachgekommen. Sie musste den Kläger nicht zusätzlich zu einem Vorstellungsgespräch für die in Cottbus zu besetzende Stelle einladen, weshalb der Umstand der Nichteinladung zu einem Vorstellungsgespräch für diese Stelle nicht die Vermutung iSv. § 22 AGG begründen kann, dass der Kläger die Benachteiligung wegen seiner (Schwer)Behinderung erfahren hat.

(1) Das Landesarbeitsgericht hat es dahinstehen lassen, ob der öffentliche Arbeitgeber auch bei internen Stellenbesetzungen nach § 82 Satz 2 SGB IX aF verpflichtet ist, einen schwerbehinderten oder diesem gleichgestellten Bewerber zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen. Es hat angenommen, dass der öffentliche Arbeitgeber jedenfalls dann, wenn er sich - wie hier - dazu entschließe, Auswahlgespräche durchzuführen, weil ihm die Papierlage und die Eindrücke der Vorgesetzten etc. von den Beschäftigten, die sich auf eine intern zu besetzende Stelle beworben hätten, nicht genüge, um deren Eignung, Befähigung und fachliche Leistung beurteilen zu können, verpflichtet sei, einen schwerbehinderten Bewerber zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen. Die Beklagte könne auch nicht damit gehört werden, dem Kläger sei im Rahmen des Auswahlgesprächs für die Stelle in Berlin M die Chance eingeräumt worden, sich persönlich vorzustellen. Bei der Ausschreibung mehrerer Stellen mit identischem Anforderungsprofil sei eine Einladung zu einem Vorstellungsgespräch für jede der Stellen nur dann entbehrlich, wenn die Auswahl aufgrund eines identischen Auswahlverfahrens erfolge, die Auswahlkommissionen personenidentisch seien und zwischen den jeweiligen Auswahlentscheidungen nur wenige Wochen lägen. Im vorliegenden Fall seien die Auswahlkommissionen für die Stellen in Cottbus und Berlin M indes nicht personenidentisch gewesen, weshalb die Beklagte den Kläger auch zu einem Vorstellungsgespräch für die bei der Agentur für Arbeit in Cottbus zu besetzende Stelle hätte einladen müssen.

(2) Anders als das Landesarbeitsgericht angenommen hat, ist der öffentliche Arbeitgeber im Fall der Ausschreibung mehrerer Stellen mit identischem Anforderungsprofil, die in etwa zeitgleich zu besetzen sind, nicht erst dann von seiner grundsätzlich bestehenden Verpflichtung befreit, den/die schwerbehinderte/n Bewerber/in zu einem Vorstellungsgespräch für jede der ausgeschriebenen Stellen einzuladen, auf die sich diese/r beworben hat, wenn die jeweiligen Auswahlkommissionen personenidentisch besetzt sind. In einem solchen Fall reicht es vielmehr regelmäßig aus, den/die schwerbehinderte/n Bewerber/in zu einem Vorstellungsgespräch für eine der zu besetzenden Stellen einzuladen, sofern dieselbe für die Durchführung des Auswahlverfahrens zuständige Dienststelle des öffentlichen Arbeitgebers für die Stellen ein identisch ausgestaltetes Auswahlverfahren nach identischen Auswahlkriterien durchführt.

(a) Der mit § 82 Satz 2 SGB IX aF verfolgte Zweck, dem/der schwerbehinderten Bewerber/in die Möglichkeit zu geben, den Arbeitgeber - über die Papierform hinaus - von seiner/ihrer Eignung für die zu besetzende Stelle zu überzeugen und eventuelle Vorbehalte oder gar Vorurteile auszuräumen, wird - sofern mehrere Stellen mit identischem Anforderungsprofil ausgeschrieben werden, die in etwa zeitgleich zu besetzen sind, dieselbe Dienststelle des öffentlichen Arbeitgebers für die Durchführung des Auswahlverfahrens zuständig ist und für die Stellen ein identisch ausgestaltetes Auswahlverfahren nach identischen Auswahlkriterien durchführt - nämlich regelmäßig bereits dadurch erreicht, dass der/die schwerbehinderte Bewerber/in einmalig die Gelegenheit erhält, sich bei der für die Durchführung des Auswahlverfahrens zuständigen Dienststelle des öffentlichen Arbeitgebers in einem Vorstellungsgespräch zu präsentieren.

(b) Für die vom Landesarbeitsgericht geforderte Personenidentität der Mitglieder einer Auswahlkommission enthält das Gesetz hingegen keinen Anhaltspunkt. Vielmehr nimmt § 82 SGB IX aF die personalverwaltenden Dienststellen, dh. die Dienststellen der öffentlichen Arbeitgeber, die für die Durchführung des Auswahlverfahrens zuständig sind, in die Pflicht. Diese haben nicht nur nach § 82 Satz 1 SGB IX aF den Agenturen für Arbeit frühzeitig frei werdende und neu zu besetzende sowie neue Arbeitsplätze zu melden. Diese Dienststellen trifft auch die Verpflichtung zur Einladung zum Vorstellungsgespräch (LPK-SGB IX/Düwell 5. Aufl. § 165 Rn. 4; Neumann in Neumann/Pahlen/Winkler/Jabben SGB IX 13. Aufl. § 165 Rn. 2 und 5).

(3) Vorliegend hatte die Regionaldirektion Berlin-Brandenburg der Beklagten, die sowohl die für die Durchführung des Auswahlverfahrens für die bei der Agentur für Arbeit in Berlin M als auch die für die Durchführung des Auswahlverfahrens für die bei der Agentur für Arbeit in Cottbus zu besetzende Stelle zuständige Dienststelle der Beklagten war, beide Stellen mit einem identischen Anforderungsprofil ausgeschrieben und für sie ein identisch ausgestaltetes Auswahlverfahren nach denselben Auswahlkriterien durchgeführt. Insbesondere gehörten den jeweiligen Auswahlkommissionen dieselben Funktionsträger, darunter auch ein/e Vertreter/in der für die Durchführung des Auswahlverfahrens zuständigen Regionaldirektion Berlin-Brandenburg der Beklagten an. Der Umstand, dass der Auswahlkommission für die in Berlin M zu besetzende Stelle zusätzlich der Bereichsleiter Interner Service Berlin angehörte, ist nicht von Bedeutung.

Indem die Regionaldirektion Berlin-Brandenburg der Beklagten den Kläger zu einem Vorstellungsgespräch für die in Berlin M zu besetzende Stelle eingeladen hatte, war sie mithin ihrer Verpflichtung nach § 82 Satz 2 SGB IX aF ausreichend nachgekommen. Ob und unter welchen konkreten weiteren Voraussetzungen sich etwas Anderes ergeben könnte, wenn der Kläger zu dem Vorstellungsgespräch für die in Berlin M zu besetzende Stelle nicht erschienen wäre oder nicht hätte erscheinen können, bedurfte keiner Entscheidung, da der Kläger der Einladung der Regionaldirektion Berlin-Brandenburg der Beklagten zu einem Vorstellungsgespräch in Berlin M nachgekommen war.


3. Der Senat konnte über die Auslegung von § 82 Satz 2 SGB IX aF in dem unter Rn. 31 ff. ausgeführten Sinn entscheiden, ohne zuvor im Hinblick auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 15. Dezember 2011 (- 2 A 13.10 - Rn. 19 ff.) den Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes nach § 2 Abs. 1 RsprEinhG anzurufen.

a) Nach § 2 Abs. 1 RsprEinhG ist die Vorlage an den Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes geboten, wenn ein oberster Gerichtshof in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen obersten Gerichtshofs oder des Gemeinsamen Senats abweichen will. Voraussetzung hierfür ist, dass sich die zur Entscheidung vorgelegte Rechtsfrage im Anwendungsbereich derselben Rechtsvorschrift stellt oder dass sie auf der Grundlage von Vorschriften aufgeworfen wird, die zwar in verschiedenen Gesetzen stehen, in ihrem Wortlaut aber im Wesentlichen und in ihrem Regelungsinhalt gänzlich übereinstimmen und deswegen nach denselben Prinzipien auszulegen sind (Gemeinsamer Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes 6. Februar 1973 - GmS-OGB 1/72 - BVerwGE 41, 363; 12. März 1987 - GmS-OGB 6/86 - BVerwGE 77, 370; vgl. auch BAG 18. September 2019 - 7 ABR 44/17 - Rn. 36; 11. November 2003 - 7 AZB 40/03 - Rn. 9; BVerwG 19. Februar 2015 - 9 C 10.14 - Rn. 34, BVerwGE 151, 255). Darüber hinaus muss die Rechtsfrage sowohl für den erkennenden Senat in der anhängigen Sache als auch für den divergierenden Senat in der bereits entschiedenen Sache entscheidungserheblich sein (vgl. BAG 18. September 2019 - 7 ABR 44/17 - aaO; 7. Dezember 2005 - 5 AZR 254/05 - Rn. 34; BVerwG 9. Mai 2019 - 4 C 2.18, 4 C 3.18 - Rn. 18, BVerwGE 165, 299).

b) Danach besteht im vorliegenden Verfahren keine Vorlagepflicht nach § 2 Abs. 1 RsprEinhG. Die Rechtsfrage, ob der öffentliche Arbeitgeber nach § 82 Satz 2 SGB IX aF schwerbehinderte Bewerber/innen auch bei einer internen Stellenbesetzung zu einem Vorstellungsgespräch einladen muss, war für das Bundesverwaltungsgericht nicht entscheidungserheblich.

Zwar hat das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 15. Dezember 2011 (- 2 A 13.10 - Rn. 23 f.) angenommen, schwerbehinderte Beschäftigte hätten dann keinen Anspruch auf Einladung zum Vorstellungsgespräch nach § 82 Satz 2 SGB IX aF, wenn der öffentliche Arbeitgeber den Arbeitsplatz berechtigterweise nur intern zur Besetzung ausschreibe. Allerdings hat das Bundesverwaltungsgericht seine Entscheidung gleichermaßen tragend darauf gestützt, der dortige Kläger habe auch deshalb nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen werden müssen, weil ihm die fachliche Eignung offensichtlich fehlte (BVerwG 15. Dezember 2011 - 2 A 13.10 - Rn. 26 ff.). Das Bundesverwaltungsgericht wäre in dem von ihm zu entscheidenden Fall somit zu demselben Ergebnis gelangt, wenn es § 82 Satz 2 SGB IX aF auch bei einer lediglich internen Stellenbesetzung für anwendbar gehalten, die Rechtsfrage also anders oder nicht beantwortet hätte.


B. Die Anschlussrevision des Klägers ist teilweise unzulässig. Soweit sie zulässig ist, ist sie unbegründet.

I. Soweit der Kläger seinen mit dem Klageantrag zu 1. weiter verfolgten Anspruch auf Zahlung einer höheren Vergütung auf einen Verstoß der Beklagten gegen den Grundsatz der Bestenauslese (Art. 33 Abs. 2 GG) sowie darauf stützt, er sei als freigestellter Personalrat und Schwerbehindertenvertreter entgegen den Vorgaben in § 8 BPersVG und § 96 Abs. 2 SGB IX aF in seiner beruflichen Entwicklung benachteiligt worden, ist die Anschlussrevision unzulässig. Der Kläger hat die Anschlussrevision insoweit nicht innerhalb der maßgeblichen Frist des § 554 Abs. 3 Satz 1, Abs. 2 Satz 2 ZPO den Anforderungen nach § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 554 Abs. 3 Satz 2, § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO entsprechend begründet.

1. Nach § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO gehört zum notwendigen Inhalt der Revisionsbegründung die Angabe der Revisionsgründe. Bei einer Sachrüge muss der vermeintliche Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts so aufgezeigt werden, dass Gegenstand und Richtung des Revisionsangriffs erkennbar sind. Dazu muss die Revisionsbegründung eine konkrete Auseinandersetzung mit den Gründen des angefochtenen Urteils enthalten. Bei mehreren Streitgegenständen muss für jeden eine solche Begründung gegeben werden. Fehlt sie zu einem Streitgegenstand, ist das Rechtsmittel insoweit unzulässig (BAG 24. Januar 2017 - 1 AZR 774/14 - Rn. 10; 27. Juli 2010 - 1 AZR 186/09 - Rn. 13 mwN).

2. Soweit der Kläger seinen Anspruch auf Zahlung einer höheren Vergütung auf einen Verstoß der Beklagten gegen den Grundsatz der Bestenauslese (Art. 33 Abs. 2 GG) sowie darauf stützt, er sei als freigestellter Personalrat und Schwerbehindertenvertreter entgegen den Vorgaben in § 8 BPersVG und § 96 Abs. 2 SGB IX aF in seiner beruflichen Entwicklung und entgegen den Vorgaben des AGG iVm. dem SGB IX aF wegen seiner (Schwer)Behinderung benachteiligt worden, liegen - trotz eines einheitlichen Klagebegehrens - zumindest zwei Streitgegenstände vor.

a) Nach dem auch für das arbeitsgerichtliche Urteilsverfahren geltenden zweigliedrigen Streitgegenstandsbegriff wird der Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens durch den dort gestellten Antrag (Klageantrag), in dem sich die von der klagenden Partei in Anspruch genommene Rechtsfolge konkretisiert, und den ihm zugrundeliegenden Lebenssachverhalt (Klagegrund) bestimmt. Der Streitgegenstand erfasst alle Tatsachen, die bei einer natürlichen, vom Standpunkt der Parteien ausgehenden, den Sachverhalt seinem Wesen nach erfassenden Betrachtungsweise zu dem zur Entscheidung gestellten Tatsachenkomplex gehören, den der Kläger zur Stützung seines Rechtsschutzbegehrens dem Gericht unterbreitet hat (BAG 17. Dezember 2015 - 8 AZR 54/14 - Rn. 16; 26. Juni 2013 - 5 AZR 482/12 - Rn. 16). Nur ein Streitgegenstand ist gegeben, wenn der Tatsachenstoff nicht sinnvoll auf verschiedene eigenständige, den Sachverhalt in seinem Kerngehalt verändernde Geschehensabläufe aufgeteilt werden kann, selbst wenn diese einer eigenständigen rechtlichen Bewertung zugänglich sind. Eine Mehrheit von Streitgegenständen liegt demgegenüber vor, wenn die materiell-rechtliche Regelung die zusammentreffenden Ansprüche durch eine Verselbständigung der einzelnen Lebensvorgänge erkennbar unterschiedlich ausgestaltet (BGH 21. November 2017 - II ZR 181/15 - Rn. 18; 13. September 2012 - I ZR 230/11 - Rn. 19, BGHZ 194, 314).

b) Danach liegen - trotz eines einheitlichen Klagebegehrens - zumindest zwei Streitgegenstände vor. Jedenfalls den geltend gemachten Ansprüchen nach § 15 Abs. 1 AGG auf der einen Seite und nach den § 280 Abs. 1, § 823 Abs. 2 BGB iVm. Art. 33 Abs. 2 GG bzw. § 8 BPersVG, § 96 Abs. 2 SGB IX aF oder § 823 Abs. 2 BGB iVm. § 8 BPersVG, und § 96 Abs. 2 SGB IX aF auf der anderen Seite liegen unterschiedliche Lebenssachverhalte zugrunde. Im ersteren Fall geht es um Schadensersatz wegen einer - behaupteten - Diskriminierung des Klägers wegen seiner (Schwer)Behinderung, während die übrigen behaupteten Ansprüche auf zumindest einem anderen Lebenssachverhalt beruhen, nämlich auf einem vom Kläger behaupteten Verstoß der Beklagten gegen Art. 33 Abs. 2 GG bzw. einer vom Kläger geltend gemachten Benachteiligung wegen seiner Tätigkeit als Personalrat sowie als Schwerbehindertenvertreter, wobei diese beiden Komplexe durch die Frage, ob die Auswahl anhand einer aktuellen (fiktiv nachgezeichneten) Beurteilung hätte erfolgen müssen - wie der Kläger meint -, oder ob sie auf der Grundlage eines strukturierten Auswahlgesprächs durchgeführt werden konnte, miteinander verbunden sind.

3. Der Kläger hat die Anschlussrevision nur im Hinblick auf einen Schadensersatzanspruch nach § 15 Abs. 1 AGG wegen einer Benachteiligung wegen seiner (Schwer)Behinderung innerhalb der maßgeblichen Frist des § 554 Abs. 3 Satz 1, Abs. 2 Satz 2 ZPO den Anforderungen nach § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 554 Abs. 3 Satz 2, § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 ZPO entsprechend begründet. Im Hinblick auf die Ansprüche nach § 280 Abs. 1, § 823 Abs. 2 BGB iVm. Art. 33 Abs. 2 GG bzw. § 8 BPersVG, § 96 Abs. 2 SGB IX aF oder § 823 Abs. 2 BGB iVm. § 8 BPersVG, und § 96 Abs. 2 SGB IX aF fehlt es in der Anschlussschrift an jeglicher Auseinandersetzung mit den Gründen des angefochtenen Urteils. Der Schriftsatz des Klägers vom 23. April 2020, der hierzu Ausführungen enthält, ist erst nach Ablauf der Frist zur Begründung der Anschlussrevision beim Bundesarbeitsgericht eingegangen.


II. Soweit der Kläger mit der Anschlussrevision einen Anspruch auf Schadensersatz nach § 15 Abs. 1 AGG sowie auf Zahlung einer höheren Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG verfolgt, ist die Anschlussrevision zwar zulässig. Sie ist aber unbegründet. Die Beklagte hat - wie unter Rn. 20 ff. ausgeführt - nicht gegen das Verbot der Benachteiligung des Klägers wegen der (Schwer)Behinderung verstoßen.

Referenznummer:

R/R8532


Informationsstand: 13.07.2020