I. Zwischen den Beteiligten besteht Streit, welcher Rehabilitationsträger für die Unterbringung des an frühkindlichem Autismus leidenden Antragstellers in einer stationären Einrichtung zuständig ist.
Mit Antrag vom 14. Februar 2003, der am 5. März 2003 beim Antragsgegner eingegangen war, beantragte die Mutter die stationäre Unterbringung ihres 13-jährigen Sohnes in der Stiftung A. Nach dem gleichzeitig vorgelegten Gutachten des Bezirkskrankenhauses ist die Unterbringung des Antragstellers, der an einer geistigen und seelischen Behinderung leidet, in einer stationären Einrichtung dringend erforderlich. Nachdem die zur Unterbringung vorgesehene Einrichtung den Antragsteller nicht aufnehmen konnte, erklärte sich das W.- L.-Heim, eine heilpädagogische Einrichtung für Kinder und Jugendliche mit besonderem Förderbedarf, am 7. August 2003 gegenüber dem Antragsgegner bereit, den Antragsteller aufzunehmen. Daraufhin leitete der Antragsgegner mit Schreiben vom 18. August 2003 den Antrag des Antragstellers an den Beigeladenen mit dem Hinweis weiter, dass das W.-L.-Heim eine Einrichtung der Jugendhilfe sei, weshalb der Beigeladene nach § 14
SGB IX die Leistungen zu übernehmen habe.
Nachdem der Beigeladene Leistungen abgelehnt hatte, hat sich der Antragsteller an das Verwaltungsgericht Regensburg gewandt. Mit Beschluss vom 22. September 2003 hat das Verwaltungsgericht den Antragsgegner verpflichtet, vorläufig die Kosten für die Unterbringung des Antragstellers im W.-L.-Heim zu übernehmen. Der Antragsgegner sei für die Gewährung der begehrten Leistung nach § 14
Abs. 2 Satz 1
SGB IX zuständig, weil er den maßgeblichen Antrag des Antragstellers vom Februar 2003 nicht innerhalb der Frist des § 14
Abs. 1
SGB IX weitergeleitet habe.
Mit der Beschwerde begehrt der Antragsgegner die Aufhebung der Entscheidung des Verwaltungsgerichts und die Ablehnung des Antrags. Für die Gewährung der Leistung sei der Beigeladene nach § 14
Abs. 2 Satz 3
SGB IX zuständig. Er habe ihm den Antrag auf Unterbringung im W.-L.-Heim rechtzeitig zugeleitet. Erst nach Klärung der Frage, in welchem Heim der Antragsteller untergebracht werden konnte, sei erkennbar gewesen, dass es sich um eine Maßnahme der Jugendhilfe handle, für die der Beigeladene zuständig sei.
Der Antragsteller und der Beigeladene treten der Beschwerde entgegen. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.
II. Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg.
Der Antragsteller hat wegen seiner Behinderung nach § 2
Abs. 1
SGB IX einen Anspruch auf Gewährung von Leistungen zur Teilnahme in der Gemeinschaft nach § 5
Nr. 4
SGB IX. Dieser Anspruch richtet sich nach § 14
Abs. 2 Satz 1
SGB IX gegen den Antragsgegner.
Nach § 14
Abs. 1 Satz 1
SGB IX hat der Rehabilitationsträger, bei dem Leistungen zur Teilhabe beantragt werden, innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrags festzustellen, ob er für die Leistung zuständig ist. Hält er sich für unzuständig, leitet er den Antrag unverzüglich dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger zu, der an diese Verweisung gebunden ist und den Rehabilitationsbedarf unverzüglich festzustellen hat (§ 14
Abs. 2 Sätze 3 und 1
SGB IX). Wird der Antrag nicht weitergeleitet, stellt der zuerst angegangene Rehabilitationsträger den Rehabilitationsbedarf fest (§ 14
Abs.2 Satz 1
SGB IX).
Zwar hat im vorliegenden Fall der Antragsgegner den Antrag an den Beigeladenen weitergeleitet, allerdings nicht unverzüglich nach Ablauf der maximal zweiwöchigen Prüfungsfrist des § 14
Abs. 1 Satz 1
SGB IX, was einer Frist von 15 Tagen nach Eingang des Antrags im März 2003 entspricht. Das hat zur Folge, dass der Antragsgegner nach § 14
Abs. 2 Satz 1
SGB IX für die Leistungsgewährung zuständig geworden ist (
vgl. Haines in LPK-SGB IX, 2002, § 14 RdNr. 9; Götze in Hauck/Noftz,
SGB IX, Band 1, Stand August 2003, § 14 RdNr. 7).
Dass der zuerst angegangene Rehabilitationsträger die Begründung seiner Zuständigkeit nur durch eine fristgerechte Weiterleitung des Antrags verhindern kann, ergibt sich aus der systematischen Stellung des Absatzes 2, der auf der knapp bemessenen Frist für die Zuständigkeitsprüfung in Absatz 1 aufbaut, sowie dem Normzweck des § 14
SGB IX. Nach der Regierungsbegründung zu dem Gesetzentwurf trägt § 14
SGB IX dem Bedürfnis Rechnung, im Interesse behinderter und von Behinderung bedrohter Menschen durch rasche Klärung von Zuständigkeiten Nachteilen des gegliederten Systems des Rechts der Teilhabe behinderter Menschen entgegenzuwirken. Ziel der Vorschrift ist es, durch ein auf Beschleunigung gerichtetes Zuständigkeitsklärungsverfahren die möglichst schnelle Leistungserbringung zu sichern (BT-Drs. 14/5074,
S. 85 und
S. 102).
Das Ziel des Gesetzes, innerhalb weniger Tage einen für die Leistungsgewährung zuständigen Rehabilitationsträger zu bestimmen, würde aber nicht erreicht, wenn die Weiterleitung des Antrags nach Ablauf der Frist die Zuständigkeit des zweiten Rehabilitationsträgers begründen könnte. Dieser Auslegung steht auch die Regelung des § 14
Abs. 4 Satz 3
SGB IX nicht entgegen, wonach Erstattungsansprüche des zuerst angegangenen Rehabilitationsträgers nach § 105
SGB X ausgeschlossen sind, wenn sich nachträglich die Zuständigkeit eines anderen Trägers herausstellt. Während § 14
Abs. 4 Satz 1
SGB IX dem Rehabilitationsträger, an den der Antrag weitergeleitet worden ist, einen Erstattungsanspruch gegen den zuständigen Träger als Ausgleich für die Bindungswirkung der Weiterleitung zuerkennt, geht der Gesetzgeber nach Ablauf des für das Prüfungsverfahren vorgesehenen Zeitraums im Interesse der Leistungsberechtigten von der endgültigen Zuständigkeit des zuerst angegangenen Rehabilitationsträgers aus. Der Verwaltungsgerichtshof verkennt nicht, dass der Ausschluss von Erstattungsansprüchen nach § 105
SGB X dazu führen kann, dass der zuerst angegangene Rehabilitationsträger bei Zweifeln an seiner Zuständigkeit, die nicht innerhalb der Zweiwochenfrist geklärt werden können, den Antrag vorsorglich weiterleitet, um nicht endgültig leistungspflichtig zu werden. Gleichwohl erscheint das für den Leistungsberechtigten eher hinnehmbar als die verzögerte Klärung der Zuständigkeit. Denn der Rehabilitationsträger, an den der Antrag weitergeleitet worden ist, hat als gegenüber dem Leistungsberechtigten zuständiger Träger den Rehabilitationsbedarf unverzüglich festzustellen und die entsprechenden Leistungen zu gewähren, während andernfalls der Leistungsberechtigte bis zur Weiterleitung des Antrags, auf die er keinen Einfluss hat, allenfalls vorläufige Leistungen nach § 43 Abs 1
SGB I oder § 44
Abs. 1 BSHG erlangen könnte. Da § 14
SGB IX im Gegensatz zu den zuletzt genannten Vorschriften die endgültige Zuständigkeit des Rehabilitationsträgers bestimmt, geht § 14
SGB IX im Rahmen seines Anwendungsbereichs den Regelungen über die vorläufige Leistungsgewährung vor.Auch der Einwand des Antragsgegners, er habe den Antrag auf Unterbringung des Antragstellers im W.-L.-Heim dem Beigeladenen rechtzeitig zugeleitet, so dass dieser für die Rehabilitationsmaßnahme zuständig geworden sei, kann der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen.
Zutreffend ist lediglich, dass die Prüfungsfrist des § 14
Abs. 1
SGB IX erst zu laufen beginnt, wenn dem Rehabilitationsträger ein Antrag vorliegt, aus dem ersichtlich ist, welche Leistungen zur Teilhabe begehrt werden. Hängt demnach die Zuständigkeit von der Wahl des Antragstellers ab, so stellt eine Änderung der begehrten Leistung einen weiteren Antrag dar, der das Prüfungsverfahren erneut in Gang setzt. Im vorliegenden Fall hat aber die Unterbringung in einem bestimmten Heim keine Bedeutung für die Zuständigkeit des Rehabilitationsträgers. Vielmehr gehen nach § 10
Abs. 2 Satz 2
SGB VIII wegen der geistigen und seelischen Behinderung des Antragstellers Maßnahmen nach § 40 BSHG der Eingliederungshilfe nach § 35 a
SGB VIII vor (vgl BVerwGE 109, 325 = NJW 2000, 2688).
Die Beschwerde ist daher mit der Kostenfolge des § 154
Abs. 2
VwGO zurückzuweisen. Es entspricht billigem Ermessen, dass der Beigeladene seine außergerichtlichen Kosten selbst trägt (§ 162
Abs. 3
VwGO).
Gerichtskosten werden nach § 188 Satz 2 Halbsatz 1
VwGO nicht erhoben.
Diese Entscheidung ist nicht anfechtbar (§ 152
Abs. 1
VwGO).