Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom 7. März 2016 - 7 K 2521/15.F - wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Der am ... 1984 geborene Kläger leidet an einer spastischen Cerebralparese. Ihm wurde deshalb mit Bescheid des Versorgungsamtes Frankfurt am Main vom 18. März 1988 ein
GdB von 100 zuerkannt. Er ist in Pflegestufe 3 eingestuft.
Der Kläger ist Kaufmann für Bürokommunikation. Er war in der Zeit vom 1. November 2014 bis zum 31. Oktober 2017 befristet in einem Umfang von 30 Wochenstunden als Arbeitnehmer beim Hessischen Landeskriminalamt beschäftigt. Hierfür erhielt er anfänglich eine Vergütung nach Entgeltgruppe 8, Stufe 1 TV-H. Sein monatliches Arbeitgeberbruttogehalt belief sich auf zunächst 1.742,22
EUR/Monat.
Mit Schreiben vom 12. September 2014 beantragte der Kläger die Übernahme der Kosten einer notwendigen Arbeitsassistenz. Er legte hierzu einen Kostenvoranschlag seines Dienstleisters "X..." vor, der arbeitstäglich anfallende Betreuungskosten für Arbeitsassistenz in Höhe von 187,50
EUR auf der Grundlage von 7,5 Betreuungsstunden je Arbeitstag zu einem Stundensatz von 25,00
EUR, entsprechend 750,00
EUR/Woche bei 4 Arbeitstagen/Woche
bzw. 3.000,00
EUR/Monat bei 16 Arbeitstagen/Monat auswies. Der Leistungsumfang der erforderlichen Arbeitsassistenz umfasste neben einfachen Handreichungen wie Schieben des Rollstuhls, Öffnen von Türen, Hilfe bei der Bedienung des Fahrstuhls, Anreichen von Büromaterial, Bereitstellen von Ordnern, Entsorgungsarbeiten, auch Tätigkeiten wie Lese- und Erklärungshilfe, Verfassen handschriftlicher Notizen, Kopieren, Diktieren
etc.. Vom 1. Januar 2016 bis 31. Oktober 2017 belief sich der Stundensatz nach Aktenlage auf 29,12
EUR.
Mit Bescheid vom 20. Oktober 2014 bewilligte der Beklagte dem Kläger zunächst Leistungen für Arbeitsassistenz in Höhe von maximal 871,00
EUR/Monat für den Zeitraum vom 1. November 2014 bis 28. Februar 2015. Mit Bescheid vom 10. November 2014 bewilligte der Beklagte dem Kläger für den genannten Zeitraum unter Abänderung des Bescheides vom 20. Oktober 2014 eine Übernahme von Arbeitsassistenzkosten in Höhe von maximal 1.740,00
EUR/Monat. Wegen der Einzelheiten wird auf die Bescheide vom 20. Oktober und 10. November 2014 Bezug genommen.
Den hiergegen eingelegten Widerspruch des Klägers vom 21. November 2014, mit dem dieser eine vollständige Kostenübernahme begehrte, wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 2. Juni 2015 im Wesentlichen mit der Begründung zurück, Voraussetzung für die Übernahme von Arbeitsassistenzkosten durch das Integrationsamt aus Mitteln der Ausgleichsabgabe sei ein angemessenes und vertretbares Verhältnis zwischen der gewährten Leistung und dem von dem schwerbehinderten Menschen erzielten Arbeitseinkommen. Im Rahmen einer Mittel-Zweck-Relation im Sinne des Wirtschaftlichkeitsgebots sei es geboten, die Kosten der Arbeitsassistenz zur Höhe des Arbeitseinkommens in Beziehung zu setzen. Dementsprechend sähe Ziff. 2.8 der Empfehlungen der Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrationsämter und Hauptfürsorgestellen (
BIH) für die Erbringung finanzieller Leistungen zur Arbeitsassistenz schwerbehinderter Menschen gemäß § 102
Abs. 4
SGB IX (i. F.:
BIH-Empfehlungen) - an denen der Beklagte sich im Interesse einer einheitlichen und dem Gleichheitssatz genügenden Rechtsanwendung orientiere - vor, dass die Kosten für Arbeitsassistenz im Regelfall 50 % des Arbeitgeberbruttos nicht übersteigen dürften. Dies entspreche im Fall des Klägers bei einem Bruttoarbeitslohn von 1.742,22
EUR/Monat einer maximalen monatlichen Übernahme von Arbeitsassistenzkosten in Höhe von 871,00
EUR. Aufgrund der Besonderheiten des Einzelfalls seien jedoch unter Abweichung von dieser Regel zu Gunsten des Klägers Arbeitsassistenzkosten in Höhe von 100 % des Arbeitgeberbruttos, entsprechend 1.740,00
EUR/Monat zu übernehmen. Für eine weitergehende Kostenübernahme fehle es an einem angemessenen Verhältnis zwischen der Leistung und dem erzielten Arbeitseinkommen. Bei alledem sei auch zu berücksichtigen, dass Geldleistungen im Rahmen der begleitenden Hilfe im Arbeitsleben allein im Rahmen der aus der Ausgleichsabgabe zur Verfügung stehenden Mittel erbracht würden, diese Mittel in ihrer Höhe begrenzt seien und damit dem Integrationsamt bei der Verteilung der nur begrenzt zur Verfügung stehenden Mittel ein Ermessen zustehe. Bei der Ermessensausübung sei dem Umstand Rechnung zu tragen, dass die verfügbaren Mittel auf eine möglichst große Zahl von schwerbehinderten Menschen gleichmäßig verteilt werden müssten. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Widerspruchsbescheid vom 2. Juni 2015 Bezug genommen.
Mit Bescheid vom 16. Juni 2015 hat der Beklagte dem Kläger für den Folgezeitraum vom 1. März 2015 bis 31. Oktober 2017 eine Übernahme von Arbeitsassistenzkosten in Höhe von weiterhin maximal 1.740,00
EUR/Monat bewilligt. Wegen der Einzelheiten wird auf den Bescheid vom 16. Juni 2015 Bezug genommen. Hiergegen hat der Kläger mit Schreiben vom 16. Juli 2017 Widerspruch eingelegt, über den bislang nicht entschieden worden ist.
Mit Bescheid vom 22. August 2016 hat der Beklagte dem Kläger für den Zeitraum vom 1. Januar 2016 bis 31. Oktober 2017 auf der Grundlage eines entsprechend erhöhten Bruttolohns eine Übernahme von Arbeitsassistenzkosten in Höhe von maximal 2.106,00
EUR/Monat bewilligt und dem Kläger für die Zeit vom 1. Januar bis 31. August 2016 eine entsprechende Nachzahlung gewährt. Soweit in diesem Bescheid als Beginn des Leistungszeitraums der 1. September 2016 genannt ist, hat der Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 6. Oktober 2016 mitgeteilt, dass es sich hierbei um einen Schreibfehler handele und sich der Leistungszeitraum auf die Zeit vom 1. Januar 2016 bis 31. Oktober 2017 erstrecke. Wegen der Einzelheiten wird auf den Bescheid vom 22. August 2016 Bezug genommen.
Am 2. Juli 2015 hat der Kläger gegen die Bescheide vom 20. Oktober 2014, 10. November 2014 und 2. Juni 2015 Klage erhoben, die er im Wesentlichen damit begründet hat, dass die ihm bislang bewilligten Mittel zur Finanzierung der Arbeitsassistenz nicht ausreichten, um seinen tatsächlichen und nachgewiesenen Bedarf an Teilhabeleistungen abzudecken. Es sei davon auszugehen, dass dem Beklagten aus der Ausgleichsabgabe ausreichende finanzielle Mittel zur Verfügung stünden, um die in seinem Fall notwendige Arbeitsassistenz in vollem Umfang zu finanzieren. Der Beklagte habe nicht nachgewiesen, dass die ihm aus der Ausgleichsabgabe zur Verfügung stehenden Mittel hierfür nicht ausreichten. Umfang und Höhe der Kosten seiner Arbeitsassistenz seien nicht zu beanstanden. Eine gesetzliche Grundlage für eine Limitierung des Unterstützungsbedarfs bestehe nicht.
Der Kläger hat beantragt,
den Beklagten unter entsprechender Abänderung der Bescheide vom 20. Oktober 2014 und 10. November 2014 sowie des Widerspruchsbescheides vom 2. Juni 2015 zu verpflichten, ihm für die Dauer des befristeten Arbeitsverhältnisses im Zeitraum vom 1. November 2014 bis zum 31. Oktober 2017 einen Betrag von mehr als 1.740,00
EUR monatlich zur Finanzierung einer Arbeitsassistenz zu bewilligen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat dies im Wesentlichen damit begründet, der Anspruch auf Übernahme der Kosten stehe unter dem Vorbehalt der dem Integrationsamt zur Verfügung stehenden Mittel aus der Ausgleichsabgabe. Aufgrund der Besonderheiten des Einzelfalles sei bereits von den Regelungen der
BIH-Empfehlungen abgewichen und statt maximal 50 % des Arbeitgeberbruttos 100 % hiervon zur Finanzierung der Arbeitsassistenz des Klägers gewährt worden. Bei einer darüber hinaus gehenden Bewilligung bestehe zwischen der gewährten Leistung und dem Arbeitseinkommen kein vertretbares Verhältnis mehr.
Mit Urteil vom 7. März 2016 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, gemäß
§ 102 Abs. 4 SGB IX stehe schwerbehinderten Menschen wie dem Kläger im Rahmen der Zuständigkeit des Integrationsamts ein Anspruch auf Kostenübernahme für begleitende Hilfe im Arbeitsleben aus den aus der Ausgleichsabgabe zur Verfügung stehenden Mitteln zu. Dieser Anspruch sei hiernach durch die dem jeweiligen Integrationsamt aus der Ausgleichsabgabe zur Verfügung stehenden Mittel begrenzt. Da weitere Rechtsnormen zur Verteilung der Mittel nicht vorhanden seien, sei über deren Verteilung von dem jeweiligen Integrationsamt nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden. Dieser Ermessensspielraum könne durch verwaltungsinterne Richtlinien - wie die
BIH-Empfehlungen - ausgefüllt und näher geregelt werden; denn die Verteilung begrenzter Mittel nach Kriterien, die gesetzlich nicht vorgegeben seien, sei der Sache nach eine Ermessensentscheidung, auch wenn der Gesetzgeber einen gesetzlichen Anspruch habe schaffen wollen. Gemessen an diesen Vorgaben habe der Beklagte sein Ermessen sachgerecht ausgeübt, zumal er zugunsten des Klägers von einer Kostenübernahme im Umfang von 100 % des Arbeitgeberbruttos ausgegangen sei und damit bereits die in den
BIH-Empfehlungen vorgesehene Maximalleistung von 50 % des Arbeitgeberbruttos verdoppelt habe. Unter Berücksichtigung des im gesamten öffentlichen Recht geltenden Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit erscheine der vom Kläger begehrte Umfang der Kostenübernahme - die Kosten der Arbeitsassistenz beliefen sich auf 3.139,25
EUR/Monat - unverhältnismäßig und zwar auch unter Berücksichtigung der Zielsetzung einer gleichberechtigten Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft.
Gegen das dem Kläger am 9. März 2016 zugestellte Urteil hat dieser am 4. April 2016 einen Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt. Dem Antrag ist mit den Beteiligten jeweils am 3. April 2017 zugestelltem Beschluss des Senats vom 28. März 2017 entsprochen worden.
Nachdem die Berufungsbegründungsfrist antragsgemäß um einen Monat verlängert worden ist, hat der Kläger am 6. Juni 2017 die Berufung im Wesentlichen damit begründet, dem Beklagten stehe bezüglich der Vergabe der zur Verfügung stehenden Mittel aus der Ausgleichsabgabe kein Ermessen zu. Angesichts des klaren Wortlauts des § 102
Abs. 4
SGB IX sei eine nach Grund und Höhe gebundene Entscheidung zu treffen. Anderenfalls hätte es einer eigenständigen Regelung der Übernahme der Kosten einer notwendigen Arbeitsassistenz in § 102
Abs. 4
SGB IX nicht bedurft, sondern es hätte lediglich der Leistungskatalog des § 102
Abs. 3
SGB IX um die Position "Arbeitsassistenz" erweitert werden müssen. Dies entspreche auch dem aktuellen Stand der Rechtsprechung. Zwar stünden die Leistungen für Arbeitsassistenz unter dem Vorbehalt verfügbarer Mittel, so dass sich eine Limitierung faktisch daraus ergeben könne, dass die verfügbaren Mittel nahezu ausgeschöpft sind
bzw. sonst an anderer Stelle nicht zur Verfügung stünden. Der Beklagte habe jedoch bestätigt, über ausreichende Mittel zur Finanzierung von Arbeitsassistenzen zu verfügen. Sofern der Beklagte darauf abstelle, dass eine zuverlässige Planung und Verteilung der Mittel für die Zukunft gewährleistet sein müsse, könne dies nicht als Argument für eine gesetzlich nicht vorgesehene Anspruchsbegrenzung trotz zum aktuellen Zeitpunkt vorhandener Mittel angesehen werden. Rückläufigen Tendenzen bei der Höhe der zur Verfügung stehenden Mittel könne auch durch den Widerruf begünstigender Verwaltungsakte Rechnung getragen werden. Soweit § 102
Abs. 4
SGB IX vorsehe, dass der Anspruch für die begleitende Hilfe im Arbeitsleben nur im Rahmen der dem Integrationsamt aus der Ausgleichsabgabe zur Verfügung stehenden Mittel bestehe, ergebe sich hieraus keine fixe Obergrenze, so dass bei ausreichenden Mitteln eine limitierte Maximalförderung nicht zulässig sei. Von daher unterlägen die Bewilligungsmöglichkeiten des Beklagten einer Begrenzung allein durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Hierbei entspreche es der Verhältnismäßigkeit, die real und unstreitig dem Kläger monatlich anfallenden Kosten für Rehabilitationsleistungen zu übernehmen. Es bestehe keine gesetzlich normierte Limitierung der Leistungen zur Finanzierung einer Arbeitsassistenz über das Merkmal der "Notwendigkeit" derselben hinaus. Die Notwendigkeit der hier geltend gemachten Arbeitsassistenzkosten sei gegeben. Ihm könne insbesondere nicht entgegengehalten werden, er sei nicht grundsätzlich bereit, an einer Verminderung der Kosten für eine Arbeitsassistenz mitzuwirken.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom 7. März 2017 - 7 K 2521/15.F - aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung der Bescheide vom 20. Oktober 2014 und 10. November 2014 sowie des Widerspruchsbescheides vom 2. Juni 2015 zu verpflichten, ihm für die Dauer des befristeten Arbeitsverhältnisses im Zeitraum vom 1. November 2014 bis zum 31. Oktober 2017 einen Betrag von mehr als 1.740,00
EUR monatlich zur Finanzierung einer Arbeitsassistenz zu bewilligen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er führt zur Begründung aus, Gegenstand des Klageverfahrens seien nur die Bescheide vom 20. Oktober 2014, 10. November 2014 und der Widerspruchsbescheid vom 2. Juni 2015, mit denen Leistungen nur für den Zeitraum vom 1. November 2014 bis 28. Februar 2015 bewilligt worden seien. Für den nachfolgenden Zeitraum vom 1. März 2015 bis 31. Oktober 2017 seien mit Bescheid vom 16. Juni 2015 für die Zeit vom 1. März 2015 bis 31. August 2016 1.742,00
EUR/Monat und mit Änderungsbescheid vom 22. August 2016 nach einer entsprechenden Lohnerhöhung 2.106,00
EUR/Monat für die Zeit vom 1. September 2015 bis 31. Oktober 2017 bewilligt worden, die zwar nach Einlegung von Widersprüchen hiergegen nicht bestandskräftig, gleichwohl aber nicht Gegenstand des Klageverfahrens seien, so dass der Kläger im Rahmen des vorliegenden Verfahrens für den streitigen Zeitraum vom 1. März 2015 bis 31. Oktober 2017 schon deshalb keine Leistungen beanspruchen könne.
Zwar bestehe ein Rechtsanspruch auf Übernahme der Kosten einer notwendigen Arbeitsassistenz dem Grunde nach, jedoch müsse aufgrund des Vorbehalts der dem jeweiligen Integrationsamt zur Verfügung stehenden Mittel der Ausgleichsabgabe eine Anspruchsbegrenzung vorgenommen werden, wie das Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt habe. Diese Anspruchsbegrenzung greife nicht erst dann, wenn die Mittel der Ausgleichsabgaben nahezu verbraucht seien. Über die Verteilung der verfügbaren Mittel sei daher nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden Dies sei auch sachgerecht, da bei der Bewilligung von Leistungen im Rahmen des
SGB IX der Grundsatz der sparsamen und wirtschaftlichen Mittelverwendung zu beachten sei. Der Kläger verkenne, dass dafür Sorge getragen werden müsse, dass die begrenzten Mittel gleichmäßig an alle Leistungsberechtigten verteilt würden und die Bewilligungspraxis nicht dazu führen dürfe, dass die vorhandenen Mittel ohne Blick in die Zukunft ausgegeben würden, mit der Folge, dass zukünftig problematische finanzielle Engpässe entstehen könnten. Die Erhebung der Ausgleichsabgabe unterliege erfahrungsgemäß Schwankungen, so dass im Rahmen einer nachhaltigen Finanzplanung dafür Sorge getragen werden müsse, dass auch künftig Leistungen möglich seien und dass die vorhandenen Mittel vorausschauend und verlässlich durch eine entsprechende Budgetplanung den Leistungsberechtigten zur Verfügung gestellt werden könnten. Allein das derzeitige Vorhandensein von hinreichenden finanziellen Mitteln reiche nicht aus, um quasi unbegrenzt Mittel einfordern zu können. Auch aus
§ 108 SGB IX lasse sich entnehmen, dass der Gesetzgeber eine der Höhe nach unbegrenzte Finanzierung der notwendigen Arbeitsassistenzkosten nicht beabsichtigt habe. Zwar sei von der Verordnungsermächtigung in § 108
SGB IX bislang kein Gebrauch gemacht worden, jedoch seien an die Stelle der bisher noch fehlenden Verordnung in der Praxis die
BIH-Empfehlungen getreten. Aufgrund des grundsätzlich eröffneten Ermessens müsse in Ermangelung weiterer Rechtsnormen zur Verteilung der Mittel nach pflichtgemäßem Ermessen hierüber entschieden werden. Dieser Ermessensspielraum habe durch verwaltungsinterne Richtlinien, wie hier die
BIH-Empfehlungen, ausgefüllt und näher geregelt werden dürfen, um eine gleichmäßige Ausübung des Ermessens sowie eine gleichmäßige Verteilung der nur beschränkt zur Verfügung stehenden Mittel der Ausgleichsabgabe zu gewährleisten.
Voraussetzung für die Gewährung einer Leistung aus Mitteln der Ausgleichsabgabe durch das Integrationsamt sei ein vertretbares
bzw. angemessenes Verhältnis zwischen der gewährten Leistung und dem von dem schwerbehinderten Menschen erzielten Arbeitseinkommen. Insofern sei die Bewilligung von Leistungen für die Arbeitsassistenz durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit begrenzt. Dieser sei nach Ziffer 2.8 der
BIH-Empfehlungen dahingehend konkretisiert, dass im Regelfall 50 % des Arbeitgeberbruttos nicht überschritten werden dürften. Aufgrund der Besonderheiten des vorliegenden Falls sei von dieser Regel zugunsten des Klägers abgewichen und diesem eine Kostenübernahme in Höhe von 100 % seines Bruttoeinkommens zur Finanzierung seiner Arbeitsassistenz bewilligt worden. Insofern könne die Zweck-Mittel-Relation im Sinne des Wirtschaftlichkeitsgebots gerade noch als ausgewogen angesehen werden, da sich hier Arbeitsentgelt und bewilligte Leistung zumindest noch in gleicher Höhe gegenüberstünden. Die Gewährung eines darüber hinausgehenden Betrages sei nicht mehr angemessen
bzw. verhältnismäßig. Zu berücksichtigen sei auch, dass es sich bei der Arbeitsassistenz um eine unterstützende Tätigkeit im Rahmen des bestehenden Arbeitsverhältnisses handele. Damit müsse sich das Assistenzverhältnis, das zu dem Arbeitsverhältnis und dem damit erzielten Arbeitseinkommen führen solle, notwendigerweise an den wirtschaftlichen Aspekten des Arbeitsverhältnisses messen lassen. Wegen des unterstützenden Charakters der Arbeitsassistenz könne sie wirtschaftlich nicht schwerer wiegen als die Arbeitsleistung selbst.
Zwar stünden derzeit ausreichende Mittel zur Finanzierung von Arbeitsassistenzen zur Verfügung, aufgrund der vorstehenden Ausführungen komme es auf die Frage des Verbrauchs der zur Verfügung stehenden Mittel der Ausgleichsabgabe entscheidungserheblich jedoch nicht an.
Schließlich seien alle Versuche, eine kostengünstigere Lösung bezüglich der Arbeitsassistenzkosten zu finden, an dem insoweit unkooperativen Verhalten des Klägers gescheitert.
Zur Ergänzung des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte (zwei Bände) und der Verwaltungsvorgänge des Beklagten (zwei Bände) Bezug genommen.
Die Entscheidung ergeht im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung, nachdem der Kläger mit Schriftsatz vom 31. August 2017 und nochmals mit Schriftsatz vom 2. Juni 2018 und der Beklagte mit Schriftsatz vom 29. August 2017 und nochmals mit Schriftsatz vom 4. Juni 2018 auf eine mündliche Verhandlung verzichtet haben (§ 101
Abs. 2
VwGO).
Die Berufung ist zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet. Die angefochtenen Bescheide vom 20. Oktober 2014, 10. November 2014 und der Widerspruchsbescheid vom 2. Juni 2015 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113
Abs. 5
VwGO). Dem Kläger steht für den streitigen Zeitraum vom 1. November 2014 bis 31. Oktober 2017 zur Deckung der Kosten einer Arbeitsassistenz kein über die ihm hierfür bewilligten Leistungen hinausgehender Anspruch auf Übernahme von Arbeitsassistenzkosten zu.
Der Senat lässt mangels Entscheidungserheblichkeit dahinstehen, welche rechtlichen Konsequenzen sich für das Klageverfahren gegebenenfalls daraus ergeben, dass der Kläger ausweislich seines Klageantrags einerseits eine Kostenübernahme für den gesamten Zeitraum vom 1. November 2014 bis zum 31. Oktober 2017 begehrt, andererseits aber nur die Abänderung der auf den Zeitraum vom 1. November 2014 bis 28. Februar 2015 bezogenen Bescheide vom 20. Oktober 2014 und 10. November 2014 und des Widerspruchsbescheides vom 2. Juni 2015 beantragt und den Bescheid vom 16. Juni 2015, der den Folgezeitraum vom 1. März 2015 bis 31. Oktober 2017 betrifft sowie den Bescheid vom 22. August 2016, der den Zeitraum vom 1. Januar 2016 bis 31. Oktober 2017 betrifft, ausdrücklich nicht zum Gegenstand des Verfahrens gemacht hat.
Rechtsgrundlage für das Begehren des Klägers ist
§ 102 Abs. 4 SGB IX in der bis zum 31. Dezember 2017 geltenden Fassung (i. F.
SGB IX a. F.). Hiernach haben schwerbehinderte Menschen im Rahmen der Zuständigkeit des Integrationsamts für die begleitende Hilfe im Arbeitsleben aus den ihm aus der Ausgleichsabgabe zur Verfügung stehenden Mitteln Anspruch auf Übernahme der Kosten einer notwendigen Arbeitsassistenz. Ausgehend hiervon ist ein Anspruch des Klägers auf Übernahme von Arbeitsassistenzkosten im streitigen Zeitraum dem Grunde nach gegeben.
Es ist zwischen den Beteiligten unstreitig und auch aus Sicht des Senats nicht zweifelhaft, dass der Kläger im Zeitraum vom 1. November 2014 bis 31. Oktober 2017 zur Ausübung seiner befristeten beruflichen Tätigkeit beim Hessischen Landeskriminalamt einer Arbeitsassistenz im geltend gemachten zeitlichen Umfang von 30 Stunden/Woche, entsprechend 7,5 Stunden/Tag für vier Arbeitstage/Woche bedurfte und dass die streitige Arbeitsassistenz zur Erfüllung der arbeitsvertraglichen Verpflichtungen des Klägers gegenüber dem Land Hessen als Arbeitgeber auch der Sache nach notwendig im Sinne des § 102
Abs. 4
SGB IX a. F. gewesen ist.
Arbeitsassistenz ist ihrer Natur nach eine Unterstützung des schwerbehinderten Menschen bei der Erfüllung seiner arbeitsvertraglichen Pflichten. Sie setzt voraus, dass der schwerbehinderte Mensch selbst in der Lage ist, den das Beschäftigungsverhältnis inhaltlich prägenden Kernbereich der arbeitsvertraglich geschuldeten Arbeitsaufgaben selbständig erledigen zu können (
vgl. Ziff. 2.1
BIH-Empfehlungen). Anhaltspunkte dafür, dass diese Voraussetzungen beim Kläger in Bezug auf das hier maßgebliche Arbeitsverhältnis nicht erfüllt sind, sind weder dargetan noch sonst ersichtlich. Der Kläger verfügt über eine abgeschlossene Ausbildung zum Kaufmann für Bürokommunikation. Ausweislich der "Fachdienstlichen Stellungnahme zur Bewilligung einer Arbeitsassistenz" des Integrationsfachdienstes vom 3. Juni 2015 hat der Kläger alle ihm im Rahmen des streitgegenständlichen befristeten Arbeitsverhältnisses übertragenen Aufgaben selbst ausgeführt. Er hat der Stellungnahme zufolge vollkommen eigenständig Berichte verfasst, sehr genau gearbeitet und im Rahmen seiner Tätigkeit gute bis befriedigende Arbeitsergebnisse erbracht. Bei dem Einstellungstest hat er sich gegenüber 15 anderen Bewerbern durchgesetzt. Dagegen waren den Feststellungen des Integrationsdienstes zufolge die Unterstützungsleistungen auf regelmäßige Handreichungen und praktische Hilfestellungen reduziert; eine arbeitsinhaltliche Unterstützung durch die Arbeitsassistenz hat nicht stattgefunden. Auch wenn ausweislich des Arbeitsvertrags für das Arbeitsverhältnis des Klägers ein Eingliederungszuschuss nach §§ 88
ff. SGB III gewährt worden ist - was auf eine gewisse Minderleistung in Bezug auf die tarifliche Eingruppierung hindeutet - kann nach alledem nicht angenommen werden, dass der Kläger im streitigen Zeitraum nicht in der Lage gewesen wäre, seine arbeitsvertraglich geschuldeten Pflichten im Wesentlichen selbständig erledigen zu können.
Eine Arbeitsassistenz ist gemäß Ziff. 2.2 der
BIH-Empfehlungen der Sache nach notwendig, wenn dem Assistenznehmer erst durch diese Leistung eine wettbewerbsfähige Erbringung der arbeitsvertraglich geschuldeten Tätigkeiten möglich wird. Hiervon ist angesichts der erheblichen körperlichen Einschränkungen des Klägers in Folge der bestehenden spastischen Cerebralparese und des aktenkundigen werktäglichen Unterstützungsbedarfs im Rahmen der Wahrnehmung seiner arbeitsvertraglich geschuldeten Pflichten auszugehen. Der Leistungsumfang der Arbeitsassistenz umfasst nach Aktenlage einfachste Handreichungen wie Schieben des Rollstuhls, Öffnen von Türen, Hilfe bei der Bedienung des Fahrstuhls, Anreichen von Büromaterial, Bereitstellen von Ordnern, Entsorgungsarbeiten, daneben aber auch Tätigkeiten wie Lese- und Erklärungshilfe, Verfassen handschriftlicher Notizen, Kopieren, Diktieren
etc.. Dieser erhebliche und zugleich durchgängige Unterstützungsbedarf in nahezu allen Bereichen seiner Bürotätigkeit zeigt, dass der Kläger ohne eine entsprechende Arbeitsassistenz die hier streitige Tätigkeit nicht hätte ausüben können. Ausweislich der "Fachdienstlichen Stellungnahme zur Bewilligung einer Arbeitsassistenz" des Integrationsfachdienstes vom 3. Juni 2015 war die Anwesenheit der Arbeitsassistenz ständig notwendig und unabdingbar. Zudem ist sie der Stellungnahme zufolge vom Arbeitgeber durchgängig erwartet worden.
Dem Kläger steht jedoch für den streitigen Zeitraum über die ihm zum Zweck der Übernahme der Kosten einer Arbeitsassistenz bereits gewährten Leistungen der Höhe nach kein weitergehender Anspruch auf Übernahme von Arbeitsassistenzkosten zu.
Der Anspruch auf Übernahme der Kosten einer notwendigen Arbeitsassistenz aus § 102
Abs. 4
SGB IX a. F. besteht nur in begrenzter Höhe. Zum einen ist er gemäß § 102
Abs. 4
SGB IX a. F. tatbestandlich durch die Verfügbarkeit entsprechender Mittel aus der Ausgleichsabgabe begrenzt, zum anderen erfährt er aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und dem Gebot der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit der Mittelverwendung öffentlicher Haushalte eine zusätzliche Begrenzung des Leistungsumfangs. Sofern wirtschaftlichere und zugleich zumutbare Alternativen bestehen, muss sich der Schwerbehinderte grundsätzlich hierauf verweisen lassen. Dies zugrunde gelegt ist die streitige, an den
BIH-Empfehlungen orientierte Kostenübernahme lediglich im Umfang von 100 % des Bruttolohns des Klägers nicht zu beanstanden.
Der dem Grunde nach in § 102
Abs. 4
SGB IX a. F. geregelte Kostenübernahmeanspruch steht ausdrücklich unter dem Vorbehalt der dem Integrationsamt aus der Ausgleichsabgabe zur Verfügung stehenden Mittel, wodurch er in seiner Höhe beschränkt ist. Zudem hat der Gesetzgeber durch die Schaffung der Verordnungsermächtigung in
§ 108 SGB IX a. F., die auch zur Regelung des Leistungsumfangs bei der Übernahme von Arbeitsassistenzkosten ermächtigt, deutlich gemacht, dass die Leistungen zur Finanzierung von Arbeitsassistenzen nicht in unbegrenzter Höhe zur Verfügung gestellt werden sollen. Da weitere Rechtsnormen - insbesondere über die Verteilung der Mittel aus der Ausgleichsabgabe - nicht bestehen, namentlich von der in § 108
SGB IX a. F. eingeräumten Ermächtigung, durch
Rechtsverordnung das Nähere über die Voraussetzungen des Anspruchs, insbesondere über die Höhe, Dauer und Ausführung der Leistung zu regeln, bislang vom Verordnungsgeber kein Gebrauch gemacht worden ist, hat der Beklagte über die Verteilung der ihm aus der Ausgleichsabgabe zur Verfügung stehenden Mittel nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden. Es ist nicht ersichtlich, wie die begrenzten Mittel anders als mit einer Ermessensentscheidung des Integrationsamts sachgerecht verteilt werden könnten, solange diesbezüglich normative Vorgaben fehlen (
OVG Bremen, Beschluss vom 15. Oktober 2003 -
2 B 304/03 - FEVS 55, 334;
VG Bremen, Urteil vom 9. Mai 2003 -
7 K 2496/01 - Behindertenrecht 2003, 230;
VG Minden, Beschlüsse vom 22. Juli 2014 -
7 K 7681/03 - Behindertenrecht 2006, 175 und vom 11. August 2014 -
6 K 314/14 - Behindertenrecht 214, 213;
VG Halle, Urteil vom 28. August 2008 -
4 A 49/07 - juris; offen gelassen:
BVerwG, Beschluss vom 28. Juni 2010 -
5 B 66/09 - juris;
OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 18. Februar 2016 -
3 LB 17/15 - juris;
a. A.:
OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 18. Mai 2011 -
OVG 6 B 1.09 - Behindertenrecht, 2015, 211 und Urteil vom 6. Oktober 2017 -
OVG 6 B 86/15 - juris; Schleswig-Holsteinisches
VG, Urteil vom 27. August 2003 -
15 A 267/01 - juris;
VG Dresden, Beschluss vom 17. Februar 2017 -
1 L 179/17 - juris;
VG Lüneburg, Urteil vom 14. November 2017 -
4 A 100/16 - juris). Da die Mittel aus der Ausgleichsabgabe begrenzt sind und nicht nur für die Kosten der Arbeitsassistenz verwendet werden müssen, sondern auch noch für andere Aufgaben des Integrationsamts, unterscheidet sich die Bewirtschaftung dieser Mittel nicht grundlegend von der Bewirtschaftung anderer Finanzmittel (
vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Januar 2018 -
5 C 9/16 - juris). Eine effektive und nachhaltige Bewirtschaftung begrenzter, ihrer Natur nach zudem auf der Einkommens- und auf der Ausgabenseite erheblichen, nicht vorhersehbaren und von den Integrationsämtern nicht beeinflussbaren Schwankungen unterliegender Finanzmittel erfordert eine vorausschauende, entsprechend langfristig angelegte und allgemeinen Haushaltsgrundsätzen genügende Haushaltsführung, die ohne eine auf ein nachhaltiges Bewirtschaftungs- und Verteilungsermessen gestützte Mittelbewirtschaftung seitens der Integrationsämter nicht möglich ist. Diese ist insbesondere auch deshalb unabdingbar, weil die Mittel, die den Integrationsämtern aus der Ausgleichsabgabe zufließen, regelmäßig zur Finanzierung langfristiger finanzieller Verpflichtungen und dauerhafter Aufgabenschwerpunkte eingesetzt werden müssen, was entsprechend nachhaltige, langfristige Finanzplanungen und Rücklagenbildungen erforderlich macht.
Dementgegen lässt sich eine der Höhe nach unbeschränkte Verpflichtung der Integrationsämter zur vollständigen Übernahme von der Sache nach notwendigen Arbeitsassistenzkosten nicht aus dem Umstand ableiten, dass die in § 102
Abs. 3
SGB IX a. F. vorgesehenen Geldleistungen für die dort geregelten begleitenden Hilfen im Arbeitsleben nach Grund und Höhe ausdrücklich im Ermessen des Integrationsamts stehen, während die Übernahme von Arbeitsassistenzkosten in § 102
Abs. 4
SGB IX a. F. eine eigenständige Regelung gefunden hat, die einen ausdrücklichen Anspruch auf Übernahme der Kosten einer notwendigen Arbeitsassistenz normiert; denn durch die ausdrückliche Beschränkung des Leistungsumfangs für notwendige Arbeitsassistenzen auf die den Integrationsämtern aus der Ausgleichsabgabe zur Verfügung stehenden Mittel und die Ermächtigung in § 108
SGB IX a. F., durch
Rechtsverordnung u. a. das Nähere über Höhe, Dauer und Ausführung der Leistungen nach § 102
Abs. 4
SGB IX a. F. zu regeln, hat der Gesetzgeber deutlich gemacht, dass auch der Anspruch auf Übernahme der Kosten einer notwendigen Arbeitsassistenz nur in begrenzter Höhe besteht. Während andere Leistungen der begleitenden Hilfe im Arbeitsleben regelmäßig nach Grund und Höhe als Ermessensleistungen ausgestaltet sind, besteht auf die Übernahme der Kosten einer notwendigen Arbeitsassistenz bei Vorliegen der Voraussetzungen nach § 102
Abs. 4
SGB IX a. F. ein Rechtsanspruch dem Grunde nach. Bezüglich der Ausgestaltung des Leistungsumfangs besteht - jedenfalls solange die Bundesregierung von ihrer Verordnungsermächtigung in Bezug auf die Regelung von Höhe, Dauer und Ausführung der Leistungen keinen Gebrauch gemacht hat - ein Ermessen der Integrationsämter, die aus der Ausgleichsabgabe zur Verfügung stehenden Mittel anhand sachgerechter Vergabekriterien im Rahmen der Übernahme von Kosten notwendiger Arbeitsassistenz einzusetzen.
Hiernach besteht entgegen der Auffassung des Klägers bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 102
Abs. 4
SGB IX a. F. kein gebundener Anspruch auf die Übernahme von Arbeitsassistenzkosten in einer bestimmten Höhe. Vielmehr richtet sich der Anspruch des Klägers insoweit nur auf eine fehlerfreie Ermessensausübung, da die Entscheidung über die Höhe der Kostenübernahme nach alledem im pflichtgemäßen Ermessen des Beklagten steht. Dieser hat - jedenfalls solange die Bundesregierung von ihrer Verordnungsermächtigung in § 108
SGB IX a. F. keinen Gebrauch gemacht hat - die ihm zur Verfügung stehenden Mittel lediglich anhand sachgerechter Kriterien auch zur Erfüllung des nur dem Grunde nach in § 102
Abs. 4
SGB IX a. F. geregelten Anspruchs auf Kostenübernahme für notwendige Arbeitsassistenz einzusetzen. Dies zugrunde gelegt ist die streitige Ermessensentscheidung des Beklagten, die von dem Kläger geltend gemachten Kosten für Arbeitsassistenz nur im Umfang von 100 % des Arbeitgeberbruttos zu übernehmen, nicht zu beanstanden.
Die von dem Beklagten zur Ausübung seines Ermessens herangezogenen
BIH-Empfehlungen liefern taugliche Kriterien zur sachgerechten Verteilung der Mittel. Hierin ist in Ziffer 2.8 vorgesehen, dass die Leistung der Arbeitsassistenz in einem vertretbaren Verhältnis zu dem für das Beschäftigungsverhältnis aufgewendeten Arbeitgeberbrutto stehen müssen und daher im Regelfall 50 % hiervon nicht überschreiten dürfen. Diese Koppelung des Leistungsumfangs für Arbeitsassistenz mit der Höhe des Bruttolohns, der in dem geförderten Arbeitsverhältnis erzielt wird, stellt ein sachgerechtes, dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gerecht werdendes Kriterium zur Deckelung der Aufwendungen zur Finanzierung von Arbeitsassistenz dar; denn hierdurch wird ein angemessenes wirtschaftliches Gesamtgefüge gewahrt, das dem Umstand Rechnung trägt, dass es sich bei Arbeitsassistenz lediglich um eine Unterstützung der Lohnarbeit des schwerbehinderten Menschen und damit um eine ihrer Natur nach hierzu untergeordnete Tätigkeit handelt, die sich zumeist - und so auch hier - in einfachen Handreichungen und allgemeinen Hilfestellungen erschöpft. Nachdem der Beklagte aufgrund der Besonderheiten des Einzelfalls im Rahmen seines Vergabeermessens zugunsten des Klägers von dieser Regel abgewichen und sogar eine Übernahme der Arbeitsassistenzkosten in Höhe von 100 % des Arbeitgeberbruttos im streitigen Zeitraum bewilligt, also zugunsten des Klägers den doppelten Regelsatz zur Anwendung gebracht hat, ist der Umfang der im streitigen Zeitraum gewährten Kostenübernahme nach alledem nicht zu beanstanden. Durch die vom Regelsatz abweichende Deckelung des Leistungsumfangs auf 100 % des Bruttolohns wird den Umständen angemessen Rechnung getragen, dass die real angefallenen Arbeitsassistenzkosten des Klägers mit 25,00
EUR/
Std. (später 29,12
EUR) einerseits sehr hoch sind und andererseits der erzielte Bruttolohn des Klägers im Vergleich hierzu deutlich geringer ist. Zugleich wird durch die Begrenzung auf 100 % des Bruttolohns zumindest noch ein vertretbares Verhältnis zwischen den Leistungen für Arbeitsassistenz und dem für das Beschäftigungsverhältnis aufgewendeten Bruttolohn gewahrt, also eine Entkopplung beider Bemessungsparameter vermieden.
Dass die bewilligten Mittel im Fall des Klägers zur Deckung seiner Aufwendungen für Arbeitsassistenz nicht ausreichen, führt nicht dazu, dass deshalb das bewilligte Budget im Rahmen der zu treffenden Ermessensentscheidung zwingend zu erhöhen gewesen wäre. Mit der Festlegung einer Höchstgrenze in den
BIH-Empfehlungen wird zum Ausdruck gebracht, dass für die Arbeitsassistenz des einzelnen schwerbehinderten Menschen im Interesse einer gleichmäßigen Verteilung der nur beschränkt zur Verfügung stehenden Mittel grundsätzlich nicht mehr als dieser Betrag zu Verfügung gestellt werden soll. Es wird dem Schwerbehinderten überlassen, sich entsprechend einzurichten.
Ob sich eine weitere Begrenzung des Anspruchs des Klägers auf Übernahme der Kosten für Arbeitsassistenz zudem aus den zuletzt geäußerten Einwänden des Beklagten ergibt, dass der aufgewendete Stundensatz von zunächst 25,00
EUR unangemessen hoch sei und die Grenze allgemein für Leistungen der Arbeitsassistenz berücksichtigungsfähiger Stundenlohnsätze überschreite, kann nach alledem dahinstehen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154
Abs. 2
VwGO. Hiernach fallen die Kosten demjenigen zur Last, der ein Rechtsmittel ohne Erfolg eingelegt hat.
Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 188
VwGO).
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167
VwGO i. V. m. § 708
Nr. 11, 711
ZPO.
Die Revision ist gemäß § 132
Abs. 2
VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 132
Abs. 2
Nr. 1
VwGO) zuzulassen; diese ergibt sich aus dem Umstand, dass die Frage in der Rechtsprechung - wie vorstehend dargelegt - unterschiedlich beantwortet wird, ob den Integrationsämtern hinsichtlich des Umfangs der Kosten, die für eine notwendige Arbeitsassistenz gemäß § 102
Abs. 4
SGB IX a. F. bzw. heute
§ 185 Abs. 5 SGB IX zu übernehmen sind, ein eigenes Ermessen zusteht.