Die Berufung der Beklagten ist begründet, da sie der Klägerin nicht zur Erstattung verpflichtet ist. Stattdessen war jedoch gemäß § 75
Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) auf den Hilfsantrag der Klägerin hin die Verpflichtung der Beigeladenen auszusprechen.
Das Sozialgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Klägerin den Erstattungsanspruch im Wege der allgemeinen Leistungsklage geltend machen kann und die von der Beklagten erlassenen Bescheide der Zulässigkeit der Klage nicht entgegenstehen.
Der Klägerin steht auch ein Erstattungsanspruch zu, jedoch nicht gegenüber der Beklagten, sondern gegenüber der Beigeladenen.
Als Rechtsgrundlage für einen Erstattungsanspruch kommt nicht
§ 14 Abs. 4 Satz 1 SGB IX in Betracht. Diese Vorschrift bestimmt: "Wird nach Bewilligung der Leistung durch einen Rehabilitationsträger nach
Abs. 1 Satz 2 bis 4 festgestellt, dass ein anderer Rehabilitationsträger für die Leistung zuständig ist, erstattet dieser dem Rehabilitationsträger, der die Leistung erbracht hat, dessen Aufwendungen nach den für diesen geltenden Rechtsvorschriften."
Die Klägerin hat die streitigen Leistungen nicht als "zweitangegangener" Rehabilitationsträger nach § 14
Abs. 1 Satz 2 (bis 4)
SGB IX gewährt (s. zu diesem Erfordernis
BSG, Urteil vom 2. November 2010 -
B 1 KR 9/10 R, zur Veröffentlichung vorgesehen, ferner
u. a. BSG SozR 4-3250 § 14
Nr. 4, 9 und 12). Sie war in jedem Fall der erste Leistungsträger, mit dem die Versicherte nach Inkrafttreten des § 14
SGB IX am 1. Juli 2001 aufgrund eines Sachverhalts Kontakt hatte, der Ansprüche auf Leistungen zur Teilhabe gegen andere Leistungsträger als die Klägerin begründen konnte. Das hat, jedenfalls ursprünglich, gemäß § 14
Abs. 1 Satz 1 (
ggf. i.V. mit
Abs. 3)
SGB IX die Zuständigkeit der Klägerin als Träger der Leistungen zur Teilhabe begründet (Umkehrschluss aus
Art. 67
Abs. 1 des SGB IX-Artikelgesetzes).
Offen bleiben kann, ob die Zuständigkeit eines Trägers von Leistungen zur Teilhabe während eines laufenden Leistungsverfahrens überhaupt noch nach Maßgabe des § 14
Abs. 1 Satz 1 (
ggf. i. V. mit
Abs. 3)
SGB IX wechseln kann und ob - so dies zuträfe - die von der Klägerin als "Antrag" bewertete Erklärung der Versicherten vom 29. November 2004 innerhalb der Zweiwochenfrist des § 14
Abs. 1 Satz 1 (
ggf. i.V . mit
Abs. 3)
SGB IX an die Beigeladene weitergeleitet worden ist (was ausschließlich bei ihr eine "endgültige" nachrangige Zuständigkeit begründen konnte, s. mittlerweile ständige Rechtsprechung des
BSG, stellvertretend in SozR 4-3250 § 14
Nr. 1, 4 und 7).
Ob die Klägerin nach § 14
Abs. 1 Satz 1
SGB IX nachrangig zuständiger Leistungsträger geworden war oder ob sie die Leistungen in der Annahme einer wenigstens "vorübergehenden" Zuständigkeit erbracht hat, kann dahinstehen. Im ersten Fall ergibt sich ein Erstattungsanspruch aus § 104
Abs. 1 Satz 1
SGB X (s.
BSG, Urteil vom 2. November 2010 - B 1 KR 9/10 R). Die Vorschrift lautet: "Hat ein nachrangig verpflichteter Leistungsträger Sozialleistungen erbracht, ohne dass die Voraussetzungen von § 103
Abs. 1 vorliegen, ist der Leistungsträger erstattungspflichtig, gegen den der Berechtigte vorrangig einen Anspruch hat oder hatte, soweit der Leistungsträger nicht bereits selbst geleistet hat, bevor er von der Leistung des anderen Leistungsträgers Kenntnis erlangt hat." Die gesetzlichen Voraussetzungen wären in diesem Fall erfüllt, weil die Klägerin durch die Zuständigkeitszuweisung des § 14
Abs. 1 Satz 1
SGB IX der im Verhältnis zur Versicherten alleinzuständige Leistungsträger geworden wäre; weil damit eine originäre Zuständigkeit begründet worden ist, liegt kein Fall des § 103
SGB X vor. Die Zuständigkeit der Klägerin ist auch nicht dadurch begründet worden, dass sie wegen eines Zuständigkeitsstreits die Frist zur Weitergabe des "Antrags" versäumt hätte (was zu einem Anspruch aus § 102
Abs. 1
SGB X führen würde, s.
BSG SozR 4-3250 § 14
Nr. 9).
Im zweiten Fall ergibt sich der Erstattungsanspruch aus § 105
Abs. 1
SGB X. Diese Vorschrift lautet: "Hat ein unzuständiger Leistungsträger Sozialleistungen erbracht, ohne dass die Voraussetzungen von § 102
Abs. 1 vorliegen, ist der zuständige oder zuständig gewesene Leistungsträger erstattungspflichtig, soweit dieser nicht bereits selbst geleistet hat, bevor er von der Leistung des anderen Leistungsträgers Kenntnis erlangt hat." Die gesetzlichen Voraussetzungen wären erfüllt. Die Klägerin hätte Leistungen nicht im Sinne von § 102
Abs. 1
SGB X aufgrund einer gesetzlichen Verpflichtung (s. dazu
BSG SozR 4-3250 § 14
Nr. 9), sondern in der unzutreffenden Annahme ihrer Zuständigkeit erbracht.
Beide Ansprüche richten sich gegen die Beigeladene. Sie wäre im Sinne des § 104
Abs. 1 Satz 1
SGB X der "vorrangig verpflichtete", im Sinne des § 105
Abs. 1 Satz 1
SGB X der "zuständig gewesene" Leistungsträger.
Die von der Klägerin gewährten Leistungen im Eingangsbereich und im Berufsbildungsbereich der Werkstatt für behinderte Menschen (
§ 40 Abs. 1 SGB IX) fallen nicht in ihre Zuständigkeit. Zwar gehören sie grundsätzlich zum Katalog der von der gesetzlichen Unfallversicherung zu erbringenden Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (§ 35
Abs. 1 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch [SGB VII]). Leistungen aus diesem Versicherungszweig werden jedoch nur gewährt, sofern sie auf einen dort versicherten Versicherungsfall zurückzuführen sind (§ 1
Nr. 2
SGB VII). Es steht nicht infrage, dass die bei der Versicherten bestehende psychische Erkrankung weder unmittelbar noch mittelbar ihre Ursache in der bei ihr anerkannten Berufskrankheit als Versicherungsfall der gesetzlichen Unfallversicherung (§ 7
Abs. 1
SGB VII) hat.
Die Versicherte erfüllte im Zeitpunkt des Beginns der Maßnahme, für die die Klägerin Erstattungen fordert, die persönlichen und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nach dem
SGB VI. Die Beigeladene selbst hat nach eigener Prüfung mitgeteilt, dass die Versicherte bereits im November 2004 im Sinne des Rechts der gesetzlichen Rentenversicherung aus medizinischen Gründen voll erwerbsgemindert war, sodass das die persönlichen Voraussetzungen nach § 10
Abs. 1
Nr. 1
SGB VI vorliegen.
Sie bestehen auch von daher, als die geminderte Erwerbsfähigkeit durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben wesentlich gebessert, jedenfalls aber deren wesentliche Verschlechterung abgewendet werden kann (§ 10
Nr. 2 Buchstabe b)
SGB VI). Zwar ergibt sich aus diesem Erfordernis, dass die Träger der Rentenversicherung Teilhabeleistungen nur dann erbringen, wenn sich dadurch (prognostisch) ihre Einstandspflicht für Rentenleistungen wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vermeiden lässt (
BSG SozR 3-2200 § 1237
Nr. 1). Dies ist hier aber der Fall. Rechtfertigt bereits die Tatsache, dass ein behinderter Mensch in einer Werkstatt für Behinderte tätig ist, noch nicht den Schluss, dass auch (auf Dauer) verminderte Erwerbsfähigkeit vorliegt (
BSG SozR 3-2600 § 44
Nr. 6), so spricht der Umstand, dass Versicherte nur für Tätigkeiten in Werkstätten für Behinderte in Betracht kommen, ebenfalls nicht dagegen, dass eine "positive" Prognose im Sinne des § 10
Nr. 2 Buchstabe b)
SGB VI gestellt werden kann. Dies auch deshalb, weil die Leistungen im Eingangsbereich und im Berufsbildungsbereich der Werkstätten für behinderte Menschen gerade zum Leistungskatalog der gesetzlichen Rentenversicherung gehören (§ 16
SGB VI i. V. mit
§ 40 SGB IX). Anders als es bei der Beigeladenen anklingt, ergibt sich ferner aus den Akten nichts dafür, dass die Versicherte zu irgendeinem Zeitpunkt während der von der Klägerin gewährten Teilhabeleistung auf Dauer erwerbsgemindert gewesen sein könnte. Vielmehr hat der von der Beigeladenen beauftragte Gutachter
Dr. H noch im März 2007 - also kurz vor Ablauf der geförderten Maßnahme - keine Leistungsminderung für voraussichtlich mehr als drei Jahre feststellen können. Die Beigeladene hat der Versicherten folgerichtig bislang auch nur Zeitrenten wegen voller Erwerbsminderung gewährt.
Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllte die Versicherte aufgrund von § 11
Abs. 2a
Nr. 1
SGB VI. Die Beigeladene hat - wie bereits erwähnt selbst festgestellt, dass die Versicherte ab November 2004 voll erwerbsgemindert war. Hätte die Beigeladene das Leistungsverfahren durchgeführt, hätte sie nach Abschluss der Maßnahme zu prüfen gehabt, ob der Antrag auf Leistungen zur Teilhabe gemäß § 116
Abs. 2 (
Nr. 2)
SGB VI als Rentenantrag gilt. Dementsprechend schloss die Gewährung der Teilhabeleistung (zu der auch das Übergangsgeld gehört hätte, § 20
Nr. 1
SGB VI) die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit (zunächst) aus. Der Ausschlusstatbestand des § 12
Abs. 1
Nr. 4a
SGB VI ist ebenfalls nicht erfüllt. Zum einen sind Renten wegen Erwerbsminderung keine Leistungen, die "regelmäßig" bis zum Beginn der Altersrente gezahlt werden, da seit 1. Januar 2001 die Rentengewährung auf Zeit der gesetzliche Regelfall ist (§ 102
Abs. 2
SGB VI). Zum anderen schließt auch nur der tatsächliche Bezug solcher Dauerleistungen die Leistungen zur Teilhabe aus. Die Versicherte bezog während der hier fraglichen Maßnahmen aber gerade keine Rente.
Da die Klägerin nur die Verurteilung "dem Grunde nach" beantragt hat, muss die Höhe der Erstattungsforderung nicht überprüft werden.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 197a Sozialgerichtsgesetz (
SGG)
i. V. mit § 154
Abs. 2 und 3 Verwaltungsgerichtsordnung, die Entscheidung über den Streitwert auf § 63
Abs. 2 Satz 1
i. V. mit § 52
Abs. 1 Gerichtskostengesetz.
Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160
Abs. 2
SGG), liegen nicht vor.