Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob die Klägerin von der Beklagten die Erstattung aufgewandter Leistungen für die berufliche Rehabilitation des Versicherten B.
S.,
geb. 1984, in Höhe von 79.018,02
EUR verlangen kann.
Der 1984 geborene Versicherte hatte in der Zeit von 09/2001 bis 12/2003 eine Ausbildung zum Tischler erfolgreich absolviert und war zunächst in diesem Beruf auch versicherungspflichtig beschäftigt. Seit 10/2006 arbeitete er als angelernter Maschinenbaumechaniker.
Wegen Beschwerden bei beiden Knien, die bereits operiert worden waren, war der Versicherte seit 28.08.2008 arbeitsunfähig und bezog von seiner Krankenkasse ... H. Krankengeld. Vom 27.01.2009 bis 03.03.2009 befand er sich in einer stationären medizinischen Reha-Maßnahme im Reha-Zentrum M., Bad Z., aus der er als arbeitsunfähig, aber mit einem Leistungsbild von 3 bis unter 6 Stunden für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als
CNC-Techniker (gelernter Tischler) und mit einem mindestens sechsstündigen Leistungsvermögen für den allgemeinen Arbeitsmarkt unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen des Bewegungs- und Haltungsapparates entlassen wurde. Kostenträger der Maßnahme war die Beklagte. In dem Reha-Entlassungsbericht vom 03.03.2009 war festgehalten, dass dem Versicherten weder der zuletzt ausgeübte Beruf noch der Beruf als Tischler künftig zumutbar seien. Er sei deshalb über Leistungen zur Teilhabe (
LTA) beraten worden und er habe sich entschlossen,
LTA zu beantragen.
Am 25.02.2009, also noch während der laufenden medizinischen Reha-Maßnahme, beantragte der Versicherte bei der Deutschen Rentenversicherung (DRV) Oldenburg-Bremen die Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben. Dieser Antrag wurde von der DRV Oldenburg-Bremen aber mit Schreiben vom gleichen Tag an die Agentur für Arbeit Oldenburg weitergeleitet und ging dort am 27.02.2009 ein. Sie sei für die Gewährung von
LTA nicht zuständig, weil die Voraussetzungen des § 11 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch -
SGB VI - nicht gegeben seien. Beigefügt war der Antrag des Versicherten vom 25.02.2009.
Mit Schreiben vom 05.06.2009 wandte sich die Agentur für Arbeit Oldenburg an die Deutsche Rentenversicherung (DRV) Oldenburg-Bremen mit folgendem Wortlaut (Hervorhebungen wie im Original):
"Die Bundesagentur für Arbeit tritt bei B.
S.,
geb. 1984 ..., für die Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben als Rehabilitationsträger ein.
Da jedoch Anhaltspunkte für die Notwendigkeit einer Förderung im Anschluss an Leistungen zur medizinischen Rehabilitation vorliegen, bitte ich um Prüfung und Entscheidung Ihrer Zuständigkeit.
Auch bei
evtl. Zuständigkeitserklärung durch Sie bleibt es weiter bei meiner Leistungsverpflichtung.
Für diesen Fall mache ich bereits jetzt meinen Erstattungsanspruch gemäß
§ 14 Abs. 4 SGB IX geltend."
Mit Schreiben vom 16.07.2009 lehnte die Beklagte (jetzt handelnd DRV Bund, Berlin) ihre Zuständigkeit ab. Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen seien nicht erfüllt. Es sei eine Beratung während der medizinischen Rehabilitation durchgeführt worden. Eine Antragstellung durch den Versicherten sei nicht erfolgt. Aus diesem Grund sei der Vorgang abgeschlossen worden.
Mit Schreiben vom 05.08.2009 wandte sich die Agentur für Arbeit Oldenburg an die Regionaldirektion Niedersachsen-Bremen (der Bundesagentur für Arbeit) und wies darauf hin, dass die Beklagte mit Schreiben vom 16.07.2009 den Erstattungsanspruch zurückgewiesen habe, da während der medizinischen Rehabilitation von Herrn
S. zwar eine Beratung erfolgt sei, aber vom Versicherten kein Antrag auf Leistungen zur Teilhabe gestellt worden sei. Dieser Antrag habe aber dem Ablehnungsbescheid der DRV Bund vom 25.02.2009 beigelegen. Es werde um Einleitung des Einigungsverfahrens gemäß § 14 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB IX) gebeten, Entscheidung über den Erstattungsanspruch und weitere Weisungen.
Die Regionaldirektion Niedersachsen-Bremen wandte sich daraufhin mit Schreiben vom 02.09.2009 an die Beklagte und widersprach deren Rechtsauffassung. Der Versicherte habe während der medizinischen Rehabilitation am 25.02.2009 einen Antrag auf Leistungen zur Teilnahme am Arbeitsleben bei der Beklagten gestellt, so dass die Voraussetzungen des § 11
Abs. 2a Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB VI) gegeben seien. Mit Schreiben vom 05.06.2009 habe die Agentur für Arbeit Oldenburg ihren Erstattungsanspruch dem Grunde nach geltend gemacht. Es werde um umgehende Überprüfung der Entscheidung und Bestätigung des Erstattungsanspruchs gebeten.
Im Oktober 2009 wurde der Reha-Vorgang von der Agentur für Arbeit O. wegen eines Wohnortwechsels des Versicherten an die Agentur für Arbeit Vechta übergeben.
Mit Schreiben vom 22.06.2010 erinnerte die Regionaldirektion ... an die Beantwortung des Schreibens vom 02.09.2009 und nochmals mit Schreiben vom 07.12.2010. Eine Reaktion der Beklagten hierauf ist nicht erfolgt.
Die Klägerin (Agentur für Arbeit Vechta) erbrachte in der Folgezeit folgende Leistungen: - 07.09.2009 - 02.10.2009: Eignungsabklärung/Arbeitserprobung für Arbeitspädagogen - 26.01.2010 - 03.05.2010: Reha-Vorbereitungslehrgang - 04.05.2010 - 03.11.2011: Fachausbildung zum Arbeitspädagogen Ab dem 01.02.2012 war der Versicherte sodann als Gruppenleiter bei der Lebenshilfe beschäftigt. Mit Schreiben vom 02.07.2012 teilte die Klägerin dem Versicherten mit, dass aufgrund der aufgenommenen Tätigkeit das berufliche Rehaverfahren mit Wirkung zum 01.07.2012 beendet werde.
Mit Schreiben vom 02.12.2013 wies die Klägerin die Beklagte darauf hin, dass sie mit Schreiben vom 05.06.2009 bereits mitgeteilt gehabt habe, dass sie Leistungen zur Teilhabe erbringe und gleichzeitig den Erstattungsanspruch dem Grunde nach geltend mache. Gemäß beigefügter Kostenaufstellung belaufe sich der Kostenerstattungsanspruch für die vom 07.09.2009 bis zum 03.11.2011 erbrachten Leistungen auf 79.018,02
EUR. Es werde um Erstattung nach § 14
Abs. 4
S. 1
SGB IX gebeten.
Die Beklagte lehnte mit Schreiben vom 05.06.2014 den geltend gemachten Erstattungsanspruch ab. Der Klägerin sei mit Schreiben vom 25.02.2009 und 16.07.2009 das Fehlen der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen mitgeteilt worden. Es sei kein Grund ersichtlich, diese Entscheidungen zu ändern.
Am 11.10.2014 hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Nürnberg (SG) erhoben und von der Beklagten die Erstattung der Aufwendungen für die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben für den Versicherten B.
S. in Höhe von 79.018,02
EUR verlangt. Zur Begründung hat die Klägerin darauf hingewiesen, dass ihrer Ansicht nach die Voraussetzungen des § 11
Abs. 2a
SGB VI gegeben wären. Ein entsprechender Antrag des Versicherten sei bei der Beklagten gestellt worden. Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 06.01.2015 darauf hingewiesen, dass die Klägerin den Erstattungsanspruch nur vorsorglich geltend gemacht habe. Die Bezifferung mit Schreiben vom 02.12.2013 sei verspätet, die Frist des § 111 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB X) sei bereits abgelaufen gewesen. Leistungen durch die Klägerin seien in der Zeit vom 07.09.2009 bis 03.11.2011 erbracht worden. Außerdem hätten Grund, Art, Umfang und Zeitraum der erbrachten Leistungen benannt werden müssen.
Das SG hat sodann nach Durchführung eines Erörterungstermins am 28.06.2016 die Beklagte mit Gerichtsbescheid vom 08.07.2016 zur Erstattung des Betrags von 79.018,02
EUR verurteilt. Der Klägerin stehe ein Erstattungsanspruch nach § 14
Abs. 4
SGB IX zu. Die Beklagte sei für die Erbringung der Leistungen zur Teilhabe an den Versicherten gemäß § 11
Abs. 2a
SGB VI zuständig gewesen, denn im Abschlussbericht der medizinischen Rehabilitation in Bad Z. sei festgestellt worden, dass der Versicherte eine berufliche Umorientierung im Rahmen einer beruflichen Reha-Leistung benötige. Der Erstattungsanspruch sei auch innerhalb der Ausschlussfrist des § 111
SGB X geltend gemacht worden, weil die Klägerin ihren Erstattungsanspruch bereits mit Schreiben vom 05.06.2009 geltend gemacht hätte. Dieses Schreiben sei bei der Beklagten auch am 09.06.2009 eingegangen. Zwar sei zu diesem Zeitpunkt noch nicht klar gewesen, für welchen Zeitraum die Leistungen erbracht werden müssten und die Höhe der Leistungen sei auch noch nicht erkennbar gewesen. An die Geltendmachung des Erstattungsanspruchs seien jedoch keine überhöhten Anforderungen zu stellen. Entscheidend sei, dass ein unbedingtes Einfordern vorliege und der Wille, rechtssichernd tätig zu werden, deutlich erkennbar werde. Daher werde grundsätzlich ein konkreter Erstattungsanspruch mit den wesentlichen Umständen des Leistungsempfängers, des Leistungsgrundes und
ggf. des Leistungszeitraums gefordert. Andererseits könne aber auch ein künftig erst noch entstehender Erstattungsanspruch geltend gemacht werden. Da es hierfür genüge, wenn der Wille des erstattungsberechtigten Leistungsträgers zur Rechtssicherung erkennbar werde, liege hier keine nur vorsorgliche und unverbindliche Anmeldung vor. Die Klägerin habe eindeutig mitgeteilt, dass sie Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben für den Versicherten erbringen werde, sie die Beklagte für eigentlich zuständig halte und deshalb ihren Erstattungsanspruch bereits jetzt geltend mache. Dieser Satz sei auch fett gedruckt worden. Diese Anmeldung des Erstattungsanspruchs dem Grunde nach genüge auch zur Wahrung der Ausschlussfrist nach § 111
SGB X. Die Bezifferung des Anspruchs sei auch rechtzeitig mit Schreiben vom 02.12.2013 erfolgt, eine Verjährung des Anspruchs nach § 113
SGB X sei noch nicht eingetreten gewesen, auch nicht im Zeitpunkt der Klageerhebung. Eine Verwirkung des Erstattungsanspruchs liege ebenfalls nicht vor. Die Höhe des Erstattungsanspruchs sei zwischen den Beteiligten unstrittig.
Hiergegen hat die Beklagte am 01.08.2016 Berufung zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt und zur Begründung mit Schriftsatz vom 18.08.2016 im Wesentlichen ihre Argumentation aus dem SG-Verfahren wiederholt. Die Klägerin habe lediglich vorsorglich einen Erstattungsanspruch angemeldet. Die Bezifferung mit Schreiben vom 02.12.2013 sei verspätet. Im Übrigen entstehe auch nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts der Erstattungsanspruch des berechtigten Leistungsträgers erst, sobald dieser eine Leistung tatsächlich erbracht habe und ihm tatsächlich Kosten entstanden seien (
BSG Urteil vom 10.05.2006 - B 1 KR 20/04 R - Rdnr 11). Mindestens müsse er hierbei in der Lage sein, (auch) die konkreten Leistungen zu benennen. Ein pauschales Geltendmachen ohne rechtliche Grundlage, nämlich eine festgestellte Leistungsverpflichtung, hier frühestens nach dem 08.07.2009, siehe interner Vermerk der Klägerin zur Bedarfslage, und somit ohne konkret entstandenen Anspruch, laufe dem Regelungszweck des § 111
SGB X zuwider. Der vermeintlich Erstattungspflichtige müsse in die Lage versetzt werden, den Erstattungsanspruch zu prüfen, mindestens im Hinblick auf seine sachlich-inhaltliche Leistungspflicht.
Die Klägerin weist darauf hin, dass die Beklagte Leistungsträgerin der Reha-Maßnahme gewesen sei und ihr auch der entsprechende Antrag des Versicherten vorgelegen habe. Wenn nunmehr vorgetragen werde, das Schreiben der Klägerin vom 05.06.2009 sei nicht ausreichend, um den Erstattungsanspruch zu prüfen, erscheine dies insgesamt nicht überzeugend und sei erkennbar von dem Gedanken getragen, die offensichtlich gegebene Kostentragungs-
bzw. Erstattungspflicht abzuwenden.
Auf Nachfrage des Senats hat die Beklagte mit Schreiben vom 16.12.2016 mitgeteilt, dass der Versicherte sich zu Lasten der Beklagten in der medizinischen Rehabilitation befunden habe und mit Datum vom 24.02.2009 Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben beantragt habe. Dieser Antrag sei bei der DRV Oldenburg-Bremen eingegangen. Mit rechtswirksamer Antragstellung am 25.02.2009 seien die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen des § 11
Abs. 2a
SGB VI erfüllt gewesen. Trotzdem sei der Antrag (unzulässigerweise) am 25.02.2009 von der DRV Oldenburg-Bremen an die Agentur für Arbeit in Vechta weitergeleitet worden. Der Erstattungsanspruch dem Grunde nach sei mit Schreiben vom 05.06.2009 gegenüber der DRV ... angemeldet worden. Dieses Schreiben sei offensichtlich an die Beklagte als zuständigem Rentenversicherungsträger weitergeleitet worden (der Vorgang bestehe nicht mehr) und mit Schreiben vom 16.07.2009 beantwortet worden. Die Beklagte habe zu diesem Zeitpunkt keine Kenntnis von einem
LTA-Antrag
bzw. von der Weiterleitung gehabt. Erst mit der Bezifferung des Erstattungsanspruchs vom 02.12.2013 und der Übersendung der beantragten Übersendung der Verwaltungsakte der Klägerin habe die Beklagte Kenntnis vom Antragsverfahren erlangt. Die Frist des § 111
SGB X sei zu diesem Zeitpunkt für den streitgegenständlichen Leistungszeitraum 07.09.2009 bis 03.11.2011 bereits eindeutig abgelaufen gewesen. Die Beklagte weise in diesem Zusammenhang darauf hin, dass es sich bei der DRV ... nicht um einen Verwaltungsbestandteil der DRV Bund handele, sondern um einen eigenständigen Rentenversicherungsträger.
Die Beklagte beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Nürnberg vom 08.07.2016 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Nürnberg vom 08.07.2016 zurückzuweisen.
Bezüglich der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Reha-Akten der Beteiligten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz verwiesen.
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz -
SGG -).
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das SG hat im Ergebnis zu Recht mit Gerichtsbescheid vom 08.07.2016 die Beklagte zur Erstattung der Kosten für die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben für den Versicherten B.
S. in Höhe von 79.018,02
EUR verurteilt. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Erstattungsanspruch nach
§ 14 Abs. 4 SGB IX.
Gemäß § 14
Abs. 4
S. 1
SGB IX erstattet der für die Leistung zuständige Rehaträger dem leistenden Rehaträger dessen Aufwendungen nach den für diesen geltenden Rechtsvorschriften, wenn nach Bewilligung der Leistung festgestellt wird, dass der andere Rehaträger leistungszuständig war.
Der Versicherte B.
S. hat bei der DRV Oldenburg-Bremen einen Antrag auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Datum vom 24.02.2009 gestellt, der dort am 25.02.2009 einging und noch am selben Tag an die Agentur für Arbeit Oldenburg im Rahmen des § 14
Abs. 1
S. 1
SGB IX weitergeleitet wurde. Die DRV Oldenburg-Bremen hatte ihre Zuständigkeit verneint, weil die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die beantragten Leistungen nach § 11
SGB VI beim Versicherten nicht vorliegen würden. Den Akten lässt sich dabei nicht mehr entnehmen, weshalb der Antrag des Versicherten bei der DRV Oldenburg-Bremen einging. Die Beklagte hat insoweit zutreffend darauf hingewiesen, dass sie - also die DRV Bund - und die DRV Oldenburg-Bremen eigenständige Rentenversicherungsträger sind (§ 127
SGB VI) und deshalb der Antrag eigentlich beim sachlich unzuständigen Träger eingegangen war. Dies ist umso merkwürdiger, als sich der Versicherte in einer Reha-Klinik der Deutschen Rentenversicherung befunden hat und den Antrag aus dieser stationären Maßnahme heraus gestellt hatte. Der Versicherte war unstreitig bei der Beklagten versichert, die Beklagte war auch Kostenträger der stationären medizinischen Rehabilitation vom 27.01.2009 bis 03.03.2009 in der Reha-Klinik Bad Z ... Insoweit ist es durchaus zutreffend, dass der Antrag des Versicherten am 25.02.2009 nicht bei der Beklagten eingegangen war, sondern beim sachlich unzuständigen Rentenversicherungsträger DRV Oldenburg-Bremen. Dieser war aber nach § 14
Abs. 1
S. 1
SGB IX verpflichtet, seine sachliche und örtliche Zuständigkeit für den vorliegenden Antrag des Versicherten auf Gewährung von Leistungen zur Teilhabe zu prüfen und den Antrag an den zuständigen Leistungsträger weiterzuleiten. Er hätte deshalb den Antrag an die Beklagte und nicht an die Agentur für Arbeit ... weiterleiten müssen. § 14
Abs. 1
SGB IX gilt nicht nur zwischen Reha-Trägern unterschiedlicher Sozialversicherungszweige, sondern auch zwischen den örtlich und sachlich zuständigen Trägern des gleichen Versicherungszweiges (
vgl. Welti, in: Luthe, Rehabilitationsrecht, 2. Aufl., 2015, § 14
SGB IX,
Rdnr. 73
m.w.N.). Insoweit ist es zutreffend, dass sich die Beklagte das fehlerhafte Verhalten der DRV Oldenburg-Bremen hinsichtlich der Weiterleitung des Antrags an die Agentur für Arbeit ... nicht zurechnen lassen müsste.
Mit der (fehlerhaften) Abgabe des Reha-Antrages innerhalb der 2-Wochenfrist des § 14
Abs. 1
S. 1
SGB IX durch die DRV Oldenburg-Bremen an die Agentur für Arbeit ... wurde diese sog. zweitangegangener Leistungsträger im Sinne des § 14
Abs. 2
SGB IX, so dass diese auch für die Erbringung der notwendigen Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben für den Versicherten
S. allumfassend zuständig geworden ist (
BSG v. 30.11.2011 -
B 11 AL 7/10 R; Joussen, in: Dau/Düwell/Joussen, Sozialgesetzbuch IX - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen, 4. Aufl., 2014, § 14
Rdnr. 18
m.w.N.). Die Agentur für Arbeit Oldenburg - und nach Wohnsitzwechsels des Versicherten im Oktober 2009 die Agentur für Arbeit Vechta - haben unstreitig die notwendigen Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben in Form einer Arbeitserprobung, eines Reha-Vorbereitungslehrgangs und der anschließenden Umschulung zum Arbeitspädagogen an den Versicherten der Beklagten erbracht. Dem Versicherten gegenüber hat die Agentur für Arbeit allerdings nicht deutlich gemacht, dass sie als zweitangegangener Leistungsträger handelt, sondern hat die Leistungen nach ihren eigenen Vorschriften (§§ 97
ff. Drittes Buch Sozialgesetzbuch a.F.) unter Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung mit dem Versicherten erbracht. Dies ist allerdings unschädlich, da eine Klärung der Leistungszuständigkeit auch erst nach Abschluss der Leistungen im Rahmen der Geltendmachung des Erstattungsanspruchs nach § 14
Abs. 4
SGB IX erfolgen könnte und insoweit allein die Erbringung von Rehaleistungen nach den eigenen Vorschriften nichts am Erstattungsanspruch bei Vorliegen einer anderen Leistungszuständigkeit zu ändern vermag.
Die Beklagte wäre der eigentlich zuständige Leistungsträger für die von der Klägerin gewährten Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben für den Versicherten
S. gewesen. Herr
S. war bei der Beklagten versichert, die Beklagte hatte bereits die Leistungen zur medizinischen Rehabilitation in der Klinik Bad Z. in der Zeit vom 27.01.2009 bis 03.03.2009 erbracht. Da der Versicherte während der laufenden medizinischen Reha-Maßnahme einen Antrag auf Gewährung von Leistungen zur Teilnahme am Arbeitsleben in Form einer Umschulung gestellt hatte, waren die Voraussetzungen des § 11
Abs. 2a
SGB VI erfüllt, weil nach dem vorliegenden Reha-Entlassungsbericht vom 03.03.2009 der Klinik Bad Z. ohne diese Leistungen eine erfolgreiche Rehabilitation nicht zu erwarten war. Dies ist zwischen den Beteiligten auch unstreitig. Maßgebend für den Zeitpunkt der Antragstellung - also für die Frage, ob nach § 11
Abs. 2a
Nr. 2
SGB VI der Antrag während der stationären medizinischen Rehabilitation oder in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang damit gestellt wurde - ist dabei der Eingang des Antrags bei der DRV Oldenburg-Bremen als erstangegangenem Leistungsträger. Dies gebietet der Schutzgedanke des § 14
SGB IX, der eine rasche Klärung von Zuständigkeiten gewährleisten soll, die infolge des gegliederten Systems der sozialen Sicherung und der möglichen Rehaträger im Sinne des § 6
SGB IX gegebenenfalls unterschiedlich beurteilt werden könnten (
vgl. Götze, in: Hauck/Noftz,
SGB IX, Stand 12/2012, § 14
Rdnr. 2).
Soweit die Beklagte darauf hinweist, dass sie von dem Antrag des Versicherten erst im Jahr 2012 (nach Übersendung der Akten der Klägerin) Kenntnis erlangt habe, ist dies gerade nicht der Fall gewesen. Die DRV Oldenburg-Bremen hatte der Beklagten den Aktenvorgang nach Eingang des Schreibens der Agentur für Arbeit ... vom 05.06.2009 übersandt, mit dem ein Erstattungsanspruch nach § 14
Abs. 4
SGB IX - hervorgehoben durch Fettdruck - geltend gemacht wurde und aus dem sich eine Leistungszuständigkeit der Klägerin kraft Gesetzes als zweitangegangener Leistungsträger ergeben hatte. Diesen Erstattungsanspruch hat die Beklagte selbst mit eigenem Schreiben vom 16.07.2009 abgelehnt, obwohl sie von der Notwendigkeit der Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben Kenntnis hatte. Auf weitere Schreiben der Klägerin hatte die Beklagte nicht mehr reagiert, bis schließlich der Erstattungsanspruch mit Schreiben der Klägerin vom 02.12.2013 beziffert wurde. Die Klägerin hat deshalb dem Grunde nach einen Erstattungsanspruch nach § 14
Abs. 4
S. 1
SGB IX gegen die Beklagte; die Höhe der Aufwendungen von 79.018,02
EUR ist zwischen den Beteiligten unstreitig.
Der Erstattungsanspruch wurde von der Klägerin auch innerhalb der Frist des § 111
SGB X geltend gemacht.
Die Ausschlussfrist des § 111
SGB X gilt grundsätzlich auch für den Erstattungsanspruch nach § 14
Abs. 4
S. 1
SGB IX. Zwar handelt es sich bei der Zuständigkeitsregelung des § 14
SGB IX um eine besondere Norm zur Verfahrensbeschleunigung bei der Gewährung von Rehabilitationsleistungen, die einen besonderen Erstattungsanspruch für den zweitangegangenen Leistungsträger vorsieht, an den der Reha-Antrag weitergeleitet wurde. Aufgrund dieser Weiterleitung ist er umfassend zur Leistungserbringung quasi formell zuständig, ohne dass er materiell-rechtlich hierzu verpflichtet wäre. Aufgrund dieser Besonderheit der Erbringung von Rehaleistungen im Sinne des
SGB IX ist § 14
Abs. 4
S. 1
SGB IX als spezieller Erstattungsanspruch anzusehen, der die allgemeinen Regelungen der §§ 102 bis 105
SGB X grundsätzlich ausschließt (Joussen, a.a.O., § 14
SGB IX,
Rdnr. 22
m.w.N.). Einigkeit besteht in Literatur und Rechtsprechung aber darüber, dass die allgemeinen Regelungen der §§ 106
ff. SGB X auch auf den Erstattungsanspruch nach § 14
Abs. 4
SGB IX anzuwenden sind, mithin auch die Regelung des § 111
SGB X (
vgl. Roos, in: v. Wulffen/Schütze,
SGB X, 8. Aufl., 2014, Vor §§ 102 - 114
SGB X,
Rdnr. 19
m.w.N.).
Gemäß § 111
S. 1
SGB X ist der Anspruch auf Erstattung ausgeschlossen, wenn der Erstattungsberechtigte - hier die Klägerin - den Anspruch nicht spätestens 12 Monate nach Ablauf des letzten Tages, für den die Leistung erbracht wurde, geltend macht.
Der Versicherte
S. hatte unstreitig von der Klägerin Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben bis 03.11.2011 erhalten, so dass die Frist des § 111
SGB X längstens bis 03.11.2012 gelaufen wäre. Die Klägerin hat mit Schreiben vom 02.12.2013 die aufgewandten Kosten gegenüber der Beklagten geltend gemacht, was nach Ablauf der Frist des § 111
SGB X erfolgt wäre, wenn darin erstmals die Geltendmachung des Erstattungsanspruchs zu sehen wäre.
Nach Ansicht des Senats handelt es sich bei diesem Schreiben der Klägerin vom 02.12.2013 aber lediglich um die Bezifferung des bereits vorher dem Grunde nach geltend gemachten Erstattungsanspruchs. Die Agentur für Arbeit Oldenburg hatte die DRV ... mit Schreiben vom 05.06.2009 darauf hingewiesen, dass sie die Zuständigkeit des Rentenversicherungsträgers für gegeben erachte, weil Anhaltspunkte für die Notwendigkeit einer Förderung im Anschluss an die Leistungen zur medizinischen Rehabilitation vorlägen. Die Klägerin hatte in diesem Schreiben auch zum Ausdruck gebracht, dass sie als Leistungsträger, an den der Antrag des Versicherten nach § 14
Abs. 1
S. 1
SGB IX weitergeleitet wurde, selbst dann (im Außenverhältnis) formal leistungszuständig bleiben würde, wenn die Beklagte ihre Leistungszuständigkeit doch noch anerkennen würde, aber die Rehaleistung eben nicht selbst erbringen würde. Für diesen Fall hatte die Klägerin für die zu erwartenden Leistungen der beruflichen Rehabilitation, nämlich einer beruflichen Umschulung des Versicherten der Beklagten, B.
S., den künftig bezifferbaren, aber dem Grunde nach bereits entstandenen Erstattungsanspruch unzweifelhaft angemeldet. Dies war bereits hinreichend konkret erfolgt. Nach Ablehnung einer Leistungszuständigkeit durch die Beklagte selbst mit Schreiben vom 16.07.2009 hatte die Klägerin nochmals darauf hingewiesen, dass der Antrag des Versicherten doch vorgelegen und die Beklagte Träger der medizinischen Rehabilitation gewesen sei. Auf die weiteren Schreiben der Klägerin hat die Beklagte nicht mehr reagiert.
Die Schutzfunktion des § 111
SGB X liegt darin, den eigentlich leistungspflichtigen Träger der Rehamaßnahme mit der Tatsache seiner Leistungspflicht zeitnah zu konfrontieren, damit er sich darauf einstellen,
ggf. Rückstellungen bilden und das Erstattungsverfahren rasch abgewickelt werden kann (Roller, in: v. Wulffen/Schütze,
SGB X, a.a.O., § 111
SGB X,
Rdnr. 2). Der Beklagten waren die Identität des Versicherten und die Art der zu erbringenden Leistungen spätestens in dem Zeitpunkt bekannt, als die DRV ... ihr den Vorgang im Juni 2009 übersandt hat. Dieser Vorgang ist nach den eigenen Angaben der Beklagten nicht mehr nachvollziehbar. Die Beklagte hatte aber mit Schreiben vom 16.07.2009 eine Leistungszuständigkeit gegenüber der Klägerin abgelehnt und auf weitere Schreiben der Klägerin überhaupt nicht mehr geantwortet, obwohl die Klägerin ausdrücklich auf den vom Versicherten
S. gestellten Antrag Bezug genommen hatte.
Soweit die Beklagte darauf verweist, dass ein Erstattungsanspruch nach § 14
SGB IX nur dann entstehen könnte, wenn bereits eine Leistungsbewilligung durch die Klägerin erfolgt wäre, frühestens also nach dem 08.07.2009, und dass insoweit das Schreiben der Agentur für Arbeit Oldenburg vom 05.06.2009 nicht ausreichend sei, um eine Geltendmachung des Erstattungsanspruchs dem Grunde nach annehmen zu können, geht dieser Einwand fehl. Nach der gemeinsamen Empfehlung über die Ausgestaltung des in § 14
SGB IX bestimmten Verfahrens (Gemeinsame Empfehlung zur Zuständigkeitsklärung) vom 28.09.2010 (Anhang I zu K § 14 in: Hauck/Noftz,
SGB IX) besteht der Erstattungsanspruch unabhängig davon, ob sich die Nichtzuständigkeit des leistenden Rehabilitationsträgers vor oder nach Bewilligung der Leistung herausstellt (§ 5
Abs. 3). Zwar sind die Regelungen der Gemeinsamen Empfehlung nicht rechtsverbindlich im Verhältnis der Sozialleistungsträger zueinander, gleichwohl sind diese im Rahmen der Frage zu berücksichtigen, ob eine fristwahrende Geltendmachung eines Erstattungsanspruchs im Sinne des § 111
SGB X vorliegt oder nicht. Auch das
BSG geht von der Zulässigkeit der Geltendmachung eines Erstattungsanspruchs dem Grunde nach aus, sofern die hinreichende Bestimmtheit des Leistungsvorgangs gewahrt bleibt, und für den erstattungspflichtigen Leistungsträger auch deutlich werden kann, dass der leistende Rehaträger zur Wahrung seiner eigenen Rechte ihm gegenüber tätig wird. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen des SG Nürnberg in den Entscheidungsgründen des Gerichtsbescheids vom 08.07.2016 verwiesen und von einer weiteren Darlegung der Entscheidungsgründe nach § 153
Abs. 2
SGG abgesehen.
Im Übrigen enthält § 111
SGB X eine materiell-rechtliche Ausschlussfrist, die zum Untergang des Erstattungsanspruchs führt. Im Gegensatz zur Verjährung nach § 113
SGB X, die nur auf Einrede hin zu beachten wäre, kann dem Fristablauf nach § 111
SGB X weder ein Verstoß gegen Treu und Glauben entgegengehalten werden, noch auf die Ausschlussfrist verzichtet werden. Lediglich bei Vorliegen grob rechtswidrigen Verhaltens hat das
BSG im Einzelfall den Einwand unzulässiger Rechtsausübung zugelassen (
BSG v. 10.05.2007 - B 10 KR 1/05 R; Roller, a.a.O., § 111
SGB X,
Rdnr. 16
m.w.N.). Aufgrund dieser Ausschlusswirkung sind die Anforderungen, die an das Geltendmachung eines Erstattungsanspruchs nach § 14
Abs. 4
S. 1
SGB IX gestellt werden dürfen, nicht zu hoch anzusetzen. Notwendig ist die Konkretisierung auf einen bestimmten Versicherten, auf eine konkrete Leistung und die allein daraus entstehenden Kosten. Auch die Geltendmachung des Erstattungsanspruchs wegen der gesetzlich bestehenden Notwendigkeit zur Erbringung von Rehaleistungen durch die Klägerin als zweitangegangener Leistungsträger und damit zur Wahrung eigener Rechte wurde in den Schreiben der Klägerin vom 05.06.2009, 02.09.2009 und 22.06.2010 hinreichend deutlich, so dass sich die Beklagte auch auf einen Erstattungsanspruch nach § 14
Abs. 4
SGB IX frühzeitig einstellen konnte. Dies gilt vorliegend umso mehr, als die entscheidenden Fehler bei der Gewährung der notwendigen Rehaleistungen an den Versicherten
S. eindeutig im Zurechnungsbereich der Beklagten erfolgt sind.
Nach alledem war die Berufung der Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des SG Nürnberg vom 08.07.2016 zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a
SGG iVm § 154
Abs. 2
VwGO.
Gründe, die Revision gemäß § 160
Abs. 2 Nrn. 1 und 2
SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
Der Streitwert des Verfahrens wird auf 79.018,02
EUR festgesetzt (§ 52
Abs. 1,
Abs. 3 GKG).