Der Rechtsstreit betrifft die Bemessung von Übergangsgeld; streitig ist, ob die während der Umschulung zum Industrieelektroniker bewilligte Leistung nach dem Arbeitsentgelt zu bemessen ist, das der Kläger zwischen der Arbeitserprobung und Berufsfindung und der Umschulung erzielt hat.
Der 1964 geborene Kläger erlernte den Beruf eines Malers und Lackierers von 1980 bis 1983 und war anschließend bis November 1988 mit Unterbrechungen wegen Arbeitslosigkeit als Malergeselle im Ausbildungsbetrieb beschäftigt. Vom 29. März bis 23. Juli 1989 war er erneut bei seinem früheren Arbeitgeber beschäftigt und erzielte ein höheres Bruttoarbeitsentgelt als zuvor.
Auf den Reha-Antrag des Klägers vom 30. Oktober 1987 wegen Wirbelsäulenbeschwerden bewilligte die beklagte Bundesanstalt für Arbeit (
BA) zunächst eine Arbeitserprobung und Berufsfindung vom 12. bis 23. September 1988, sodann eine Reha- Vorbereitungsmaßnahme vom 29. August bis 6. Dezember 1989 und eine Umschulung zum Industrieelektroniker - Fachrichtung Gerätetechnik - ab 7. Dezember 1989. Für die Dauer der Teilnahme an der Arbeitserprobung und Berufsfindung sowie die Zeit zwischen der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses im November 1988 bis zur erneuten Aufnahme einer Beschäftigung im März 1989 zahlte die
BA Übergangsgeld (Übg) in Höhe von 53,94 DM kalendertäglich. Mit Bescheid vom 8. September 1989 bewilligte die
BA vom 29. bis 31. August 1989 erneut Übg von 53,94 DM und ab 1. September 1989 von 55,56 DM kalendertäglich.
Mit dem Widerspruch machte der Kläger geltend, nach seinem während der letzten Beschäftigung im Juni 1989 erzielten Arbeitsentgelt müsse das Übg 72,71 DM kalendertäglich betragen. Die
BA hat den Rechtsbehelf mit Widerspruchsbescheid vom 18. Dezember 1989 zurückgewiesen und ausgeführt, die Rehabilitationsmaßnahme bilde eine Einheit; das während der Zwischenbeschäftigung 1989 erzielte Entgelt habe keinen Einfluß auf die Bemessung des Übg. Etwas anderes könne nur bei einer Beschäftigung zwischen zwei Rehabilitationsmaßnahmen gelten.
Das Sozialgericht (SG) Marburg hat die Klage mit Urteil vom 31. Juli 1991 abgewiesen. Auf die vom SG zugelassene Berufung hat das Hessische Landessozialgericht (
LSG) diese Entscheidung aufgehoben und die
BA mit Urteil vom 3. März 1993 verurteilt, dem Kläger ein auf der Grundlage von 66,51 DM kalendertäglich zu dynamisierendes Übg für die Zeit vom 29. August 1989 bis 14. Januar 1992 zu gewähren. Dabei hat es das Arbeitsentgelt während der Beschäftigung im Jahre 1989 als "zumutbares Entgelt" für erheblich gehalten und sich für diese Rechtsansicht auf das Urteil des Bundessozialgerichts (
BSG) vom 23. Mai 1990 - 9b/11 RAr 19/89 - (
BSG SozR 3-4100 § 59 Nr 2) bezogen.
Mit der vom
LSG zugelassenen Revision rügt die
BA die Verletzung des § 59 Abs 3 Satz 1 Arbeitsförderungsgesetz (
AFG). Das
LSG habe bei seiner Entscheidung unberücksichtigt gelassen, daß nach der Rechtsprechung des
BSG an dem Grundsatz festzuhalten sei, das für die erste Bildungsmaßnahme erhebliche Bemessungsentgelt sei auch für die weiteren Maßnahmen bzw die Wartezeiten zwischen den Maßnahmen zugrunde zu legen. Etwas anderes könne nur gelten, wenn der Behinderte zwischen zwei Abschnitten in zumutbarer Weise beschäftigt gewesen sei. Das treffe hier nicht zu. Die Notwendigkeit der Reha-Maßnahme beruhe darauf, daß der Kläger den Beruf eines Maler- und Lackierergesellen gesundheitlich nicht mehr habe ausüben können. Bei dieser Ausgangssituation sei dem Zumutbarkeitsgesichtspunkt schon bei der ersten Berechnung des Übg umfassend Rechnung getragen worden. Die Frage der Neubemessung der Leistung aufgrund der Zwischenbeschäftigung in demselben Beruf stelle sich nicht mehr. Die Lebensgrundlage für eine mehrere Jahre in Anspruch nehmende Rehabilitation könne nicht von Zufälligkeiten einer Zwischenbeschäftigung abhängen. Das habe das
BSG auch in dem vom
LSG angeführten Urteil hervorgehoben. Nach dem Sinn der Berechnungsvorschriften solle eine Zwischenbeschäftigung zwischen einzelnen Maßnahmeabschnitten keinen Einfluß auf die Höhe des Übg haben. Selbst wenn dem angeführten Urteil zu entnehmen sein sollte, daß die Zumutbarkeit der Zwischenbeschäftigung für die Berücksichtigung des erzielten Arbeitsentgelts maßgeblich sei, könne dies hier nicht durchgreifen. Die Beschäftigung des Klägers im Jahre 1989 berücksichtige nicht die behinderungsbedingten Einschränkungen seiner Leistungsfähigkeit, so daß sie ihm nicht zumutbar sei.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 3. März 1993 aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 31. Juli 1991 zurückzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er hält die vom
LSG vertretene Rechtsansicht für zutreffend. Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz
SGG).
Die Revision der
BA ist im Sinne der Aufhebung und Zurückverweisung begründet; das Urteil des
LSG beruht auf einer Verletzung des § 59 Abs 3 Satz 1
AFG. Für die Bemessung des Übg ab 29. August 1989 ist das im Bemessungszeitraum vor der Arbeitserprobung und Berufsfindung erzielte Arbeitsentgelt maßgebend. Für eine abschließende Entscheidung des Senats nach diesem Maßstab reichen die tatsächlichen Feststellungen des
LSG nicht aus.
1. Die Berechnung des entgangenen regelmäßigen Entgelts, das als Regellohn der Bemessung des Übg zugrunde zu legen ist (§ 59 Abs 2 Satz 1
AFG idF des Art 1 § 1 Nr 18 Buchst b) Arbeitsförderungs-Konsolidierungsgesetz AFKG vom 22. Dezember 1981 BGBl I, 1497), richtet sich nach dem vom Behinderten im letzten vor dem Beginn der Maßnahme abgerechneten Lohnabrechnungszeitraum des letzten Beschäftigungsverhältnisses mindestens während der letzten abgerechneten vier Wochen (Bemessungszeitraum) erzielten Arbeitsentgelt (§ 59 Abs 3 Satz 1
AFG idF des § 36 Nr 7 des Gesetzes über die Angleichung der Leistungen zur Rehabilitation RehaAnglG vom 7. August 1974 BGBl I, 1881). Der Begriff der Maßnahme, deren Beginn den maßgebenden Bemessungszeitraum bestimmt, ist gesetzlich nicht näher festgelegt.
1.1 Für die Übergangsvorschrift des Art 1 § 2 Nr 3 AFKG hat der erkennende Senat "Berufsfindung und Arbeitserprobung" einerseits und "Umschulung" andererseits als unterschiedliche Maßnahmen angesehen und demgemäß das während der Umschulung zu zahlende Übg abweichend von demjenigen, das während der Berufsfindung und Arbeitserprobung zu zahlen war, nach der inzwischen in Kraft getretenen Änderung des § 59 Abs 2
AFG idF des AFKG berechnet. Zur Begründung hat sich der Senat auf § 11 Abs 2 Nrn 2 und 3 RehaAnglG in der damals geltenden Fassung sowie § 5 Abs 3 RehaAnglG bezogen und die Ansicht vertreten, dies entspreche der auch "sonst im Rehabilitationsrecht" maßgebenden Begriffsbildung (
BSG SozR 4150 Art 1 § 2 Nr 2). An dieser Rechtsprechung hält der Senat für die Bemessung des Übg nach § 59 Abs 3 Satz 1
AFG nicht fest. Der seinerzeit herangezogene § 11 Abs 2 Nrn 2 und 3 RehaAnglG enthält eine Aufzählung "berufsfördernder Leistungen" der Rehabilitation, so daß ihm Anhaltspunkte für den Begriff der Maßnahme nicht zwingend zu entnehmen sind. Auch das Gebot zur Aufstellung eines Gesamtplans nach § 5 Abs 3 RehaAnglG besagt nur, daß für das Erreichen eines Rehabilitationsziels mehrere Maßnahmen erforderlich sein können, nicht aber, daß es sich bei der Berufsfindung und Arbeitserprobung um eine selbständige Maßnahme neben der im Rahmen der Rehabilitation geförderten Umschulung handelt.
1.2 Die Begriffsbildung in der Rechtsprechung der Unfall- und Rentensenate des
BSG ist im Hinblick auf die Berufsfindung und Arbeitserprobung nicht einheitlich. So findet sich zB in BSGE 47, 51, 52 = SozR 2200 § 1241e Nr 5 und BSGE 68, 211, 216 = SozR 3-2200 § 568a Nr 1 der Hinweis, daß die "weitere Entschließung" des Rehabilitationsträgers Begriffsmerkmal für eine Maßnahme sei. In die gleiche Richtung deutet es, wenn
BSG SozR 2200 § 1241e Nr 12 von der "Berufsfindung und weiteren berufsfördernden Maßnahmen" spricht. Auch in
BSG SozR 2200 § 1241e Nr 20 wird die Berufsfindung nicht als Teil einer Maßnahme der beruflichen Rehabilitation behandelt, wenn Zwischenübergangsgeld nach dem während der vorausgegangenen medizinischen Rehabilitation zu zahlenden Übg zugesprochen wird. Dagegen spricht es für die hier vertretene Rechtsansicht, wenn in BSGE 49, 10, 12 = SozR 2200 § 1241e Nr 8 Berufsfindung und Arbeitserprobung als "unmittelbar der Umschulung und damit der Eingliederung" dienend und "bereits (als) Teil des Rehabilitationsprogramms" eingestuft werden. Nach
BSG SozR 2200 § 568 Nr 4 hat das Entgelt einer nach der unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit ausgeübten Zwischenbeschäftigung bis zur Einleitung der Rehabilitationsmaßnahme außer Betracht zu bleiben. Die Rechtsprechung zur Rehabilitation in anderen Sozialleistungsbereichen ist hier nicht im einzelnen zu verfolgen, denn die Rechtsansicht des Senats beruht - abgesehen von dem Gedanken der einheitlichen Behandlung des gesamten Rehabilitationsgeschehens (vgl § 13 RehaAnglG) - wesentlich auf der systematischen Eigenart der das Übg im Arbeitsförderungsrecht betreffenden Regelungen (§ 9 Abs 1 RehaAnglG). Ob diese auch das Verständnis der den Grundsätzen des § 13 RehaAnglG entsprechenden Vorschriften anderer Sozialleistungsbereiche beeinflussen können, ist hier nicht zu entscheiden.
1.3 Die Berechnungsvorschrift des § 59 Abs 3 Satz 1
AFG stimmt zwar wegen § 13 Abs 6 Satz 1 RehaAnglG grundsätzlich mit den entsprechenden Vorschriften des Sozialversicherungs- und Versorgungsrechts überein (§ 568 Abs 2 Reichsversicherungsordnung RVO
iVm § 561 Abs 1 und 3 RVO und § 47 Abs 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung
SGB V; § 22 Abs 2 Satz 2 Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung
SGB VI und § 26a Abs 2 Satz 2 Bundesversorgungsgesetz BVG). Abweichend von den genannten Sozialleistungsbereichen besteht aber ein Anspruch auf Übg bei Rehabilitation im Rahmen der Arbeitsförderung nach § 59 Abs 1 Satz 3
AFG nur, wenn der Behinderte innerhalb der letzten fünf Jahre vor Beginn der Maßnahme mindestens zwei Jahre lang eine die Beitragspflicht begründende Beschäftigung ausgeübt oder Arbeitslosengeld (Alg) aufgrund eines Anspruchs von einer Dauer von mindestens 156 Tagen oder im Anschluß daran Arbeitslosenhilfe bezogen hat. Die Ausnahmen von diesem Grundsatz nach § 59 Abs 1 Satz 4 bis 7 und Abs 5
AFG können hier auf sich beruhen. Diese besondere Anspruchsvoraussetzung für das Übg, die erst durch Art 1 § 1 Nr 18 Buchst a) bb) AFKG eingeführt worden ist, ist derjenigen des Alg nachgebildet (§ 104 Abs 1 bis 3
AFG). Die "fließende Anwartschaft" auf Alg bzw Übg wird durch den Leistungsfall "fixiert", indem der für die Höhe der Leistung maßgebende Bemessungszeitraum nach §§ 59 Abs 3 Satz 1 bzw 112 Abs 2 Satz 1
AFG festgelegt wird (vgl Gagel/Ebsen,
AFG, Vor §§ 134 bis 141 RdNr 17 - Stand: Mai 1991). Aus dem genannten Grundsatz hat das
BSG für die Bemessung des Alg geschlossen, diesem seien nur Arbeitsentgelte zugrunde zu legen, durch die die Anwartschaftszeit erfüllt werde. Daraus hat es die weitere Folgerung gezogen, nach Eintritt einer Arbeitslosigkeit, die den Anspruch auf Alg ausgelöst habe, könne ein neuer Anspruch erst durch Erfüllung einer neuen Anwartschaft begründet werden. Arbeitsentgelte aus Zwischenbeschäftigungen, deren Umfang zur Begründung eines neuen Anspruchs auf Alg nicht ausreiche, seien für die Bemessung des Anspruchs auch bei erneutem Leistungsfall unerheblich (BSGE 60, 79, 81 = SozR 4100 § 100 Nr 11;
BSG SozR 4100 § 112 Nr 17;
BSG SozR 4100 § 117 Nr 19; BSGE 72, 177, 180 = SozR 3-4100 § 112 Nr 13). Für die Bemessung des Übg im Rahmen der Rehabilitation nach Arbeitsförderungsrecht kann wegen der grundsätzlichen Übereinstimmung mit den Bemessungs- und Berechnungsvorschriften für das Alg nichts anderes gelten. Diese Übereinstimmung wird durch die Verweisung des § 59 Abs 1 Satz 6
AFG idF des 7.
AFG-Änderungsgesetzes vom 20. Dezember 1985 (BGBl I, 2484), der auf Art 1 Nr 18 Buchst a) bb) AFKG zurückgeht, auf §§ 104 Abs 2 Satz 1 Nr 1 und Satz 3, 107
AFG bekräftigt. Der Rückgriff auf das vor Entstehen der Anwartschaft erzielte Arbeitsentgelt verhindert zum einen eine Minderung des Übg durch geringer entlohnte kurze Zwischenbeschäftigungen und beugt zum anderen gezielter Beeinflußung des Übg durch Vereinbarung hoher Entgelte während solcher Beschäftigungen vor (vgl BSGE 72, 177, 180). Ob das vor Beginn der Arbeitserprobung und Berufsfindung auch dann maßgebend ist, wenn der Behinderte mit einer Zwischenbeschäftigung eine neue Anwartschaft auf Übg erworben hat, ist hier nicht zu entscheiden. Die Isolierung von Berufsfindung und Arbeitserprobung einerseits und darauf aufbauender Umschulung des Behinderten andererseits würde nicht nur die einheitliche Zielsetzung von Teilen eines Rehabilitationsprogramms (vgl
BSG SozR 2200 § 1241e Nr 8) vernachlässigen, sondern möglicherweise auch zu praktisch nicht erträglichen Konsequenzen führen. Folgerichtig müßten die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für den Anspruch auf Übg (§ 59 Abs 1 Satz 3
AFG) bei in Abschnitten gegliederten Rehabilitationsmaßnahmen jeweils gesondert geprüft werden. Wegen der fließenden Anwartschaft im Arbeitsförderungsrecht, die dem Rehabilitationsrecht anderer Sozialleistungsträger unbekannt ist, wäre es unter Umständen nicht zu vermeiden, daß die Anspruchsvoraussetzungen für ein Übg während der Berufsfindung und Arbeitserprobung noch, bei der regelmäßig im Abstand von einigen Monaten folgenden Umschulung aber nicht mehr erfüllt wäre. Diese auch für die Behinderten mißliche Rechtsfolge wird vermieden, wenn das Rehabilitationsgeschehen von der Berufsfindung und Arbeitserprobung bis zur Eingliederung in das Erwerbsleben für die Anwendung des § 59 Abs 3 Satz 1
AFG als einheitliche Rehabilitationsmaßnahme aufgefaßt wird. Die aufgezeigten Zusammenhänge und Konsequenzen schließen es jedenfalls für das Arbeitsförderungsrecht aus, die weitere Entschließung des Rehabilitationsträgers aufgrund der Ergebnisse der Berufsfindung und Arbeitserprobung als Abgrenzungsmerkmal für die Rehabilitationsmaßnahme zu begreifen. Die Rechtsansicht des Senats führt allerdings dazu, daß für die Bemessung des Übg während der gesamten Rehabilitationsmaßnahme regelmäßig auf ein länger zurückliegendes Arbeitsentgelt zurückzugreifen ist. Daraus ergibt sich aber unter dem Gesichtspunkt möglichst zeitnaher Leistungsberechnung kein durchgreifendes Gegenargument. Der § 59a Satz 1 Nr 1
AFG belegt, daß der Gesetzgeber einen Abstand bis zu drei Jahren zum letzten Tag des Bemessungszeitraums in Kauf nimmt (vgl auch: Gagel,
AFG, § 59 RdNr 9 - Stand: 1979). Der wirtschaftlichen Entwicklung wird im übrigen durch die Anpassung Rechnung getragen (§ 59b
AFG).
Der vom Senat vertretenen Auslegung des Begriffs Maßnahme im Sinne des § 59 Abs 3 Satz 1
AFG steht auch die Regelung des § 59c
AFG nicht entgegen. Diese der Kontinuität der Leistungsberechnung dienende Sonderbestimmung verdrängt die allgemeinen Regelungen des § 59
AFG (
BSG SozR 3-4100 § 59c Nr 2). Sie greift jedoch nur bei berufsfördernden Maßnahmen zur Rehabilitation ein, die im Anschluß an den Bezug von Übg oder Krankengeld durchgeführt werden. Einen Anschluß an solche Vorleistungen nimmt die Rechtsprechung des
BSG an, wenn zwischen den Bezugszeiträumen ein Abstand von nicht mehr als vier Wochen besteht (BSGE 58, 175, 179 = SozR 4100 § 59 Nr 3). Die Auslegung des § 59 Abs 3 Satz 1
AFG durch den Senat macht die Regelung des § 59c
AFG nicht etwa obsolet. Auch nach der Rechtsansicht des Senats verbleibt für diese Vorschrift ein weiter Anwendungsbereich, der nicht nur auf die Bewilligung von Übg im Anschluß von Krankengeld beschränkt ist. Zu denken ist dabei an die Fälle, in denen verschiedene Rehabilitationsmaßnahmen zur Eingliederung des Behinderten erforderlich sind - einen solchen Fall betrifft
BSG SozR 2200 § 568 Nr 6 - oder in denen nach einem mißglückten Rehabilitationsversuch eine andere Maßnahme der beruflichen Rehabilitation eingeleitet wird.Die für die Entscheidung noch nicht maßgebliche Zuordnung der Berufsfindung und Arbeitserprobung zum "Verfahren zur Auswahl der Leistungen" (vgl § 11 Abs 1 Satz 3 RehaAnglG und § 56 Abs 1 Satz 3
AFG idF des Art 43 Nr 2 Buchst a) bzw Art 35 Nr 1 Rentenreformgesetz 1992 RRG 1992 vom 18. Dezember 1989 BGBl I, 2261) schließt es nicht aus, sie jedenfalls für die Bemessung des Übg als Teil eines einheitlichen Rehabilitationsgeschehens aufzufassen. Das ergibt sich aus der Gleichstellung der Berufsfindung und Arbeitserprobung mit Rehabilitationsmaßnahmen hinsichtlich der Zahlung von Übg (§ 13 Abs 1 Satz 3 RehaAnglG
idF des Art 43 Nr 3 RRG 1992), die § 59 Abs 1 Satz 2
AFG idF des Art 35 Nr 2 Buchst b) RRG 1992 für das Arbeitsförderungsrecht übernommen hat. Die hier vertretene Rechtsansicht gewährleistet die Kontinuität des bewilligten Übg der Höhe nach während des gesamten Rehabilitationsgeschehens. Dies entspricht der Zielsetzung des § 13 RehaAnglG, der die grundlegende Norm für die Einzelregelungen zur Begründung und Bemessung des Übg in den einzelnen Sozialleistungsbereichen darstellt. Der Behinderte kann darauf vertrauen, daß der bis zum Beginn der Rehabilitationsmaßnahme erreichte wirtschaftliche Standard während der Maßnahme durch das Übg im Rahmen des gesetzlichen Bemessungssatzes erhalten bleibt.
2. Mit dem erörterten Verständnis des § 59 Abs 3 Satz 1
AFG weicht der Senat von dem Urteil vom 23. Mai 1990 - 9b/11 RAr 19/89 - (SozR 3-4100 § 59 Nr 2) ab, auf welches sich das
LSG berufen hat. Auch in jenem Verfahren war darüber zu befinden, ob "letzter vor Beginn der Maßnahme abgerechneter Lohnabrechnungszeitraum des letzten Beschäftigungsverhältnisses" iS des § 59 Abs 3 Satz 1
AFG derjenige vor der Arbeitserprobung und Berufsfindung oder derjenige vor der Vorschulung und Umschulung war. Das
BSG hat diese Frage dort nicht ausdrücklich beantwortet; es hat das zwischen zwei Rehabilitationsabschnitten erzielte Arbeitsentgelt jedenfalls dann für die Bemessung des Übg während späterer Leistungszeiträume für maßgebend erachtet, wenn es "bei einem Entgeltvergleich" aus einer zumutbaren Beschäftigung herrührt. Dieses Merkmal hat es der gesetzlichen Regelung (vgl § 17 Abs 1 RehaAnglG) und derRechtsprechung des
BSG zu den Voraussetzungen des
Zwischenübergangsgeldes entnommen, wonach Anspruch auf Zwischenübergangsgeld ua dann besteht, wenn der Behinderte in eine zumutbare Beschäftigung nicht vermittelt werden kann (BSGE 57, 113, 116 = SozR 4100 § 59d Nr 2). Ergänzend hat das
BSG auf die gleichartige Bemessung des Krankengeldes bei erneutem Eintritt von Arbeitsunfähigkeit hingewiesen. Diese Argumentation vernachlässigt den systematischen Zusammenhang, in dem die Vorschriften über die Berechnung des Übg im Bereich der Arbeitsförderung stehen. Sie berücksichtigt nicht, daß es sich bei einer Rehabilitation in mehreren Abschnitten - anders als bei erneutem Eintritt von Arbeitsunfähigkeit - nicht um den jeweils erneuten Eintritt des versicherten Risikos handelt (zur Bemessung des Arbeitslosengeldes bei erneutem Leistungsfall: BSGE 72, 177, 179). Vor allem wurde nach jener Rechtsprechung nicht die Kontinuität des bewilligten Übg der Höhe nach gewährleistet, die Zielsetzung des § 13 RehaAnglG ist. Das konnte für Versicherte zu nachteiligen Folgen führen. Anknüpfend an die Regelung und Rechtsprechung zum Zwischenübergangsgeld soll das in einer zumutbaren Zwischenbeschäftigung erzielte Arbeitsentgelt für die Bemessung des Übg in nachfolgenden Rehabilitationsabschnitten maßgebend sein. Da der Maßstab der Zumutbarkeit nach § 103 Abs 1 Satz 1 Nr 1
AFG und der dazu ergangenen Zumutbarkeits-Anordnung der
BA bestimmt werden müßte (BSGE 47, 51, 54 = SozR 2200 § 1241e Nr 5; BSGE 49, 10, 13 = SozR 2200 § 1241e Nr 8), wäre der vor Beginn der Berufsfindung und Arbeitserprobung erreichte Lebensstandard bei Aufnahme einer zwar nach dem genannten Maßstab zumutbaren, aber geringer entlohnten Zwischenbeschäftigung nicht in vollem Umfang gewährleistet.
Der 9b-Senat sucht dieses mit der Zielsetzung der Vorschriften über die Bemessung des Übg nicht zu vereinbarende Ergebnis zu vermeiden, indem er die Zumutbarkeit einer Beschäftigung "in der Regel nach dem erzielten Entgelt" ("Entgeltvergleich") mißt. Dieser Ansatz bleibt aber vage ("in der Regel") und läßt die maßgebende gesetzliche Grundlage nicht erkennen. Die hier vertretene Rechtsansicht hat den Vorteil, daß sie den Lebensstandard des Behinderten ohne Rückgriff auf das schwer zu handhabende Merkmal der Zumutbarkeit gewährleistet, die Kontinuität der Leistung der Höhe nach sichert und die Verwaltung im Falle einer Zwischenbeschäftigung von zusätzlichen Ermittlungen und Feststellungen des Bemessungsentgelts entlastet. Die beim gesetzlichen Merkmal "Beginn der Maßnahme" iS des § 59 Abs 3 Satz 1
AFG ansetzende Lösung des Senats ist unabhängig davon, ob der Behinderte während der Zwischenbeschäftigung ein höheres oder niedrigeres Arbeitsentgelt erzielt hat. Sie vermeidet eine Bemessung nach Entgelten "oft von Zufälligkeiten abhängiger Zwischenbeschäftigungen" (
BSG SozR 3-4100 § 59 Nr 2). Für die auf eine Meistbegünstigung des Behinderten hinauslaufende Lösung fehlt es an einem gesetzlichen Anknüpfungspunkt.
Durch die abweichende Rechtsprechung des 9b-Senats ist der erkennende Senat nicht gehindert, seine Rechtsansicht der Entscheidung zugrunde zu legen (§ 41 Abs 3
SGG). Für die Förderung der beruflichen Bildung als Aufgabe der
BA sind ab 1. Januar 1993 nur noch der 7. und der erkennende 11. Senat zuständig. Der 7. Senat hat auf Anfrage (Senatsbeschluß vom 30. März 1994) erklärt, daß er der Rechtsansicht des erkennenden Senats zustimmt (Beschluß vom 1. Juni 1994 - 7 S 6/94 -).
3. Da das
LSG den der Arbeitserprobung und Berufsfindung 1988 vorausgehenden Bemessungszeitraum und das in diesem erzielte Arbeitsentgelt des Klägers - nach der Rechtsansicht des
LSG folgerichtig - nicht festgestellt hat, ist das Urteil des
LSG aufzuheben und die Sache zur Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen an das
LSG zurückzuverweisen. Auch insoweit werden die Anpassungen an die wirtschaftlichen Verhältnisse zu berücksichtigen sein, denn die jeweiligen Bescheide der
BA sind nach § 96 Abs 1
SGG Gegenstand des Verfahrens geworden. Das
LSG wird schließlich über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.