I.
Die 1977 geborene Antragstellerin ist laut Schwerbehindertenausweis des Versorgungsamts M vom ... Februar 2004, der für sie die Merkzeichen G, aG, Bl, H und RF ausweist, schwerbehindert (
GdB 100). Sie leidet an Blindheit und einer spinalen Muskelatropie. Sie ist kontinuierlich beatmungspflichtig. Sie ist in Pflegestufe III eingestuft und erhält gemäß dieser Einstufung von der Pflegeversicherung Pflegegeld. Hilfe zur Pflege nach dem
SGB XII erhält sie nicht.
Nach erfolgreicher Ablegung des Ersten Juristischen Staatsexamens im August 2004 begann die Antragstellerin am ... Oktober 2004 als Rechtsreferendarin ihren juristischen Vorbereitungsdienst.
Mit Schreiben vom 30. Juli 2004 übersandte das Referat VI der Präsidentin des Oberlandesgerichts M "mit der Bitte um Kenntnisnahme als Vorabinformation" an die Regierung ... einen Vermerk vom ... Juli 2004 über eine Unterredung mit der Antragstellerin und ihrem Vater an diesem Tag. Hierin heißt es u.a.:
"Frau D. ist blind, kann sich nur in einem Rollstuhl fortbewegen, muss die meiste Zeit mit Sauerstoff beatmet werden, kann ihre Arme und Hände nur sehr eingeschränkt benutzen und ist auf ständige Betreuung angewiesen.
Frau D. ist auf folgende Hilfen angewiesen:
1. Räumliche Besonderheiten (....)
2. Transporte zwischen Wohnung und Ausbildungsstellen:
- per Taxi mit einer Begleitperson
3. Sonstige Bedürfnisse:
a. allgemeiner Art:
- Vorlese- und Schreibkraft, die zusätzlich persönliche Pflege/Hilfe übernehmen kann sowohl an den Ausbildungsstellen als auch zu Hause
b. technischer Art: (...)
Es ist abzuklären, welche Stellen für die entsprechenden (finanziellen) Hilfestellungen zuständig sind. (...)"
Mit Schreiben vom 9. August 2004 teilte das Referat VI der Präsidentin des Oberlandesgerichts M dem Antragsgegner ferner mit, dass die Antragstellerin während ihres Studiums durch den Bezirk O. unterstützt worden sei. Die Zuständigkeit gehe nunmehr wohl auf die Regierung ... - Integrationsamt über. Bisher vom Bezirk O. bewilligte technische Hilfsmittel könnten nach Auskunft des Bezirks O. wohl problemlos weiterhin von der Antragstellerin benutzt werden. Der Antragsgegner werde um baldmöglichste Bestätigung seiner Zuständigkeit für die Dauer des Vorbereitungsdienstes für die Antragstellerin gebeten. Sobald diese Mitteilung dem Referat VI der Präsidentin des Oberlandesgerichts M... vorliege, werde die Antragstellerin gebeten, bei der Regierung ... einen Antrag auf Arbeitsassistenz zu stellen.
Mit Antrag vom 13. August 2004 begehrte die Antragstellerin von der Beigeladenen Leistungen zur beruflichen Rehabilitation, der in Bezug auf die einzelnen begehrten Leistungen mit Schreiben vom 12. September 2004 und 22. September 2004, auf die hier verwiesen wird, näher konkretisiert wurde.
In einer gutachterlichen Äußerung des ärztlichen Dienstes der Beigeladenen (
Dr. med.
S.) vom ... September 2004 heißt es über das Krankheitsbild der Antragstellerin:
"(...) Diese Erbkrankheit führt bereits in der Kindheit zu einem Stadium der völligen Hilflosigkeit mit der Notwendigkeit einer allumfassenden pflegerischen Versorgung und bei zunehmender Atemschwäche der Notwendigkeit einer künstlichen Beatmung. (...) Wie der momentane körperliche Zustand ist, kann aufgrund fehlender aktueller Untersuchungsberichte nicht beurteilt werden.
Aus einem zwei Jahre alten Befundbericht aus der L.-M., ...Institut, geht hervor, dass ... mit einer Maske beatmet wurde und außerdem überwiegend künstlich ernährt wird über eine Sonde. Zum damaligen Zeitpunkt wurde bereits die Anlage eines Luftröhrenschnitts mit der Notwendigkeit einer apparativen Beatmung vorgeschlagen.
Aus amtsärztlicher und medizinischer Sicht kann festgestellt werden, dass eine weitere Tätigkeit als Juristin mit dem Berufsziel, einmal als Rechtsanwältin arbeiten zu können, de facto nicht realisierbar ist. Zwar war es möglich, unter den bekannten Extrembedingungen ein Studium zu absolvieren. Die beruflichen Anforderungen, die ein Referendariat stellt, und die späteren Erfordernisse, die im Anwaltsberuf erfüllt werden müssen, verlangen eine halbwegs robuste Konstitution und können nur mit leichten gesundheitlichen Einschränkungen im vollen Spektrum ausgeübt werden. Ein berufliches Hauptinstrument eines Anwalts ist die Sprache und die Rhetorik. Frau ... kann sich bereits jetzt kaum mehr sprachlich artikulieren. (...) Zusammenfassend ergibt sich, dass bei wohl eher überdurchschnittlich intellektuellen Fähigkeiten das körperliche Leistungsvermögen durch die schwere und fortschreitende Erkrankung völlig aufgehoben ist und der Beruf eines Juristen auch nicht annäherungsweise im gesamten Spektrum, geschweige wenigstens in einem Teilbereich erfolgreich ausgeübt werden kann."
Hierauf gingen bei der Beigeladenen zwei ärztliche Äußerungen vom ... September 2004 ein.
Im Schreiben der Kinder- und Jugendärztin
Dr. M. F. vom ... September 2004 wird berichtet, dass die Antragstellerin trotz ihrer Grunderkrankung die intensive Studien- und Prüfungsphase der letzten Jahre ohne nennenswerte Krankheitsphase durchlaufen habe. Die Antragstellerin zeichne sich im Gegenteil durch besondere psychische und körperliche Stabilität aus. Im vorgelegten ärztlichen Attest von
Prof. Dr. med. T. N. (Klinikum der Universität M, ltd. Oberarzt der Kinderklinik) vom ... September 2004 heißt es über die Antragstellerin wörtlich:
"Frau ... wird durch mich seit vielen Jahren regelmäßig ärztlich betreut. Trotz ihrer körperlichen Behinderung ist sie meines Erachtens für eine Tätigkeit in dem von ihr angestrebten Tätigkeitsbereich als Juristin voll arbeitsfähig. Bei einer entsprechenden Anpassung ihrer Aufgaben an ihre körperlichen Möglichkeiten besteht meines Erachtens keinerlei Veranlassung, an ihrer vollen Leistungsfähigkeit als Fachkraft zu zweifeln. Nach meiner Erfahrung ist es in vergleichbaren Fällen durchaus gelungen, auch in anderen Fachbereichen, wie den Naturwissenschaften
etc., für Menschen mit Muskelerkrankungen hochwertige normale Arbeitsplätze zu finden. (...) Vor diesem Hintergrund ist für die Aufnahme von Frau ... in einen Bereich des ersten Arbeitsmarktes medizinisch eine günstige Prognose abzugeben. Wenn auch bestimmte Teilbereiche naturgemäß nicht für die Patientin in Betracht kommen, so verbleiben doch ausreichend große Tätigkeitsbereiche im Bereich der Jurisprudenz, auf der sie ihre hohe geistige Leistungsfähigkeit mit den entsprechenden Hilfsmitteln so gut wird einsetzen können, dass sie als vollwertige Arbeitskraft im 1. Arbeitsmarkt eine gute Chance haben sollte. Aus diesem Grund empfehlen wir auch dringlich, die staatliche Förderung, die während der Studienzeit erfolgreich die Qualifizierung der Patientin ermöglicht hat (Übernahme der Kosten für die Taxifahrt sowie die Kosten für einen blindengerechten Computer mit Braille-Zeile
etc.), jetzt während der Referendarzeit auch fortzusetzen, um nicht den erfolgreichen Ausbildungsweg der hochmotivierten Juristin vorzeitig unmöglich zu machen."
Unter dem 15. Oktober 2004 stellte die Antragstellerin - unter Vorlage des o.g. Attests von
Prof. Dr. med. T. N. - einen Antrag auf Rehabilitationsleistungen zur Durchführung des Referendariats und des Zweiten Juristischen Staatsexamens beim Integrationsamt des Antragsgegners (Regierung ...). Am ... Oktober 2004 sei ihren Eltern (in Vertretung für sie) das Ergebnis der von der Beigeladenen in Auftrag gegebenen medizinischen Begutachtung bekannt gegeben worden. Die für sie negative gutachterliche Äußerung (
Dr. med.
S.) stütze sich allein auf eine Internetrecherche zum Krankheitsverlauf, habe neuere medizinische Beurteilungen von Ärzten unberücksichtigt gelassen und sei ohne persönlichen Kontakt zu ihr erstellt worden. Sie bitte daher den Antragsgegner, die für ihre Tätigkeit als Referendarin notwendigen Hilfen (Kosten für Internetnutzung und juristische Datenbanken, Software, personelle Hilfe bei der Arbeit, Taxikosten für Fahrten zur Ausbildung) nach dem Neunten Buch des Sozialgesetzbuchs (
SGB IX) zu gewähren. Sie sei der festen Überzeugung, dass sie mit dem Zweiten Juristischen Staatsexamen eine berufliche Tätigkeit erlange. In ihrer Situation bestehe in der selbständigen Anwaltstätigkeit die größte Chance, einen Beruf auszuüben, zumal sie dann im häuslichen Umfeld arbeiten könne, das auf ihre Behinderung eingerichtet sei.
Mit Schreiben vom 18. Oktober 2004 leitete der Antragsgegner den Antrag "
gem. § 14 SGB IX" an die Beigeladene weiter, mit der Begründung, dass Letztere
gem. § 33 Abs. 3 Nrn. 1, 4 und 6 SGB IX zuständiger Rehabilitationsträger sei. Mit Schreiben desselben Tages wurde dies auch der Antragstellerin mitgeteilt.
Mit Bescheid vom 2. November 2004 lehnte die Beigeladene den Förderungsantrag der Antragstellerin auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben ab. Zwar lägen bei ihr die Voraussetzungen
gem. § 19 SGB III,
§ 2 Abs. 1 SGB IX vor. Auch unabhängig vom Ergebnis einer Begutachtung durch den Ärztlichen Dienst der Beigeladenen, bei der festgestellt werden müsste, ob die Antragstellerin aus arbeitsmedizinischer Sicht dauerhaft auf dem ersten Arbeitsmarkt eingegliedert werden könne und ob sie durch das Referendariat mit anschließendem 2. Staatsexamen ihre Aussichten, dauerhaft beruflich eingegliedert zu werden, verbessere (§ 33
Abs. 1
SGB IX i.V. mit
§ 97 Abs. 1 und 2 SGB III), müsse der Antrag abgelehnt werden. Die Regelungen des Gesetzes zur Sicherung des juristischen Vorbereitungsdienstes sowie die Ausbildungs- und Prüfungsordnung für Juristen stellten in fast allen Bereichen einen Bezug zu beamtenrechtlichen Vorschriften her. Zudem schließe das Referendariat mit dem 2. Staatsexamen ab; förderungsfähig seien allerdings nur Erstausbildungen (
§ 60 SGB III), die mit Prüfungen im Rahmen des Berufsbildungsgesetzes, der Handwerksordnung oder des Seemannsgesetzes endeten. Im Rahmen der Weiterbildung könnten außerdem auch Maßnahmen gefördert werden, die - vom vorherigen Grundsatz abweichend - mit Prüfungen nach den Ausbildungsordnungen für staatlich anerkannte Ausbildungsberufe endeten oder bei denen die Qualifizierung in Sonderformen für behinderte Menschen durchgeführt werde. Hiervon treffe vorliegend keine der genannten Möglichkeiten zu.
Mit Schreiben vom 4. November 2004 bat die Antragstellerin unter Bezugnahme auf "den Antrag auf Rehabilitationsleistungen", der von ihrem Arbeitgeber, dem
OLG M., vormals gestellt worden sei, das Integrationsamt nochmals, angesichts der nicht gegebenen Zuständigkeit der Beigeladenen unverzüglich "begleitende Hilfen im Arbeitsleben" zu gewähren. Sie arbeite bereits seit vier Wochen beim
OLG M. und erhalte keinerlei Hilfe. Sie müsse täglich mit öffentlichen Verkehrsmitteln zur Arbeitsstelle fahren und werde einem hohen, bei ihrer Grunderkrankung lebensgefährlichen Infektionsrisiko ausgesetzt.
Auch dieses Schreiben leitete der Antragsgegner unter dem 12. November 2004 unter Berufung auf § 14
SGB IX an die Beigeladene weiter. Da im Falle einer Kostenübernahme durch die Beigeladene bestimmte Leistungen durch das Integrationsamt auszuführen seien, werde um eine Bestätigung der Kostenübernahme gebeten.
Mit Schreiben vom 17. November 2004 an den Antragsgegner verweigerte die Beigeladene die Bestätigung der Kostenübernahme.
Gegen den ablehnenden Bescheid der Beigeladenen vom 2. November 2004 legte die Antragstellerin mit Schreiben vom 1. Dezember 2004 Widerspruch ein.
Nach zwischenzeitlicher wiederholter Korrespondenz mit dem Bevollmächtigten der Antragstellerin teilte der Antragsgegner diesem unter dem 17. Februar 2005 die Absicht mit, den Antrag auf begleitende Hilfen im Arbeitsleben abzulehnen. In § 14
SGB IX sei geregelt, dass der zweitangegangene Träger - dies sei aufgrund der Weiterleitung des Antrags vorliegend die Beigeladene - über den Antrag im Rahmen seiner Leistungsgesetze entscheiden müsse. Für den Fall eines bestehenden Rehabilitationsbedarfes habe der zweitangegangene Träger die Leistungen durchzuführen, auch wenn er sich für unzuständig halte.
Mit einem am 21. März 2005 beim Bayerischen Verwaltungsgericht München eingegangenen Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 18. März 2005 ersucht die Antragstellerin um vorläufigen Rechtsschutz. Sie beantragte zunächst,
den Antragsgegner zu verpflichten, ihr vorläufig begleitende Hilfe im Arbeitsleben zu bewilligen.
Ferner beantragte sie,
ihr Prozesskostenhilfe zu bewilligen und ihr Rechtsanwalt
Dr. M., M., beizuordnen.
Auf gerichtlichen Hinweis konkretisierte die Antragstellerin mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 17. Mai 2005 ihren Eilantrag (Bl. 63 der Gerichtsakten) und beantragt,
den Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123
VwGO zu verpflichten, für den Zeitraum vom ... März 2005 bis ... Juli 2005 die Kosten ihrer Arbeitsassistenz im Umfang von 517 Stunden zu einem Stundensatz von 9,54
EUR sowie die Kosten für Taxifahrten i.H. von 70,-
EUR für die Fahrten zu der Arbeitsgemeinschaft in der K.-straße ... (M.) und i.H. von 50,-
EUR in die D.-straße ... (M.) zu übernehmen.
Aufgrund ihrer Schwerbehinderung benötige sie die beantragten Hilfen. Ihr Arbeitsplatz falle unter
§ 73 Abs. 1 SGB IX. Der mit 9,54
EUR angesetzte Satz für eine Stunde Arbeitsassistenz entspreche dem derzeit gültigen Vergütungssatz der ...stadt M. für Laienhelfer. Hinsichtlich der Taxikosten sei von einer Ermessensreduzierung auf Null auszugehen. Ohne Beförderung mit dem Taxi würde ihr gesetzlich bestehender Anspruch auf Arbeitsassistenz leer laufen und die erfolgreiche Absolvierung der Referendarzeit wäre gefährdet. Ein vorrangiger Leistungsträger stehe nicht zur Verfügung. Soweit sich die Beigeladene darauf berufe, dass der juristische Vorbereitungsdienst nicht zu den nach dem
SGB III zu fördernden Ausbildungen rechne, da er nicht zu den Ausbildungen im Rahmen des Berufsbildungsgesetzes oder der Handwerksordnung gehöre, stehe fest, dass die Beigeladene nicht als vorrangiger Rehabilitationsträger eintrete. Rein vorsorglich werde der Anspruch gegenüber dem Antragsgegner auch auf § 43
Abs. 1
SGB I gestützt. Der Antrag auf Übernahme technischer Hilfsmittel werde im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens nicht mehr aufrecht erhalten.
Mit dem Eilantrag vom 18. März 2005 legte die Antragstellerseite ein ärztliches Attest von
Dr. med. K. R., Klinikum der Universität M. vom ... Dezember 2004 vor (Bl. 6 der Gerichtsakten), in dem es über die Antragstellerin u.a. wörtlich heißt:
"(...) Bisher wurde keine Kostenübernahme für eine Einzelbeförderung mittels Pkw/Taxi genehmigt, so dass sie für Fahrten zum Arbeitsplatz und zurück bisher öffentliche Verkehrsmittel benutzen muss. Aufgrund ihrer Erkrankung stellen auch banale virale Infektionen des Respirationstraktes ein relevantes Risiko im Sinne einer Verschlechterung der Beatmungssituation dar. In öffentlichen Verkehrsmitteln ist die Ansteckungsgefahr deutlich erhöht. Da es in öffentlichen Verkehrsmitteln keine für eine aktive Befeuchtung nutzbare Stromquelle gibt, kann lediglich ein passiver Befeuchtungsfilter verwendet werden. Die Befeuchtung ist (...) in der kalten Jahreszeit ungenügend, ebenso kommt es zu einer Auskühlung der Patientin. Auch dies führt zu einer relevanten gesundheitlichen Gefährdung der Patientin. Die erwartbare Folge der hohen Infektionsexposition, der ungenügenden Befeuchtung und der Auskühlung der Patientin sind Infektion der Atemwege, bei tracheotomierten Patienten auch relevant häufiger Infektionen der tiefen Atemwege sowie eine Verschlechterung der Beatmungssituation. Dies trägt das Risiko häufigerer stat. Aufenthalte mit sich, da eine Adjustierung der Beatmung im Infekt stationär durchgeführt werden muss. Eine Einzelbeförderung im Taxi reduziert deutlich das Infektionsrisiko, zudem steht hier eine Stromquelle zur Verfügung, die die Betreibung der aktiven Befeuchtung mit Anwärmung ermöglicht. (...)"
Mit Schreiben vom 17. Mai 2005 legte die Antragstellerseite eine Taxirechnung des Taxiunternehmens H. F. vom ... Dezember 2004 vor, aus der hervorgeht, dass Taxifahrten von der Wohnadresse der Antragstellerin zur K.-strasse ... (Arbeitsgemeinschaft für Rechtsreferendare) jeweils hin und zurück 70,-
EUR und zur D.-strasse ... (Landgericht M.) jeweils hin und zurück 50,-
EUR kosten.
Ebenso legte die Antragstellerseite hinsichtlich des vorgetragenen Umfangs von Arbeitsassistenz i.H. von 517 Stunden mit dem Schreiben vom 17. Mai 2005 eine Übersicht (Bl. 65 f. der Gerichtsakten) über die Unterrichtsstunden der Antragstellerin (Arbeitsgemeinschaften für Rechtsreferendare) inklusive Fahrtzeiten für die Zeit vom ... März 2005 bis ... Juli 2005 vor. Hieraus ergibt sich u.a., dass im streitgegenständlichen Zeitraum 43 Arbeitsgemeinschaften in der K.-strasse ... vorgesehen sind. Hinzu kämen als "Zusatzaufwendungen" für Arbeitsassistenz (unter Auflistung im Einzelnen): Wahrnehmung von insgesamt sieben Terminen beim Ausbilder (Landgericht M...., inklusive Fahrtzeit), häusliche Nacharbeit pro Arbeitsgemeinschaft, Aktenarbeiten für den Ausbilder (Scann- und Tipparbeit sowie Anfertigung von Urteilen). Auf diese Übersicht wird hier hinsichtlich der Einzelheiten Bezug genommen.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Die Schreiben des Oberlandesgerichts M. vom Juli/August 2004 seien keine Anträge auf Leistungen in Vertretung für die der Antragstellerin gewesen, sondern bloße "Vorabinformation". Aufgrund der Informationen des
OLG M. sei zur Beigeladenen Kontakt aufgenommen worden, um zu klären, ob diese als Rehabilitationsträger Leistungen erbringen könne, nachdem Rechtsreferendare in Bayern keine Beamten auf Widerruf mehr seien, sondern in einem - wenn auch öffentlich-rechtlichen - Ausbildungsverhältnis stünden. Von der Beigeladenen sei dies zunächst bejaht worden. Aus diesem Grund habe die Beigeladene einen entsprechenden Rehabilitationsantragsvordruck für die Antragstellerin an das Integrationsamt übersandt. Im vorliegenden Fall müsse die Beigeladene vorrangig Leistungen erbringen, weswegen weitere Anträge der Antragstellerin vom Antragsgegner an die Beigeladene weitergeleitet worden seien. Spätestens mit der Weiterleitung des Antrags vom 4. November 2004 habe die Beigeladene als zweitangegangener Rehabilitationsträger nach § 14
SGB IX Leistungen erbringen müssen. Im Übrigen werde im Hinblick auf die Gewährung von Leistungen nach § 102
Abs. 3
SGB IX auf die Vollzugshinweise im Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums für Arbeit, Familie und Sozialordnung vom 26. August 1992 (
Nr. IV 3/1521/5192
bzw. IV 3/5351/5192) Bezug genommen (
vgl. Bl. 71
ff. der
Gerichtsakten) . Bei Vorliegen der Voraussetzungen für die Übernahme von Taxikosten nach der
SchwbAV und der Kraftfahrzeughilfe-Verordnung werde ein vom Betroffenen selbst zu tragender Eigenanteil in Ansatz gebracht, der (so eine dem Schriftsatz vom 19. Mai 2005 beigefügte, ab 1. Januar 2004 geltende "Leistungstabelle bei Inanspruchnahme von Beförderungsleistungen", Bl. 84, 100 der Gerichtsakten) bei einem monatlichen Gehalt von bis zu 970,-
EUR insgesamt monatlich 18,-
EUR betrage. Beim Integrationsamt der Regierung ... seien bislang keine vergleichbaren Fälle (beantragte Leistungen für Rechtsreferendare mit ähnlichen Behinderungen) aufgetreten, sodass keine entsprechende Bewilligungspraxis bestehe.
Mit Schreiben vom 11. Mai 2005 nahm die Beigeladene zum Eilantrag Stellung. Das Referendariat sei als Ausbildung anzusehen, die nicht zu den in § 60
SGB III abschließend aufgezählten Arten einer förderungsfähigen beruflichen Ausbildung i.
S. des
SGB III rechne. Es bestehe daher keine Zuständigkeit der Beigeladenen zur Gewährungen von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben.
Bezüglich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogene Behördenakte verwiesen.
II.
Der Eilantrag ist im Zusammenlesen mit der dem Gericht vorgelegten Übersicht über Arbeitsgemeinschaften
etc. (Bl. 65 f. der Gerichtsakten)
gem. § 88 der Verwaltungsgerichtsordnung -
VwGO - dahin zu verstehen, dass die Antragstellerin für den Zeitraum ... März 2005 bis ... Juli 2005 eine Verpflichtung des Antragsgegners zur vorläufigen Übernahme der Kosten von insgesamt 517 Arbeitsassistenzstunden zu einem Stundensatz von 9,54
EUR sowie der Taxikosten für bis zu 43 Fahrten zur K.strasse ... sowie bis zu 7 Fahrten zur D.strasse ... zum Zwecke der Wahrnehmung von Terminen beim persönlichen Ausbilder (R., Landgericht M.) begehrt.
Der so zu verstehende Antrag ist zulässig. Insbesondere ist der Verwaltungsrechtswegs
gem. § 40
Abs. 1
VwGO eröffnet, da auch nach der neuen, erweiterten Fassung des § 51 des Sozialgerichtsgesetzes -
SGG - für Rechtsstreitigkeiten aus dem Bereich der begleitenden Hilfe im Arbeitsleben
gem. § 102 SGB IX keine Zuständigkeit der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit begründet wurde.
Der Antrag ist auch überwiegend begründet.
Eine einstweilige Anordnung nach § 123
VwGO darf nur ergehen, wenn dies zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Die Antragstellerin hat demnach sowohl die Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung, den sog. Anordnungsgrund, als auch das Bestehen eines zu sichernden Rechts, den sog. Anordnungsanspruch, glaubhaft zu machen (§ 123
VwGO i.V.m. § 920
Abs. 2
ZPO). Maßgebend sind die rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts.
1. Die Antragstellerin hat im Umfang von Ziffer I. des Entscheidungsausspruchs einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Sie vermag die hier streitgegenständlichen kostenintensiven Maßnahmen (Arbeitsassistenz, Taxifahrten zu den Arbeitsgemeinschaften
bzw. zum Ausbilder) nicht von ihrem Referendariatsgehalt und ihrem (ohnehin anderen Zwecken dienenden) Pflegegeld zu begleichen. Ohne die hier von der Antragstellerin - ausdrücklich ab dem ... März 2005 (Tag der Antragstellung bei Gericht) - begehrte Kostenübernahme wäre zu befürchten, dass sie ihr Rechtsreferendariat nicht weiter durchführen könnte. Dies würde für die Antragstellerin aufgrund ihres dem Grunde nach zwischen den Parteien nicht umstrittenen Hilfebedarfs zu schweren und nicht hinnehmbaren Nachteilen führen. Die Antragstellerin vermochte daher hinreichend glaubhaft zu machen, dass ihr wesentliche Nachteile entstehen, wenn sie die in diesem Eilverfahren begehrten Leistungen nicht sofort erhält.
2. Die Antragstellerin hat für ihr Begehren auch einen Anordnungsanspruch auf begleitende Hilfe im Arbeitsleben
gem. § 102
Abs. 1
Nr. 3,
Abs. 4 des Neunten Sozialgesetzbuchs -
SGB IX - i.V. mit
§ 17 Abs. 1a der Schwerbehinderten-Ausgleichsabgabeverordnung -
SchwbAV - (hinsichtlich der begehrten Arbeitsassistenz) sowie
gem. § 102
Abs. 1
Nr. 3,
Abs. 3 Satz
Nr. 1 b)
SGB IX i.V. mit §§ 17
Abs. 1 Satz 1
Nr. 1 lit. b),
20 SchwbAV,
§ 9 Abs. 1 Satz 2 der Kraftfahrzeughilfe-Verordnung - KfzHV - (hinsichtlich der begehrten Übernahme von Taxikosten für Fahrten zu Arbeitsgemeinschaften und zum Ausbilder) glaubhaft gemacht. Glaubhaft machen heißt, dass bei der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren erforderlichen aber auch ausreichenden summarischen Überprüfung der Sach- und Rechtslage überwiegend wahrscheinlich ist, dass die Voraussetzungen für einen Anspruch gegeben sind.
a) Eine nach
§ 18 Abs. 1 SchwbAV anspruchsausschließende vorrangige Leistungszuständigkeit der Beigeladenen
gem. §§ 97
ff., 60
SGB III i.V. mit
§ 33 SGB IX (
vgl. VG Meiningen v. 18.9.2003, Behindertenrecht 2004, 85 [86]) für Rehabilitationsleistungen besteht nicht, sodass es vorliegend nicht auf die Frage ankommt, ob der Antragsgegner auch über
§ 14 SGB IX oder als erstangegangener Rechtsträger über § 43
SGB I (vorläufig) für die begehrten Leistungen zuständig wäre. Nach
§ 60 Abs. 1 SGB III ist eine berufliche Ausbildung nach dem
SGB III - über
§ 99 SGB III auch für behinderte Menschen - nur förderungsfähig, wenn sie in einem nach dem Berufsbildungsgesetz (
BBiG), der Handwerksordnung oder dem Seemannsgesetz staatlich anerkannten Ausbildungsberuf betrieblich oder außerbetrieblich durchgeführt wird und der dafür vorgeschriebene Berufsausbildungsvertrag abgeschlossen worden ist. Die Rechtsreferendarausbildung fällt nicht hierunter. Insbesondere handelt es sich nicht um einen nach dem
BBiG anerkannten Ausbildungsberuf, denn § 3
Abs. 2
Nr. 2
BBiG n.F. (Geltung seit 1. April 2005) = § 2
Abs. 2
Nr. 1
BBiG a.F. regelt ausdrücklich, dass das
BBiG nicht für die Berufsbildung in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis gilt. Damit sind auch Berufsausbildungen in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis nicht nach dem
SGB III förderungsfähig (Stratmann, in: Niesel [Hrsg.],
SGB III, 3. Aufl. 2005, § 60, Rn. 4; Petzold, in: Hauk/Noftz,
SGB III, Stand: Februar 2005, § 60, Rn. 4). In einem solchen öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis stehen neben Anwärtern und Beamten auf Widerruf auch Rechtsreferendare. Auch wenn Rechtsreferendare in Bayern nicht mehr den Status von Beamten tragen, so bestimmt doch § 46
Abs. 2 der Bayerischen Ausbildungs- und Prüfungsordnung für Juristen (JAPO) ebenso wie
Art. 2 des Gesetzes zur Sicherung des juristischen Vorbereitungsdienstes (SiGjurVD), dass die Bewerber mit der Aufnahme in den Vorbereitungsdienst durch Aushändigung einer Bestellungsurkunde - und damit nicht etwa durch den Abschluss eines Ausbildungsvertrags - in ein öffentlich-rechtliches Ausbildungsverhältnis berufen werden, zumal die inhaltliche Ausgestaltung des Referendariats über
Art. 2
Abs. 2 SiGjurVD in vielen Bereichen einem Beamtenverhältnis auf Widerruf angenähert ist.
b) Auch das Rechtsreferendariat ist grundsätzlich nach Maßgabe von § 102
Abs. 3 und 4
SGB IX förderungsfähig, da
§ 73 Abs. 1 SGB IX ausdrücklich als förderungsfähigen Arbeitsplatz auch solche Stellen ansieht, "auf denen (...) Auszubildende und andere zu ihrer beruflichen Bildung Eingestellte beschäftigt werden" (
vgl. auch
Nr. 2.5 der "Empfehlungen der Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrationsämter und Hauptfürsorgestellen [BIH] für die Erbringung finanzieller Leistungen zur Arbeitsassistenz schwerbehinderter Menschen gemäß § 102
Abs. 4
SGB IX" [Stand: 01.06.2003]; s. im Grundsatz auch
VG Augsburg v. 14.2.2002, Az.: AN 14 K 01.01771).
c) Der Anspruch auf Kostenübernahme für eine Arbeitsassistenz ist nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Antragstellerin nicht die körperlichen Voraussetzungen für ihren Arbeitsplatz erfüllt.
Ein auf § 102
Abs. 3 und 4
SGB IX gestützter Anspruch auf begleitende Hilfe im Arbeitsleben besteht grundsätzlich nur, wenn der schwerbehinderte Mensch nur für bestimmte Teile seiner Arbeit begleitende Hilfe benötigt, im Übrigen aber die Anforderungen an die Stelle erfüllt. Der Betroffene muss also in der Lage sein, den das Beschäftigungsverhältnis inhaltlich prägenden Kernbereich seiner Tätigkeit selbständig zu erfüllen (Schorn, in: Müller-Wenner/Schorn,
SGB IX - Teil 2, 2003, § 102, Rn. 34; Knittel,
SGB IX, § 102, Rn. 44). Voraussetzung für eine Förderung aus Mitteln der Ausgleichsabgabe ist mithin, dass der Betroffene auch über die für die Ausübung der Tätigkeit erforderlichen körperlichen Voraussetzungen verfügt (Seidel, in: Hauck/Noftz,
SGB IX, § 102, Rn. 44a). Allerdings ist vorliegend - womöglich anders als im Rahmen von Rehabilitationsleistungen der Bundesanstalt für Arbeit nach Maßgabe von §§ 97
ff., 60
SGB III i.V. mit § 33
SGB IX - nicht darauf abzustellen, ob die Antragstellerin zu dem von ihr für die Zeit nach Abschluss des Referendariats einmal angestrebten Beruf als Rechtsanwältin die körperlichen Voraussetzungen erfüllt. Insofern sieht es die Kammer als unerheblich an, dass das Berufsziel der Antragstellerin, einmal als Rechtsanwältin arbeiten zu können, in der für die Beigeladene erstellten gutachterlichen Äußerung von
Dr. med.
S. vom ... September 2004 nicht als realisierbar bewertet wird. Die Kammer sieht es vielmehr als entscheidend an, ob der derzeit bestehende Arbeitsplatz, nämlich das Rechtsreferendariat als solches, - wenngleich mit ergänzenden Unterstützungsmaßnahmen - körperlich von der Antragstellerin bewältigt zu werden vermag. Dies erscheint der Kammer nach der im Eilverfahren
gem. § 123
VwGO gebotenen, aber auch ausreichenden summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage überwiegend wahrscheinlich.
Aufgrund der vorgelegten ärztlichen Stellungnahmen vom ... September 2004 (
Dr. M. F. sowie
Prof. Dr. med. T. N.) sowie auch aufgrund der Schreiben des Referats VI der Präsidentin des Oberlandesgerichts M. vom 30. Juli 2004 und vom 9. August 2004 kann davon ausgegangen werden, dass die Antragstellerin, die - trotz ihrer erheblichen körperlichen Behinderung - ihr Jurastudium mit dem Bestehen des Ersten Staatsexamens erfolgreich zu absolvieren vermochte, jedenfalls derzeit unter der Voraussetzung des Erhalts bestimmter Hilfen grundsätzlich die Kerntätigkeiten einer Rechtsreferendarin zu erfüllen im Stande ist.
d) Im Gegensatz zur Ermessensnorm des § 102
Abs. 3
SGB IX - hierzu s.u. sub e) - normiert
§ 102 Abs. 4 SGB IX i.V. mit
§ 17 Abs. 1a SchwbAV einen gesetzlichen Anspruch auf Arbeitsassistenz , soweit die tatbestandlichen Leistungsvoraussetzungen erfüllt sind. Arbeitsassistenz in diesem Sinne ist die über gelegentliche Handreichungen hinausgehende, zeitlich wie tätigkeitsbezogen regelmäßig wiederkehrende Unterstützung von schwerbehinderten Menschen bei der Ausübung ihres Berufs in Form einer von ihnen selbst beauftragten persönlichen Arbeitskraft zur Erlangung oder Erhaltung eines Arbeitsplatzes (
VG Stade v. 25.6.2003, NVwZ-RR 2003, 761 [762]). Es handelt sich hinsichtlich der Gewährung der Kostenübernahme für eine Arbeitsassistenz im notwendigen Umfang um eine gebundene Entscheidung. Ermessenserwägungen, auch zur Frage einer betragsmäßigen Begrenzung, spielen nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut keine Rolle (
VG Schleswig v. 27.08.2003, Behindertenrecht 2004, 111 [112 f.];
VG Stade v. 25.06.2003, NVwZ-RR 2003, 761 f.;
VG Halle v. 29.11.2001, Behindertenrecht 2003, 195; Seidel, in: Hauck/Noftz,
SGB IX, § 102, Rn. 59; Schorn, in: Müller-Wenner/Schorn,
SGB IX - Teil 2, 2003, § 102, Rn. 31; einschränkend
OVG Bremen v. 15.10.2003, FEVS 55, 334
ff.).
Die Antragstellerin hat auch glaubhaft gemacht, dass die von ihr begehrte Arbeitsassistenz im beantragten - und hier auch entsprechend tenorierten - Umfang notwendig i.
S. von § 102
Abs. 4
SGB IX, § 17
Abs. 1a
SchwbAV ist. Im Hinblick auf die insofern im Gesetzeswortlaut bestehende Einschränkung beschränkt sich der Kostenübernahmeanspruch auf den Umfang der Assistententätigkeit, der aufgrund der Behinderung des schwerbehinderten Menschen - also zum Ausgleich behinderungsbedingter Nachteile im Arbeitsleben - erforderlich ist (zu den Maßstäben
vgl. z.B. VG Stade v. 25.6.2003, NVwZ-RR 2003, 761 [762];
VG Schleswig v. 27.8.2003, Behindertenrecht 2004, 111 [113]). Gemessen hieran erscheint es für die Kammer nicht zweifelhaft, dass die Antragstellerin zur Kompensation ihrer Blindheit und Muskelschwäche eine Arbeitsassistenz während der Arbeitsgemeinschaft und den Ausbilderterminen inklusive Begleitung auf dem Weg dorthin sowie zur häuslichen Aufarbeitung des Stoffes und zur Aktenarbeit für den Ausbilder benötigt (Diktier-, Scann- und Tipparbeiten). Die von der Antragstellerin vorgelegte Stundenliste hinsichtlich der Arbeitsgemeinschafts- und Ausbildertermine sowie hinsichtlich des Aufwands für die häusliche Arbeit erscheint der Kammer - nicht zuletzt aufgrund der Erfahrung aus der eigenen juristischen Ausbildung sowie aufgrund der Erfahrungen mit der Ausbildung von Rechtsreferendaren - plausibel. Es erscheint der Kammer daher nach der im Verfahren nach § 123
VwGO gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage überwiegend wahrscheinlich, dass der insgesamt für den hier streitgegenständlichen Zeitraum ... März 2005 bis ... Juli 2005 angegebene Stundenaufwand i.H. von 517 Stunden dem für die Arbeitsplatzassistenz i.
S. von § 102
Abs. 4
SGB IX, § 17
Abs. 1a
SchwbAV notwendigen Aufwand entspricht. Auch der angegebene Stundensatz von 9,54
EUR erscheint in summarischer Prüfung im Hinblick auf die Anlehnung an den von der Sozialhilfeverwaltung der ...stadt M. angewendeten Stundensatzes für Laienhelfer angemessen.
e) Die Antragstellerin hat auch einen Anordnungsanspruch bezüglich der begehrten Übernahme von Taxikosten nach Maßgabe von § 102
Abs. 3 Satz 1
Nr. 1 lit. b)
SGB IX, §§ 17
Abs. 1 Satz 1
Nr. 1 lit. b), 20
SchwbAV i.V. mit § 9
Abs. 1 Satz 2 Kraftfahrzeughilfe-VO (
KfzHV) - allerdings nur unter Anrechnung eines Eigenanteils von 18,-
EUR monatlich - glaubhaft gemacht.
aa) Der - hier über § 102
Abs. 3 Satz 1
Nr. 1 lit. b)
SGB IX, §§ 17
Abs. 1 Satz 1
Nr. 1 lit. b), 20
SchwbAV - zur Anwendung kommende § 9
Abs. 1 Satz 2
KfzHV stellt eine Spezialvorschrift zu Gunsten von Behinderten dar, die die Merkmale des § 9
Abs. 1 Satz 2 Nr 1 und 2
KfzHV aufweisen und denen deshalb die sonst nicht vorgesehene Leistung eines Zuschusses zu den Kosten der Beförderung durch einen Beförderungsdienst eröffnet wird. Die Voraussetzungen des § 9
Abs. 1 Satz 2
KfzHV sind hier nach der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage gegeben. Die Antragstellerin vermag aufgrund ihrer schweren Behinderung nicht selbst ein Kraftfahrzeug führen. Es ist auch nicht ersichtlich, dass ein Dritter ein (
ggf. nach der
KfzHV zu bezuschussendes) Kraftfahrzeug für sie führen könnte. Ein Zuschuss zugunsten der Antragstellerin für die Beförderung zur Arbeit (Arbeitsgemeinschaften und Ausbildertermine im Rahmen des Referendariats) durch einen Beförderungsdienst erscheint daher zur Wahrnehmung ihrer derzeitigen beruflichen Tätigkeit als Rechtsreferendarin unumgänglich. Auch die Beförderung durch ein Taxiunternehmen stellt eine Beförderung durch einen Beförderungsdienst i.
S. von § 9
Abs. 1 Satz 2
KfzHV dar (BayLSG v. 12.7.2001, Az:
L 9 AL 140/00 sowie im Nachgang
BSG v. 20.2.2002, Az.:
B 11 AL 60/01 R). Die Voraussetzungen für die Förderung liegen demnach dem Grunde nach vor.
bb) Finanzielle Leistungen zum Erreichen des Arbeitsplatzes als begleitende Hilfe im Arbeitsleben sind
gem. § 102
Abs. 3 Satz 1,
§ 18 Abs. 2 SchwbAV - im Gegensatz zur Sonderregelung des § 102
Abs. 4
SGB IX bezüglich der Arbeitsassistenz (s.o.) - gesetzlich als Ermessensleistungen vorgesehen (
VG Ansbach v. 14.2.2002, Az.: AN 14 K 01.01771;
VG Schleswig v. 27.8.2003, Behindertenrecht 2004, 111 [112 f.]; Schorn, in: Müller-Wenner/Schorn,
SGB IX - Teil 2, 2003, § 102, Rn. 5; Knittel,
SGB IX, § 102, Rn. 17b), d.h. auf Leistungen der begleitenden Hilfe im Arbeitsleben besteht im Regelfall kein Rechtsanspruch, sondern nur ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung, § 39
Abs. 1
SGB I, wenn die begehrten Leistungen die berufliche Eingliederung ermöglichen, erleichtern oder sichern können. Die Kammer geht jedoch nach der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung aufgrund der hier vorliegenden besonderen Umstände von einer sog. Ermessensreduzierung auf Null zugunsten der Antragstellerin aus. In der Literatur wird in Ausnahmefällen eine Ermessensreduzierung anerkannt, wenn sich eine konkrete Maßnahme der begleitenden Hilfe im Arbeitsleben als zwingend erforderlich erweist, um einen behindertengerechten Arbeitsplatz i.
S. von § 102
Abs. 2 Satz 2
SGB IX zu sichern (Schorn, in: Müller-Wenner/Schorn,
SGB IX - Teil 2, 2003, § 102, Rn. 6; Knittel,
SGB IX, § 102, Rn. 17b, 25).
Hiervon ist im vorliegenden Fall auszugehen. Denn in dem von der Antragstellerseite vorgelegten ärztlichen Attest von
Dr. med. K. R... vom ... Dezember 2004 (Bl. 6 der Gerichtsakten), wird ausführlich und für die Kammer nachvollziehbar dargelegt, dass die Antragstellerin im Hinblick auf ihre Grunderkrankung zur Gewährleistung einer möglichst optimalen Beatmungssituation auf die Beförderung per Taxi angewiesen ist, um - ohne gesundheitliche Zusatzrisiken - an Arbeitsgemeinschafts- und Ausbilderterminen teilnehmen zu können. Ohne diese Beförderungsmaßnahme wäre mithin eine Beschäftigung der Antragstellerin als Referendarin aus medizinischer Sicht nicht möglich
bzw. nicht vertretbar. Insbesondere kann sie nach dem vorgenannten Attest zur Gewährleistung des Funktionierens ihrer Beatmungsapparaturen nicht auf die Benutzung billigerer öffentlicher Verkehrsmittel verwiesen werden. Unter Berücksichtigung der in § 102
Abs. 2 Satz 2
SGB IX definierten gesetzlichen Ziele der begleitenden Hilfe im Arbeitsleben sowie verfassungsrechtlicher Wertungen aus
Art. 2
Abs. 2 Satz 1,
Art. 3
Abs. 3 Satz 2
GG erscheint daher die Versagung eines Zuschusses für Beförderungskosten gemäß § 102
Abs. 3 Satz 1
Nr. 1 lit. b)
SGB IX, §§ 17
Abs. 1 Satz 1
Nr. 1 lit. b), 20
SchwbAV i.V. mit § 9
Abs. 1 Satz 2
KfzHV in jedem Falle ermessensfehlerhaft, sodass aufgrund einer Ermessensreduzierung auf Null von einem Förderungsanspruch jedenfalls dem Grunde nach auszugehen ist.
cc) Auch soweit im Rahmen des Rehabilitationsrechts ein Anspruch auf Kraftfahrzeughilfe besteht, ist dieser der Höhe nach vom pflichtgemäßen Ermessen des Rehabilitationsträgers abhängig, wobei der 2. Halbsatz des § 9
Abs. 1 Satz 2 i.V mit
§ 6 KfzHV Grenzen vorgibt (
BSG v. 20.2.2002, Az.: B 11 AL 60/01 R). Im Rahmen der Ausfüllung dieses Ermessens ist maßgeblich zu berücksichtigen, dass auch nicht behinderte Arbeitnehmer grundsätzlich Kosten für den Weg zur Arbeit selbst aufzubringen haben (so
z.B. im Falle der Nutzung eines eigenen
Kfz die laufenden Kosten für dessen Betrieb und Unterhaltung sowie Reparaturkosten). Dabei kann dieses Ermessen durch pauschalierende interne Regelungen für den Verwaltungsvollzug ausgefüllt werden (
BSG a.a.O.). Soweit der Leistungsträger eine solche pauschalierende Regelung getroffen hat, ist er nach den Grundsätzen der Selbstbindung der Verwaltung hieran grundsätzlich im Sinne einer Ermessensreduzierung gebunden. Die Kammer bringt insofern - unter Berücksichtigung
des Referendarsgehalts der Antragstellerin - einen Selbstbeteiligungsanteil der Antragstellerin von monatlich 18,-
EUR in Ansatz, wie er laut der vom Antragsgegner im vorliegenden Verfahren vorgelegten, ab 1. Januar 2004 geltenden "Leistungstabelle bei Inanspruchnahme
von Beförderungsleistungen" (Bl. 84, 100 der Gerichtsakten) bei einem monatlichen Gehalt von bis zu 970,-
EUR vorgesehen ist (zu einer anderen, für den schwerbehinderten Menschen i.E. ungünstigeren Pauschalierungsmöglichkeit
vgl. BSG a.a.O.; BayLSG v. 12.7.2001, Az:
L 9 AL 140/00;
LSG NRW v. 11.12.2000, Az.:
L 3 RA 26/99).
f) Schließlich sind - sowohl im Hinblick auf die begehrte Arbeitsassistenz als auch bezüglich der Taxikosten - auch die Voraussetzungen des § 18
Abs. 2
Nr. 1
SchwbAV im vorliegenden Fall erfüllt, weil ohne die begehrten, hier streitgegenständlichen Leistungen unter Berücksichtigung von Art und Schwere der Behinderung der Antragstellerin deren Teilhabe am Arbeits- und Berufsleben - hier: Durchführung des Rechtsreferendariats - gar nicht möglich wäre und damit gerade durch die Arbeitsassistenz sowie durch die Beförderung mittels Taxi ihre Teilhabe i.
S. des § 18
Abs. 2
Nr. 1
SchwbAV gesichert wird. Der Antragstellerin ist es auch nicht wegen des behinderungsbedingten Bedarfs zuzumuten, die erforderlichen Mittel selbst aufzubringen, § 18
Abs. 2
Nr. 2
SchwbAV (zu den diesbezüglichen Maßstäben auch
VG Stade v. 25.6.2003, NVwZ-RR 2003, 761 [762]).
3. Die Kostenentscheidung folgt, weil die Antragstellerin im vorliegenden Verfahren nur zu einem geringen Teil unterlegen ist, aus § 155
Abs. 1 Satz 2
VwGO. Da die Beigeladene keinen förmlichen Antrag gestellt und damit kein Kostenrisiko eingegangen ist, entsprach es nicht der Billigkeit, den Beteiligten insoweit, als sie zur Kostentragung verpflichtet sind, gemäß § 162
Abs. 3
VwGO auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen. Das Verfahren ist
gem. § 188 Satz 2
VwGO gerichtskostenfrei.
4. Der Antragstellerin war gemäß § 166
VwGO i.V.m. §§ 114
ff. ZPO Prozesskostenhilfe zu bewilligen, da ihre Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bot (s.o.) und sie nach Maßgabe ihrer glaubhaft gemachten persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht in der Lage ist, die Prozesskosten aus eigenem Einkommen und Vermögen aufzubringen. Die Kammer hat
dabei
gem. § 115
Abs. 1 Satz 1
Nr. 4
ZPO berücksichtigt, dass ihren Einkünften (Referendarsgehalt) monatliche, ihr Einkommen übersteigende behinderungsbedingte Belastungen gegenüberstehen, die sie bislang selbst zu tragen hat. Da auch die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich im Sinne von § 121
Abs. 2
ZPO erscheint, war auch die Beiordnung von Rechtsanwalt
Dr. M. auszusprechen.