Mit dem Einverständnis der Beteiligten konnte das Gericht gemäß § 101
Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (
VwGO) ohne Durchführung einer weiteren mündlichen Verhandlung entscheiden.
Soweit der Kläger die Verpflichtung des Beklagten zur Ablehnung des Antrages der Beigeladenen auf Zustimmung zu seiner Kündigung
bzw. im Hilfsantrag auf Verpflichtung zur Neubescheidung beantragt, ist die Klage nicht statthaft und damit unzulässig.
Gegen die Erteilung der Zustimmung zu seiner Kündigung kann sich der betroffene Arbeitnehmer nur im Wege der Anfechtungsklage zur Wehr setzen (
vgl. Lachwitz/Schellhorn, Welti, Handkommentar
SGB IX, 3. Auflage, § 85, Rn. 52, und § 88, Rn. 89, sowie den Wortlaut von § 88
Abs. 4: "Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Zustimmung des Integrationsamtes ..."). Bei der Erteilung der Zustimmung zur Kündigung handelt es sich um einen (den Arbeitgeber begünstigenden) Verwaltungsakt mit (den Arbeitnehmer belastender) Drittwirkung (Lachwitz und andere, a.a.O., § 88, Rn. 54). Der Kläger ist in dem vorangehenden Verwaltungsverfahren nicht Antragsteller, sondern Beteiligter, dem die Entscheidung, die das Verwaltungsverfahren abschließt, gemäß
§ 88 Abs. 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch (SGB) IX zuzustellen ist, da er durch die Regelung bei Erteilung der Zustimmung beschwert wird.
Eine Klage auf Verpflichtung zum Erlass eines bestimmten Verwaltungsaktes ist in der Regel dagegen nur statthaft, wenn der Kläger vorher bei der Behörde erfolglos einen entsprechenden Antrag gestellt hat. Eine Verpflichtungsklage ist daher im Zustimmungsverfahren nach
§§ 85 f. SGB IX grundsätzlich nur für den Arbeitgeber möglich. Dagegen ist die Anfechtungsklage auf Aufhebung des Verwaltungsaktes zu wählen, wenn der Kläger auf diesem Weg sein Ziel erreichen kann (Schoch, Schneider, Bier,
VwGO, § 42, Rn. 5), wie dies in der Regel bei einer Drittanfechtung der Fall ist. Mit der rechtskräftigen Aufhebung des Zustimmungsbescheides ist die Kündigung des Klägers unheilbar nichtig (§ 134 Bürgerliches Gesetzbuch -
BGB -).
Die Anfechtungsklage auf Aufhebung des Bescheides des Integrationsamtes vom .... November 2011 ist zulässig und begründet. Der angefochtene Bescheid ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, so dass er aufzuheben war (§ 113
Abs. 1 Satz 1
VwGO).
Der Kläger ist schwerbehindert im Sinne von
§ 2 Abs. 2 des Sozialgesetzbuches, IX. Buch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen -, (SGB IX). Damit bedarf die Kündigung seines Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber der vorherigen Zustimmung des Integrationsamtes. Das Integrationsamt trifft eine Ermessensentscheidung, bei der es die vom Arbeitgeber geltend gemachten Kündigungsgründe mit den Interessen des Arbeitnehmers abwägt. Die Abwägung ist an Sinn und Zweck des Sonderkündigungsschutzes für Schwerbehinderte auszurichten, d.h., sie nimmt für das Interesse des Schwerbehinderten, seinen Arbeitsplatz zu behalten, eine Einschränkung der Gestaltungsmöglichkeiten des Arbeitgebers in Kauf (
vgl. BayVGH, Urteil vom 5.10.2011, Az.:
12 B 10.2811 m.w.N., recherchiert in Juris). Vor dem Hintergrund, dass das Gesetz die Nachteile Schwerbehinderter auf dem Arbeitsmarkt ausgleichen will, bestehen besonders hohe Anforderungen an die Zumutbarkeit für den Arbeitgeber, wenn die Kündigung auf Gründen beruht, die ihre Ursache in der Behinderung haben. Andererseits sind die Anforderungen umso niedriger, je geringer der Zusammenhang zwischen Behinderung und Kündigungsgrund ist. Mit dem Sonderkündigungsschutz soll nur eine Angleichung der Schwerbehinderten an die nicht behinderten Arbeitnehmer erfolgen, nicht jedoch eine zusätzliche umfassende Kontrolle der Kündigung an sich. Daher hat das Integrationsamt auch nicht die arbeitsrechtlichen Gesichtspunkte zu berücksichtigen, wie etwa die Sozialwidrigkeit einer Kündigung, soll aber auch nicht an einer offensichtlich arbeitsrechtlich rechtswidrigen Kündigung mitwirken (BayVGH, a.a.O.).
Das Integrationsamt hat für seine Entscheidung, ausgehend vom Antrag des Arbeitgebers, alles zu ermitteln, was erforderlich ist, um die gegensätzlichen Interessen des Arbeitgebers und des betroffenen Arbeitnehmers angemessen berücksichtigen und sachgerecht gegeneinander abwägen zu können (
BVerwG, Urteil vom 19.10.1995, BVerwGE 99, 336).
Vom Gericht kann die Ermessensentscheidung im Rahmen des § 114
VwGO nur daraufhin überprüft werden, ob das Integrationsamt die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten hat, nicht alles in seine Erwägungen eingestellt und damit nicht in der dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise von seinem Ermessen Gebrauch gemacht hat oder ob das Integrationsamt sein Ermessen nicht erkannt oder gar nicht ausgeübt hat.
Maßgeblich für die Überprüfung ist dabei der Sachverhalt bis zum Zeitpunkt des Zuganges der Kündigung (BayVGH, Urteil vom 29.9.2010, Az.:
12 B 10.1088 m.w.N., Juris).
Gemessen an diesen Grundsätzen ist der angefochtene Bescheid fehlerhaft.
Nicht zu beanstanden ist, dass aus dem Tenor nicht ersichtlich ist, dass die Zustimmung zu einer ordentlichen Kündigung erteilt wurde. So wurde dem Kläger im Rahmen seiner schriftlichen Anhörung vom .... März 2010 (Bl. 7 der Verwaltungsakten) u.a. der Antrag der Beigeladenen übersandt. Auf diesem Formblatt ist nur der Antrag auf Zustimmung zur beabsichtigten ordentlichen Kündigung angekreuzt. Auch aus dem Betreff und den Gründen des Bescheides ergibt sich eindeutig, dass nur die Zustimmung zur ordentlichen Kündigung von der Beigeladenen beantragt, nur eine solche geprüft und nur über eine solche entschieden wurde.
Zutreffend hat der Beklagte, was zwischen den Beteiligten auch nicht streitig ist, einen Zusammenhang zwischen Kündigungsgrund und den im Schwerbehindertenausweis festgestellten Behinderungen bejaht. Das Integrationsamt hat jedoch nicht alle für den vorliegenden Fall relevanten Tatsachen ermittelt
bzw. teilweise eine falsche Gewichtung getroffen.
Das Integrationsamt hat seine Entscheidung zu Gunsten der Beigeladenen wesentlich auf den Umstand gestützt, dass sich die positive Prognose, die der Psychiater des Klägers in seiner fachärztlichen Stellungnahme vom .... Juni 2011 getroffen hat, nicht bewahrheitet habe. ... hat auf Grund des Verlaufes der Erkrankung nach der stationären Behandlung eine völlige Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit des Klägers für wahrscheinlich gehalten und dafür einen Zeitraum von drei bis sechs Monaten angegeben. Die Stellungnahme deckt sich mit den früheren ärztlichen Stellungnahmen, die für eine Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit des Klägers eine stationäre Rehamaßnahme für unumgänglich, aber auch Erfolg versprechend hielten (so
z.B. die Stellungnahmen vom ...12.2009, ...12.2009, ....4.2010 und ....7.2010, Bl. 19, 22, 51 und 104 der Verwaltungsakten). Ehe das Integrationsamt die Zustimmung erteilte, hätte es abwarten müssen, ob sich diese Prognose erfüllte (
vgl. zu einem ähnlich gelagerten Fall BayVGH, B.v. 10.3.2006, 9
ZB 05.2600).
Es hat weiterhin nicht ermittelt, ob für den Kläger bei der Beigeladenen ein anderweitiger leidensgerechter Arbeitsplatz zur Verfügung gestanden hätte, auf den der Kläger, insbesondere unter Berücksichtigung seines Angebotes, auf die Leitungsposition in der Buchhaltung zu verzichten, hätte um-
bzw. versetzt werden können. In diesem Zusammenhang hätte auch geklärt werden müssen, ob für den Kläger beispielsweise ein Arbeitsplatz in Betracht gekommen wäre, der von einem Mitarbeiter einer Zeitarbeitsfirma besetzt war, wie es laut seinem unwidersprochenen Vortrag bei der Beigeladenen häufiger vorkam.
Bezüglich der Aussagen zu einer (vorübergehenden) Besetzung des Arbeitsplatzes des Klägers hat sich das Integrationsamt allein auf die Aussagen der Beigeladenen verlassen, dass eine Überbrückung nicht
bzw. nur äußerst kostenintensiv möglich sei. Mit dem Angebot des Klägers wurde die Beigeladene gar nicht konfrontiert. Damit hat es gegen seine Pflicht verstoßen, sich von der Richtigkeit der für seine Entscheidung wesentlichen Behauptungen eine eigene Überzeugung zu verschaffen (
vgl. BVerwG, B.v. 10.11.2008,
5 B 79/08).
Da es sich vorliegend nicht um betriebsbedingte, sondern um personenbedingte Kündigungsgründe handelt, hat das Integrationsamt aber vor allem nicht ausreichend geklärt und in seine Abwägung eingestellt, ob die Zumutbarkeitsgrenze für den Arbeitgeber im Hinblick auf den Schutzgedanken des Sonderkündigungsschutzes schon erreicht
bzw. überschritten war.
Wie bereits ausgeführt, sind an die Zumutbarkeit der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses besonders hohe Anforderungen zu stellen, wenn, wie hier, zwischen der Kündigung und der Behinderung ein Zusammenhang besteht. Der Arbeitgeber ist in diesen Fällen gehalten, jede mögliche und zumutbare geeignete Maßnahme zu ergreifen, die im Rahmen der betrieblichen Interessen hilft, die Kündigung zu vermeiden (
vgl. Lachwitz/Schellhorn/Welti, a.a.O., § 88, Rn. 19 f.). Überschritten wird die Zumutbarkeitsgrenze für den Arbeitgeber, wenn die Weiterbeschäftigung nicht mehr zu einem wirtschaftlich sinnvollen Austausch von Leistung und Gegenleistung führt und die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses allen Gesetzen wirtschaftlicher Vernunft widerspricht, insbesondere dem Arbeitgeber einseitig die Lohnzahlungspflicht auferlegt würde (
vgl. hierzu BayVGH, Urteil vom 31.1.2013, Az.:
12 B 12.860, unter Verweis auf die Rechtsprechung des
BVerwG). Im Rahmen der wirtschaftlichen Zumutbarkeit sind auch öffentliche Leistungen, die zur Förderung der Eingliederung von schwerbehinderten Menschen in das Arbeitsleben oder zum Ausgleich einer möglichen Minderleistung von schwerbehinderten Menschen gewährt werden, zu berücksichtigen (
vgl. BayVGH vom 31.1.2013, a.a.O.). Das Integrationsamt hätte daher bei der Wertung der Zumutbarkeit der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses auch den von der Bundesagentur für den Kläger gewährten Zuschuss in seine Erwägungen miteinstellen müssen, die die finanziellen Aufwendungen der Beigeladenen für den Kläger erheblich reduziert haben.
Aus den genannten Gründen war der Bescheid des Beklagten aufzuheben.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 155
Abs. 1
VwGO. Anfechtungs- und Verpflichtungsklage wurden gleich entsprechend ihrer Bedeutung gewichtet.
Die Entscheidung über die Gerichtskostenfreiheit folgt aus § 188 Satz 2
VwGO. Die Kostenentscheidung bezüglich des Beigeladenen folgt aus §§ 154
Abs. 3, 162
Abs. 3
VwGO. Die Beigeladene hat einen Antrag gestellt und sich somit in ein Kostenrisiko begeben.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit im Kostenpunkt beruht auf § 167
VwGO i.V.m. §§ 708 f. Zivilprozessordnung (
ZPO).
Die Berufung war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 124 a
Abs. 1 Satz 1
i.V.m. § 124
Abs. 2 Nrn. 3 und 4
VwGO nicht vorliegen.