Die Berufung des Klägers ist zulässig. Sie ist statthaft und frist- und formgerecht eingelegt und begründet worden. In der Sache hat sie ganz überwiegend Erfolg. Abzuweisen ist die Klage nur insoweit, als der Kläger anteilig für das Jahr 2009 über den gesetzlichen Mindesturlaub und den gesetzlichen Zusatzurlaub für schwerbehinderte Menschen hinaus auch noch den tariflichen Urlaub geltend macht. Der Kläger hat gegen den beklagten Bund Anspruch auf Abgeltung seines gesetzlichen Jahresurlaubs gemäß § 7
Abs. 4
BUrlG. Hinzu kommt anteilig für das Jahr 2009 noch der Zusatzurlaub gemäß
§ 125 SGB IX. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts und des beklagten Bundes sind in der Zeit vom 01.01.2005 bis 31.03.2009 trotz des Ruhens des Arbeitsverhältnisses wegen des Bezugs der befristeten Erwerbsminderungsrente die gesetzlichen Urlaubsansprüche entstanden. Dem steht nicht die Vorschrift des § 26
Abs. 2 c TVöD-AT entgegen. Trotz der Anordnung des ruhenden Arbeitsverhältnisses sind die gesetzlichen Urlaubsansprüche entstanden. Sie sind auch nicht gemäß § 7
Abs. 3
BUrlG verfallen. Dies ergibt sich aus der Anwendung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zum europarechtlichen Verständnis dieser Vorschrift. Schließlich sind die Ansprüche auch nicht verjährt. Dazu im Einzelnen:
1. Der gesetzliche Urlaubsanspruch des Klägers gemäß §§ 1, 3
Abs. 1
BUrlG ist für die Zeit vom 01.01.2005 bis zum 31.03.2009 jeweils jährlich entstanden. Die Voschrift des § 26
Abs. 2 c TVöD-AT wirkt sich nur auf den weitergehenden tariflichen Urlaubsanspruch aus.
a. Der gesetzliche Urlaubsanspruch entstand für den streitgegenständlichen Zeitraum auch trotz des in § 33
Abs. 2 Satz 6 TVöD angeordneten Ruhens des Arbeitsverhältnisses für den Zeitraum des Bezugs der befristeten Erwerbsminderungsrente. Der gesetzliche Urlaubsanspruch wäre allenfalls nur dann auf der Grundlage nationalen Rechts nicht entstanden, wenn es eine gesetzliche Vorschrift gegeben hätte, die ähnlich wie § 4
Abs. 1 ArbPlSchG oder § 17
Abs. 1 Satz 1 BEEG anordnen würde, dass für den Zeitraum des Ruhens des Arbeitsverhältnisses wegen des Bezugs einer befristeten Erwerbsminderungsrente der Arbeitgeber den Erholungsurlaub für jeden vollen Kalendermonat um 1/12 kürzen kann. An einer solchen gesetzlichen Vorschrift fehlt es jedoch.
b. Vordergründig erweist sich die Argumentation des beklagten Bundes, während des Ruhens des Arbeitsverhältnisses könne ein Erholungsurlaubsanspruch nicht entstehen, als durchaus nachvollziehbar. Man könnte nämlich argumentieren, der Urlaub sei gerichtet auf die Freistellung von der Hauptleistungspflicht - Arbeitsleistung - bei Fortzahlung des Arbeitsentgelts. Wenn aber die Hauptleistungspflicht ruht, dann - so könnte weiter argumentiert werden - könnte auch von vornherein durch Urlaubsgewährung keine Befreiung von der Hauptleistungspflicht eintreten. Mit anderen Worten: Selbst wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer Erholungsurlaub in der Zeit des ruhenden Arbeitsverhältnisses gewähren wollte, wäre er daran gehindert - so ließe sich schlussfolgern - dem Arbeitnehmer den Urlaub zu gewähren, weil es ihm - Arbeitgeber - unmöglich wäre, den Arbeitnehmer überhaupt von der Arbeitsleistung durch Gewährung von Urlaub zu befreien, weil bereits aufgrund des ruhenden Arbeitsverhältnisses ein anderer Befreiungstatbestand vorliegt.
c. Letztlich überzeugt eine solche Argumentation jedoch nicht und sie steht auch nicht im Einklang mit der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts.
Der 8. Senat des Bundesarbeitsgerichts hat bereits mit Urteil vom 30.07.1986 (8 AZR 475/84 - zitiert nach juris, Rn. 25, 26) entschieden, es sei nicht der Auffassung zu folgen, wonach ein Urlaubsanspruch nicht entstehen könne für den Zeitraum, für den die gesetzlichen Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis ruhen. Zwar bezog sich die dortige Entscheidung nicht auf einen Zeitraum, für den ein Arbeitnehmer eine Erwerbsminderungsrente bezog. Er bezog sich auch nicht auf einen ganzjährigen Zeitraum des Ruhens des Arbeitsverhältnisses, sondern nur auf zwei Monate, in denen der dortige Kläger seine Wehrpflicht in der Türkei ableistete. Das Bundesarbeitsgericht weist allerdings in der dortigen Entscheidung bereits grundsätzlich (Rn. 34, zitiert nach juris) darauf hin, dass es seinerzeit der Einführung der Regelung in § 8 d MuSchG und in § 4
Abs. 1 Satz 1 ArbPlSchG nicht bedurft hätte, wenn bereits allein der Tatbestand des Ruhens des Arbeitsverhältnisses eine Minderung des Urlaubsanspruches begründen würde.
In einer weiteren Entscheidung des 8. Senats vom 26.05.1988 (8 AZR 774/85, zitiert nach juris, Rn. 20, 21) hat der erkennende Senat ausgeführt, dass weder Erwerbsunfähigkeit noch Arbeitsunfähigkeit eines Arbeitnehmers für das Entstehen und das Bestehen urlaubsrechtlicher Ansprüche von Bedeutung seien. Zwar unterscheidet sich der dortige Sachverhalt von dem hier zu beurteilenden in der Weise, dass es dort an einer tariflichen Regelung fehlte, die das Ruhen des Arbeitsverhältnisses für den Fall des Bezugs der Erwerbsunfähigkeitsrente anordnet. Deutlich gemacht hat aber das Bundesarbeitsgericht in dieser Entscheidung, dass die Erwerbsunfähigkeit der Erfüllbarkeit des Anspruchs auf Urlaub oder Urlaubsabgeltung nicht unbedingt entgegenstehe. Jüngst hat der 9. Senat mit Urteil vom 15.12.2009 (9 AZR 795/08, zitiert nach juris, Rn. 24 - 29) entschieden, dass das Ruhen des Arbeitsverhältnisses während der Teilnahme an Wehrübungen - der Zeitraum der Wehrübungen erreichte nicht einen vollen Kalendermonat - nicht aufgrund allgemeiner Bestimmungen dazu führe, dass der Jahresurlaub zeitanteilig entfalle. Nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist daher nicht erkennbar, dass das Gericht die Auffassung vertritt, allein wegen des Ruhens des Arbeitsverhältnisses könne ein Urlaubsanspruch nicht generiert werden.
d. Nach Auffassung der erkennenden Berufungskammer ist daran auch hier aufgrund der bisherigen nationalen Rechtsvorschriften festzuhalten. Hinzuweisen ist insoweit zunächst auf § 1 und § 4
BUrlG. Danach gibt es für das Entstehen des Urlaubsanspruches nur zwei Tatbestandsvoraussetzungen. Nämlich erstens den Bestand des Arbeitsverhältnisses und zweitens den Ablauf der Wartefrist. Die Tatsache, dass der Kläger wiederum während des Ruhens seines Arbeitsverhältnisses keine Arbeitsleistung erbracht hat, wirkt sich ebenso wenig auf die Entstehung des Urlaubsanspruches aus wie bei einem Arbeitnehmer, der aufgrund dauernder Arbeitsunfähigkeit die Arbeitsleistung nicht erbrachte. Das Gesetz kennt insoweit neben den Anfor-derungen in § 1 und § 4
BUrlG keine weiteren Tatbestandsvoraussetzungen für das Entstehen des Urlaubsanspruches. Hinzu kommt, dass beim ruhenden Arbeitsverhältnis lediglich die wechselseitigen Hauptleistungspflichten entfallen, also die Pflicht zur Arbeitsleistung und die zur Vergütung derselben. Diese beiden Pflichten allein stehen im Synallagma. Die Pflicht des Arbeitgebers zur Urlaubsgewährung ist dagegen keine Hauptpflicht, weil ihr keine entsprechende Gegenleistungspflicht des Arbeitnehmers entspricht. Sie ist zwar auf die Arbeitspflicht als Hauptpflicht des Arbeitnehmers bezogen, aber nicht in der Weise, dass bei Leistungsstörungen wie etwa Nichterfüllung der Vergütung oder der Arbeitspflicht Leistungsverweigerungsrechte ausgelöst werden, sondern sie ist ausschließlich darauf gerichtet, die Arbeitspflicht für die Dauer des dem Arbeitnehmer zustehenden Urlaubs zu beseitigen. Sie ist eine auf Gesetz beruhende Nebenpflicht des Arbeitgebers aus dem Arbeitsverhältnis. Diese Nebenpflicht wird durch das Ruhen des Arbeitsverhältnisses nicht tangiert.
Etwas anderes würde nur dann gelten, wenn es eine nationale Vorschrift gäbe, die anordnen würde, dass für den Fall des Bezugs einer befristeten Erwerbsminderungsrente der Arbeitgeber berechtigt ist, den Urlaubsanspruch entsprechend zu kürzen. Allein die Existenz der Vorschriften des § 4
Abs. 1 Satz 1 ArbPlSchG und des § 17
Abs. 1 Satz 1 BEEG belegen, dass grundsätzlich der nationale Gesetzgeber davon ausgeht, dass auch im ruhenden Arbeitsverhältnis gesetzliche Urlaubsansprüche entstehen. Denn anderenfalls wären die beiden zitierten Vorschriften überflüssig. Zudem sprechen sowohl § 4
Abs. 1 Satz 1 ArbPlSchG als auch § 17
Abs. 1 Satz 1 BEEG im Wortlaut davon, dass der Arbeitgeber berechtigt sei, den Urlaub jeweils um 1/12 für jeden vollen Kalendermonat zu kürzen. Wenn etwas gekürzt wird, dann bedeutet es, dass es zunächst entstanden sein muss. Auch der Wortlaut dieser beiden Vorschriften ist daher ein gewichtiger Anhaltspunkt dafür, dass im nationalen Recht das Ruhen des Arbeitsverhältnisses grundsätzlich dem Entstehen des gesetzlichen Urlaubsanspruches nicht entgegensteht. Soll dies erreicht werden, so bedarf es eben einer gesetzlichen nationalen Vorschrift. Ob diese im Übrigen mit Europarecht im Einklang stehen würde, kann hier dahingestellt bleiben, denn es fehlt bereits für den Fall des Bezugs einer befristeten Erwerbsminderungsrente an einer entsprechenden nationalen gesetzlichen Vorschrift, die eine Kürzungsbefugnis begründet.
e. Im Übrigen überzeugt es auch nicht, danach zu differenzieren, ob das Arbeitsverhältnis bereits zu Beginn und während des gesamten Kalenderjahres oder erst später ruhte (so aber
LAG Düsseldorf, Urteil vom 01.10.2010 - 9 Sa 1541/09 -, zitiert nach juris, Rn. 49). Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf begründet die Differenzierung mit dem Hinweis darauf, dass nach Ablauf der Wartezeit der volle Jahresurlaub bereits zu Beginn des Jahres entstehe, folglich dieser Urlaub dem Arbeitnehmer nicht ohne ausdrückliche gesetzliche Regelung gekürzt werden könne, wenn das Ruhen des Arbeitsverhältnisses erst im Laufe des Jahres eintrete. Dem ist nicht zu folgen. Zwar ist es richtig, dass sich das Bundesarbeitsgericht bisher noch nicht ausdrücklich damit befasst hat, ob ein Urlaubsanspruch auch dann entsteht, wenn das Arbeitsverhältnis bereits zu Beginn des Urlaubsjahres und für das volle Urlaubsjahr ruht. Einen Unterschied macht dies jedoch nicht. Denn insoweit gilt weiterhin, dass es nur bei einer den § 4
Abs. 1 Satz 1 ArbPlSchG oder § 17
Abs. 1 Satz 1 BEEG entsprechenden nationalen Regelung gerechtfertigt wäre, den Jahresurlaub anteilig für den Zeitraum des Ruhens des Arbeitsverhältnisses zu kürzen. Zudem ist es nicht einsichtig, allein auf den - häufig zufälligen - Zeitpunkt des Eintritts des Ruhens abzustellen. Soll es einen Unterschied in der Bewertung machen, ob das Ruhen des Arbeitsverhältnisses schon am 01. Januar vorlag oder erst am 02. Januar eintrat? Nach alledem ist nicht bereits aus allgemeinen Grundsätzen - weil im ruhenden Arbeitsverhältnis die Hauptleistungspflicht zur Erbringung der Arbeitsleistung nicht besteht - das Entstehen des Urlaubsanspruches für den Zeitraum des Ruhens des Arbeitsverhältnisses wegen Bezug einer befristeten Erwerbsminderungsrente zu verneinen.
2. Die Kürzungsregel in § 26
Abs. 2 c TVöD-AT steht deshalb der Abgeltung des gesetzlichen Urlaubsanspruches nicht entgegen. Nach dieser tariflichen Vorschrift vermindert sich die Dauer des Erholungsurlaubes einschließlich eines etwaigen Zusatzurlaubes für jeden vollen Kalendermonat des Ruhens des Arbeitsverhältnisses um 1/12. Diese Vorschrift ist nur anwendbar auf den über den gesetzlichen Urlaubsanspruch hinausgehenden tariflichen Urlaubsanspruch. Denn die Dauer des gesetzlichen Mindesturlaubs darf wegen § 13
Abs. 1
BUrlG durch eine tarifliche Kürzungsregelung wie § 26
Abs. 2 TVöD nicht unterschritten werden. § 13
Abs. 1 Satz 1
BUrlG regelt, dass von den Vorschriften des § 1, 2 und 3
Abs. 1
BUrlG nicht durch Tarifvertrag abgewichen werden kann. Es bedarf vielmehr einer gesetzlichen Regelung, die hier fehlt.
3. Der gesetzliche Urlaubsanspruch des Klägers für die Jahre 2005 bis 2008 ist auch nicht gemäß § 7
Abs. 3 Satz 1 und 2
BUrlG verfallen. Nach dieser Vorschrift muss der Urlaub im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden. Eine Übertragung des Urlaubs auf das nächste Kalenderjahr ist nur statthaft, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen. Nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts verfiel daher der Urlaubsanspruch ersatzlos, wenn der Arbeitnehmer bis zum 31.03. des Folgejahres weiterhin arbeitsunfähig erkrankt war.
a. Nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes vom 20.01.2009 (Schultz-Hoff) ist Artikel 7
Abs. 1 der Richtlinie 2003/88 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung jedoch dahin auszulegen, dass er einzelstaatlichen Rechtsvorschriften oder Gepflogenheiten entgegensteht, nach denen der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub bei Ablauf des Bezugzeitraumes und/oder eines im nationalen Recht festgelegten Übertragungszeitraumes auch dann erlischt, wenn der Arbeitnehmer während des gesamten Bezugzeitraumes oder eines Teils davon krank geschrieben war und seine Arbeitsunfähigkeit bis zum Ende seines Arbeitsverhältnisses fortgedauert hat, weshalb er seinen Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub nicht ausüben konnte. In einem solchen Fall ist bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine finanzielle Vergütung zu zahlen. Der Europäische Gerichtshof weist (zitiert nach juris, Rn. 43) aber darauf hin, dass Artikel 7
Abs. 1 der genannten Richtlinie grundsätzlich einer nationalen Regelung, die für die Ausübung des mit dieser Richtlinie ausdrücklich verliehenen Anspruchs auf bezahlten Jahresurlaub Modalitäten vorsieht, die sogar den Verlust dieses Anspruchs am Ende des Bezugszeitraumes oder des Übertragungszeitraumes beinhalten, nicht entgegensteht, sofern die Voraussetzung erfüllt wird, dass der Arbeitnehmer, dessen Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub erloschen ist, tatsächlich die Möglichkeit hatte, den ihm mit der Richtlinie verliehenen Anspruch auszuüben. Der 9. Senat des Bundesarbeitsgerichts (Urteil vom 24.03.2009 - 9 AZR 983/07 -, DB 2009,
S. 1018) hat diese Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs übernommen und geurteilt, der Anspruch auf Abgeltung des gesetzlichen Voll- oder Teilurlaubs erlösche nicht, wenn der Arbeitnehmer bis zum Ende des Urlaubsjahres und/oder des Übertragungszeitraumes erkrankt und deshalb arbeitsunfähig sei. § 7
Abs. 3 und 4
BUrlG seien auch im Verhältnis zu privaten Arbeitgebern nach den Vorgaben des Artikels 7 der Richtlinie 2003/88/
EG gemeinschaftskonform fortzubilden. Zutreffend ist danach der Hinweis des beklagten Bundes, dass sich sowohl der Europäische Gerichtshof als auch das Bundesarbeitsgericht nur befassten mit dem Fall der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit. b. Nach Auffassung der Berufungskammer - die sich insoweit in Übereinstimmung mit der 11. Kammer des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg (Urteil vom 29.04.2010 -
11 Sa 64/09 -) sieht, besteht jedoch insoweit kein Unterschied zwischen der Dauerarbeitsunfähigkeit und dem mehrjährigen Bezug einer Erwerbsunfähigkeitsrente. Denn der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs ist zu entnehmen, dass es für den Verfall des Mindesturlaubs entscheidend darauf ankommt, ob der Arbeitnehmer tatsächlich die Möglichkeit hatte, den ihm mit der Richtlinie verliehenen Anspruch auszuüben. Nach der Auffassung des Europäischen Gerichtshofs kann ein Verfall des Urlaubsanspruchs nur dann eintreten, wenn das Fernbleiben von der Arbeit in den Verantwortungsbereich des Arbeitnehmers fällt, weil er grundsätzlich die Möglichkeit hatte, der Arbeit nachzugehen und von der Arbeitsleistung zum Zwecke der Urlaubserfüllung freigestellt zu werden.
Nach Auffassung der Berufungskammer gilt dies aber auch für den Fall des Ruhens des Arbeitsverhältnisses wegen Bezugs einer Erwerbsunfähigkeitsrente auf Zeit. Auch in diesem Fall war der Arbeitnehmer tatsächlich nicht in der Lage, den ihm mit der Richtlinie verliehenen Anspruch auszuüben. Dem kann nicht widersprochen werden mit dem Hinweis darauf, er selbst habe den Antrag auf Erwerbsminderungsrente gestellt und damit die Ursache für das Ruhen des Arbeitsverhältnisses gesetzt, also willensgesteuert gehandelt, folglich das Fernbleiben von der Arbeit in seinem Verantwortungsbereich liege. Dagegen spricht, dass der Kläger im Jahre 2004 wegen einer Krebserkrankung arbeitsunfähig wurde. Infolge dieser Krebserkrankung stellte er sodann im Frühjahr 2005 einen Antrag auf Erwerbsminderungsrente, dem rückwirkend für die Zeit ab 01.11.2004 stattgegeben wurde. Bei dieser Sachverhaltskonstellation ist davon auszugehen, dass der Kläger voll erwerbsgemindert nach § 43
Abs. 2
SGB XI war, weil er wegen Krankheit außerstande war, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Damit ist - ebenso wie in dem vom Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg entschiedenen Fall - die Nähe der Dauerarbeitsunfähigkeit zur Erwerbsminderung auf Zeit so evident, dass das Ruhen des Arbeitsverhältnisses kausal der vorherigen Arbeitsunfähigkeit zuzuschreiben ist. Zutreffend weist deshalb auch Fabian in seiner Anmerkung zum Urteil des
LAG Düsseldorf vom 05.05.2010 - 7 Sa 1571/09 - im Jurispraxisreport vom 10.11.2010 (zitiert nach juris) darauf hin, dass es sehr zweifelhaft sei, ob angenommen werden dürfe, die Vereinbarung des Ruhens des Arbeitsverhältnisses wegen befristeter Erwerbsminderungsrente beruhe anders als die krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit auf einem willensgesteuerten Verhalten des Arbeitnehmers. Er führt richtig dazu aus, dass auch beim Bezug einer befristeten Erwerbsunfähigkeitsrente das Arbeitsverhältnis ruhe auf der Grundlage von anspruchsbegründenden Voraussetzungen, die ebenso wenig willensgesteuert seien wie eine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit. Der gesetzliche Urlaub des Klägers für die Zeit von 2005 bis zum 31.03.2009 ist deshalb nicht gemäß § 7
Abs. 3
BUrlG verfallen.
4. Entgegen der Auffassung des beklagten Bundes steht dem Anspruch des Klägers auch nicht § 5
BUrlG entgegen. Das Ruhen des Arbeitsverhältnisses kann nicht der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach § 5
BUrlG gleichgestellt werden. Das Bundesarbeitsgericht hat schon in der Entscheidung vom 30.07.1986 ( - 8 AZR 475/84 - zitiert nach juris, Rn. 35) darauf hingewiesen, dass die Anwendung des § 5
BUrlG als Grundlage einer Kürzungsbefugnis für den Arbeitgeber bereits daran scheiterte, dass im Falle des Ruhens des Arbeitsverhältnisses der Arbeitnehmer nicht aus dem Arbeitsverhältnis ausscheide, sondern nur die Hauptleistungspflichten suspendiert werden.
5. Entgegen der Auffassung der 9. Kammer des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf (Urteil vom 01.10.2010 - 9 Sa 1541/09 -, zitiert nach juris, Rn. 89) ist auch nicht davon auszugehen, dass die Urlaubsansprüche des Klägers während des Ruhenszeitraumes nicht werthaltig sind. Insoweit liegt nach Auffassung der erkennenden Berufungskammer ein Zirkelschluss vor. Zwar ist grundsätzlich der Ansatz richtig, dass der Urlaubsanspruch ein auf die vereinbarte Arbeitszeit im Urlaubsjahr bezogener Anspruch ist. Die Höhe der Urlaubsvergütung hängt daher vom Umfang der Beschäftigung im jeweiligen Urlaubsjahr ab. Allerdings hat der Europäische Gerichtshof in seiner Entscheidung vom 20.01.2009 (Schultz-Hoff) darauf hingewiesen, für die Berechnung der entsprechenden finanziellen Vergütung sei das gewöhnliche Arbeitsentgelt des Arbeitnehmers, das während der den bezahlten Jahresurlaub entsprechenden Ruhezeit weiter zu zahlen ist, maßgebend. Dies führt nach Auffassung der erkennenden Berufungskammer dazu, dass zu beachten ist die Vergütung, die dem Kläger hätte gezahlt werden müssen, wenn das Arbeitsverhältnis nicht wegen befristeter Erwerbsminderung geruht hätte, sondern wenn er gearbeitet hätte. Denn es wäre widersprüchlich, einerseits dem Ruhen des Arbeitsverhältnisses keine Relevanz für das Entstehen des Urlaubsanspruches beizumessen, andererseits aber für die Höhe des Urlaubsanspruches wiederum abzustellen auf den Tatbestand des Ruhens unter Hinweis darauf, dass bei einem Ruhen des Arbeitsverhältnisses eine Vergütungspflicht nicht bestehe.
6. Der Anspruch des Klägers ist auch nicht verjährt. Die erkennende Kammer schließt sich insoweit der Auffassung der 7. Kammer des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf (Urteil vom 05.05.2010 - 7 Sa 1571/09 -, NZA-RR 1010/568) und der 11. Kammer des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg (Urteil vom 29.04.2010 - 11 Sa 64/09 -, zitiert nach juris, Rn. 49) an, wonach Beginn der Verfallfrist die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist, weil zu diesem Zeitpunkt der Abgeltungs- und Vergütungsanspruch des Klägers entstanden ist und zugleich fällig wurde. Nicht abzustellen ist für den Beginn der Verjährungsfrist auf das Ende des Kalenderjahres, denn zu diesem Zeitpunkt war der Anspruch für den Kläger noch nicht fällig. Der Lauf der Verjährungsfrist kann nicht vor dem Eintritt der Fälligkeit beginnen (Gaul/Bonanni, DB 2009, 1014, bezogen auf den Fall der Arbeitsunfähigkeit). Nach alledem hat der Kläger Anspruch auf Abgeltung seines gesetzlichen Urlaubsanspruches für die Jahre 2005 bis 2008. Für 2009 ist der gesetzliche Anspruch wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31.03.2009 und der Zusatzurlaub gemäß
§ 125 SGB IX jedoch zu kürzen. Es verbleiben für das Jahr 2009 6 abzugeltende Tage (20 Urlaubstage zuzüglich 5 Tage Zusatzurlaub ./. 4). Bei insgesamt 86 abzugeltenden Tagen ergibt sich damit eine Forderung in Höhe von insgesamt 10.659,01
EUR brutto (pro Tag 7,8 Stunden x 15,89
EUR pro Stunde). Abschließend möchte die Berufungskammer darauf hinweisen, dass das hier gefundene Ergebnis nach ihrer Auffassung rechtspolitisch bedenklich sein könnte. Zutreffend weist Dörner im Erfurter Kommentar (10. Auflage, § 7
BUrlG, Rn. 39 o) darauf hin, dass eine solche Lösung Missbehagen verursacht. Er lehnt es aber zutreffend ab, unter Rückgriff auf § 242
BGB vorzuschlagen, solch skurrile Ergebnisse zu vermeiden, die dazu führen, dass Urlaubsansprüche mehrerer Jahre bestehen. Es ist nicht die Aufgabe der Rechtsprechung, solche Ergebnisse zu verhindern. Vielmehr ist der nationale Gesetzgeber zunächst gefordert - wenn dies gewollt ist - für den Fall des Bezugs einer befristeten Erwerbsminderungsrente eine Kürzungsbefugnis gesetzlich zu verankern, die jener des § 4
Abs. 1 Satz 1 ArbPlSchG beziehungsweise § 17
Abs. 1 Satz BEEG entspricht. Die erkennende Kammer sieht sich aber angesichts der bisherigen nationalen Rechtslage daran gehindert, mit der Argumentation des beklagten Bundes bereits das Entstehen des Urlaubsanspruches für den Fall des Ruhens des Verfahrens zu verneinen. Mag der Gesetzgeber eine entsprechende Regelung treffen.
Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.