Der auf die Zulassungsgründe des § 124
Abs. 2
Nr. 1
VwGO (ernstliche Zweifel), des § 124
Abs. 2
Nr. 3
VwGO (grundsätzliche Bedeutung) sowie des § 124
Abs. 2
Nr. 5
VwGO (Verfahrensmangel) gestützte Antrag bleibt ohne Erfolg.
1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts
i. S. v. § 124
Abs. 2
Nr. 1
VwGO bestehen auf der Grundlage des Zulassungsvorbringens nicht. Ernstliche Zweifel im Sinne dieser Vorschrift, die die Zulassung der Berufung rechtfertigen, sind zu bejahen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird und die Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen. Dies ist vorliegend nicht der Fall.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage auf Zahlung von 10.600,70
EUR zur Abgeltung von insgesamt 106 Tagen vom Kläger nicht genommenen Erholungsurlaubs für 2009 bis 2013 zu Recht abgewiesen. Dem schwerbehinderten Kläger (
GdB 100), der als Steuerobersekretär (BesGr A 7) im Dienst des Beklagten stand und mit Ablauf des 31. Oktober 2013 in den Ruhestand versetzt wurde, steht für den von ihm wegen Dienstunfähigkeit
bzw. ab dem 11. Juni 2012 wegen Freistellung vom Dienst nicht mehr genommenen, über den unionsrechtlich nach
Art. 7
Abs. 1 RL 2003/88/
EG gewährleisteten Mindesturlaub von 20 Tagen hinausgehenden Urlaub kein Anspruch auf Urlaubsabgeltung zu. Dabei kann offen bleiben, ob ein solcher Anspruch nicht schon deshalb ausgeschlossen ist, weil der Kläger gegen seine Versetzung in den Ruhestand vorgeht (3
ZB 15.1992), so dass es an der Tatbestandsvoraussetzung der Beendigung des Beamtenverhältnisses fehlen dürfte.
1.1 Nach der Rechtsprechung des EuGH (U. v. 3.5.2012 - Rs. C-337/10 - juris Rn. 32) steht auch Beamten aufgrund von
Art. 7
Abs. 2 der Richtlinie 2003/88/
EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (RL 2003/88/
EG) bei Eintritt in den Ruhestand ein Anspruch auf finanzielle Vergütung für bezahlten Jahresurlaub zu, den sie nicht genommen haben, weil sie aus Krankheitsgründen keinen Dienst geleistet haben. Der Umfang des Urlaubsabgeltungsanspruchs nach
Art. 7
Abs. 2 RL 2003/88/
EG ist allerdings auf die sich aus
Art. 7
Abs. 1 RL 2003/88/
EG ergebenden vier Wochen Erholungsurlaub beschränkt (
BVerwG, U. v. 31.1.2013 -
2 C 10.12 - juris Rn. 9).
Der EuGH hat in seinem Urteil vom 3. Mai 2012 (
a. a. O. Rn. 35
ff.) hervorgehoben, dass die
EG-Arbeitszeitrichtlinie sich auf die Aufstellung von Mindestvorschriften für Sicherheit und Gesundheitsschutz beschränkt. Es ist Sache der Mitgliedstaaten zu entscheiden, ob sie Beamten weitere Ansprüche auf bezahlten Urlaub gewähren sowie ob und
ggf. unter welchen Voraussetzungen sie eine finanzielle Vergütung auch für den Fall vorsehen, dass einem in den Ruhestand getretenen Beamten diese zusätzlichen Ansprüche krankheitsbedingt nicht haben zugutekommen können (EuGH, U. v. 3.5.2012
a. a. O. Rn. 37).
Zusätzliche Urlaubstage, die über den nach
Art. 7
Abs. 1 RL 2003/88/
EG unionsrechtlich gewährleisten Mindesturlaub hinausgehen, sind deshalb nicht vom Urlaubsabgeltungsanspruch nach
Art. 7
Abs. 2 RL 2003/88/
EG erfasst (
BVerwG, U. v. 31.1.2013
a. a. O. Rn. 18). Ein Anspruch aus Unionsrecht auf Abgeltung von sich aus nationalem Recht ergebenden weiteren Erholungsurlaubstagen, von sog. Arbeitszeitverkürzungstagen und des Schwerbehindertenzusatzurlaubs nach
§ 125 Abs. 1 Satz 1 SGB IX besteht daher nicht (
BVerwG, U. v. 31.1.2013
a. a. O. Rn. 19). Bei der Berechnung der dem Beamten zustehenden Urlaubstage kommt es nach dem Zweck des
Art. 7 RL 2003/88/
EG auch nur darauf an, ob und wie viel Urlaub der Beamte im konkreten Jahr genommen hat. Unerheblich ist, ob es sich dabei um neuen oder um alten, also aus dem vorangegangenen Urlaubsjahr übertragenen Urlaub gehandelt hat (
BVerwG, U. v. 31.3.2013
a. a. O. Rn. 23). In dem Jahr, in dem der Beamte in den Ruhestand tritt, steht ihm der unionsrechtliche Mindesturlaubsanspruch nur anteilig zu (
BVerwG, U. v. 31.3.2013
a. a. O. Rn. 35). Diese Rechtsprechung ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (
BVerfG, NB. v. 15.5.2014 -
2 BvR 324/14 - juris Rn. 13).
1.2 Vor diesem Hintergrund hat das Verwaltungsgericht zutreffend entschieden, dass dem Kläger über den (teils von ihm genommenen und teils finanziell abgegoltenen) Mindesturlaub kein zusätzlicher Anspruch auf Urlaubsabgeltung zusteht, auch nicht hinsichtlich des Schwerbehindertenzusatzurlaubs nach § 125
Abs. 1 Satz 1
SGB IX (
BVerwG, U. v. 31.3.2013
a. a. O. Rn. 9).
Der Kläger hat unstreitig 2009, 2010 und 2011 jeweils 20 Tage Urlaub genommen, so dass der Mindesturlaubsanspruch für diese Jahre vollständig erfüllt ist (
vgl. BVerwG, U. v. 31.3.2013
a. a. O. Rn.18).
Ausweislich der Urlaubskarte für 2011 hat der Kläger auch vom 30. April 2012 bis 20. Mai 2012 vor der ab 11. Juni 2012 erfolgten Freistellung vom Dienst 20 Tage Urlaub genommen, so dass auch für 2012 der Mindesturlaubsanspruch vollständig erfüllt ist, unabhängig davon, dass es sich insoweit um alten Urlaub aus dem Vorjahr handelte (
vgl. BVerwG, U. v. 31.3.2013
a. a. O. Rn. 23).
Für 2013 hat der Beklagte mit Bescheid vom 18. November 2013 unstreitig einen anteiligen Urlaubsabgeltungsanspruch im Umfang von 17 Tagen anerkannt, die der zum 31. Oktober 2013 in den Ruhestand versetzte Kläger nicht mehr nehmen konnte (20 Urlaubstage x 12/10 = 16 2/3 Tage, gerundet 17 Tage,
vgl. BVerwG, U. v. 31.3.2013
a. a. O. Rn. 35) und die in Höhe der vom Kläger in den letzten drei Monaten vor dem Eintritt in den Ruhestand erhaltenen Besoldung abzugelten sind (
vgl. BVerwG, U. v. 31.3.2013
a. a. O. Rn. 24).
1.3 Die hiergegen innerhalb der Frist des § 124a
Abs. 4 Satz 4
VwGO vorgebrachten Einwände begründen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Ersturteils.
1.3.1 Zweifel an der Richtigkeit des Ersturteils ergeben sich nicht daraus, dass der Kläger Resturlaub in Höhe von jeweils 14 (2009 und 2010)
bzw. 15 Tagen (2011) gemäß § 11 UrlV angespart hat, da es sich bei dem angespartem Urlaub nicht um Mindesturlaub nach
Art. 7
Abs. 1 RL 2003/88/
EG handelt (
vgl. OVG NRW, B. v. 26.1.2016 - 1 A 2308/14 - juris Rn. 5). Aus
Art. 7 RL 2003/88/
EG folgt im Übrigen auch kein Recht auf ein unbegrenztes Ansammeln von Ansprüchen auf bezahlten Jahresurlaub (
vgl. EuGH, U. v. 22.11.2011 - Rs.
C-214/10 - juris Rn. 30, 43 f.;
BVerfG, NB. v. 15.5.2014
a. a. O. Rn. 12), die
ggf. auszugleichen wären.
Zwar sind die Mitgliedstaaten nach der Rechtsprechung des EuGH (U. v. 3.5.2012
a. a. O. Rn. 36) nicht gehindert, eine finanzielle Vergütung für den Fall zu gewähren, dass der über den Mindesturlaub hinausgehende Urlaub aus Krankheitsgründen nicht genommen werden kann. Eine solche Regelung ergibt sich aber nicht daraus, dass der Kläger seinen Resturlaub gemäß § 11 UrlV angespart hat. Eine Abgeltung des vom Kläger krankheitsbedingt nicht genommenen angesparten Urlaubs lässt sich § 11 UrlV nicht entnehmen. In der Beantragung und Genehmigung der Urlaubsansparung nach § 11 UrlV liegt auch keine "vertragliche Vereinbarung", mit der dem Kläger zugleich die Abgeltung des von ihm angesparten Erholungsurlaubs für den Fall, dass er ihn krankheitsbedingt nicht nehmen kann, zugesichert worden wäre. Insoweit fehlt es schon an der erforderlichen Schriftform der vom Kläger behaupteten Abgeltungsregelung (
Art. 38
Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG). Im Übrigen könnten solche Abgeltungsansprüche im Rahmen eines öffentlich-rechtlichen Beamtenverhältnisses ohne entsprechende Rechtsgrundlage nicht wirksam vertraglich vereinbart werden. Ein Vertrauen des Klägers darauf, dass die angesparten Urlaubstage nach seiner Versetzung in den Ruhestand nicht ersatzlos verfallen, ist daher nicht schützenswert. Ein Hinweis darauf, dass nach § 11 UrlV angesparter Urlaub nach dem Eintritt in den Ruhestand nicht abgegolten werden kann, war nicht erforderlich, weil dies der Rechtslage entspricht, die der Kläger erfragen hätte können. Hierin liegt kein Verstoß gegen die beamtenrechtliche Fürsorgepflicht des Dienstherrn nach § 45 BeamtStG. Der Beklagte durfte vielmehr davon ausgehen, dass der Kläger sich um Angelegenheiten, die in seinem ureigenen Interesse liegen, selbst bemüht.
Es ändert auch nichts, dass der Kläger längere Zeit dienstunfähig erkrankt und ab 11. Juni 2012 auf Veranlassung des Beklagten vom Dienst freigestellt war, so dass er 2012 und 2013 keinen Antrag auf Ansparung von Resturlaub mehr gestellt hat. Nach dem Sinn und Zweck der Gewährung von Erholungsurlaub verfallen (Rest-) Urlaubsansprüche mit Ablauf des Zeitraums, bis zu dem Urlaub maximal übertragen werden kann, ausnahmslos und auch ohne Rücksicht auf die Gründe, aus denen der Urlaub nicht rechtzeitig eingebracht werden konnte. Die Fürsorgepflicht des Dienstherrn, die den Beamten im Übrigen nicht vor jedem (unverschuldeten) Rechtsverlust bewahrt, ist auf dem Gebiet des Urlaubsrechts durch die jeweils geltenden Rechtsvorschriften konkretisiert. Darüber hinausgehende Ansprüche wie insbesondere auf Urlaubsabgeltung in Geld bestehen für den Beamten grundsätzlich nicht (
BVerwG, B. v. 27.10.1982 - 2 B 95.81 - juris Rn. 3).
1.3.2 Zweifel an der Richtigkeit des Ersturteils ergeben sich auch nicht daraus, dass der Kläger behauptet, er habe 2012 keine 20 Tage Erholungsurlaub genommen. Der Kläger hat insoweit nicht in einer § 124a
Abs. 4 Satz 4
VwGO genügenden Weise dargelegt, dass das Verwaltungsgericht entgegen dem aktenkundigen Eintrag in der Urlaubskarte 2011, wonach der Kläger vom 30. April 2012 bis 20. Mai 2012 20 Tage Urlaub bewilligt wurden, von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen ist.
2. Soweit der Kläger eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache i.
S. d. § 124
Abs. 2
Nr. 3
VwGO geltend macht, hat er diesen Zulassungsgrund schon nicht in einer den Vorgaben des § 124a
Abs. 4 Satz 4
VwGO genügenden Weise dargelegt.
Im Übrigen ist, soweit der Kläger für klärungsbedürftig hält, wie sich eine Freistellung durch den Dienstherrn auf angesparte Urlaubsansprüche auswirkt, diese Frage im Sinne der unter 1. genannten Rechtsprechung so zu beantworten, dass auch dies nicht zu einem Urlaubsabgeltungsanspruch führt.
3. Auch ein der Beurteilung des Senats unterliegender Verfahrensfehler, auf dem die angegriffene Entscheidung beruhen kann (§ 124
Abs. 2
Nr. 5
VwGO), wurde nicht in einer den Vorgaben des § 124a
Abs. 4 Satz 4
VwGO genügenden Weise dargelegt.
Soweit der Kläger im Hinblick auf den Vortrag, er habe 2012 entgegen dem Eintrag in der Urlaubskarte 2011 keine 20 Tage Urlaub genommen, eine Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht (§ 86
Abs. 1
VwGO) rügen sollte, muss er sich entgegenhalten lassen, dass der anwaltlich vertretene Kläger in erster Instanz keinen diesbezüglichen Beweisantrag gestellt hat. Die Aufklärungsrüge stellt kein Mittel dar, um Versäumnisse eines Verfahrensbeteiligten in der Vorinstanz, insbesondere das Unterlassen der Stellung eines Beweisantrags, zu heilen. Vielmehr hätte es dem Kläger oblegen, substantiiert darzulegen, dass er entgegen der Urlaubskarte 2011 vom 30. April 2012 bis 20. Mai 2012 keinen Urlaub genommen hat, um den Vortrag des Beklagten in Frage zu stellen und das Verwaltungsgericht zu veranlassen,
ggf. zu dieser Frage Beweis zu erheben.
4. Der Zulassungsantrag war daher mit der Kostenfolge des § 154
Abs. 2
VwGO abzulehnen. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47
Abs. 1 und 3, § 52
Abs. 3 GKG (wie Vorinstanz).
Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a
Abs. 5 Satz 4
VwGO).