Die Berufung der Beklagten ist teilweise unzulässig, im Übrigen ist sie unbegründet.
I.
In Bezug auf die im erstinstanzlichen Urteil getroffene Feststellung, dass der Kläger für das Kalenderjahr 2014 einen Urlaubsanspruch für 26 Tage hat (Ziff. 2 des Tenors), ist die Berufung mangels einer den gesetzlichen Anforderungen entsprechenden Berufungsbegründung unzulässig.
1. Nach § 520
Abs. 3 Satz 2
Nr. 2
ZPO iVm. § 64
Abs. 6
ArbGG muss die Berufungsbegründung die Umstände bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung durch das angefochtene Urteil und deren Erheblichkeit für das Ergebnis der Entscheidung ergibt. Die Berufungsbegründung muss deshalb auf den zur Entscheidung stehenden Fall zugeschnitten sein und sich mit den rechtlichen oder tatsächlichen Argumenten des angefochtenen Urteils befassen. Hat das Arbeitsgericht - wie hier - über mehrere Streitgegenstände iSv. § 253
Abs. 2
Nr. 2
ZPO mit jeweils eigenständiger Begründung entschieden, muss für jeden eine den gesetzlichen Anforderungen entsprechende Rechtsmittelbegründung gegeben werden; fehlen Ausführungen zu einem Streitgegenstand, ist das Rechtsmittel insoweit unzulässig. Eine eigenständige Begründung ist nur entbehrlich, wenn die Entscheidung über den einen Streitgegenstand notwendig von der Entscheidung über den anderen abhängt (
vgl. LAG Rheinland-Pfalz 21.04.2016 -
5 Sa 243/15 - Rn. 54 mwN).
2. Mit dem Anspruch des Klägers auf 26 Tage Urlaub für 2014 (Ziff. 2 des Tenors) befasst sich die Berufung überhaupt nicht. Das wäre indes erforderlich gewesen. Der Anspruch bestand nach der Begründungslinie des Arbeitsgerichts unabhängig vom Schicksal des Kündigungsschutzantrags. Das Arbeitsgericht hat den Antrag dahin ausgelegt, der Kläger begehre die Feststellung, dass ihm für das Jahr 2014 noch 26 Tage Urlaub zustehen und ein Feststellungsinteresse iSv. § 256
Abs. 1
ZPO bejaht. Es hat weiter ausgeführt, dass der Urlaubsanspruch nicht
gem. § 7
Abs. 3
BUrlG mit Ende des Jahres 2014 verfallen sei, weil der Kläger unstreitig versucht habe, den Urlaub zu beantragen. Die Beklagte müsse sich zurechnen lassen, dass sie die Beantragung des Urlaubs durch Zutrittsverweigerung vereitelt habe. Auf diese Erwägungen geht die Beklagte mit keinem Wort ein. Ihre Berufung war daher teilweise als unzulässig zu verwerfen, ohne dass dies im Urteilstenor gesondert zum Ausdruck zu bringen war.
II.
Soweit die Berufung zulässig ist, hat sie in der Sache keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien weder durch die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 26.03.2015 mit sofortiger Wirkung noch durch die hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung zum 30.04.2015 aufgelöst worden ist (Ziff. 1 des Tenors). Die Beklagte ist deshalb zur vorläufigen Weiterbeschäftigung des Klägers verpflichtet (Ziff. 5 des Tenors). Auch die Zahlungsklage ist begründet. Die Beklagte ist verpflichtet, an den Kläger für den hier streitigen Zeitraum vom 23.02. bis zum 31.03.2015 Annahmeverzugslohn in rechnerisch unstreitiger Höhe von insgesamt
EUR 2.899,99 brutto (Ziff. 3, 4 des Tenors) nebst der geltend gemachten Verzugszinsen zu zahlen.
1. Das Arbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass die Schriftsatzkündigung der Beklagten vom 26.03.2015 das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgelöst hat.
a) Die fristlose Kündigung der Beklagten ist unwirksam. Es fehlt an einem wichtigen Grund iSv. § 626
Abs. 1
BGB. Außerdem ist die Zweiwochenfrist des § 626
Abs. 2
BGB nicht gewahrt.
aa) Gem. § 626
Abs. 1
BGB kann das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses selbst bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Dabei ist zunächst zu untersuchen, ob der Sachverhalt ohne seine besonderen Umstände "an sich" und damit typischerweise als wichtiger Grund geeignet ist. Alsdann bedarf es der weiteren Prüfung, ob dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Falls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile - jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist - zumutbar ist oder nicht (
vgl. BAG 20.10.2016 - 6 AZR 471/15 - Rn. 14 mwN).
bb) Das Arbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass im Streitfall bereits ein "an sich" zur Kündigung geeigneter Grund iSd. § 626
Abs. 1
BGB fehlt. Der Kläger hat nicht gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten verstoßen. Der Kündigungsvorwurf, der Kläger wolle unter Vortäuschung falscher Tatsachen, unrechtmäßig Gelder beanspruchen, ist nicht gerechtfertigt. Auch die Behauptung der Beklagten, der Kläger habe bei Vergleichsabschluss im Vorprozess (Az. 12 Ca 3118/14) am 28.01.2015 nicht gewollt, ihr seine Arbeitskraft anzubieten, rechtfertigt keine Kündigung. Auf die strafrechtliche Bewertung der Beklagten, die nicht frei von Rechtsirrtum ist, kommt es kündigungsrechtlich nicht an.
Die Beklagte verkennt bereits im Ansatz, dass der Kläger seine arbeitsvertraglichen Pflichten nicht verletzt hat, weil er das Ereignis vom 18.03.2014 bei der zuständigen Berufsgenossenschaft als Arbeitsunfall gemeldet hat. Entgegen der Ansicht der Berufung muss der Kläger (als gesetzlich versicherte Person) bei der Meldung eines Unfalls, den er unstreitig während der Arbeitszeit in der Produktionshalle erlitten hat, keine Rücksicht darauf nehmen, dass die
BG RCI der Beklagten bereits bei einer bloßen Unfallanzeige keinen Beitragsnachlass von 30% iHv.
EUR 6.871,77 mehr gewährt, wie die Berufung behauptet. Es ist unstreitig, dass der Kläger in der Nachtschicht am 18.03.2014 im Betrieb der Beklagten gestürzt und mit dem Kopf auf dem Hallenboden aufgeschlagen ist. Der Kläger wurde mit dem Rettungswagen ins Krankenhaus gebracht und dort behandelt. Wegen eines Schädel-Hirn-Traumas, das er infolge des Sturzes erlitten hat, war er länger als drei Kalendertage arbeitsunfähig. Ob der Unfall als Arbeitsunfall anerkannt wird, entscheidet nicht die Beklagte, sondern die zuständige Berufsgenossenschaft und letztlich die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit. Dabei sind komplexe Kausalitätsfragen zu klären (
vgl. unter vielen
BSG 17.02.2009 -
B 2 U 18/07 R). Sowohl die Rechtsansicht der Beklagten als auch deren allenfalls laienhafte medizinische Einschätzung sind in diesem Zusammenhang unerheblich.
Auch wenn es nicht darauf ankommt, war die erste Kündigung der Beklagten vom 07.08.2014 offensichtlich rechtsunwirksam. Dass der Kläger gegenüber der
BG RCI leichtfertig unwahre Tatsachenbehauptungen aufgestellt hätte, ist nicht ersichtlich. Er war befugt, der zuständigen Berufsgenossenschaft einen Arbeitsunfall zu melden, den er nach seiner Auffassung am 18.03.2014 in der Nachtschicht erlitten hat. Sein Vorgehen stellt sich nicht als widerrechtlich dar. Das gilt selbst dann, wenn im sozialgerichtlichen Verfahren rechtskräftig entschieden werden sollte, dass der Unfall vom 18.03.2014 nicht als Arbeitsunfall anzuerkennen ist. Wenn die Beklagte im Kammertermin vom 28.01.2015 im Vorprozess die Kündigung vom 07.08.2014 "zurückgenommen" und sich verpflichtet hat, aus dieser Kündigung keine Rechte herzuleiten, sondern das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger zu unveränderten Bedingungen fortzusetzen, hat sie so den drohenden Prozessverlust abgewendet. Die Beklagte übersieht bei ihrer Argumentation außerdem, dass sie sich im Vergleich verpflichtet hat, aus der Kündigung vom 07.08.2014 "keine Rechte herzuleiten". Durch den Vergleich hat sie zu erkennen gegeben, sie sehe das Arbeitsverhältnis noch nicht als so gestört an, dass sie es nicht mehr fortsetzen könne. Auf das dafür maßgebliche Motiv kommt es nicht an.
Die Annahme der Berufung, der Kläger habe bei Vergleichsabschluss im Vorprozess einen "Eingehungsbetrug" begangen, der sie zur Kündigung berechtige, geht fehl. Die Beklagte hat im Vorprozess ausweislich der Sitzungsniederschrift vom 28.01.2015 die streitgegenständliche Kündigung "zurückgenommen" und dem Kläger angeboten, wieder arbeiten zu kommen. Als einseitiges Rechtsgeschäft konnte die Beklagte die Kündigung nach dem Zugang an den Kläger nicht mehr einseitig zurücknehmen. Die Gestaltungswirkung seiner Willenserklärung kann der kündigende Arbeitgeber nicht mehr allein beseitigen, eine einseitige Kündigungsrücknahme ist ihm verwehrt. Die Wirkungen einer Kündigung können nur durch eine Vereinbarung beseitigt werden, durch die der gekündigte Arbeitnehmer ein Fortsetzungsangebot des Arbeitgebers annimmt (
vgl. BAG 17.10.2013 - 8 AZR 742/12 - Rn. 32 mwN). Das ist durch den Abschluss des Vergleichs im Vorprozess im Anschluss an die "Rücknahme" der Kündigung geschehen. Nicht mehr und nicht weniger. Es spricht nichts dafür, dass eine - nicht protokollierte - Erklärung des Klägers, er sei noch bis zum 15.02.2015 krankgeschrieben und könne am 16.02.2015 wieder zur Arbeit erscheinen, "Geschäftsgrundlage" des Vergleichsschlusses war, wie die Berufung behauptet.
Die Beklagte kann dem Kläger nicht als schuldhafte Pflichtverletzung vorwerfen, dass er ihr am 16.02.2015 nicht seine geschuldete Arbeitsleistung angeboten, sondern (nur) einen Wiedereingliederungsplan vorgelegt habe. Es ist nicht verwerflich und stellt deshalb keinen Kündigungsgrund dar, wenn der Kläger, der wegen eines Schädel-Hirn-Traumas elf Monate arbeitsunfähig erkrankt war, zum Ende der Arbeitsunfähigkeit der Beklagten seine Tätigkeit (zunächst) im Rahmen eines Wiedereingliederungsverhältnisses angeboten hat. Die Vorstellungen, die die Berufung hierzu entwickelt hat, sind von einer Verkennung der Rechtslage geprägt. Zunächst ist festzuhalten, dass die Beklagte
gem. § 84 Abs. 2 SGB IX verpflichtet war, ein betriebliches Eingliederungsmanagement (bEM) durchzuführen, weil der Kläger länger als sechs Wochen arbeitsunfähig war. Es ist Sache des Arbeitgebers, die Initiative zur Durchführung des bEM zu ergreifen (
vgl. BAG 20.11.2014 -
2 AZR 755/13 - Rn. 31). Hat er entgegen seiner gesetzlichen Pflicht - wie die Beklagte - überhaupt kein bEM durchgeführt, darf er sich dadurch keine darlegungs- und beweisrechtlichen Vorteile verschaffen können.
Selbst wenn der Kläger im Kammertermin vom 28.01.2015 im Vorprozess erklärt haben sollte, er sei bis zum 15.02.2015 krankgeschrieben und werde am 16.02.2015 wieder zur Arbeit erscheinen, stellt es keinen Kündigungsgrund dar, wenn er der Beklagten am 16.02.2015 (nur) einen Wiedereingliederungsplan vorgelegt hat. Die Ausführungen der Berufung zum Motiv des Klägers, ihr am 16.02.2015 zunächst eine Tätigkeit im Rahmen eines Wiedereingliederungsverhältnisses anzubieten, erschöpfen sich in bloßen Unterstellungen. Ohne Durchführung eines bEM -
ggf. unter Inanspruchnahme des Sachverstands eines Betriebsarztes - kann die Beklagte dem Kläger schon nicht entgegenhalten, sie könne in ihrem Produktionsbetrieb den bisherigen Arbeitsplatz nicht an ihm zuträgliche Arbeitsbedingungen anpassen noch komme seine Beschäftigung auf einem anderen Arbeitsplatz in Betracht (
vgl. BAG 13.05.2015 -
2 AZR 565/14 - Rn. 32 mwN). Wenn denkbares Ergebnis eines bEM sein kann, den Arbeitnehmer auf eine Maßnahme der medizinischen Rehabilitation iSv.
§ 26 SGB IX zu verweisen (
vgl. BAG 20.11.2014 -
2 AZR 755/13 - Rn. 49 ff), kann es dem Kläger nicht zum Nachteil gereichen, wenn er der Beklagten am 16.02.2015 eine Wiedereingliederung angeboten hat, damit seine tägliche Arbeitszeit nach monatelanger Krankheit wieder schrittweise auf eine volle Stundenzahl angehoben wird. Was an dieser Vorgehensweise - wie die Berufung behauptet - als Ausdruck der "klägerischen Mentalität" "betrügerisch" oder auf "Provokation gerichtet" sein soll, erschließt sich nicht.
Da für beide Seiten das Prinzip der Freiwilligkeit gilt, konnte die Beklagte den Wiedereingliederungsantrag des Klägers ablehnen, was sie getan hat. Eine wie auch immer geartete Pflichtverletzung des Klägers liegt in seinem Antrag auf Wiedereingliederung nicht. Es ist anerkannt, dass ein arbeitsunfähiger Arbeitnehmer trotz seiner Erkrankung oft in der Lage ist, unter geänderten Arbeitsbedingungen tätig zu sein und eine allmähliche Steigerung der beruflichen Belastung die Rückkehr des Arbeitnehmers in das aktive Erwerbsleben im Interesse beider Arbeitsvertragsparteien erleichtern kann. Krankenkassen (
§ 74 SGB V) und die sonstigen Sozialversicherungsträger (
§ 28 SGB IX) fördern deshalb die sog. stufenweise Wiedereingliederung des Arbeitnehmers in das Erwerbsleben. Während der beruflichen Rehabilitation erhält der weiterhin arbeitsunfähige Arbeitnehmer die ihm sozialrechtlich zustehenden Leistungen (zB. Krankengeld). Arbeitsrechtlich bedarf die Maßnahme wegen der vom Arbeitsvertrag abweichenden Beschäftigung grundsätzlich der Zustimmung des Arbeitgebers. Entgeltansprüche entstehen nicht (
vgl. BAG 24.09.2014 - 5 AZR 611/12 - Rn. 32;
BAG 13.06.2006 -
9 AZR 229/05 - Rn. 23).
Schließlich hat bereits das Arbeitsgericht zutreffend erkannt, dass die Beklagte die Kündigung nicht darauf stützen kann, dass der Kläger mit der vorliegenden Klage beabsichtige, "unrechtmäßig Gelder unter Vortäuschung falscher Tatsachen" zu beanspruchen. Der Vorwurf des Prozessbetrugs ist unberechtigt.
cc) Im Übrigen hat die Beklagte die Kündigungserklärungsfrist des § 626
Abs. 2
BGB nicht gewahrt. Nach dieser Vorschrift kann die außerordentliche Kündigung nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt in dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Die Schriftsatzkündigung vom 26.03.2015 ist dem Prozessbevollmächtigten des Klägers nicht vor diesem Datum zugegangen. Alle Gründe, auf die die Beklagte die Kündigung stützt, waren ihr bereits länger als zwei Wochen bekannt. Selbst der zeitlich letzte Vorwurf des Prozessbetrugs war verfristet, denn die Klageschrift vom 24.02.2015 ist der Beklagten ausweislich der Postzustellungsurkunde am 04.03.2015 zugestellt worden.
b) Die hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung ist sozial ungerechtfertigt iSv.
§ 1 Abs. 1, Abs. 2 KSchG. Der Kläger hat - wie oben ausgeführt - seine Vertragspflichten nicht verletzt.
2. Das Arbeitsgericht hat die Beklagte zu Recht zur vorläufigen Weiterbeschäftigung des Klägers verurteilt (Ziff. 5 des Tenors). Da der Kläger mit seiner Kündigungsschutzklage obsiegt hat, kann er nach der Entscheidung des Großen Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 27.02.1985 (GS 1/84) verlangen, bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens weiterbeschäftigt zu werden. Besondere Interessen an einer Nichtbeschäftigung des Klägers, die eine abweichende Bewertung rechtfertigen könnten, hat die Beklagte auch in zweiter Instanz nicht dargelegt.
Die Frage, weshalb der Kläger das Angebot der Prozessbeschäftigung nicht angenommen hat, ist im vorliegenden Rechtsstreit ohne Belang. Ob sich der Kläger auf die Vergütung wegen Annahmeverzugs für die Zeit nach Zugang des Angebots zur Weiterbeschäftigung den Wert desjenigen anrechnen lassen muss, was er in dieser Zeit bereits im Rahmen einer Prozessbeschäftigung bei der Beklagten hätte verdienen können, ist im Folgeprozess vor dem Arbeitsgericht Koblenz (Az. 12 Ca 767/17) zu klären.
3. Das Arbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass die Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger für die Zeit vom 23.02. bis 31.03.2015 Annahmeverzugslohn in rechnerisch unstreitiger Höhe zu zahlen (Ziff. 3, 4 des Tenors). Die Angriffe der Berufung greifen nicht durch.
a) Der Kläger kann
gem. § 615 Satz 1, § 611
Abs. 1
iVm. §§ 293
ff. BGB Vergütung wegen Annahmeverzugs der Beklagten für den hier streitigen Zeitraum beanspruchen.
aa) Kommt der Arbeitgeber mit der Annahme der Dienste in Verzug, so kann der Arbeitnehmer für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, § 615 Satz 1
BGB. Die Voraussetzungen des Annahmeverzugs richten sich nach den §§ 293
ff. BGB. Nach § 296 Satz 1
BGB obliegt es dem Arbeitgeber als Gläubiger der geschuldeten Arbeitsleistung, dem Arbeitnehmer einen funktionsfähigen Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen. Die dem Arbeitgeber nach § 296 Satz 1
BGB obliegende Handlung besteht darin, die vom Arbeitnehmer geschuldete Leistung hinreichend zu bestimmen und durch Zuweisung eines bestimmten Arbeitsplatzes zu ermöglichen. Dem ist die Beklagte ab dem 23.02.2015 nicht nachgekommen. Sie verweigerte dem Kläger die Zuweisung eines Arbeitsplatzes, obwohl sie die Kündigung vom 07.08.2014 im Kammertermin des Vorprozesses (Az. 2 Ca 3118/14) "zurückgenommen" und dem Kläger - ausweislich der Sitzungsniederschrift vom 28.01.2015 - angeboten hat, wieder arbeiten zu kommen.
Zwar führt die unterlassene Zuweisung eines Arbeitsplatzes dann nicht zu einem Vergütungsanspruch des Arbeitnehmers aus Annahmeverzug, wenn die Voraussetzungen des § 297
BGB vorliegen. Danach kommt der Arbeitgeber nicht in Verzug, wenn der Arbeitnehmer - ua. wegen Arbeitsunfähigkeit - außer Stande ist, die Arbeitsleistung zu bewirken. Die Leistungsfähigkeit ist eine Voraussetzung, die während des gesamten Annahmeverzugszeitraums vorliegen muss (
vgl. BAG 28.09.2016 - 5 AZR 224/16 - Rn. 23 mwN). Verweigert der Arbeitgeber - wie hier - nach dem Ende einer vom Arzt attestierten Arbeitsunfähigkeit die Wiederaufnahme der Arbeit, hat er darzulegen und zu beweisen, dass der Arbeitnehmer objektiv nicht in der Lage war, die von ihm geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen (
vgl. BAG 17.08.2011 - 5 AZR 251/10 - Rn. 17 mwN;
BAG 23.01.2008 - 5 AZR 393/07 - Rn. 13 mwN).
bb) Die Beklagte hat auch zweitinstanzlich keinen ausreichend substantiierten Vortrag zum behaupteten Leistungsunvermögen des Klägers ab 23.02.2015 gehalten.
Der Kläger war ab 23.02.2015 nicht mehr arbeitsunfähig krankgeschrieben. Das Arbeitsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, er habe der Beklagten seine Arbeitsleistung am 23.02.2015 uneingeschränkt angeboten. Der Kläger sei nach seinem Vortrag an diesem Tag im Betrieb der Beklagten erschienen, um seine Arbeitsleistung voll anzubieten; er habe keine Wiedereingliederung mehr beantragt, weil sie von der Beklagten am 16.02.2015 abgelehnt worden sei. Die Beklagte habe sein Arbeitsangebot nicht angenommen, sondern ihn nach einer dreistündigen Wartezeit mit dem Hinweis, er solle nicht mehr vorbeikommen, nach Hause geschickt. Auf diesen Vortrag habe die Beklagte nichts erwidert, so dass er
gem. § 138
Abs. 2, 3
ZPO als zugestanden gelte.
Zu den Geschehnissen am 23.02.2015 hat die Beklagte in der Berufungsbegründungschrift (Seite 7) lediglich ausgeführt, sie habe in erster Instanz unter Beweisantritt im Schriftsatz vom 26.03.2015 (dort Seite 4) darauf hingewiesen, dass der Kläger "seine volle Arbeitskraft auch nicht am 23.02.2015 angeboten" habe. In dem zitierten erstinstanzlichen Schriftsatz findet sich lediglich der knappe Hinweis, der Kläger habe "gerade nicht am 23.02.2015 seine volle Arbeitskraft angeboten". Dieser Satz enthält keinen Tatsachenvortrag, der geeignet ist, eine solche Wertung zu rechtfertigen. Die Beklagte hat ihrer Darlegungslast damit jedenfalls nicht genügt. Unter diesen Umständen liefe die angebotene Vernehmung der Assistentin des Geschäftsführers als Zeugin auf einen unzulässigen Ausforschungsbeweis hinaus.
Tatsachen sind konkrete, nach Zeit und Raum bestimmte, der Vergangenheit oder der Gegenwart angehörige Geschehnisse oder Zustände. Die Beklagte hat keine dem Beweis zugänglichen Tatsachen nach Ort, Zeit und Gesprächsinhalten vorgetragen, zu denen die von ihr benannte Zeugin hätte befragt werden können. Es ist nicht Aufgabe des Gerichts, die Tatsachen zu erforschen, sondern die von der Partei behaupteten Tatsachen durch eine Beweisaufnahme zu überprüfen. Die Behauptung der Beklagten, die Assistentin des Geschäftsführers könne bezeugen, dass der Kläger "gerade nicht am 23.02.2015 seine volle Arbeitskraft angeboten" habe, stellt keinen substantiierten Tatsachenvortrag dar. Eine unsubstantiierte, nicht durch Einzeltatsachen belegte allgemeine Behauptung wird nicht durch einen Beweisantritt zu einem schlüssigen Vortrag (
vgl. BAG 21.01.2014 - 3 AZR 362/11 - Rn. 47 mwN).
Es ist auch nichts dafür ersichtlich, dass der Kläger am 23.02.2015 noch arbeitsunfähig erkrankt gewesen sein könnte. Die Unterstellung der Beklagten, der Kläger behaupte lediglich, ihr die Arbeit angeboten zu haben, weil der Krankengeldbezug am 22.02.2015 geendet habe, ist nicht berechtigt. Die Dauer des Krankengeldes beträgt für den Fall der Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit
gem. § 48
SGB V längstens 78 Wochen. Der Anspruch auf Krankengeld hätte bei einer Erkrankung ab 18.03.2014 erst am 14.09.2015 geendet.
b) Die Höhe der geltend gemachten Forderung hat die Beklagte auch zweitinstanzlich nicht bestritten, so dass
gem. § 138
Abs. 3
ZPO vom Vortrag des Klägers auszugehen ist. Der Kläger verlangt für den Monat Februar 2014
EUR 499,99 brutto (5/24 von
EUR 2.400,00) und für den Monat März 2014
EUR 2.400,00 brutto. Nach seinem Vortrag betrug seine durchschnittliche Bruttomonatsvergütung
EUR 2.400,00. Diesen Vortrag hat er durch Vorlage einer DATEV-Entgeltbescheinigung vom 28.05.2014 untermauert, woraus hervorgeht, dass ihm die Beklagte für die Zeit vom 01.01.2015 bis zum Krankengeldbezug ab 29.04.2015 einen Gesamtbetrag iHv.
EUR 9.810,95 brutto gezahlt hat.
Dass der Anspruch des Klägers
gem. § 115
Abs. 1
SGB X (teilweise) auf gesetzliche Sozialversicherungsträger übergegangen sein könnte, lässt sich anhand der Gerichtsakte nicht feststellen. Die Beklagte hat nicht vorgetragen, dass ihr eine Überleitungsanzeige zugegangen ist. Arbeitslosengeld I wurde dem Kläger laut vorgelegtem Bescheid der Bundesagentur für Arbeit vom 29.05.2015 (Bl. 25 der Beiakte 12 Ca 767/17) erst ab 09.04.2015 gewährt.
c) Die geltend gemachten Zinsen, die der Kläger nur für den Verzugslohn aus Februar 2015 fordert, sind
gem. §§ 286
Abs. 2
Nr. 1, § 288
Abs. 1
BGB gerechtfertigt.
III.
Die Beklagte hat
gem. § 97
Abs. 1
ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Berufung zu tragen.
Die Zulassung der Revision ist mangels Vorliegens gesetzlicher Gründe nicht veranlasst (§ 72
Abs. 2
ArbGG).