I.
Die insgesamt zulässige Klage ist in Höhe von 41,79 Euro brutto begründet.
1. Die Beklagte war zur Zahlung eines Betrages in Höhe von 41,79
EUR brutto zu verurteilen.
Der Anspruch ergibt sich für den Kläger aus Ziffer 2 b) des Vergleiches vor dem
LAG Hamm zum dortigen AZ 19 Sa 87/05. Dort haben die Parteien eine Vereinbarung zur Entwicklung der übertariflichen Zulage getroffen.
Entgegen der Auffassung des Klägers war die Zulage jedoch nicht um einen Betrag in Höhe von monatlich 100,00
EUR zu erhöhen.
Die vorzunehmende Auslegung des Vergleiches ergibt, dass die Parteien lediglich eine "entsprechende" Erhöhung der übertariflichen Zulage gewollt haben und sicherstellen wollten, dass das prozentuale Verhältnis zwischen Gehalt und übertariflicher Zulage beibehalten wird.
Der Prozessvergleich ist als Vertrag der Auslegung nach §§ 133,157
BGB zugänglich. Hiernach sind Prozessvergleiche so auszulegen, wie die Parteien sie nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen mussten. Zur Ermittlung des wirklichen Willens der Parteien sind sowohl der Wortlaut der Vereinbarung als auch die außerhalb der Vereinbarung liegenden Umstände mit einzubeziehen, soweit sie einen Schluss auf den Sinngehalt der Erklärung zulassen. Ebenso sind die bestehende Interessenlage und der mit dem Rechtsgeschäft verfolgte Zweck zu berücksichtigen (
BAG Urteil vom 23.06.2016 8 AZR 757/14 in NZA 2016, 1459;
BAG Urteil vom 10.12.2014 10 AZR 63/14 in NZA 2015, 483).
Der Wortlaut der Vereinbarung in Ziffer 2 b) des o.g. Prozessvergleiches "entsprechend der Erhöhung der Tariflohnvergütung" lässt offen, ob die Parteien eine prozentuale Erhöhung der übertariflichen Zulage gewollt oder den Anstieg der übertariflichen Zulage um einen festen Bruttobetrag beabsichtigt hatten. Die Vereinbarung der Parteien enthält insoweit keinen klarstellenden Zusatz.
Die außerhalb der Vereinbarung in Ziffer 2 b) des o.g. Prozessvergleiches liegenden Umstände sprechen für den Willen einer prozentualen Erhöhung der übertariflichen Zulage entsprechend der Erhöhung des Tariflohnes. Dabei war zu berücksichtigen, dass die Tarifvertragsparteien überwiegend einen prozentualen Anstieg des Tariflohnes vereinbaren und die Parteien aufgrund dieser Praxis bei Abschluss des Vergleiches eine derartige Vorgehensweise der Tarifvertragsparteien vor Augen gehabt haben werden. Anhaltspunkte dafür, dass man auch an atypische Tarifabschlüsse gedacht hat, ergeben sich aus dem Vergleichstext nicht.
Auch die zu berücksichtigende Interessenlage spricht eher für die Erhöhung der übertariflichen Zulage entsprechend der prozentualen Erhöhung der Tariflohnvergütung. Dies ergibt sich aus dem Einleitungssatz der Ziffer 2) des Prozessvergleiches. In diesem sind sich die Parteien darüber einig, dass der Kläger eine Vergütung nach der Vergütungsgruppe VII erhielt, obwohl er lediglich als Disponent tätig war. Die Parteien wollten mit der Regelung der Vergütungsansprüche in Ziffer 2 a) und b) des Prozessvergleiches eine Annäherung der klägerischen Vergütung an die in der Vergangenheit geleistete Vergütung herstellen. Aus diesem Grund verfolgte der Kläger mit der Regelung in Ziffer 2 b) des Vergleiches die Zahlung einer übertariflichen Zulage und deren Sicherung für die Zukunft. Letzteres ergibt sich insbesondere aus dem Einschub "die bei künftigen Tariflohnerhöhungen nicht angerechnet werden darf" in Ziffer 2 b) des Vergleiches.
Es ist davon auszugehen, dass die Beklagte diesem Passus nicht zugestimmt hätte, wenn sie davon ausgegangen wäre, dass auch eine Tariflohnerhöhung um einen festen Bruttobetrag die Erhöhung der übertariflichen Zulage um denselben Bruttobetrag zur Folge gehabt hätte. Dies widerspräche der Interessenlage der Beklagten. Bei Abschluss des Vergleiches dürfte die Beklagte ein großes Interesse gehabt haben, das Kostenrisiko einer solchen Zulage abschätzen zu können. Aus diesem Grund wird die Beklagte davon ausgegangen sein, dass sich die übertarifliche Zulage prozentual entsprechend der Tariflohnerhöhung erhöht. Eine andere Auslegung des Wortlautes in Ziffer 2 b) des Prozessvergleiches würde der Beklagten jegliche Kalkulation der Kostenrisiken entziehen. Dies ergibt sich insbesondere daraus, dass die Beklagte sich zur Zahlung der übertariflichen Zulage ohne "Anrechnung" verpflichtet hat. Würde man den Wortlaut "sondern entsprechend der Erhöhung der Tarifvergütung erhöht werden muss" dahingehend auslegen, dass auch eine Erhöhung der tariflichen Zulage um einen festen Bruttobetrag gemeint sei, würde dies zu einem unangemessenen Ergebnis führen. Denn würden die Tarifvertragsparteien
z.B. eine Tariflohnerhöhung von 500,00 Euro brutto vereinbaren, würde dies fast zur Verdoppelung der übertariflichen Zulage führen. Es bestünde die Gefahr, dass die übertarifliche Zulage prozentual in keinem Verhältnis mehr zum Gehalt des Klägers stehen würde. Dass aber gerade die übertarifliche Zulage in besonderer Weise ansteigen sollte und somit im Vordergrund der im Vergleich getroffenen Regelung stehen sollte, ist nicht erkennbar. Bei verständiger Würdigung der Interessenlage der Parteien ist die Vereinbarung in Ziffer 2 b) des Prozessvergleiches dahingehend auszulegen, dass die übertarifliche Zulage prozentual entsprechend der Tariflohnerhöhung erhöht werden muss. Dies ergibt sich insbesondere aus dem Zweck der Regelung und der Interessenlage der Parteien, da der Kläger durch die prozentuale Erhöhung der übertariflichen Zulage eine dauerhaft höhere Zulage erhält und die Beklagte das Kostenrisiko besser abschätzen kann.
Die Erhöhung der übertariflichen Zulage mit einem Faktor von 2,8 % erfolgte jedoch nicht entsprechend der prozentualen Erhöhung des Tariflohnes. Der Kläger rügt zu Recht die fehlerhafte Berechnung der prozentualen Erhöhung der übertariflichen Zulage seitens der Beklagten. Soweit die Beklagte für die Berechnung des Faktors, um den die übertarifliche Zulage zu erhöhen war, den Festbetrag von 100,00
EUR brutto prozentual auf die betroffenen Entgeltgruppen sämtlicher Mitarbeiter umgerechnet hat, kann dieser Vorgehensweise nicht gefolgt werden. Dem Vergleichstext kann nicht entnommen werden, dass etwas anderes als die klägerische Vergütung Maßstab für die Berechnung der ebenfalls anzupassenden übertariflichen Zulage sein sollte.
Aufgrund der einzelfallbezogenen Betrachtungsweise ist die übertarifliche Zulage des Klägers um 3,64 % zu erhöhen. Das ist der Prozentsatz, um den das Tarifentgelt bei einer Erhöhung um 100,00
EUR erhöht worden ist. Legt man diesen Prozentsatz auch bei der übertariflichen Zulage zugrunde, so ergibt sich eine monatliche Erhöhung der übertariflichen Zulage um 22,27
EUR. Seitens der Beklagten wurde eine Erhöhung um 2,8% vorgenommen, somit die übertarifliche Zulage um 17,13
EUR erhöht. Es steht dem Kläger daher für die Monate Februar bis September 2018 der sich ergebende Differenzbetrag in Höhe von 41,12
EUR brutto zu. Anteilig für sieben Arbeitstage des Monats Januar 2018 ergibt sich ein Differenzbetrag in Höhe von 0,67
EUR, so dass sich der an den Kläger auszuzahlende Gesamtdifferenzbetrag auf 41,79
EUR beläuft.
2. Dem Kläger stehen die von ihm im Klageantrag zu 1) und 3) begehrten Zinsansprüche nur teilweise - entsprechend seines Obsiegens - gemäß §§ 280
Abs. 2, 286
Abs. 1,
Abs. 2
Nr. 2, 288
Abs. 1
S. 2
BGB zu. Daher war die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger aus einem Betrag von 21,23
EUR 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 30.05.2018 und aus einem Betrag in Höhe von 20,56
EUR seit dem 30.09.2018 zu zahlen.
3. Die Klage war abzuweisen, soweit der Kläger die Zahlung eines zusätzlichen Urlaubsgeldes für den gesetzlichen Urlaub schwerbehinderter Menschen in Höhe von 154,50
EUR brutto begehrt.
Die Voraussetzungen der als Anspruchsgrundlage für sein Begehren in Betracht kommenden § 4
Abs. 1
TVG i.V.m § 14
Nr. 4 des Manteltarifvertrages Erfrischungsgetränkeindustrie NRW i.V.m § 6
Abs. 1 UTV MTV i.V.m dem Arbeitsvertrag sind nicht erfüllt.
Zwar normiert § 6 UTV MTV i.V.m der Protokollnotiz der Tarifvertragsparteien vom 25.04.2017 die Gewährung eines Urlaubsgeldes für jeden Urlaubstag in Höhe von 30,90 Euro.
Allerdings ist diese tarifliche Regelung in einem Zusammenhang mit dem nach § 2
Abs. 2
Nr. 2 UTV MTV wieder in Kraft getretenen § 14
Nr. 4 des Manteltarifvertrages Erfrischungsgetränkeindustrie NRW zu sehen. Dieser sieht ausdrücklich ein Urlaubsgeld von 25 DM für jeden tariflichen Urlaubstag ab dem Jahr 2001 vor und verweist hinsichtlich der Höhe des Urlaubsgeldes ab dem Jahr 2002 auf den jeweiligen Entgelttarifvertrag.
Die Kammer vermag eine Abweichung
bzw. Erweiterung von § 14
Nr. 4 des Manteltarifvertrages Erfrischungsgetränkeindustrie NRW durch § 6
Abs. 1 UTV MTV i.V.m § 3
Abs. 2 UTV MTV nicht zu erkennen. Dies ergibt eine Auslegung der tariflichen Normen. Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags folgt den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Danach ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Über den reinen Wortlaut hinaus ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und der damit von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Tarifnorm mit zu berücksichtigen, sofern und soweit er in den tariflichen Regelungen und ihrem systematischen Zusammenhang Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist stets auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden können. Lässt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an eine Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrags, gegebenenfalls auch die praktische Tarifübung ergänzend hinzuziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse ist zu berücksichtigen. Im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (
BAG Urteil vom 28.08.2013 10 AZR 701/12 in -, Rn. 13, juris).
Die Wortlautauslegung des § 14
Nr. 4 des Manteltarifvertrages Erfrischungsgetränkeindustrie NRW widerspricht einer einheitlichen Gewährung des Urlaubsgeldes sowohl für die tariflichen, als auch für die gesetzlichen Urlaubstage. § 14
Nr. 4 des o.g. Tarifvertrages normiert ausdrücklich die Gewährung eines Urlaubsgeldes ausschließlich für tarifliche Urlaubstage. Entgegen der Ansicht des Klägers findet eine Differenzierung hinsichtlich der Gewährung des Urlaubsgeldes für tarifliche und gesetzliche Urlaubstage statt.
Auch die systematische Auslegung der Tarifnorm ergibt nichts anderes. § 6
Abs. 1 UTV MTV muss im Zusammenhang mit § 2 und § 3
Abs. 2 UTV MTV, sowie § 14
Nr. 4 des Manteltarifvertrages Erfrischungsgetränkeindustrie NRW gesehen werden. Eine abweichende Regelung zu den regionalen Haus- und Flächentarifverträgen enthält § 6
Abs. 1 UTV MTV i.V.m § 3
Abs. 2 UTV MTV nicht. § 6
Abs. 1 UTV MTV ergänzt § 14
Nr. 4 des Manteltarifvertrages Erfrischungsgetränkeindustrie NRW nur hinsichtlich der Höhe des Urlaubsgeldes und des Auszahlungszeitpunktes. Eine Abweichung vermag die Kammer nicht zu erkennen. Vielmehr sind die Tarifvertragsparteien ihrer Aufgabe aus § 14
Nr. 4 des Manteltarifvertrages Erfrischungsgetränkeindustrie NRW nachgekommen und haben in § 6
Abs. 1 UTV MTV ausschließlich die Urlaubsgeldhöhe, sowie den Zeitpunkt der Auszahlung für die tariflichen Urlaubstage geregelt.
Insbesondere wird durch die wieder Inkraftsetzung des Manteltarifvertrages Erfrischungsgetränkeindustrie NRW gemäß § 2
Abs. 2
Nr. 2 UTV MTV deutlich, dass die Tarifvertragsparteien an den ursprünglichen Regelungen der regionalen Manteltarifverträge festhalten und diese ergänzen wollten. Aus diesem Grund wird ein von § 14
Nr. 4 Manteltarifvertrages Erfrischungsgetränkeindustrie NRW abweichender Wille der Tarifvertragsparteien durch die Formulierung "jeweils im Juni für jeden Urlaubstag" in § 6
Abs. 1 UTV MTV nicht zum Ausdruck gebracht.
Dieses Verständnis des § 6
Abs. 1 UTV MTV wird durch die Entstehungsgeschichte der tariflichen Norm bestätigt.
Die Beklagte wies darauf hin, dass zwischen den Tarifvertragsparteien die Gewährung eines Urlaubsgeldes für den gesetzlichen Zusatzurlaub schwerbehinderter Menschen nicht Bestandteil der Tarifverhandlungen war. Hätten die Tarifvertragsparteien in § 6
Abs. 1 UTV MTV eine abweichende Regelung von § 14
Nr. 4 Manteltarifvertrages Erfrischungsgetränkeindustrie vornehmen wollen, hätte dies zumindest in den Tarifverhandlungen thematisiert werden müssen.
Auch in Anbetracht der Entstehungsgeschichte der Tarifnorm vermag die erkennende Kammer keine Umstände erkennen, aufgrund derer die Tarifvertragsparteien eine einheitliche Regelung von einem Urlaubsgeld sowohl für die tariflichen als auch für die gesetzlichen Urlaubstage vereinbart hätten.
II.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 46
Abs. 2
ArbGG i.V.m 92
Abs. 1
S. 1
ZPO. Der gemäß § 61
ArbGG im Urteil festzusetzende Streitwert gründet sich auf § 46 II
ArbGG in Verbindung mit § 3
ZPO.