1. Die Beschwerde der Vertrauensperson der Schwerbehinderten gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 7. Mai 2015 - 6 BV 358/14 - wird zurückgewiesen.
2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
I.
Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit der Wahl der Vertrauensperson der Schwerbehinderten.
Die Arbeitgeberin - eine Körperschaft öffentlichen Rechts - betreibt
u. a. eine Fachklinik für Psychiatrie und Psychotherapie. Sie unterhält hierfür fünf Standorte - einen Hauptstandort und vier Außenstellen. Der Hauptstandort, in dem die meisten Arbeitnehmer beschäftigt werden, befindet sich in K - . Die Antragstellerinnen - sämtlich schwerbehindert - und die Vertrauensperson der Schwerbehinderten sind bei der Arbeitgeberin beschäftigt.
Die Amtszeit der Schwerbehindertenvertretung lief Ende November 2014 ab. Anfang September 2014 wurde ein Wahlvorstand zur Durchführung der Wahl gebildet.
Am 5. September 2014 erstellte der Wahlvorstand das Wahlausschreiben und teilte hierin mit, dass die Wahl zur Schwerbehindertenvertretung durch schriftliche Stimmabgabe bis zum 20. November 2014 15.00 Uhr erfolgen solle. Er bat die Wahlberechtigten innerhalb von zwei Wochen seit dem Erlass des Wahlausschreibens, also spätestens bis zum 19. September 2014 13.00 Uhr, schriftliche Wahlvorschläge einzureichen. Es würden eine Vertrauensperson und drei Stellvertreter gewählt.
Das Wahlausschreiben wurde durch den Wahlvorstand jedenfalls in den Außenstellen am 5. September 2014 ausgehängt. Außerdem wurde das Wahlausschreiben im Intranet veröffentlich und per E-Mail an nahezu alle Beschäftigten - bis auf die Stationsgehilfinnen, die über keinen Outlook-Zugang verfügen - verschickt.
Am 21. November 2014 wurde das Wahlergebnis bekanntgegeben. Zur Vertrauensperson für die schwerbehinderten Menschen wurde die Beschwerdeführerin gewählt.
Mit ihrer am 3. Dezember 2014 beim Arbeitsgericht eingegangenen Antragsschrift, die am 4. Dezember 2014 hinsichtlich sämtlicher die Prozessvollmacht unterschreibenden Antragstellerinnen ergänzt wurde, haben diese die Wahl angefochten.
Die Antragstellerinnen haben geltend gemacht, das Wahlausschreiben habe in dem Hauptstandort nicht während der gesamten Zeit ausgehangen. Über mehrere Tage habe es sich dort nicht in den Schaukästen in der Nähe der Poststelle befunden. Dadurch sei gegen wesentliche Wahlvorschriften verstoßen worden, so dass die Wahl unwirksam sei. Dies gelte selbst dann, wenn ursprünglich ein Aushang erfolgt sein sollte, das Wahlausschreiben aber zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr ausgehangen habe.
Die Antragstellerinnen haben beantragt,
die Wahl der Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen in der L -K K für ungültig zu erklären.
Die Vertrauensperson der Schwerbehinderten hat beantragt,
den Antrag abzuweisen.
Am Ende der Sitzung hat sie allerdings ausweislich des Protokolls erklärt, keine Anträge zu stellen.
Die Vertrauensperson hat vorgetragen, das Wahlausschreiben sei auch im Hauptstandort der Klinik ordnungsgemäß ausgehangen worden. Die Wahl sei nicht zu beanstanden. Die Vorsitzende des Wahlvorstands habe das Wahlausschreiben am 5. September 2014 an die Schaukästen neben der Poststelle angebracht. Wenn das Schreiben zu einem späteren Zeitpunkt zeitweise nicht ausgehangen habe, könne dies nicht zur Unwirksamkeit der Wahl führen. Es stelle sich die Frage, inwieweit ein dauerhafter, lückenloser und nicht zu beanstandender Aushang durch den Wahlvorstand nach Maßgabe der Wahlvorschriften überhaupt zu gewährleisten sei. Zudem sei zu beachten, dass das Wahlausschreiben auch auf elektronischem Wege bekannt gemacht worden und zur Kenntnisnahme im Intranet verfügbar gewesen sei.
Das Arbeitsgericht hat über den Aushang Beweis erhoben und dem Antrag stattgegeben. Das Wahlausschreiben habe nach der Beweisaufnahme nicht die ganze Zeit ausgehangen. Dies habe die Wahl beeinflussen können und führe daher zu ihrer Ungültigkeit.
Im Übrigen wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze, das Sitzungsprotokoll wie auch auf den arbeitsgerichtlichen Beschluss Bezug genommen.
Der Beschluss des Arbeitsgerichts Köln ist der Beschwerdeführerin am 29. Mai 2015 zugestellt worden. Die Beschwerdeschrift ist am 24. Juni 2015, die Beschwerdebegründung nach entsprechender Verlängerung am 28. August 2015 beim Landesarbeitsgericht eingegangen.
Die Schwerbehindertenvertretung trägt vor, die Zeugenaussagen seien unglaubwürdig. Es sei nicht zu erkennen, warum die Zeugen den fehlenden Aushang bemerkt, dies indes nicht dem Wahlvorstand mitgeteilt hätten. Zudem sei die Verbreitung über Intranet und E-Mail zu beachten. Daraus folge, dass der fehlende Aushang die Wahl nicht beeinflusst habe.
Die Vertrauensperson der Schwerbehinderten beantragt,
den Beschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 7. Mai 2015 - 6 BV 358/14 - abzuändern und den Antrag abzuweisen.
Die Antragstellerinnen beantragen,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Antragstellerinnen tragen vor, es sei unerheblich, dass der Wahlvorstand nicht auf den fehlenden Aushang aufmerksam gemacht worden sei.
Für den weiteren Vortrag wird auf die gewechselten Schriftsätze und das Sitzungsprotokoll Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet.
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A. Die Beschwerde ist zulässig. Sie ist statthaft sowie frist- und formgerecht eingelegt und begründet, § 87
Abs. 1, 89
Abs. 1, 2
ArbGG iVm. § 519, § 520
Abs. 1,
Abs. 3
ZPO.
Die Vertrauensperson ist auch ausreichend beschwert. Durch die Entscheidung des Arbeitsgerichts wird ihre Wahl für ungültig erklärt. Es kommt nicht darauf an, ob die Vertrauensperson nach der Beweisaufnahme beim Arbeitsgericht an ihrem Abweisungsantrag festgehalten hat und ob das Protokoll insoweit
ggf. fehlerhaft, aber mangels Angriffs zugrunde zu legen ist, §§ 164, 165
ZPO. Für die erforderliche Beschwer nach § 87
Abs. 1
ArbGG genügt die materielle Beschwer. Die Beteiligten sind beschwert, soweit der Inhalt der Entscheidung sie in ihrer materiellen Rechtsstellung beeinträchtigt und sie mit dem Rechtsmittel gerade die Beseitigung dieser Beschwer begehren (GMPM/Matthes/Schlewing 8. Aufl. § 89 Rn. 8). Wenn die Beteiligten keine Sachanträge stellen, dies wegen § 83
Abs. 4 Satz 1
ArbGG auch nicht müssen, kommt es auf das Unterliegen mit dem Abweisungsantrag nicht an (
GK-
ArbGG/Ahrendt Stand September 2015 § 89 Rn. 8).
B. Die Beschwerde der Vertrauensperson der Schwerbehinderten ist nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat dem Antrag zu Recht stattgegeben. Er ist zulässig und begründet.
I. Der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten ist unabhängig von der fehlenden Prüfungsbefugnis der Beschwerdeinstanz - § 88
ArbGG - eröffnet. Für ein Verfahren über die Anfechtung der Wahl der Schwerbehindertenvertretung sind nach § 2a
Abs. 1
Nr. 3a
ArbGG in der seit dem 1. Juli 2001 geltenden Fassung die Gerichte für Arbeitssachen ausschließlich zuständig. Die Wahl der Schwerbehindertenvertretung ist damit auch bei öffentlichen Arbeitgebern iSd.
§ 130 BetrVG vor den Arbeitsgerichten anzufechten (
BAG 11. November 2003 -
7 AZB 40/03 -).
II. Der Antrag ist zulässig.
1. Die Anfechtung der Wahl richtet sich vorliegend wegen der öffentlich-rechtlichen Eigenschaft der Arbeitgeberin als Körperschaft öffentlichen Rechts (§ 130
BetrVG) nach
§ 94 Abs. 6 Satz 2 SGB IX iVm. § 22 LPVG NRW und nicht, wie das Arbeitsgericht ausgeführt hat, nach
§ 19 BetrVG. Dieser Fehler ist allerdings unerheblich, da die Anfechtung der Wahl nach § 19
BetrVG und § 22 LPVG im Wesentlichen denselben Anforderungen unterliegt.
2. Der Antrag ist zulässig auf die Anfechtung der Wahl der Vertrauensperson und nicht auf die Wahl der Schwerbehindertenvertretung insgesamt gerichtet. Die Wahl der Vertrauensperson der Schwerbehinderten ist isoliert anfechtbar, da die stellvertretenden Mitglieder in einer eigenständigen Wahl gewählt werden (
vgl. BAG 23. Juli 2014 -
7 ABR 23/12 - Rn. 16). Das gilt auch im Anwendungsbereich des § 22 LPVG NRW.
3. Die Wahl ist auch von einer ausreichenden Zahl wahlberechtigter, schwerbehinderter Menschen angefochten worden, § 94
Abs. 6 Satz 2
SGB IX iVm. § 22
Abs. 1 LPVG NRW. Wie die Antragstellerinnen in der Anhörung dargetan haben, waren sie sämtlich wahlberechtigt.
4. Die Wahl zur Schwerbehindertenvertretung ist rechtzeitig binnen zwei Wochen angefochten worden, nachdem das endgültige Wahlergebnis durch Aushang am 21. November 2014 bekannt gegeben wurde, § 94
Abs. 6 Satz 2
SGB IX iVm. § 22
Abs. 1 LPVG NRW. Die Antragsschrift ist beim Arbeitsgericht am 3. und die von sämtlichen Antragstellerinnen unterschriebene Vollmacht am 4. Dezember 2014 eingegangen.
5. Die stellvertretenden Mitglieder der Vertrauensperson der Schwerbehinderten waren ebenso wenig wie der Personalrat zu beteiligen (
BAG 23. Juli 2014 - 7 ABR 23/12 - Rn. 15). Die Wahl der Stellvertreter ist ausdrücklich nicht angefochten und der Personalrat ist nicht in seinen Rechten betroffen.
III. Der Antrag ist begründet.
1. Die Wahl ist nach § 22
Abs. 1 LPVG NRW ungültig, wenn gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren verstoßen wurde und eine Berichtigung nicht erfolgt ist, es sei denn, dass durch den Verstoß das Wahlergebnis nicht geändert oder beeinflusst werden konnte.
2. Vorliegend ist gegen die für das Verfahren wesentliche Pflicht zur dauernden Aushängung des Wahlausschreibens verstoßen worden (a). Es ist auch nicht davon auszugehen, dass durch diesen Verstoß das Wahlergebnis nicht geändert oder beeinflusst werden konnte (b).
a) Der Wahlvorstand hat gegen die Pflicht verstoßen, das Wahlausschreiben an zugänglichen Stellen in gut lesbarem Zustand bis zum Wahltag zu erhalten. Dies begründet einen wesentlichen Verfahrensfehler.
aa) Nach
§ 5 Abs. 1 Satz 1 der Wahlordnung der Schwerbehindertenvertretungen (
SchwbVWO idF vom 23. April 1990 BGBl. I
S. 811) erlässt spätestens sechs Wochen vor dem Wahltag der Wahlvorstand ein Wahlausschreiben, das von dem oder der Vorsitzenden und mindestens einem weiteren Mitglied des Wahlvorstandes zu unterschreiben ist. Nach § 5
Abs. 2
SchwbVWO ist eine Abschrift oder ein Abdruck des Wahlausschreibens vom Tage seines Erlasses bis zum Wahltag an einer oder mehreren geeigneten, den Wahlberechtigten zugänglichen Stellen vom Wahlvorstand auszuhängen und in gut lesbarem Zustand zu erhalten. § 5
Abs. 2
SchwbVWO entspricht § 6
Abs. 3 WO-LPVG NRW und § 3
Abs. 4 Satz 1 WO
BetrVG.
bb) Die Wahlordnung enthält zwar keine ausdrückliche Regelung darüber, ob bei Betrieben mit mehreren räumlich voneinander getrennten Betriebsstätten in jeder Betriebsstätte ein Abdruck des Wahlausschreibens auszuhängen ist oder ob der Aushang in einer Betriebsstätte oder in mehreren größeren Betriebsstätten genügt. § 5
Abs. 2
SchwbVWO bestimmt aber, dass das Wahlausschreiben an Stellen ausgehängt wird, die den Wahlberechtigten zugänglich sind. Daraus sowie aus Sinn und Zweck der Regelungen über das Wahlausschreiben und dessen Bekanntmachung ergibt sich, dass grundsätzlich ein Aushang in allen Betriebsstätten erforderlich ist, in denen Wahlberechtigte beschäftigt sind (
vgl. BAG 21. Januar 2009 - 7 ABR 65/07 - Rn. 18; 5. Mai 2004 - 7 ABR 44/03 - zu B I 1 der Gründe).
cc) Außerdem fordert § 5
Abs. 2
SchwbVWO, dass das Ausschreiben bis zur Wahl auszuhängen und gut lesbar zu erhalten ist. Der Wahlvorstand muss den Aushang und seinen Zustand daher
ggf. regelmäßig kontrollieren (Fitting 27. Aufl. § 3 WO 2001 Rn. 29;
vgl. Thüringer
OVG 18. September 2013 - 5 PO 1430/10 -).
dd) Nach der ausführlichen Beweisaufnahme, die von der Vertrauensperson in ihrer Würdigung nicht angegriffen wurde - hat das Ausschreiben jedenfalls nicht die ganze Zeit bis zur Wahl ausgehangen.
(1) Grundsätzlich steht es im Ermessen des Beschwerdegerichts, ob es Zeugen, die in der Vorinstanz bereits vernommen worden sind, nach § 398
Abs. 1
ZPO erneut vernimmt. Diesem Ermessen sind jedoch Grenzen gezogen. Im Einzelfall kann es sich zur Rechtspflicht auf Wiederholung der Zeugenvernehmung verdichten. So ist eine erneute Vernehmung nach ständiger Rechtsprechung
u. a. dann geboten, wenn das Berufungsgericht der Aussage eine andere Tragweite, ein anderes Gewicht oder eine vom Wortsinn abweichende Auslegung geben will oder wenn es die protokollierten Angaben des Zeugen für zu vage und präzisierungsbedürftig hält. Allerdings ist es dem Berufungsgericht nicht grundsätzlich verwehrt, die Aussage eines erstinstanzlich gehörten Zeugen ohne wiederholte Vernehmung entgegen der Würdigung des Erstrichters für die Beweisführung als nicht ausreichend zu erachten. Dies setzt jedoch voraus, dass keine Zweifel über die Vollständigkeit und Richtigkeit der protokollierten Aussage bestehen. Demgegenüber ist eine erneute Vernehmung geboten, wenn das Berufungsgericht die protokollierte Aussage anders verstehen will als die Richter der Vorinstanz, und zwar insbesondere dann, wenn die Aussage des Zeugen widersprüchlich oder mehrdeutig ist und es für die Auffassung des Erstrichters nicht an jedem Anhaltspunkt in der protokollierten Aussage fehlt (
BGH 22. Juli 2015 - V ZR 245/14 - Rn. 8).
(2) Nach diesen Grundsätzen hält die Kammer eine erneute Beweisaufnahme nicht für geboten. Das Beschwerdegericht will den Aussagen weder eine andere Tragweite, ein anderes Gewicht oder eine vom Wortsinn abweichende Auslegung geben, noch hält es die protokollierten Angaben des Zeugen für zu vage oder präzisierungsbedürftig. Es hält die Zeugenaussagen für ausführlich und glaubwürdig und stimmt mit der Beweiswürdigung der ersten Instanz überein. Gegen die Glaubwürdigkeit der Zeugen spricht insbesondere nicht, dass sie nicht den Wahlvorstand unterrichtet haben. Wie das Arbeitsgericht bereits ausgeführt hat, berührt dieser Umstand nicht die Glaubwürdigkeit der Zeugen. Insbesondere hat das Arbeitsgericht die Zeugen nach ihrem Motiv für ihr Verhalten gefragt und insoweit glaubhafte Antworten erhalten. Dem einzelnen Beschäftigten hätte es zwar zumindest moralisch oblegen, den Wahlvorstand vom fehlenden Aushang zu unterrichten. Ihnen musste allerdings nicht die Tragweite dieses Fehlers für die Wirksamkeit der Wahl bewusst sein, so dass ihre Erklärungen durchaus im Bereich des Möglichen liegen. Insbesondere die Gesamtschau der Zeugenaussagen und das fehlende Kontrollieren des Aushangs durch den Wahlvorstand sowie die nachweislich fehlende Anbringung des Ausschreibens im Kasten hinter Glas entfaltet eine hinreichende Überzeugungskraft iSd. § 286
Abs. 1
ZPO für die entscheidende Kammer, um davon ausgehen zu können, der Aushang habe nicht die ganze Zeit ausgehangen.
b) Es handelt sich auch um eine wesentliche Wahlvorschrift (
vgl. Fitting 27. Aufl. § 3 WO 2001 Rn. 29;
vgl. zu Fehlern des Wahlausschreibens Thüringer
OVG 18. September 2013 - 5 PO 1430/10 -), deren Missachtung grundsätzlich geeignet ist, das Wahlergebnis zu beeinflussen.
aa) Nach § 94
Abs. 6 Satz 2
SGB IX iVm. § 22
Abs. 1 LPVG NRW berechtigen Verstöße gegen wesentliche Wahlvorschriften nur dann nicht zur Anfechtung der Wahl, wenn die Verstöße das Wahlergebnis objektiv weder ändern noch beeinflussen konnten. Dabei ist entscheidend, ob bei einer hypothetischen Betrachtungsweise eine Wahl ohne den Verstoß gegen wesentliche Wahlvorschriften unter Berücksichtigung der konkreten Umstände zwingend zu demselben Wahlergebnis geführt hätte. Eine verfahrensfehlerhafte Wahl muss nur dann nicht wiederholt werden, wenn sich konkret feststellen lässt, dass auch bei der Einhaltung der Wahlvorschriften kein anderes Ergebnis erzielt worden wäre. Kann diese Feststellung nicht getroffen werden, bleibt es bei der Unwirksamkeit der Wahl (Cecior/Vallendar/Lechtermann/Klein LPVG NRW Stand Dezember 2011 § 22 Rn. 76 mwN; st. Rspr.
BAG 10. Juli 2013 -
7 ABR 83/11 - Rn. 24; 18. Juli 2012 - 7 ABR 21/11 - Rn. 30 mwN).
bb) In diesem Sinne war der Verstoß gegen § 5
Abs. 2
SchwbVWO geeignet, das Wahlergebnis zu beeinflussen. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass es bei einem ordnungsgemäßen dauerhaften Aushang zu einem anderen Ergebnis gekommen wäre. So sind weitere Wahlvorschläge oder relevante Einwendungen gegen das Wahlausschreiben nicht auszuschließen. Es kommt nicht darauf an, ob tatsächliche objektive Anhaltspunkte für solche Fehler vorliegen. Die Vorschrift soll der Minderung abstrakter Gefährdungen dienen. Soweit die Vertrauensperson in der Anhörung behauptet hat, es habe nur einen weiteren potentiellen Wahlvorschlag gegeben, der ohnehin von der Wahl gewusst habe, ist nicht ersichtlich, woraus sie die Erkenntnis ableitet, es habe nur einen weiteren Vorschlag gegeben. Bei der Anzahl der wahlberechtigten und wählbaren Beschäftigten kann hiervon nicht ausgegangen werden.
cc) Die hypothetische Kausalität entfällt auch nicht wegen der erfolgten Übermittlung per E-Mail und Veröffentlichung im Intranet.
(1) Dabei kann zunächst dahinstehen, ob es mit der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Köln vom 11. April 2008 (-
11 TaBV 80/07 -) zutrifft, dass § 3
Abs. 4 Satz 2 WO
BetrVG 2001 keine analoge Anwendung findet. Es kann auch dahinstehen, ob alle Beschäftigten über Outlook in der Lage sind, E-Mails zu erhalten und persönlich zu lesen.
(2) Die ergänzende oder ersetzende Veröffentlichung des Wahlausschreibens über das Intranet setzt zusätzliche Sicherungsmaßnahmen voraus, um die elektronische Bekanntmachung vor einer unbefugten Veränderung zu schützen. Sind Dritte in der Lage, ohne Mitwirkung des Wahlvorstands das in elektronischer Form bekannt gemachte Wahlausschreiben tatsächlich zu verändern, genügt dies den Anforderungen des § 3
Abs. 4
iVm. § 2
Abs. 4 Satz 4 WO
BetrVG nicht. Dies folgt aus dem Wortlaut des § 2
Abs. 4 Satz 4 WO, der auf das "Können" und nicht auf das "Dürfen", dh. die Befugnis zur Vornahme von Änderungen abstellt. Änderungen des Wahlausschreibens dürfen nur von den Mitgliedern des Wahlvorstands vorgenommen werden. Die Voraussetzungen des § 2
Abs. 4 Satz 4 WO liegen daher nicht mehr vor, wenn andere Mitarbeiter des Arbeitgebers, wie zB die Systemadministratoren, oder entsprechend beauftragte Externe ohne Mitwirkung und Kontrolle des Wahlvorstands auf das elektronische Dokument tatsächlich zugreifen können (
vgl. BAG 12. Juni 2013 - 7 ABR 77/11 - Rn. 31, BAGE 145, 225; 21. Januar 2009 - 7 ABR 65/07 - Rn. 21).
(3) Diese besonderen Voraussetzungen lagen hier bei der Veröffentlichung im Intranet nicht vor. Gerade der von der Vertrauensperson bezeichnete Dritte genügte den Anforderungen des Gesetzes nicht, da er ohne Mitwirkung und Kontrolle des Wahlvorstands auf das elektronische Dokument zugreifen konnte. Erfolgt der Aushang damit - wie hier - nur ergänzend, müssen weiter die Anforderungen des § 5
Abs. 2 SchbVWO an den tatsächlichen und dauerhaften Aushang erfüllt sein (Fitting 27. Aufl. § 3 WO 2001 Rn. 30).
C. Die Entscheidung über die Nichtzulassung der Beschwerde folgt aus § 92
Abs. 1 Satz 2
ArbGG. Die entscheidungserhebliche Rechtsfrage ist hinreichend geklärt.
E. Auf die Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde wird hingewiesen, § 92a
Abs. 1
ArbGG.
BELEHRUNG
Gegen diesen Beschluss ist ein Rechtsmittel nicht gegeben.