Urteil
Streit über die Wahl zur Schwerbehindertenvertretung

Gericht:

ArbG Frankfurt


Aktenzeichen:

14 BV 1059/22


Urteil vom:

01.03.2023


Grundlage:

Leitsatz:

Rehabilitanten verlieren ihre Wahlberechtigung nicht . S.d. § 177 Abs. 2 SGB IX nicht,wenn sie (auch) von einem Werkstattrat vertreten werden

Rechtsweg:

LAG Hessen, 13. 11.2023, 16 TaBV 72/23

Quelle:

Justiz Hessen

Tenor:

Die Wahl der Schwerbehindertenvertretung (Vertrauensperson, 1. und 2. stellvertretendes Mitglied) im Betrieb des Frankfurter Verein für soziale Heimstätten e. V. vom 18. November 2022 wird für unwirksam erklärt.

Im Übrigen werden die Anträge zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten über die Wahl zur Schwerbehindertenvertretung.

Der Beteiligte zu 6. bietet in verschiedenen Handlungsfeldern der Sozialarbeit Hilfen an. Dies umfasst ambulante Dienste, teilstationäre Einrichtungen und Wohnstätten. Mit diesem Angebot richtet sich die Arbeit vor allem an wohnungslose Menschen, an Personen mit psychischen Störungen sowie an Frauen, die sich in Notsituationen befinden.

Darüber hinaus bietet er Beschäftigung zur Rehabilitation und beruflichen Teilhabe („Rehabilitanden“). Rehabilitanden sind schwerbehinderte und schwerbehinderten gleichgestellte behinderte Beschäftigte, die im Rahmen des Leistungsbezugs nach §§ 57 und 58 SGB IX in den Rehawerkstätten des Beteiligten zu 6. beschäftigt sind und dort Werkstattlohn erhalten. Die im Betrieb des Beteiligten zu 6. beschäftigten Rehabilitanden werden von der Bundesagentur für Arbeit, von der Rentenversicherung, vom Landeswohlfahrtsverband oder einem anderen Träger im Rahmen von Werkstattverträgen in den Werkstätten des Beteiligten zu 6. eingesetzt. Die Rehabilitanden gehen einer von dem Beteiligten zu 6 vorgegebenen Tätigkeit nach und erhalten hierfür eine finanzielle Gegenleistung. Der Einsatz von Rehabilitanden erfolgt in drei Schritten, wobei wegen des Verfahrens auf S. 3f der Antragsschrift verwiesen wird. In den von dem Beteiligten zu 6 betriebenen Werkstätten werde regelmäßig ca. 200 bis 300 Rehabilitanden beschäftigt.

Der Beteiligte zu 6. beschäftigt im Übrigen ca. 850 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.

Die Beteiligten zu 1 und 2 sind bei dem Beteiligten zu 6 beschäftigt. Die Beteiligte zu 3 war bis zum 31.12.2022 bei dem Beteiligten zu 6 beschäftigt. Die Beteiligten zu 1 bis 3 (auch: die „Antragsteller“) sind schwerbehindert.

Der Wahlvorstand leitete mit Wahlausschreiben vom 06.10.2022 die Wahlen zur Schwerbehindertenvertretung am 18.11.2022 ein, wobei wegen des Inhalts des Wahlausschreibens auf Anlage AST 1 verwiesen wird. Die Beteiligten zu 1 bis 3 legten Einspruch gegen die Richtigkeit der Wählerliste zur Wahl ein, da die im Betrieb beschäftigten Rehabilitanden nicht auf der Wählerliste aufgelistet waren, wobei wegen des vollständigen Inhalts des Einspruchs auf Anlagenkonvolut AST 2 verwiesen wird. Der Wahlvorstand wies die Einsprüche mit den Schreiben vom 12.10.2023 (Anlagenkonvolut AST 2) zurück.

Die Wahl zur Schwerbehindertenvertretung fand am 18.11.2022 statt. Herr A wurde zur Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen gewählt. Als Stellvertreter (1. Stellvertreter bis 3. Stellvertreter) wurden B, C – die Beteiligte zu 3, die zum 31.12.2022 aus dem Betrieb ausgeschieden ist – sowie D gewählt. Das Wahlergebnis wurde am 22.11.2022 im Betrieb bekanntgemacht, wobei wegen des bekanntgegebenen Wahlergebnisses auf Anlage AST 5 verwiesen wird.

Mit dem vorliegenden Verfahren, das am 01.12.2022 beim Arbeitsgericht Frankfurt am Main einging, fechten die Antragsteller die Wahl der Schwerbehindertenvertretung an. Sie halten die Wahl für unwirksam, weil die Rehabilitanden nicht auf die Wählerliste gesetzt wurden. Diese seien gemäß § 177 Abs. 2 SGB IX wahlberechtigt gewesen, weil sie „Beschäftigte“ i.S.d. § 177 Abs. 2 SGB IX seien; dies ergebe sich vor allem auch aus der Entscheidung des BAG vom 27.06.2001 (AZ: 7 ABR 50/99).

Insofern – so die Antragsteller – liege ein zur Anfechtung berechtigender Verstoß i.S.d. von §§ 177 Abs. 6 SGB IX, 19 Abs. 1 BetrVG vor. Es läge ein Verstoß gegen wesentliche Wahlvorschriften vor, weil in der Wählerliste auch alle schwerbehinderten und die den schwerbehinderten gleichgestellten Rehabilitanden hätten aufgeführt werden müssen. Die Nichtbeteiligung dieser Rehabilitanden an der Wahl zur Schwerbehindertenvertretung stelle einen Verstoß gegen wesentliche Vorschriften des Wahlrechts dar. Das Ergebnis hätte dann auch anders ausgehen können. Im Übrigen sei der Antrag zu 2 zulässig und begründet. Es liege vor allem ein Feststellungsinteresse vor.


Die Antragsteller beantragen, nachdem sie im Schriftsatz vom 23.02.2023 die angekündigten Anträge mit Blick darauf, dass die Beteiligte 3 zum 31.12.2022 aus dem Betrieb ausgeschieden und mithin nicht mehr zweite Stellvertreterin ist, zuletzt,

1. die Wahl der Schwerbehindertenvertretung (Vertrauensperson, 1. und 2. stellvertretende Mitglieder) im Betrieb des E vom 18.11.2022 für unwirksam zu erklären;

hilfsweise, die Wahl der Vertrauensperson im E, Herrn A vom 18.11.2022 für unwirksam zu erklären

und

die Wahl des B vom 18.11.2022 zum stellvertretenden Mitglied und die Wahl des D vom 18.11.2022 zum 2. stellvertretenden Mitglied der Schwerbehindertenvertretung des E wird für unwirksam zu erklären.

2. festzustellen, dass die im Betrieb des E nach §§ 57 und 58 SGB IX beschäftigten schwerbehinderten und schwerbehinderten Menschen gleichgestellten Rehabilitanden wahlberechtigt für eine Schwerbehindertenvertretung des E sind.

hilfsweise, festzustellen, dass die im Betrieb des E nach §§ 57 und 58 SGB IX beschäftigten schwerbehinderten und schwerbehinderten Menschen gleichgestellten Rehabilitanden bei der Schwerbehindertenvertretungswahl des E am 18.11.2022 wahlberechtigt waren.


Der Beteiligte zu 6 beantragt,

die Anträge zurückzuweisen.

Der Beteiligte zu 6 meint, die Wahl sei nicht anfechtbar. Sie sei rechtmäßig. Der Wahlvorstand habe zu Recht die Rehabilitanden nicht auf die Wählerliste gesetzt. Zwar seien die Rehabilitanden grundsätzlich wahlberechtigt i.S.d. § 177 Abs. 2 SGB IX. Vorliegend sei es aber so, dass sämtliche nach § 177 Abs. 2 SGB IX wahlberechtigten Rehabilitanden durch einen Werkstattrat gemäß § 222 Abs. 1 SGB IX vertreten würden. Für wahlberechtigte Rehabilitanden bestehe keine Wahlberechtigung i.S.d. § 177 Abs. 2 SGB IX, wenn sie durch einen Werkstattrat vertreten werden. Die Werkstatträte seien insoweit die „speziellere Vertretung“, die eine Vertretung durch die Schwerbehindertenvertretung ausschließe. Diese ausschließliche Vertretung der im Eingangs- und Berufsbildungsverfahren und Arbeitsbereich der Werkstatt befindlichen behinderten Menschen ergebe sich eindeutig aus dem Wortlaut der einschlägigen Normen und der Gesetzessystematik. Diese ausschließliche Vertretung werde insbesondere durch § 8 der WMVO deutlich, der zeige, dass der Werkstattrat als Organ neben der Schwerbehindertenvertretung agiere. Hinzu komme vor allem auch, dass sich auf Basis von §§ 4, 5 WMVO die Aufgaben der Schwerbehindertenvertretung und des Werkstattrats weitestgehend überschneiden, wodurch eine nicht lösbare Konkurrenz der beiden Vertretungen entstehen würde. Darüber hinaus spreche v.a. auch der eindeutige Wortlaut des § 222 Abs. 1 S. 2 SGB IX für eine ausschließliche Vertretung durch den Werkstattrat.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt ihrer wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen und den übrigen Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die Anträge haben nur teilweise Erfolg.

1. Der (Haupt-) Antrag zu 1 hat Erfolg.

1.1. Er ist zulässig. Insbesondere führte das Ausscheiden der Beteiligten zu 3 aus dem Betrieb des Beteiligten zu 6 nicht zur Unzulässigkeit des Antrags, weil die Beteiligte zu 3 weiterhin das Beschlussverfahren „mitbetreibt“ und insofern die vom BAG in seiner Entscheidung vom 04.12.1986 – 6 ABR 48/85 (NZA 1987, 166) aufgestellten Anforderungen an die Zulässigkeit vorliegen.

1.2. Der insofern zulässige Antrag zu 1 ist auch begründet. Die streitgegenständliche Wahl – und zwar auf alle gewählten Vertreter bezogen – sind unwirksam.

Die Wahl zur Schwerbehindertenvertretung kann nach §§ 177 Abs. 6 S. 2 SGB IX i.V.m. 19 Abs. 1 BetrVG angefochten werden, wenn gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren verstoßen worden ist und eine Berichtigung nicht erfolgt ist, es sei denn, dass durch den Verstoß das Wahlergebnis nicht geändert oder beeinflusst werden konnte. Diese Voraussetzungen liegen hier vor.

a. Es liegt ein Anfechtungsgrund i.S.d. §§ 177 Abs. 6 S. 2 SGB IX, § 19 Abs. 1 BetrVG vor, weil der Wahlvorstand die Rehabilitanden nicht in die Wählerliste aufnahm, obwohl sie Wahlberechtigte i.S.d. § 177 Abs. 2 SGB IX sind. Damit liegt ein Verstoß gegen das Wahlrecht und mithin ein Anfechtungsgrund vor.

(1) Gemäß § 177 Abs. 2 SGB IX sind alle in dem Betrieb oder der Dienststelle beschäftigten schwerbehinderten Menschen wahlberechtigt mit Blick auf die Wahl der Schwerbehindertenvertretung. Wahlberechtigt sind insofern alle schwerbehinderten Menschen i.S.v. § 2 Abs. 2 SGB IX sowie den schwerbehinderten Menschen gleichgestellte Menschen (§ 2 Abs. 3 SGB IX). Damit sind auch die Rehabilitanden wahlberechtigt i.S.d. § 177 Abs. 2 SGB IX (vgl. zur Wahlberechtigung nur BAG vom 27.06.2001 – 7 ABR 50/99, NZA 2002, 50 (damals zu § 24 Abs. 2 SchwbG).

(2) Nach Auffassung der Kammer bleibt die Wahlberechtigung nach § 177 Abs. 2 SGB IX auch dann bestehen, wenn die Rehabilitanden durch einen Werkstattrat vertreten werden. Eine teleologische Reduktion des § 177 Abs. 2 SGB IX dahingehend, dass Rehabilitanden nicht (mehr) wahlberechtigt i.S.d. § 177 Abs. 2 SGB IX sind, wenn sie durch einen Werkstattrat vertreten werden, ist nicht angezeigt.

Insofern ist zunächst zu konstatieren, dass aus den Regelungen der WMVO – insbesondere zu den Aufgaben – selbst keine Rückschlüsse darauf, ob eine Wahlberechtigung nach § 177 Abs. 2 SGB IX für durch einen Werkstattrat vertretene Rehabilitanden ausscheidet, gezogen werden können, mithin der Tatbestand des § 177 Abs. 2 SGB IX insoweit teleologisch zu reduzieren ist. Die WMVO ist eine – auf Basis von § 227 Abs. 2 SGB IX erlassene – Verordnung. Sie (allein) kann den normativen Gehalt des § 177 Abs. 2 SGB IX, der ein Gesetz ist, nicht „definieren“ und kann mithin für die Frage der Wahlberechtigung i.S.d. § 177 Abs. 2 SGB IX nicht (allein) relevant sein. Dies folgt aus dem „Grundsatz der Normenhierarchie“ (vgl. hierzu auch Art. 80 GG bzw. Vorrang des Gesetzes). Etwas Anderes käme allenfalls bei einer sog. „gesetzesändernde“ – oder besser: „gesetzesausführenden“ – Verordnung in Betracht, was jedenfalls im Hinblick auf die hier streitentscheidende Frage – Verhältnis von Schwerbehindertenvertretung und Werkstattrat bzw. Begriff der Wahlberechtigung – nicht in Betracht kommt (vgl. zur „gesetzesändernden Verordnung“: Remmert in Dürig/Herzog/Scholz, Grundgesetz-Kommentar, Stand: September 2022, Art 80 GG Rdnr. 99; Mann in Sachs, Grundgesetz, 9. Aufl. 2021, Art. 9, 80 Rdnr. 11).

Im Übrigen enthalten nach Auffassung der Kammer die §§ 177, 219ff SGB IX keine Hinweise darauf, dass Rehabilitanden keine Wahlberechtigung i.S.d. § 177 Abs. 2 SGB IX haben, wenn sie (auch) von einem Werkstattrat vertreten werden. Dem Beteiligten zu 6 ist zwar dahingehend Recht zu geben, dass sich auf Basis der geltenden Bestimmungen die Aufgaben der Schwerbehindertenvertretung sowie des Werkstattrats weitgehend decken (können). Wie aufgezeigt geschieht dies aber aufgrund der Regelungen der WMVO, auf die – wie ausgeführt – allein eine teleologische Reduktion nicht gestützt werden kann. Darüber hinaus heißt es auch in § 222 Abs. 1 SGB IX, dass die in § 221 Abs. 1 SGB IX genannten Personen hinsichtlich ihrer Angelegenheit durch Werkstatträte mitbestimmen und mitwirken. Diese Regelung allein ist allerdings hinsichtlich ihrer Reichweite vage und „nur“ allgemein gehalten. Diese allgemein gehaltene Aufgabenbeschreibung einerseits und die vielschichtigen Aufgabenwahrnehmungen einer Schwerbehindertenvertretung andererseits lassen nach Auffassung der Kammer bereits nicht den Schluss zu, dass die Aufgabenwahrnehmung „deckungsgleich“ ist bzw. sein wird. Doch selbst wenn diese der Fall sein sollte, ist nicht ersichtlich, dass die Wahlberechtigung der Rehabilitanden bei der Schwerbehindertenwahl entfallen soll, zumal die unterschiedlichen Gremien zur vertrauensvollen Zusammenarbeit aufgerufen sind. Es ist nicht ersichtlich, dass die Interessenvertretung durch die Schwerbehindertenvertretung und durch den Werkstattrat zu einer „Überrepräsentierung“ der Rehabilitanden führen würde, die eine derartige teleologische Reduktion – keine Wahlberechtigung der Rehabilitanden – rechtfertigen könnte. Nach Auffassung der Kammer besteht die Wahlberechtigung der Rehabilitanden nach § 177 Abs. 2 SGB IX also auch dann, wenn sie durch einen Werkstattrat vertreten werden. Damit besteht vorliegend ein Anfechtungsgrund.

Schließen liegen die übrigen Voraussetzungen einer Anfechtung – mit Blick auf alle gewählten Personen – vor. Sofern man bei einem Anfechtungsgrund, der sich auf „Fehler in der Wählerliste“ bezieht, einen vorherigen Einspruch gegen die Wählerliste verlangt (vgl. zu § 19 BetrVG nur Fitting, BetrVG, § 19, Rdnr. 14 m.w.N.), liegt diese Voraussetzung vor.

b. Der vorliegende Verstoß war auch geeignet, das Wahlergebnis zu beeinflussen (§§ 177 Abs. 6 S. 2 SGB IX, 19 Abs. 1 BetrVG a.E.). Diese Voraussetzung liegt vor, wenn bei einer hypothetischen Betrachtungsweise eine Wahl ohne den Verstoß unter Berücksichtigung der konkreten Umstände zwingend zu demselben Wahlergebnis geführt hätte (zu § 19 BetrVG: BAG vom 13.10.2004 - 7 ABR 5/04, AP WahlO BetrVG 1972 § 2 Nr. 1). Das kann vorliegend nicht angenommen werden, da jedenfalls die Reihenfolge der gewählten Vertretung bei der Anzahl der Rehabilitanden anders hätte ausfallen können. Da es sich insofern um eine einheitliche Wahl handelt bezieht sich der Verstoß nach Auffassung der Kammer auf die gesamte Wahl. Der vorliegende Verstoß war daher auch geeignet, das Wahlergebnis zu beeinflussen. Im Übrigen liegen die Voraussetzungen einer Anfechtung vor, so dass der Antrag zu 1 begründet ist.

2. Der (Haupt-) Antrag zu 2 ist unzulässig. Der Antrag zu 2 ist ein Feststellungsantrag. Die hierfür erforderlichen Voraussetzungen nach §§ 80 Abs. 2 ArbGG, 46 Abs. 2 ArbGG, 4965 ZPO, 256 Abs. 1 ZPO liegen nicht vor.

2.1. Gemäß § 256 Abs. 1 ZPO kann u.a. auf Feststellung des Bestehens eines Rechtsverhältnisses erhoben werden, wenn der „Kläger“ ein rechtliches Interesse an der Feststellung hat. Unter einem feststellungsfähigen Rechtsverhältnis ist die Beziehung einer Person zu einer anderen Person oder Sache zu verstehen, die ein (mit materieller Rechtskraftwirkung feststellbares) subjektives Recht enthält oder aus der solche Rechte entspringen können (Greger in: Zöller, Zivilprozessordnung, § 256 Rdnr. 3). Nach – soweit ersichtlich – überwiegender Meinung muss das streitige Rechtsverhältnis aber entweder zwischen den Parteien bestehen oder es kann als sog. „Drittrechtsverhältnis“ Gegenstand einer Feststellungsklage sein, wenn die Voraussetzungen einer Prozessstandschaft vorliegen („restriktivere Auffassung“) oder – zumindest – die Rechtsbeziehungen der Parteien untereinander von Bedeutung ist und der Kläger ein rechtliches Interesse an der alsbaldigen Klärung hat („extensivere Auffassung“) (vgl. zum Streitstand Greger in: Zöller, Zivilprozessordnung, § 256 Rdnr. 3b).

2.2. Hieran gemessen liegt kein feststellungfähiges Rechtsverhältnis – unabhängig von der dogmatischen Einordnung der obigen Auffassungen – vor, so dass der Antrag zu 2 unzulässig ist. Es liegt ein sog. Drittrechtsverhältnis vor, weil keiner der Beteiligten ein von § 177 Abs. 2 SGB IX erfasster Rehabilitand ist; die Beteiligten sind hinsichtlich der Frage, ob Rehabilitanden wahlberechtigt i.S.d. § 177 Abs. 2 SGB IX sind, alle „Dritte“. Insofern liegen die Voraussetzungen einer Prozessstandschaft auch nicht vor, so dass nach der – in der Sache überzeugenden – „restriktiveren Auffassung“ kein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis vorliegt und mithin der Antrag unzulässig ist. Dies gilt aber auch dann, wenn man der „extensiveren Auffassung“ folgt. Für die Beteiligten zu 3 hat das Rechtsverhältnis des Antrags zu 3 bereits deshalb keine Bedeutung, weil sie nicht mehr bei der Beteiligten zu 6 beschäftigt ist und sie daher von möglichen künftigen Wahlen nicht mehr „betroffen“ sein wird. Für die Beteiligten zu 1 und 2 gilt dies auch, da sie keine Rehabilitanden sind und mithin ihre (mögliche) Wahlberechtigung i.S.d. § 177 Abs. 2 SGB IX nicht im Streit steht. Dies gilt auch für eine (mögliche) künftige Wahl.

Nichts Anderes folgt im Übrigen aus der Entscheidung des BAG vom 27.06.2001 (7 ABR 50/99, NZA 2002, 50). Dort hatte der Arbeitgeber einen zum vorliegenden Fall vergleichbaren Feststellungsantrag gestellt. Insofern konstatierte das BAG in nachvollziehbarer Weise, dass künftige Wahlen seinen Betrieb „betreffen“ werden und daher ein „Interesse“ hinsichtlich einer Feststellung besteht. Dies ist auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar.

Der (Haupt-) Antrag zu 2 ist unzulässig.

2.3. Das eben gesagte gilt im Übrigen auch für den Hilfsantrag.

III.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei, § 2 Abs. 2 GKG.

Referenznummer:

R/R9697


Informationsstand: 27.02.2024