II.
Die zulässige, form- und fristgerecht eingelegte und begründete Beschwerde der Beteiligten zu 4) hatte nur insoweit Erfolg, als klarzustellen war, dass (nur) die Wahl der Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen vom 28.11.2014 für unwirksam erklärt wird.
Diese Klarstellung hat folgende Gründe:
Wie sich aus der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 23.07.2014 -
7 ABR 23/12 - ergibt, kann die Wahl der stellvertretenden Mitglieder der Schwerbehindertenvertretung unabhängig von der Wahl der Vertrauensperson nach
§ 94 Abs. 6 Satz 2 SGB IX i. V. m.
§ 19 BetrVG angefochten werden. Bei der Wahl der Stellvertreter handelte es sich nach dieser Entscheidung des
BAG um eine gegenüber der Wahl der Vertrauensperson eigenständige Wahl. Nach Ablauf der Anfechtungsfrist des § 19
Abs. 2
BetrVG kann auch ein Antrag, der zunächst nur die Vertrauensperson betrifft, nicht auf eine Anfechtung auch der Stellvertreterwahl umgestellt werden (
BAG a.a.O.).
Während § 19
BetrVG eine teilweise Anfechtung der Betriebsratswahlen nicht vorsieht, können die Wahl der Vertrauensperson und die Wahl der stellvertretenden Mitglieder der Schwerbehindertenvertretung unabhängig voneinander angefochten werden. Denn aus der gesetzlichen Aufgabenverteilung zwischen der Vertrauensperson und den stellvertretenden Mitgliedern sowie der von der Betriebsratswahl abweichenden Ausgestaltung des Wahlverfahrens der Schwerbehindertenvertretung nach § 94
Abs. 1 Satz 1
SGB IX folgt, dass es sich nicht um eine einheitliche, sondern um zwei getrennt durchgeführte Wahlen handelt (
vgl. auch
BAG 29.07.2009 -
7 ABR 91/07). Vertrauensperson und stellvertretende Mitglieder werden nicht in einem, sondern in zwei getrennten Wahlgängen gewählt (
§ 9 Abs. 2 Satz 2,
§ 5 Abs. 1 SchwbVWO). Es sind auch unterschiedliche Vorschlagslisten für beide Wahlen einzureichen (
§ 6 Abs. 1, § 5
Abs. 1
Nr. 8
SchwbVWO).
Dementsprechend findet sich auch im Wahlausschreiben im vorliegenden Fall unter Ziffer 5. der ausdrückliche Hinweis, dass Vertrauensperson und stellvertretende Mitglieder in zwei getrennten Wahlgängen gewählt werden, und unter Ziffer 6. der Hinweis, dass sich aus den Wahlvorschlägen eindeutig ergeben muss, wer als Vertrauensperson und wer als stellvertretendes Mitglied vorgeschlagen wird (Ziffer 6.
Abs. 3).
Ergibt sich aus dem Antrag - wie im vorliegenden Fall - nicht eindeutig, welche der beiden Wahlen angefochten werden soll, so ist so ist dieses durch Auslegung zu bestimmen (
BAG 23.07.2014 -
7 ABR 23/12).
Der Antrag im vorliegenden Fall lautet, "die Schwerbehindertenwahl vom 28.11.2014" für unwirksam zu erklären. Eine Schwerbehindertenwahl gibt es nach der gesetzlichen Terminologie nicht. Es gibt die Wahl der Schwerbehindertenvertretung, die von der Vertrauensperson ausgeübt wird, die wiederum wenigstens ein stellvertretendes Mitglied hat (§ 94
Abs. 1
SGB IX).
Die Auslegung des Antrages im vorliegenden Fall ergibt indes, dass nur die Wahl der Vertrauensperson, nicht aber die Wahl der stellvertretenden Mitglieder (fristgerecht) angefochten wurde.
Der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 23.07.2014 (7 ABR 23/12) lag insoweit ein vergleichbarer Fall zugrunde. Dort war laut Antragsschrift nur von der Wahl der "Schwerbehindertenvertretung" die Rede. Das Bundesarbeitsgericht legte das dahingehend aus, dass dort nur die Wahl der gewählten Vertrauensperson angefochten war und nicht - zumindest auch - die der selbstständig gewählten Stellvertreter, weil nämlich im dortigen Fall die als Beteiligte bezeichnete Schwerbehindertenvertretung laut Antragsschrift durch die "Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen Frau K." vertreten wurde. Genauso liegt es im vorliegenden Fall. Die Antragsschrift nennt als Beteiligte zu 4.) und als "Antragsgegnerin": "die Schwerbehindertenvertretung der R K l
GmbH, vertreten durch die Vertrauensperson Frau A G -R ...".
Von den Stellvertretern ist weder im Rubrum, noch im Antrag, noch in der Antragsschrift die Rede (
vgl. auch insoweit
BAG a. a. O. Rn. 38).
Auch konnte es für die Antragsteller keinem Zweifel unterliegen, dass zwei getrennte Wahlen durchgeführt worden sind, die gegebenenfalls getrennt anfechtbar waren. Wie gesagt, enthielt das Wahlausschreiben den klaren Hinweis, dass Vertrauensperson und stellvertretende Mitglieder in zwei getrennten Wahlgängen gewählt werden (
vgl. auch dazu
BAG a. a. O. Rn. 39). Ebenso enthielt das Wahlausschreiben den Hinweis auf die Notwendigkeit getrennter Wahlvorschläge für die Schwerbehindertenvertretung und die stellvertretenden Mitglieder (
vgl. auch dazu wieder
BAG a. a. O.). Das gleiche gilt für den Hinweis, dass sich aus den Wahlvorschlägen eindeutig ergeben müsse, wer als Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen und wer als stellvertretendes Mitglied vorgeschlagen werde (
vgl. wiederum
BAG a. a. O.).
Aus Gründen der Rechtssicherheit ist auch davon auszugehen, dass die Anfechtung der Wahl der Stellvertreter nicht allein dadurch hinreichend deutlich erfolgt ist, dass die Antragsteller ihre Anfechtung inhaltlich auf einen Grund gestützt haben, der die Wirksamkeit sowohl der Wahl der Vertrauensperson als auch der Stellvertreterwahl betrifft. Das Bundesarbeitsgericht hat es in der zitierten Entscheidung für eine Auslegung dahingehend, dass (auch) die Wahl der Stellvertreter angegriffen sei, nicht einmal ausreichen lassen, dass dort die Anfechtung auf einen Grund gestützt war, der nur die Wirksamkeit der Stellvertreterwahl betraf (
vgl. BAG a. a. O. Rn. 39, letzter Satz).
Der Antrag war daher dahin auszulegen, dass er sich nur gegen die Wahl der Vertrauensperson richtet.
Dieses hat zur Klarstellung in dem Tenor geführt.
B.
Soweit dementsprechend der Antrag reicht,
d. h. hinsichtlich der Wahl der Vertrauensperson, war die Beschwerde im Ergebnis nicht begründet. Im Einzelnen ergeht Folgendes:
I. Dass der Antrag - soweit er hier noch zu bescheiden ist - innerhalb der Zweiwochenfrist nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses beim Arbeitsgericht Köln eingereicht worden ist, hat das Arbeitsgericht bereits zutreffend festgestellt. Darauf wird Bezug genommen.
Die Wahl ist auch von einer ausreichenden Zahl wahlberechtigter schwerbehinderter Menschen angefochten worden, § 94
Abs. 6 Satz 2
SGB IX i. V. m. § 19
Abs. 2 Satz 1
BetrVG.
Die stellvertretenden Mitglieder der Schwerbehindertenvertretung waren am Verfahren nicht zu beteiligen, da der Antrag so auszulegen ist, dass deren Wahl nicht angefochten ist, und sie deshalb in ihren Rechten nicht betroffen sind. Der Fall liegt insoweit anders als der vom Bundesarbeitsgericht in der Entscheidung vom 23.07.2014 - 7 ABR 23/12 -, da dort der Antrag bezüglich der Wahl der Vertrauensperson von den Antragstellern zurückgenommen worden war und "nur noch" die Wahl der stellvertretenden Mitglieder der Schwerbehindertenvertretung mit der Begründung angefochten war, die Streichung eines Kandidaten vom Wahlvorschlag der Stellvertreter verstoße gegen wesentliche Wahlvorschriften.
II. Die allein angefochtene Wahl der Vertrauensperson war unwirksam, weil gegen für das Verfahren wesentliche Vorschriften in Bezug auf die Öffentlichkeit der Stimmenauszählung verstoßen worden ist und auch nicht festgestellt werden kann, dass durch diesen Verstoß das Wahlergebnis nicht geändert oder beeinflusst werden konnte.
1. Gemäß
§ 12 Abs. 1 SchwbVWO muss "unmittelbar vor Abschluss der Wahl" der Wahlvorstand in öffentlicher Sitzung die bis zu diesem Zeitpunkt eingegangenen Freiumschläge öffnen und ihnen die Wahlumschläge und die vorgedruckten Erklärungen entnehmen. Er muss den Vermerk der Stimmenabgabe in der Liste der Wahlberechtigten vornehmen und dann die Wahlumschläge ungeöffnet in die Wahlurne legen. Ist - wie hier - ausschließlich schriftliche Stimmenabgabe angeordnet - muss der Wahlvorstand, um dem Erfordernis der Öffentlichkeit zu genügen, rechtzeitig Ort und Zeit der in § 12
Abs. 1
SchwbVWO geregelten Behandlung der schriftlich abgegebenen Stimmen bekannt geben (
BAG, 10.07.2013 -
7 ABR 83/11 - Rn. 20). Die Öffnung der Freiumschläge und die weitere in § 12
Abs. 1 Satz 1
SchwbVWO geregelte Behandlung der schriftlichen Stimmenabgaben in öffentlicher Sitzung gehört zu den wesentlichen Wahlvorschriften (
BAG 10.07.2013 - 7 ABR 83/11).
Die Öffentlichkeit, nämlich die Betriebsöffentlichkeit, soll denjenigen die Teilnahme ermöglichen, die ein berechtigtes Interesse an der Wahl zur Schwerbehindertenvertretung und ihrem Ausgang haben. Die Öffentlichkeit der Wahl ist Grundvoraussetzung für eine demokratische Willensbildung (
BAG a. a. O. Rn. 18). Sie sichert die Ordnungsgemäßheit und Nachvollziehbarkeit der Wahlvorgänge und schafft damit eine wesentliche Voraussetzung für begründetes Vertrauen der Wähler in den korrekten Ablauf der Wahl. Die grundsätzlich gebotene Öffentlichkeit im Wahlverfahren umfasst das Wahlvorschlagsverfahren, die Wahlhandlung und die Ermittlung des Wahlergebnisses. Dabei ist es Sache des Wahlvorstandes, über Ort und Zeit dieser "Beobachtungsmöglichkeit" rechtzeitig zu informieren (
BAG a. a. O. Rn. 18). Es genügt nicht, dass ein Interessierter dies durch eigene Nachfrage beim Wahlvorstand erfahren kann.
Bei der schriftlichen Stimmenabgabe ist diese Kontrollmöglichkeit der Vorgänge nach § 12
Abs. 1 Satz 1
SchwbVWO von besonderer Bedeutung (
BAG a. a. O. Rn. 19). Bei der persönlichen Stimmenabgabe händigt der Wähler oder die Wählerin nach
§ 10 Abs. 3 Satz 1 SchwbVWO den Wahlumschlag, in dem der Stimmzettel eingelegt ist, dem mit der Entgegennahme der Wahlumschläge betrauten Mitglied des Wahlvorstands aus, wobei der Name des Wählers oder der Wählerin angegeben wird. Sodann ist nach § 10
Abs. 3 Satz 2 der Wahlumschlag in Gegenwart des Wählers oder der Wählerin in die Wahlurne einzuwerfen, nachdem die Stimmenabgabe in der Liste der Wahlberechtigten vermerkt worden ist. Bei der persönlichen Stimmenabgabe kann daher der Wähler unmittelbar beobachten und kontrollieren, ob mit der von ihm abgegebenen Stimme korrekt verfahren wird. Diese unmittelbare Beobachtungsmöglichkeit haben die Briefwähler bei der schriftlichen Stimmenabgabe nicht. Die Kontrollmöglichkeit trägt hier in besonderem Maße dazu bei, dass gar nicht erst der Verdacht aufkommen kann, es habe bei der Behandlung der Briefwahlstimmen zu Unregelmäßigkeiten kommen können. Auch wird dadurch das Wahlgeheimnis geschützt. Könnte der Wahlvorstand ohne eine mögliche Kontrolle durch die Öffentlichkeit die Freiumschläge der Briefwähler öffnen und die Wahlumschläge entnehmen, wäre die Gefahr nicht auszuschließen, dass er in die Wahlumschläge Einblick nimmt, um festzustellen, wie der betreffende Wähler seine Stimme abgegeben hat (
BAG a. a. O. Rn. 19). Auch ist eine gezielte Einflussnahme auf das Wahlverfahren dadurch möglich, dass die Absender der Freiumschläge bekannt sind
bzw. aufgrund der innenliegenden Erklärungen ohne Probleme festgestellt werden können. Sind aber die Absender bekannt, kann auch auf deren mögliches Wahlverhalten geschlossen werden (
vgl. den Beschluss der erkennenden Kammer vom 11.04.2003 - 4 (13) TaBV 63/02 -, juris, Rn. 22).
Ort und Zeit der Öffnung der Freiumschläge und der nachfolgenden Handlungen im Sinne des § 12
Abs. 1
SchwbVWO brauchen nicht unbedingt schon im Wahlausschreiben bekannt gegeben zu werden (
BAG 10.07.2013 - 7 ABR 83/11). Ort und Zeit müssen aber in jedem Fall rechtzeitig bekannt gegeben werden.
Schließlich ist es zur Herstellung der Öffentlichkeit nicht ausreichend, wenn die Tür zu dem Raum offen stand, in dem die Freiumschläge geöffnet wurden (
BAG a. a. O. Rn. 22).
2. Im vorliegenden Fall ergibt sich aus Ziffer 7 des Wahlausschreibens, dass der Wahlvorstand die generelle schriftliche Stimmenabgabe beschlossen hatte und dass die schriftliche Stimmenabgabe (Briefwahl) am 28.11.2014, 15:00 Uhr, endete. Es ergibt sich ferner, dass die öffentliche Sitzung des Wahlvorstandes zur Öffnung der Freiumschläge, zur Auszählung der Stimmen und zur Feststellung des Wahlergebnisses am 28.11.2014 ab 15:00 Uhr "in den Räumen des Betriebsrates/Wahlvorstandes, A S, K" stattfinden sollte.
Im Wahlausschreiben ist mithin - im Plural - von mehreren Räumen die Rede. Tatsächlich befand sich - das ergab sich auch aus der Beweisaufnahme - an der angegebenen Adresse ein Baucontainer in dem jedenfalls zwei Räume waren (Aussage von Frau G -R , Bl. 80 d. A.). Von diesen zwei Räumen war einer ein Büroraum und einer ein Besprechungsraum (Aussage Herrn S , Bl. 83 d. A.)
bzw. ein Büro und ein Konferenzraum (Aussage von Frau C , Bl. 84 d. A.). Frau O schildert auch, dass man aus dem Büro, das sie als Betriebsratsbüro bezeichnet, nicht sieht, dass auf der anderen Seite eine Tür ist, die zum Konferenzraum führt. Die Räumlichkeiten seien durch einen Flur getrennt. Beim Betreten des Containers sehe man unmittelbar die Tür zum Büro des Betriebsrats, dann gebe es dort noch Regale, so dass man nicht unmittelbar erkenne, dass es dort noch ein anderes Büro oder einen anderen Raum gebe. Dieser Aussage wurde weder während der Beweisaufnahme widersprochen noch in der Beschwerdebegründung. Auch aus der Aussage des Betriebsratsmitglieds Herrn H ergibt sich, dass die Auszählung "im heutigen Konferenzraum" stattfand, "das war ein anderes Büro, in dem ich nicht meine Betriebsratstätigkeit erledigt habe."
Danach ist davon auszugehen, dass jedenfalls aus dem Wahlausschreiben nicht klar war, in welchem Raum die öffentliche Auszählung stattfinden sollte. Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass für diejenigen, die sich in dem ersten Büro (Betriebsratsbüro) befanden, aus sich heraus
z. B. über direkte Einsicht in die Vorgänge in dem anderen Raum klar war, dass dort mit den Handlungen nach § 12
Abs. 1
SchwbVWO begonnen wurde. Wie bereits gesagt, reicht das bloße Offenstehen einer Tür nicht aus.
All das bedingt, dass für die in dem Büro Wartenden durch Mitteilung des Wahlvorstandes eindeutig gemacht werden musste, dass und wann in dem anderen Raum (Konferenzraum) mit dem Öffnen der Freiumschläge und den anderen Handlungen begonnen werde.
3. Das Arbeitsgericht ist jedenfalls im Ergebnis zutreffend aufgrund der Beweisaufnahme zu der Erkenntnis gelangt, dass dem nicht genügt wurde.
Das ergibt schon aus der Aussage der Beteiligten zu 4., Frau A G -R . Danach hatte man sich in dem ersten Büro (Betriebsratsbüro) vor der Auszählung getroffen. Dort waren nach ihrer Aussage Herr H, Herr S, Frau L, Frau O, Frau C und sie selbst. Sodann heißt es in der Aussage:
"Dann haben wir den Fehler gemacht. Ich habe gesagt, wir gehen jetzt rüber ins andere Büro. Dann ist die Frau L und der Herr S und ich, sind in das Nebenbüro gegangen, was öffentlich zugänglich ist. Wir haben die Wahlumschläge aus der Wahlurne entnommen und geöffnet. Frau C und Frau O sind in dem anderen Büro sitzengeblieben, haben sich unterhalten und geraucht."
Aus dieser Aussage ergibt sich zwar, dass Frau G -R gesagt hat, sie (und andere), gingen jetzt in das andere Büro. Es ergibt sich daraus aber nicht, dass sie klargestellt hat, dass man dort mit dem Öffnen der Freiumschläge beginnen wolle. Im Weiteren dieser Aussage heißt es:
"Frau C und Frau O sind hinzugekommen, als wir mit dem Öffnen von Umschlägen beschäftigt waren, ob das die Freiumschläge oder die Wahlumschläge waren, weiß ich nicht mehr."
Die Zeugin L, die nicht zu den Antragstellern gehört, und von sich bekundete, sie sei als Ersatzmitglied für Herrn K in den Wahlvorstand gewählt worden, erklärte ebenso, man sei - dies ankündigend - in den Nebenraum gegangen. Sie bekundete weiter: "Zu dem Zeitpunkt, als Herr S rausgegangen ist und gesagt hat, "wir fangen mit der Stimmenauszählung an", waren wir bereits dabei, die Freiumschläge zu öffnen und die kleinen Umschläge in die Wahlurne zu tun.". Sie bekräftigt später noch einmal, dass zu dem Zeitpunkt, als Frau C und Frau O in das Büro gekommen seien, man bereits mit dem Öffnen der Freiumschläge begonnen habe und noch dabei gewesen sei, die Wahlumschläge in die Urne zu stecken.
Die Zeugin C (ebenfalls weder Antragstellerin noch Antragsgegnerin im vorliegenden Verfahren) bekundete, sie und Frau O seien erst zur eigentlichen Auszählung in dem Konferenzraum erschienen. Sie könne sich überhaupt nicht daran erinnern, dass irgendjemand etwas zu ihnen gesagt hätte (gemeint ist offensichtlich eine Aussage über Ort und Zeit der Auszählung).
Frau O (Antragstellerin im vorliegenden Verfahren) bekundete, außer ihr und Frau C seien die anderen die ganze Zeit hin- und hergelaufen. Die hätten irgendetwas gemacht. Sie seien auch zwischendurch da gewesen. Das Öffnen der Freiumschläge sei nicht passiert. Kurz nach drei (15:00 Uhr) sei dann jemand gekommen und habe gesagt, die Stimmenauszählung beginne. Da habe dann in dem anderen Raum eine verschlossene Wahlurne gestanden. Aus der weiteren Aussage ergibt sich, dass sodann die Wahlumschläge geöffnet und ausgezählt wurden. Frau O. bekräftigt ferner, dass die Freiumschläge bereits geöffnet waren und dass zu dem Zeitpunkt, zu dem man in den anderen Raum gegangen sei, gesagt worden sei, jetzt beginne die öffentliche Stimmenauszählung. Sie sei den anderen (zuvor) nicht hinterhergelaufen. Sie habe die Büroräumlichkeiten nicht gekannt und bei dem ständigen Hin- und Herlaufen der anderen, sei sie nicht hinterhergelaufen. Sie seien auch nicht sehr willkommen gewesen, so dass sie nicht gefragt habe, wo sich denn jetzt die einzelnen hinbegäben. Sie hätten dagesessen und auf das Öffnen der Wahlumschläge gewartet. Sie seien erst in den anderen Raum gegangen, nachdem man ihnen gesagt habe, die Stimmenauszählung würde beginnen.
Aus den Aussagen sämtlicher bis hier behandelter Zeugen und Beteiligter einschließlich der Antragsgegnerin ergibt sich mithin, dass die nicht dem Wahlvorstand angehörenden Frauen O und C erst informiert wurden, dass im Nebenraum Handlungen nach § 12
Abs. 1
SchwbVWO stattfänden
bzw. bereits mit der Stimmenauszählung begonnen werde, nachdem der Wahlvorstand in dem anderen Raum bereits eine Anzahl von Freiumschlägen (oder alle Freiumschläge) geöffnet hatte.
Einzig aus der Aussage des Zeugen S, Lebensgefährte der Antragsgegnerin Frau G -R und Mitglied des Wahlvorstandes, ergibt sich folgende Aussage:
"Wir sind zu dritt in den Besprechungsraum gegangen, wobei meine Lebensgefährtin noch einmal zurückgegangen ist und gesagt hat, "wir fangen jetzt an". Ungefähr fünf Minuten später bin ich auch nochmals rausgegangen und habe Frau C und Frau O gesagt, wir würden jetzt mit dem Auszählen anfangen."
Allerdings haben weder die sonstigen Zeugen oder Beteiligten noch insbesondere auch Frau G -R , dass diese (und nicht nur Herr S zu einem späteren Zeitpunkt) zurückgegangen ist und gesagt hat, "wir fangen jetzt an".
Im Weiteren seiner Aussage bekundet Herr S auch: "Nach meiner Erinnerung ist Frau G -R , bevor wir mit dem Öffnen der Freiumschläge begonnen haben, rübergegangen und hat gesagt, "wir fangen jetzt an". Allerdings bekundet Herr S später, dass das Öffnen der Freiumschläge "vielleicht 1 ½ oder zwei Stunden" in Anspruch genommen habe. Dieses lässt sich nicht mit seiner vorherigen Bekundung vereinbaren, dass er ungefähr fünf Minuten später (nach der angeblichen Mitteilung durch Frau G -R , dass man jetzt anfange, herausgegangen sei und zu Frau C und Frau O gesagt habe, man würde jetzt mit dem Auszählen anfangen.
Angesichts der Tatsache, dass kein anderer Zeuge und insbesondere auch nicht die Antragsgegnerin selbst deren angebliches Zurückkehren mit der Bemerkung "wir fangen jetzt an" bekundet haben, spricht - auch angesichts der Tatsache, dass Beweisaufnahme am 09.09.2015 stattfand, mithin rund 10 Monate nach dem Geschehen - alles dafür, dass Herr S die auch von den anderen Zeugen bekundete Aussage Frau G -R, man gehe jetzt in den anderen Raum, unrichtig so erinnert und bekundet hat, dass diese auch gesagt habe, man fange jetzt an.
Im Ergebnis ist daher festzustellen, dass jedenfalls nicht während aller nach § 12
Abs. 1
SchwbVWO gebotener Vorgänge die Öffentlichkeit gewahrt war.
III. Dieser Verstoß gegen eine wesentliche Wahlvorschrift berechtigt zur Anfechtung der Wahl.
Verstöße gegen wesentliche Wahlvorschriften berechtigen nur dann nicht zur Anfechtung, wenn die Verstöße das Wahlergebnis objektiv weder ändern, noch beeinflussen konnten. Dabei ist entscheidend, ob bei einer hypothetischen Betrachtungsweise eine Wahl ohne den Verstoß gegen wesentliche Wahlvorschriften unter Berücksichtigung der konkreten Umstände zwingend zu demselben Wahlergebnis geführt hätte. Eine verfahrensfehlerhafte Wahl muss nur dann nicht wiederholt werden, wenn sich konkret feststellen lässt, dass auch bei der Einhaltung der Wahlvorschriften kein anderes Ergebnis erzielt worden wäre. Kann die Feststellung nicht getroffen werden, bleibt es bei der Unwirksamkeit der Wahl (
BAG 10.07.2013,
a. a. O., Rn. 24).
Im vorliegenden Fall kann nicht ausgeschlossen werden, dass es bei dem Öffnen der Freiumschläge, bei der Bewertung, ob die Stimmenabgabe ordnungsgemäß war, bei dem Vermerk der Stimmenabgabe oder bei dem Einwurf der Wahlumschläge in die Wahlurne zu Fehlern gekommen ist, die bei Öffnung der Freiumschläge in öffentlicher Sitzung nicht unterlaufen wären. Es kommt nicht darauf an, ob tatsächliche objektive Anhaltspunkte für solche Fehler vorliegen (
BAG,
a. a. O.). Die Vorschrift soll der Minderung abstrakter Gefährdungen dienen (
BAG,
a. a. O.).
Dabei ist festzuhalten, dass der Anfechtende oder die Anfechtenden nicht nachzuweisen brauchen, dass ein solcher Einfluss möglich gewesen ist, sondern es Aufgabe des Anfechtungsgegners ist, das Gegenteil darzulegen (
vgl. Richardi/Tüsing § 19
BetrVG Rn. 33 m. w. N. zur Rechtsprechung und zur herrschenden Lehre in der Literatur). Entsprechendes ist nicht dargelegt und erst recht nicht offensichtlich.
Rechtsmittelbelehrung
Gegen diesen Beschluss ist ein Rechtsmittel nicht gegeben.
Wegen der Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde wird auf § 92a
ArbGG verwiesen.