Die Rechtsbeschwerde der Antragsteller, des Beteiligten zu 4. und der Beteiligten zu 5. gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 22. Oktober 2015 - 18 TaBV 980/15, 18 TaBV 994/15 und 18 TaBV 997/15 - werden zurückgewiesen.
A. Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit der bei der Arbeitgeberin durchgeführten Wahl der Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen vom 28. Oktober 2014.
Die zu 5. beteiligte Arbeitgeberin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Sie erbringt mit
ca. 2.500 Arbeitnehmern Leistungen für die Ch Universitätsmedizin (im Folgenden Klinik). Die Klinik ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts. Der im Jahr 1956 geborene Beteiligte zu 4. steht seit Februar 1978 in einem Arbeitsverhältnis zur Klinik. Er ist seit dem 1. Januar 2006 aufgrund eines Personalgestellungsvertrags im Betrieb der Arbeitgeberin tätig. Im Zeitpunkt der Wahl der Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen war die Gestellung bis zum 31. Dezember 2018 befristet.
Am 15. September 2014 erließ der Wahlvorstand ein Wahlausschreiben für die Wahl der Vertrauensperson und der stellvertretenden Mitglieder der Schwerbehindertenvertretung im Betrieb der Arbeitgeberin. Danach wurde die Wahl als Briefwahl durchgeführt. Die Briefwahlunterlagen mussten am 28. Oktober 2014 bis 15:00 Uhr beim Wahlvorstand eingegangen sein.
Für die Wahl der Vertrauensperson wurden der Arbeitnehmer W und der Beteiligte zu 4. vorgeschlagen. Der Wahlvorstand lud diese Kandidaten als "Listenvertreter" zur "Auslosung der Ordnungsnummern der eingereichten Vorschlagslisten" ein und machte nach der Ziehung der "Listennummern" die Wahlvorschläge durch Aushang unter der Bezeichnung "Liste 1 gewerkschaftliche Vertreter" und "Liste 2" bekannt. In den Stimmzetteln waren der Kandidat W unter "Liste 1 gewerkschaftliche Vertreter" und der Beteiligte zu 4. unter "Liste 2 C" aufgeführt. Außerdem enthielten die Stimmzettel folgenden Hinweis:
"Für die Wahl der Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen ...
ist der Kandidat mit einem Kreuz (x) in dem zugehörigen Kreis zu kennzeichnen. Es ist 1 Vertrauensperson zu wählen, somit kann bei der Vertrauensperson maximal 1 Kreuz gemacht werden."
Nach der vom Wahlvorstand vorgenommenen Auszählung, bei der der Beteiligte zu 4. als Helfer hinzugezogen wurde, entfielen auf den Beteiligten zu 4. 37 Stimmen und auf den Kandidaten W 36 Stimmen. Die Wahl des Beteiligten zu 4. als Vertrauensperson wurde vom Wahlvorstand mit Aushang vom 12. November 2014 bekannt gemacht.
Die Beteiligten zu 1. bis 3. sind bei der Arbeitgeberin beschäftigt und als schwerbehinderte Menschen anerkannt oder diesen gleichgestellt. Sie haben mit ihrer am 19. November 2014 beim Arbeitsgericht eingegangenen Antragsschrift die Nichtigkeit, hilfsweise die Anfechtbarkeit der Wahl geltend gemacht. Sie haben die Auffassung vertreten, die Wahl leide unter mehreren Mängeln. Der Beteiligte zu 4. sei nicht wählbar, da er nicht in einem Arbeitsverhältnis zur Beteiligten zu 5. stehe. Die Durchführung einer Listenwahl und die Verwendung eines Kennworts seien unzulässig. Der Wahlvorstand habe Beschäftigte, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hatten und über einen Grad der Behinderung von weniger als 50 verfügten, zu Unrecht nicht in die Wählerliste aufgenommen. Wahlunterlagen seien mehrfach nicht vollständig und unter Einbeziehung von Personen, die nicht zum Wahlvorstand gehörten, verschickt worden. Die Ausfüllhinweise für die Stimmzettel seien lediglich in deutscher Sprache versandt worden. Die Rücksendeadresse hätte nicht nur die Anschrift der Arbeitgeberin, sondern auch die genaue Bezeichnung des Wahlvorstandsbüros unter Benennung der Ebene und der Raumnummer enthalten müssen; nur so hätte sichergestellt werden können, dass Wahlunterlagen nach Eingang in der Postverteilstelle der Arbeitgeberin dem Wahlvorstand kurzfristig zugeleitet wurden. Die Heranziehung des Beteiligten zu 4. als Wahlhelfer sei unzulässig gewesen.
Die Antragsteller haben beantragt,
die Wahl von Herrn C als Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen vom 28. Oktober 2014 bei der Beteiligten zu 5. für nichtig zu erklären,
hilfsweise, die Wahl von Herrn C als Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen vom 28. Oktober 2014 bei der Beteiligten zu 5. für unwirksam zu erklären.
Der Beteiligte zu 4. und die Arbeitgeberin haben beantragt, die Anträge abzuweisen.
Das Arbeitsgericht hat den Nichtigkeitsfeststellungsantrag abgewiesen und dem Wahlanfechtungsantrag stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat sowohl die Beschwerde der Antragsteller als auch die Beschwerden des Beteiligten zu 4. und der Arbeitgeberin zurückgewiesen. Die Antragsteller verfolgen mit ihrer Rechtsbeschwerde den Nichtigkeitsfeststellungsantrag weiter. Der Beteiligte zu 4. und die Arbeitgeberin beantragen die Zurückweisung der Rechtsbeschwerde der Antragsteller und begehren mit ihren Rechtsbeschwerden die Abweisung des Wahlanfechtungsantrags. Die Antragsteller beantragen die Zurückweisung der Rechtsbeschwerden des Beteiligten zu 4. und der Arbeitgeberin.
B. Die Rechtsbeschwerden der Antragsteller, des Beteiligten zu 4. und der Arbeitgeberin sind unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht erkannt, dass die Wahl der Vertrauensperson nicht nichtig, aber unwirksam ist.
I. Der zulässige Hauptantrag ist unbegründet.
1. Der als Nichtigkeitsfeststellungsantrag auszulegende Hauptantrag ist zulässig.
Der Antrag ist trotz seines auf einen Gestaltungsantrag hindeutenden Wortlauts als Nichtigkeitsfeststellungsantrag zu verstehen. Die Nichtigkeit der Wahl ist mit einem Feststellungsantrag geltend zu machen. Mit diesem Inhalt ist der Antrag zulässig. Die Feststellung der Nichtigkeit einer Wahl der Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen kann - unabhängig von den formellen Voraussetzungen einer Wahlanfechtung nach
§ 94 Abs. 6 Satz 2 SGB IX iVm.
§ 19 BetrVG - von jedermann jederzeit geltend gemacht werden, sofern hieran ein rechtliches Interesse besteht. Dies ist bei den Antragstellern, die schwerbehinderte oder ihnen gleichgestellte Arbeitnehmer der zu 5. beteiligten Arbeitgeberin sind, der Fall. Der Antrag ist hinreichend bestimmt iSd. § 253
Abs. 2
Nr. 2
ZPO. Es ist unzweifelhaft, dass er sich ausschließlich auf die Wahl der Vertrauensperson und nicht auf die Wahl des stellvertretenden Mitglieds der Schwerbehindertenvertretung, bei der es sich um eine von der Wahl der Vertrauensperson getrennte Wahl handelt (ausführlich
BAG 29. Juli 2009 -
7 ABR 91/07 - Rn. 17
ff.), bezieht.
2. Der Hauptantrag ist unbegründet. Die streitbefangene Wahl ist nicht nichtig.
a) Ebenso wie die Betriebsratswahl ist die Wahl der Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen nur in ganz besonderen Ausnahmefällen nichtig, in denen gegen allgemeine Grundsätze jeder ordnungsgemäßen Wahl in so hohem Maße verstoßen worden ist, dass auch der Anschein einer dem Gesetz entsprechenden Wahl nicht mehr vorliegt. Voraussetzung ist, dass der Mangel offenkundig und deshalb ein Vertrauensschutz in die Gültigkeit der Wahl zu versagen ist. Die Wahl muss "den Stempel der Nichtigkeit auf der Stirn tragen" (st. Rspr.,
vgl. BAG 23. Juli 2014 -
7 ABR 23/12 - Rn. 41; 13. März 2013 - 7 ABR 70/11 - Rn. 15, BAGE 144, 290; 21. September 2011 - 7 ABR 54/10 - Rn. 26, BAGE 139, 197; 27. Juli 2011 - 7 ABR 61/10 - Rn. 39, BAGE 138, 377; 20. April 2005 - 7 ABR 44/04 - zu B III 3 der Gründe, BAGE 114, 228).
b) Unter derart gravierenden Mängeln leidet die angegriffene Wahl der Vertrauensperson nicht.
aa) Die Wahl ist nicht wegen fehlender Wählbarkeit des Beteiligten zu 4. nichtig. Es kann dahinstehen, ob die Wahl einer nichtwählbaren Person zur Nichtigkeit der Wahl führt oder nur zur Anfechtung berechtigt. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, dass der Beteiligte zu 4. bei der Wahl der Schwerbehindertenvertretung im Betrieb der Arbeitgeberin am 28. Oktober 2014 wählbar war.
(1) Nach § 94
Abs. 3 Satz 1
SGB IX sind alle in dem Betrieb oder der Dienststelle nicht nur vorübergehend Beschäftigten wählbar, die am Wahltag das 18. Lebensjahr vollendet haben und dem Betrieb oder der Dienststelle seit sechs Monaten angehören. Nicht wählbar ist, wer kraft Gesetzes dem Betriebs-, Personal-, Richter-, Staatsanwalts- oder Präsidialrat nicht angehören kann (§ 94
Abs. 3 Satz 2
SGB IX).
(2) Danach hat der Wahlvorstand den bei der Klinik angestellten und bei der Arbeitgeberin aufgrund eines Personalgestellungsvertrags eingesetzten Beteiligten zu 4. bei der Wahl der Vertrauensperson vom 28. Oktober 2014 zu Recht als wählbar behandelt.
(a) Der Beteiligte zu 4. ist ein im Betrieb der Arbeitgeberin "Beschäftigter" iSd. § 94
Abs. 3 Satz 1
SGB IX. Dem steht nicht entgegen, dass der Beteiligte zu 4. nicht bei der Arbeitgeberin, sondern bei der Klinik angestellt ist. Die Stellung als "Beschäftigter" iSv. § 94
Abs. 3 Satz 1
SGB IX setzt ein Arbeitsverhältnis zum Betriebsinhaber nicht voraus.
(aa) Das ergibt sich schon aus dem Gesetzeswortlaut. Anders als
§ 5 BetrVG knüpft § 94
Abs. 3
SGB IX nicht an den Arbeitnehmerbegriff, sondern an den Begriff des "Beschäftigten" und damit an die "Beschäftigung" an. Der Begriff "Beschäftigung" ist weiter als der der "Arbeit". Nach Wahrig (Deutsches Wörterbuch 9. Aufl.
S. 256) bedeutet Beschäftigung "Beruf, Arbeit, Tätigkeit, Betätigung, Zeitvertreib". Eine Beschäftigung setzt ein Arbeitsverhältnis nicht zwingend voraus (
vgl. BAG 27. Juni 2001 - 7 ABR 50/99 - zu B I 2 b aa der Gründe, BAGE 98, 151 - zur aktiven Wahlberechtigung von Rehabilitanden nach § 24
Abs. 2
SchwbG).
(bb) Für dieses Verständnis sprechen auch Sinn und Zweck des § 94
Abs. 3 Satz 1
SGB IX. Die Einbeziehung aller in dem Betrieb nicht nur vorübergehend Beschäftigten beruht darauf, dass diese Personengruppe aufgrund ihrer Tätigkeit im Einsatzbetrieb von den dort getroffenen Entscheidungen des Betriebsinhabers betroffen ist. Vor diesem Hintergrund entspricht es dem Zweck der Regelung, wenn sich diese Betroffenheit auch in der Möglichkeit auswirkt, in das System der betrieblichen Interessenvertretung integriert, also auch zur Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen wählbar zu sein (
vgl. zur Wählbarkeit von gestelltem Personal bei der Betriebsratswahl:
BAG 15. August 2012 - 7 ABR 24/11 - Rn. 19; 15. August 2012 - 7 ABR 34/11 - Rn. 22, BAGE 143, 20).
(b) Entgegen der Ansicht der Antragsteller ist der Beteiligte zu 4. trotz der zeitlich begrenzten Gestellung bis zum 31. Dezember 2018 "nicht nur vorübergehend" im Betrieb der Arbeitgeberin beschäftigt. Bei diesem Tatbestandsmerkmal kommt es nicht auf die zurückliegende, sondern auf die am Wahltag zu erwartende Beschäftigungsdauer an. Dabei kann hier offenbleiben, welche Dauer eine "nicht nur vorübergehende" Beschäftigung voraussetzt. Unter Berücksichtigung des Zwecks der Regelung, ein alsbaldiges Ausscheiden der gewählten Vertrauensperson zu vermeiden und dadurch die Funktionsfähigkeit der Schwerbehindertenvertretung zu gewährleisten, ist von einer nicht nur vorübergehenden Beschäftigung jedenfalls dann auszugehen, wenn die Beschäftigung voraussichtlich während der gesamten anstehenden Amtszeit andauern wird. Das ist vorliegend der Fall. Im Zeitpunkt der Wahl war die Gestellung des Beteiligten zu 4. bis zum 31. Dezember 2018 befristet. Anhaltspunkte dafür, dass eine vorzeitige Beendigung der Gestellung zu erwarten war, sind nicht ersichtlich.
(c) Auch die weiteren Wählbarkeitsvoraussetzungen des § 94
Abs. 3 Satz 1
SGB IX sind erfüllt. Der im Jahr 1956 geborene Beteiligte zu 4. hatte am Wahltag das 18. Lebensjahr vollendet. Er gehörte dem Betrieb der Arbeitgeberin seit dem 1. Januar 2006 und damit länger als sechs Monate an.
(d) Die Wählbarkeit des Beteiligten zu 4. ist auch nicht nach § 94
Abs. 3 Satz 2
SGB IX deshalb ausgeschlossen, weil er dem Betriebsrat im Betrieb der Arbeitgeberin nicht angehören könnte. Er könnte als von der Klinik gestellter Arbeitnehmer Mitglied des bei der Arbeitgeberin gebildeten Betriebsrats sein.
(aa) Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes, die in Betrieben privatrechtlich organisierter Unternehmen tätig sind, sind bei der Wahl des Betriebsrats in diesen Betrieben wählbar. Dies ergibt sich aus
§ 5 Abs. 1 Satz 3,
§ 7 und
§ 8 Abs. 1 Satz 1 BetrVG (dazu ausführlich
BAG 15. August 2012 - 7 ABR 24/11 - Rn. 17; 15. August 2012 - 7 ABR 34/11 - Rn. 20, BAGE 143, 20). Der Wählbarkeit steht § 14
Abs. 2 AÜG auch dann nicht entgegen, wenn gleichzeitig Arbeitnehmerüberlassung vorliegt. Zwar sind nach § 14
Abs. 2 Satz 1 AÜG Leiharbeitnehmer bei der Wahl der betriebsverfassungsrechtlichen Arbeitnehmervertretungen im Entleiherbetrieb nicht wählbar. Dieser Regelung gehen aber die Bestimmungen der § 5
Abs. 1 Satz 3, § 7 und § 8
Abs. 1 Satz 1
BetrVG, wonach Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes, die in Betrieben privatrechtlich organisierter Unternehmen tätig sind, in diesen Betrieben zum Betriebsrat wählbar sind, vor (
BAG 15. August 2012 - 7 ABR 24/11 - Rn. 22).
(bb) Danach kann der Beteiligte zu 4. dem im Betrieb der Arbeitgeberin gewählten Betriebsrat angehören. Der Beteiligte zu 4. ist ein Arbeitnehmer iSv. § 5
Abs. 1 Satz 3
BetrVG. Er ist bei der Klinik, einer Körperschaft des öffentlichen Rechts, angestellt und bei der privatrechtlich organisierten Arbeitgeberin eingesetzt. Daher ist er nach §§ 7, 8
Abs. 1 Satz 1
BetrVG wählbar.
bb) Es kann dahinstehen, ob die weiteren von den Antragstellern geltend gemachten Verstöße gegen Wahlvorschriften vorliegen. Sie wären nicht geeignet, die Nichtigkeit der Wahl zu begründen.
II. Der Hilfsantrag hat Erfolg. Wie das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt hat, ist die Wahlanfechtung begründet.
1. Nach
§ 94 Abs. 6 Satz 2 SGB IX sind für die Wahl der Vertrauensperson und des stellvertretenden Mitglieds die Vorschriften über die Wahlanfechtung bei der Wahl des Betriebsrats sinngemäß anzuwenden. Nach
§ 19 Abs. 1 BetrVG kann die Wahl beim Arbeitsgericht angefochten werden, wenn gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren verstoßen worden und eine Berichtigung nicht erfolgt ist, es sei denn, dass durch den Verstoß das Wahlergebnis nicht geändert oder beeinflusst werden konnte. Zur Anfechtung berechtigt sind nach § 19
Abs. 2 Satz 1
BetrVG mindestens drei Wahlberechtigte, eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft oder der Arbeitgeber. Die Wahlanfechtung ist nach § 19
Abs. 2 Satz 2
BetrVG binnen einer Frist von zwei Wochen, vom Tage der Bekanntgabe des Wahlergebnisses an gerechnet, zulässig.
2. Diese Voraussetzungen sind erfüllt.
a) Die formellen Voraussetzungen der Wahlanfechtung liegen vor.
aa) Die Antragsteller sind zur Anfechtung berechtigt. Alle drei Antragsteller sind nach § 94
Abs. 2
SGB IX wahlberechtigt. Sie sind als schwerbehinderte Menschen anerkannt oder diesen gleichgestellt und im Betrieb der Arbeitgeberin beschäftigt.
bb) Die Wahl ist innerhalb der Anfechtungsfrist von zwei Wochen angefochten worden. Der Wahlvorstand hat das Wahlergebnis am 12. November 2014 bekannt gegeben. Der Wahlanfechtungsantrag ist am 19. November 2014 beim Arbeitsgericht eingegangen.
b) Die materiellen Voraussetzungen einer Wahlanfechtung nach § 94
Abs. 6 Satz 2
SGB IX iVm. § 19
BetrVG liegen ebenfalls vor. Bei der Wahl wurde gegen wesentliche Wahlvorschriften verstoßen. Es ist nicht auszuschließen, dass das Wahlergebnis hierauf beruht.
aa) Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass der Wahlvorstand zwar nicht gegen § 94
Abs. 6 Satz 1
SGB IX, aber gegen
§ 9 Abs. 2 SchwbVWO verstoßen hat.
(1) Entgegen der Ansicht der Antragsteller hat der Wahlvorstand die Wahl nicht unter Verstoß gegen § 94
Abs. 6 Satz 1
SGB IX nach den Grundsätzen der Verhältniswahl als Listenwahl durchgeführt.
(a) Nach § 94
Abs. 6 Satz 1
SGB IX werden die Vertrauensperson und das stellvertretende Mitglied nach den Grundsätzen der Mehrheitswahl gewählt. Mehrheitswahl ist Persönlichkeitswahl. Der Wähler wählt Personen, nicht Listen. Gewählt ist der Kandidat, der die meisten Stimmen auf sich vereint.
(b) Der Wahlvorstand hat zwar die Wahlvorschläge als "Listen" bekannt gemacht und auf den Stimmzetteln als "Liste 1" und "Liste 2" bezeichnet. Trotz dieser Angaben fand die Wahl jedoch tatsächlich als Persönlichkeitswahl nach den Grundsätzen der Mehrheitswahl statt. Da nur eine Vertrauensperson zu wählen war und auf jeder "Liste" nur ein Wahlbewerber aufgeführt war, hatte der Wähler sich zwischen den beiden Kandidaten zu entscheiden. Gewählt war der Kandidat mit den meisten Stimmen.
(2) Der Wahlvorstand hat aber gegen § 9
Abs. 2
SchwbVWO verstoßen, indem er einen Wahlvorschlag auf dem Stimmzettel mit dem Kennwort "gewerkschaftliche Vertreter" versehen hat. Die Verwendung eines Kennworts für einen Wahlvorschlag ist bei der Wahl der Schwerbehindertenvertretung nicht zulässig.
Nach § 9
Abs. 2 Satz 2
SchwbVWO sind auf dem Stimmzettel die Personen, die sich für das Amt der Vertrauensperson und als stellvertretendes Mitglied bewerben, getrennt in alphabetischer Reihenfolge unter Angabe von Familienname, Vorname, Geburtsdatum und Art der Beschäftigung aufgeführt. Bei dieser Regelung handelt es sich um eine wesentliche Verfahrensvorschrift (zu § 20 WO
BetrVG Kreutz/Jacobs
GK-
BetrVG 10. Aufl. § 20 WO Rn. 3). Sie schließt die Aufnahme eines Kennworts für den Wahlvorschlag auf dem Stimmzettel aus. Schon die Formulierung "sind ... aufgeführt" spricht dafür, dass § 9
Abs. 2 Satz 2
SchwbVWO die in den Stimmzettel aufzunehmenden Angaben abschließend festlegt. Dieses Verständnis entspricht dem Erfordernis eines formal ausgestalteten und für den Wahlvorstand rechtssicher handhabbaren Verfahrens. Zudem besteht für die Verwendung eines Kennworts bei der nach den Grundsätzen der Mehrheitswahl durchzuführenden Wahl der Schwerbehindertenvertretung keine Veranlassung, da die Wahl eine Persönlichkeitswahl ist. Die Bewerber werden persönlich und nicht als Mitglieder einer in einer Vorschlagsliste zusammengefassten Gruppe von Beschäftigten gewählt. Eine gesonderte Kennzeichnung des Wahlvorschlags ist daher - anders als bei der Listenwahl - nicht geboten. Der Wahlvorschlag ist durch die Benennung der Person des Bewerbers gekennzeichnet. Dieses Ergebnis wird durch einen Vergleich mit den Regelungen der Ersten Verordnung zur Durchführung des Betriebsverfassungsgesetzes (Wahlordnung - WO) bestätigt. Danach ist ein Kennwort nur bei der Listenwahl vorgesehen. Bei der Wahl des Betriebsrats aufgrund von Vorschlagslisten ist jede eingereichte Liste zu kennzeichnen (§ 7
Abs. 2 Satz 1 WO). Fehlt eine Kennzeichnung oder ist das Kennwort unzulässig, ist die Liste vom Wahlvorstand mit Familienname und Vorname der beiden in ihr an erster Stelle benannten Bewerber zu bezeichnen (
BAG 15. Mai 2013 - 7 ABR 40/11 - Rn. 26, BAGE 145, 120). Nach § 11
Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 WO ist auf den Stimmzetteln bei Listen, die mit Kennworten versehen sind, auch das Kennwort anzugeben. Wird die Wahl dagegen nach den Grundsätzen der Mehrheitswahl durchgeführt, weil nur eine Vorschlagsliste eingereicht ist, sind auf den Stimmzetteln nach § 20
Abs. 2 WO die Bewerberinnen oder Bewerber unter Angabe von Familienname, Vorname und Art der Beschäftigung im Betrieb aufzuführen. Eine gesonderte Kennzeichnung erfolgt nach dieser Bestimmung nicht. Die Kennzeichnung des Wahlvorschlags wird durch die in § 20
Abs. 2 WO genannten Angaben gewährleistet. Entsprechendes gilt für die Wahl der Schwerbehindertenvertretung, bei der die Kennzeichnung des Wahlvorschlags durch die in § 9
Abs. 2
SchwbVWO genannten Personalien des Wahlbewerbers erfolgt.
bb) Der Verstoß konnte das Wahlergebnis beeinflussen.
(1) Nach § 94
Abs. 6 Satz 2
SGB IX iVm. § 19
Abs. 1 letzter Halbs.
BetrVG berechtigt ein Verstoß gegen wesentliche Wahlvorschriften nicht zur Anfechtung der Wahl, wenn er das Wahlergebnis objektiv weder ändern noch beeinflussen konnte. Dafür ist entscheidend, ob bei einer hypothetischen Betrachtungsweise eine Wahl ohne den Verstoß gegen wesentliche Wahlvorschriften unter Berücksichtigung der konkreten Umstände zwingend zu demselben Wahlergebnis geführt hätte. Eine verfahrensfehlerhafte Wahl muss nur dann nicht wiederholt werden, wenn sich konkret feststellen lässt, dass auch bei Einhaltung der Wahlvorschriften kein anderes Wahlergebnis erzielt worden wäre (st. Rspr.,
vgl. etwa
BAG 26. Oktober 2016 - 7 ABR 4/15 - Rn. 31; 18. Juli 2012 - 7 ABR 21/11 - Rn. 30 mwN).
(2) Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Wahlergebnis anders ausgefallen wäre, wenn das Kennwort "gewerkschaftliche Vertreter" gestrichen und auf den Stimmzetteln ausschließlich der Familien- und Vorname des Wahlbewerbers W aufgeführt worden wäre. Die Angabe der Gewerkschaftszugehörigkeit des Wahlbewerbers auf dem Stimmzettel ist geeignet, das Abstimmungsverhalten der Wähler zu beeinflussen. Durch die Angabe des Kennworts auf dem Stimmzettel wird die Bedeutung der Gewerkschaftszugehörigkeit für die Wahl der Vertrauensperson hervorgehoben. Daher kommt es nicht darauf an, ob die Gewerkschaftstätigkeit des Wahlbewerbers W durch dessen öffentliche Auftritte in den Ber Medien allgemein bekannt gewesen ist.