Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Freiburg vom 20.9.2017, 1 BV 6/17, wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
A.
Der antragstellende schwerbehinderte Arbeitnehmer begehrt die Feststellung der Nichtigkeit der am 30. Juni 2017 erfolgten Wahl zur Schwerbehindertenvertretung, hilfsweise die Anfechtung der genannten Wahl.
Der Antragsteller ist schwerbehinderter Mitarbeiter der Firma W.
GmbH in der Niederlassung F./L. (die Beteiligte zu 3). Die Beteiligte zu 2 ist die gewählte Schwerbehindertenvertretung bei der genannten Firma. Die Beteiligte zu 3 ist im Besitz einer Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung. Die mehr als 800 Arbeitnehmer werden überwiegend örtlich verstreut in Kundenbetrieben eingesetzt. Der Antragsteller ist Elektriker und ebenfalls regelmäßig bei einem Kunden im Einsatz. Der Wahlvorstand zur Wahl einer Schwerbehindertenvertretung verfasste unter dem Datum des 04. Mai 2017 ein Wahlausschreiben zur Wahl einer Schwerbehindertenvertretung. Die Wahl wurde am 30. Juni 2017 durchgeführt. Die Wählerliste zur Wahl der Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen und eines oder mehrerer Stellvertreter besteht aus neun wahlberechtigten schwerbehinderten Arbeitnehmern. Im Wahlausschreiben wurde eine Frist zur Einreichung von Wahlvorschlägen gesetzt bis zum 2. Juni 2017, 16:00 Uhr. Aus der Wählerliste selbst geht nicht hervor, wo die einzelnen Schwerbehinderten arbeiten
bzw. wann, wo und wie diese erreichbar sind. Die in der Wählerliste aufgeführten Mitarbeiter wurden zu einer Informationsveranstaltung der schwerbehinderten Arbeitnehmer am 30. Mai 2017 eingeladen. Daran nahm nur den Antragsteller sowie der Vorsitzende des Wahlvorstands, Herr D., teil. Der Antragsteller ersuchte den Wahlvorstand vergeblich darum, die Kontaktdaten der wahlberechtigten Mitarbeiter zu erhalten, um diese wegen Stützunterschriften zu kontaktieren. Der Antragsteller versuchte dies auch noch im Rahmen eines einstweiligen Beschlussverfahrens (1 BVGa 2/17 beim Arbeitsgericht Freiburg) zu erreichen. Durch Beschluss vom 02. Juni 2017 wurden diese Anträge zurückgewiesen (
vgl. im Einzelnen den Beschluss vom 02. Juni 2017 - 1 BVGa 2/17; beim Landesarbeitsgericht wegen Zeitablaufs in der Sache nicht entschieden). Der Antragsteller reichte keine eigene Vorschlagsliste ein. Beim Wahlvorstand ging am 1. Juni 2017 ein von fünf schwerbehinderten Mitarbeitern unterschriebener Wahlvorschlag ein, der den nicht schwerbehinderten Innendienstleiter Herrn D. sowie als stellvertretendes Mitglied Herrn W. benannte. Herr D. wurde zur Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen gewählt.
Mit dem am 12. Juli 2017 bei Gericht eingereichten Beschlussverfahren begehrt der Antragsteller die Feststellung der Nichtigkeit der Wahl zur Schwerbehindertenvertretung, hilfsweise die Wahl der Schwerbehindertenvertretung für unwirksam zu erklären. Der Antragsteller trägt vor, er habe keinerlei Möglichkeit gehabt, die nach
§ 6 SchwbVWO erforderlichen Stützunterschriften zu erhalten. Auch unter Zuhilfenahme der Wählerliste der wahlberechtigten schwerbehinderten Arbeitnehmer sei es ihm nicht möglich gewesen, die anderen Wahlberechtigten zu kontaktieren, um für Stützunterschriften zu werben. Hingegen verfüge Herr D. als Innendienstleiter über derartige Kontaktdaten und habe auf diese Weise die erforderlichen Stützunterschriften auf seinem Wahlvorschlag erhalten können Damit seien wesentliche Grundsätze einer demokratischen Wahl zu einer Schwerbehindertenvertretung unterlaufen worden. Deshalb sei die Wahl nichtig. Darüber hinaus sei die Wahl anfechtbar, weil gegen wesentliche Wahlvorschriften verstoßen worden sei. Entgegen § 6
Abs. 1
SchwbVWO sei eine längere Frist als 2 Wochen zur Einreichung der schriftlichen Wahlvorschläge gesetzt worden. Außerdem sei das Wahlausschreiben nicht in die Landessprache der Wahlberechtigten übersetzt worden. Außerdem seien die eingereichten Zustimmungserklärungen zum Wahlvorschlag des Herrn D. zwar unterschrieben, aber im Text nicht auf eine Person zugeordnet, weil der Name fehle. Somit seien die Zustimmungserklärungen ungültig.
Der Antragsteller beantragte,
1. Es wird festgestellt, dass die Wahl der Schwerbehindertenvertretung - des Vorsitzenden Herrn D. und dessen Stellvertreter Herr W. - in der Niederlassung F./L. der W.
GmbH vom 30. Juni 2017 nichtig ist.
2. Hilfsweise zu Antrag Ziff. 1: Die Wahl der Schwerbehindertenvertretung - des Vorsitzenden Herrn D. und dessen Stellvertreter Herr W. - in der Niederlassung F./L. der Firma W.
GmbH vom 30. Juni 2017 wird für unwirksam erklärt.
Die Beteiligten zu 2 und 3 beantragten,
die Anträge zurückzuweisen.
Sie haben vor dem Arbeitsgericht vorgetragen: Für eine Wahlanfechtung durch den Antragsteller als einzigen Wahlberechtigten fehle es an der Voraussetzung von
§ 19 Abs. 2 Satz 2 BetrVG i.V,m.
§ 94 Abs. 6 Satz 2 SGB IX. Die Wahl zur Schwerbehindertenvertretung könne nur von mindestens 3 Wahlberechtigten angefochten werden. Die Wahl sei jedenfalls nicht nichtig, insbesondere führe die Nichtweitergabe von Kontaktdaten der sonstigen wahlberechtigten schwerbehinderten Arbeitnehmer nicht zu einer Nichtigkeit einer Wahl. Für eine derartige Weitergabe von Kontaktdaten fehle es bereits an einer gesetzlichen Anspruchsgrundlage. Weder § 94
SGB IX noch die Wahlordnung zur Wahl der Schwerbehindertenvertretung sehe insoweit eine Pflicht des Arbeitgebers oder des Wahlvorstandes vor, einem Interessenten für eine Kandidatur die Kontaktaufnahme zu anderen schwerbehinderten Mitarbeitern zu ermöglichen, damit dieser Stützunterschriften sammeln könne. Der Wahlvorstand habe seiner Pflicht nach
§ 3 Abs. 1 Satz 2 SchwbVWO Genüge getan und die Liste der Wahlberechtigten mit den dort erforderlichen Angaben erstellt.
Darüber hinaus habe der Wahlvorstand, der Beteiligte zu 2 mit der Einladung aller Wahlberechtigten zu einer Informationsveranstaltung am 30. Mai 2017 sämtlichen Wahlberechtigten die Möglichkeit gegeben, miteinander in Kontakt zu treten. Alle wahlberechtigten Arbeitnehmer seien über den Infotag informiert gewesen, hatten aber kein Interesse, an der Informationsveranstaltung teilzunehmen. Die Zustimmungserklärungen zum Wahlvorschlag seien nicht ungültig, weil sie jeweils einer Person zugeordnet werden können. Da im Wahlvorschlag Herr D. als Vertrauensperson und Herr W. als Stellvertreter aufgeführt worden seien, sei anhand der beigefügten Zustimmungserklärung auch ohne maschinenschriftliche Personenangabe offensichtlich, um welche Person es sich handele.
Das Arbeitsgericht hat die Anträge zurückgewiesen. Die Wahl sei nicht nichtig. Die Nichtigkeit einer Wahl zur Schwerbehindertenvertretung sei nur ausnahmsweise nichtig, wenn gegen wesentliche Grundsätze der Wahl in so hohem Maße verstoßen worden ist, dass nicht einmal der Anschein einer dem Gesetz entsprechenden Wahl vorliege. Die Nichtweitergabe von Kontaktdaten der auf der Wählerliste der wahlberechtigten schwerbehinderten Arbeitnehmer durch den Wahlvorstand stelle weder einen offensichtlich noch einen besonders groben Verstoß gegen Wahlvorschriften zur Wahl der Schwerbehindertenvertretung dar. Weder aus § 94
SGB IX noch aus der Wahlordnung zur Wahl der Schwerbehindertenvertretung (
SchwbVWO) ergibt sich eine Verpflichtung des Wahlvorstandes oder des Arbeitgebers zur Weitergabe von Kontaktdaten. § 6
Abs. 2 Satz 1
SchwbVWO lege lediglich die Mindestzahl an Wahlberechtigten fest, die einen Wahlvorschlag unterzeichnen müssen. Auf welche Weise die Unterschriften eingeholt werden und sichergestellt sein müsse, dass jeder potentielle Wahlbewerber Kontakt zu anderen Wahlberechtigten erhält, um die Möglichkeit zu erhalten, ausreichend Stützunterschriften zu sammeln, werde in § 6
Abs. 2 Satz 1
SchwbVWO nicht geregelt. Selbst soweit die Kontaktangaben aufgrund der örtlichen Verteilung der Arbeitsplätze, bedingt durch den Einsatz von Arbeitnehmern in Kundenbetrieben, erschwert sei, habe der Wahlvorstand mit der Einladung aller Wahlberechtigten zu einer Informationsveranstaltung am 30. Mai 2017 sämtlichen Wahlberechtigten die Möglichkeit gegeben, miteinander in Kontakt zu treten. Die Wahl sei auch nicht anfechtbar, da das nach § 19
Abs. 2
BetrVG i.V.m. § 94
Abs. 6 Satz 2
SGB IX erforderliche Quorum von mindestens 3 wahlberechtigten Mitarbeitern nicht erreicht sei.
Gegen den seinem Prozessbevollmächtigten am 12. Oktober 2017 zugestellten Beschluss des Arbeitsgerichts legte dieser am 13. Oktober 2017 beim Landesarbeitsgericht fristgerecht Beschwerde ein und begründete diese innerhalb der bis zum 12. Dezember 2017 begründete verlängerten Beschwerdebegründungsfrist am 20. Oktober 2017.
Zur Begründung seiner Beschwerde trägt er vor, die arbeitsgerichtliche Entscheidung sei fehlerhaft, da das Arbeitsgericht die besondere Betriebsstruktur bei der Beteiligten zu drei völlig außer Acht lasse. Eine Kontaktaufnahme zwischen den einzelnen Beschäftigten in üblicher Form insbesondere bezüglich der wenigen Schwerbehinderten sei nicht möglich. Um für sich um Stützunterschriften bewerben zu können, sei die Kenntnis der Kontaktdaten anderer schwerbehinderter Wahlberechtigter notwendig. Der Antragsteller sei in der Ausübung seines passiven Wahlrechts behindert worden, indem ihm die Kontaktdaten der anderen schwerbehinderten Wahlberechtigten nicht mitgeteilt worden sein. Demgegenüber habe der später gewählte Schwerbehindertenvertreter Herr D. als Innendienstleiter eine Monopolstellung inne gehabt, weil er durch seine berufliche Tätigkeit Kontaktdaten der übrigen wahlberechtigten schwerbehinderten Menschen gekannt habe. Die Informationsveranstaltung vom 30. Mai 2017 sei zu spät gewesen, weil in der Zwischenzeit Herr D. die notwendigen Stützunterschriften bereits gesammelt gehabt habe und daher für die einzelnen wahlberechtigten schwerbehinderten Menschen die Informationsveranstaltung uninteressant gewesen sei. Der Wahlvorstand habe dem Antragsteller auch mehrfach die Mitteilung der Kontaktdaten der übrigen wahlberechtigten schwerbehinderten Menschen verweigert. Durch den konkreten Ablauf der Wahl sei die Chancengleichheit der einzelnen potentiellen Wahlbewerber nicht gewährleistet gewesen und daher liege eine wesentliche Behinderung der Wahl vor, so dass die Wahl nichtig sei.
Der Antragsteller beantragt daher:
1. Es wird festgestellt, dass die Wahl der Schwerbehindertenvertretung - des Vorsitzenden Herrn D. und dessen Stellvertreter Herr W. - in der Niederlassung F./L. der W.
GmbH vom 30. Juni 2017 nichtig ist.
2. Hilfsweise zu Antrag Ziff. 1: Die Wahl der Schwerbehindertenvertretung - des Vorsitzenden Herrn D. und dessen Stellvertreter Herr W. - in der Niederlassung F./L. der Firma W.
GmbH vom 30. Juni 2017 wird für unwirksam erklärt.
Die Beteiligten zu 2 und 3 beantragten,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie tragen zur Begründung vor, die Beschwerde sei bereits unzulässig, da sie die formellen Anforderungen an eine ordnungsgemäße Beschwerdebegründung nicht erfülle. Der Beschwerdeführer habe nicht dargelegt, warum er die Begründung des Ausgangsgerichts für unrichtig halte. Im Übrigen sei die Beschwerde unbegründet, da das Arbeitsgericht zu Recht angenommen habe, dass die streitgegenständliche Wahl der Schwerbehindertenvertretung nicht nichtig sei. Die Wahlordnung regele gerade nicht, dass jeder potentielle Wahlbewerber Kontakt zu anderen Wahlbewerber erhalte, damit die Möglichkeit geschaffen werde, ausreichend Stützunterschriften zu sammeln. Gegen die Mitteilung der Kontaktdaten der anderen Wahlberechtigten sprächen zudem datenschutzrechtliche Gründe. Der Vortrag des Antragstellers erschöpfe sich darin, dem Vorsitzenden des Wahlvorstandes Herrn D. ohne jegliche tatsächliche Anhaltspunkte eine bewusste Wahlmanipulation zu unterstellen. Die Behauptungen einer Wahlmanipulation durch den Antragsteller seinen auch in der Sache falsch. Sämtlichen Wahlberechtigten sei eine Einladung zur Informationsveranstaltung zugesandt worden. Diese hätten jedoch schlicht kein Interesse daran gehabt, an der Informationsveranstaltung teilzunehmen. Zudem habe das Arbeitsgericht zutreffend darauf abgestellt, dass sich aus den behaupteten Verstößen gegen das Wahlverfahren keine Nichtigkeit der Wahl ableiten lasse.
Wegen des weiteren Vortrags der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
B.
Die im Hauptantrag zulässige, ansonsten unzulässige Beschwerde ist unbegründet und war daher zurückzuweisen.
I.
1. Die nach § 87
Abs. 1
ArbGG an sich statthafte Beschwerde ist fristgerecht nach § 87
Abs. 2
i.V.m. § 66
Abs. 1
ArbGG eingelegt und begründet worden.
2. Die Beschwerde wie auch die Beschwerdebegründung genügen hinsichtlich des Hauptantrages den Anforderungen des § 89
Abs. 2
ArbGG. Soweit die Beteiligten zum 2 und 3 meinen, die Beschwerde sei unzulässig, weil nicht hinreichend begründet, verkennen sie zum einen die anzuwendenden Vorschriften und auch die sich hieraus ergebenden Anforderungen an die Beschwerdebegründung. Die Beschwerdebegründung muss die im Einzelnen anzuführenden Beschwerdegründe nicht strukturiert wiedergeben, sondern diese können auch wie im vorliegenden Fall auf die gesamte Beschwerdeschrift verstreut werden. Entscheidend ist, dass sich aus der Beschwerdeschrift ergibt, worin der Beschwerdeführer die Rechtsverletzung erblickt. Das ist der Fall. Der Beschwerdeführer hat - mehrfach wiederholt - darauf hingewiesen, dass er der Auffassung ist, dass das Arbeitsgericht verkannt hat, dass die Wahl schon deshalb nichtig sei, weil der Antragsteller in der Ausübung seines Wahlrechts des unzulässiger Weise behindert worden sei.
3. Hinsichtlich des Hilfsantrages ist die Beschwerde bereits unzulässig, weil sich der Antragsteller mit keinem Wort mit dem Argument des Arbeitsgerichts auseinandersetzt, das nötige Quorum für die Anfechtung der Wahl sei nicht erreicht.
II.
Die Beschwerde ist im Hauptantrag jedoch unbegründet und war daher zurückzuweisen.
Das Arbeitsgericht hat zu Recht entschieden, dass die streitgegenständliche Wahl der Schwerbehindertenvertretung vom 30.6.2017 jedenfalls nicht nichtig ist. Ob sie anfechtbar ist kann dahingestellt bleiben.
1. Die Wahl einer Arbeitnehmervertretung - gleichermaßen die des Betriebsrats wie auch die der Schwerbehindertenvertretung - ist nur nichtig bei groben und offensichtlichen Verstößen gegen wesentliche Grundsätze des gesetzlichen Wahlrechts, die so schwerwiegend sind, dass auch der Anschein einer dem Gesetz entsprechenden Wahl nicht mehr besteht. Wegen der schwerwiegenden Folgen einer von Anfang an unwirksamen Betriebsratswahl kann deren jederzeit feststellbare Nichtigkeit nur bei besonders krassen Wahlverstößen angenommen werden (
BAG 10. 6. 1983 - 6 ABR 50/82 - AP
BetrVG 1972 § 19
Nr. 10). Voraussetzung dafür ist, dass der Mangel offenkundig ist und deshalb ein Vertrauensschutz in die Gültigkeit der Wahl zu versagen ist. Die Betriebsratswahl muss "den Stempel der Nichtigkeit auf der Stirn tragen” (
BAG 17. 1. 1978 - 1 ABR 71/76 - AP
BetrVG 1972 § 1
Nr. 1, 19.11.2003 -
7 ABR 25/03 AP
BetrVG 1972 § 19
Nr. 55, beck-online).
2. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor.
a) Zu der vom Arbeitsgericht zu Recht angenommenen Befugnis des Antragstellers, die Nichtigkeit der Wahl feststellen zu lassen, wird auf II.2.a. der Gründe des angegriffenen Beschlusses Bezug genommen.
b) Allerdings ist dem Antragsteller darin beizupflichten, dass die unterlassene Information der Wahlberechtigten über den jeweiligen Einsatzort der anderen Wahlberechtigten fehlerhaft gewesen ist. Das Arbeitsgericht geht zwar zutreffend davon aus, dass § 6
SchwbVWO keine dahingehende Verpflichtung des Wahlvorstandes aufstellt. Das bedeutet jedoch noch nicht, dass es eine solche Verpflichtung nicht angesichts der besonderen Umstände des konkreten Betriebes aus übergeordneten Wahlgrundsätzen ergeben kann. Im vorliegenden Fall ist ein solcher allgemeiner Grundsatz das Gebot der Chancengleichheit der Wahlbewerber. Dieses Gebot ist zwar weder im
BetrVG noch in der WO 72 ausdrücklich normiert. Es handelt sich hierbei aber um einen ungeschriebenen Grundsatz und ein notwendiges Element einer demokratischen Wahl. Nach ihm soll jeder Wahlbewerber die gleichen Möglichkeiten im Wahlkampf und im Wahlverfahren und damit die gleiche Chance im Wettbewerb um die Wählerstimmen haben (
vgl. zur Chancengleichheit der Parteien bei Bundestagswahlen
BVerfG 47, 198, 225, 226;
BVerfG 21, 196, 199;
BAG 6.12.2000 -
7 ABR 34/99, AP
BetrVG 1972 § 19
Nr. 48, beck-online). Das Gebot wird verletzt, wenn der Wahlvorstand einzelnen Bewerbern Vorrechte gegenüber anderen einräumt (Richardi
BetrVG/Thüsing
BetrVG § 14 Rn. 18-19, beck-online).
Im vorliegenden Fall ist der Betrieb der Beteiligten zu 3 dadurch gekennzeichnet, dass es im täglichen Arbeitseinsatz keine feste Betriebsstruktur gibt, sondern dass die Arbeitnehmer der Beteiligten zu 3 überwiegend bei Kunden im Außendienst arbeiten. Da bei der Beteiligten zu 3 nur acht schwerbehinderte Menschen arbeiten, ist ein beruflicher Kontakt dieser Mitarbeiter untereinander angesichts der Beschäftigtenzahl von mehr als 800 Arbeitnehmern sehr unwahrscheinlich.
Die Chancengleichheit von Wahlbewerbern, alleine die notwendigen Stützunterschriften zu erhalten, hängt daher in der Tat wesentlich davon ab, dass Kontakt zu den anderen Wahlberechtigten besteht oder zumindest hergestellt werden kann. Aus diesem Grunde hat der Antragsteller vom Wahlvorstand zu Recht verlangt, dass dieser ihm die entsprechenden Einsatzorte der anderen wahlberechtigten schwerbehinderten Mitarbeiter mitteilt. Das gilt umso mehr, wenn andere Wahlbewerber aus beruflichen Gründen bereits über diese Kontaktdaten verfügen. Hier hat der Wahlvorstand einzelnen Wahlbewerbern zwar keine Vorrechte gegenüber anderen eingeräumt, er hat aber die "Wettbewerbsverzerrung" und damit die Chancenungleichheit verfestigt, in dem er nicht die aufgrund der Betriebsstruktur gebotenen Ausgleichsmaßnahmen ergriffen und die Einsatzorte der anderen Wahlberechtigten bereits im Wählerverzeichnis mitgeteilt hat.
Eine solche Information hat sich jedoch auf die Einsatzorte zu beschränken. Die vom Antragsteller begehrte Information über die persönlichen Kontaktdaten, insbesondere die Wohnanschrift kann dieser nicht verlangen, da hier das Interesse der anderen Wahlberechtigten überwiegt, selber zu bestimmen, ob und von wem sie außerhalb ihrer Berufstätigkeit und ihrer Arbeitsstätte aus dem Kreis der Arbeitskollegen kontaktiert werden.
Ob eine Informationsveranstaltung, wie sie der Wahlvorstand am 30. Mai 2017 durchgeführt hat ausreichend ist, um die Chancengleichheit der potentiellen Wahlbewerber herzustellen, braucht hier nicht entschieden zu werden. Angesichts des Umstandes dass die Frist zur Einreichung von Wahlvorschlägen bereits am 2. Juni 2017 abgelaufen war, weist der Antragsteller zu Recht darauf hin, dass diese Informationsveranstaltung jedenfalls dann, wenn andere potentielle Wahlbewerber zumindest die Möglichkeit haben, aufgrund ihrer Kenntnisse der Einsatzorte der Wahlberechtigten dort bereits Stützunterschriften zu sammeln, dieser Funktion nicht mehr genügen kann.
c) Dieser Fehler des Wahlvorstandes führt jedoch nicht zur Nichtigkeit der streitgegenständlichen Wahl. Selbst ein Verstoß gegen
§ 20 Abs. 2 BetrVG (hier die tatsächliche und finanzielle Unterstützung einer Gruppe von Kandidaten bei der Herstellung einer Wahlzeitung durch den Arbeitgeber) stellt keinen Verstoß dar, der zur Nichtigkeit, sondern "nur" zur Unwirksamkeit der Betriebsratswahl führt (
BAG 4.12.1986 - 6 ABR 48/85, AP
BetrVG 1972 § 19
Nr. 13, beck-online).
Das gilt im vorliegenden Fall umso mehr, als die
SchwbVWO ebenso wenig wie die
BetrVG - WO 2001 keine Regelung darüber enthält, dass und
ggf. unter welchen Voraussetzungen die Einsatzbetriebe der Wahlberechtigten im Wahlausschreiben mitzuteilen sind. Es existiert soweit ersichtlich zu diesem Themenkreis auch keinerlei Rechtsprechung. Es fehlt aus diesem Grund bereits an der Offensichtlichkeit des Verstoßes, da vom Wahlvorstand jedenfalls nicht gegen Regelungen des Wahlrechts verstoßen wurde, die dem Wahlvorstand eine Pflicht expressis verbis auferlegen.
Die Nichtigkeit der Wahl kann auch deswegen nicht angenommen werden, weil bereits das Arbeitsgericht mit jedenfalls nachvollziehbarer Begründung - wenn diese auch vom Beschwerdegericht nicht gänzlich geteilt wird - eine Nichtigkeit der Wahl abgelehnt hat. Schon aus diesem Grunde fehlt es an der Offensichtlichkeit eines groben Verstoßes.
Ob eine Nichtigkeit anzunehmen ist, wenn der Wahlvorstand erneut in der beanstandeten Weise verfährt, braucht hier nicht entschieden zu werden.
d) Auch die übrigen vom Antragsteller behaupteten Verstöße gegen Wahlvorschriften begründen allenfalls eine Anfechtbarkeit der Wahl, da sie von keinem Gewicht sind, dass sie einen groben und offensichtlichen Verstoß gegen das Wahlrecht darstellen. Auch der Antragsteller selbst geht davon aus, dass hier nur eine Anfechtbarkeit in Betracht kommt.
Auch die Kumulation von Verstößen, die für sich genommen einzeln lediglich die Anfechtbarkeit begründen können, führt nicht zur Nichtigkeit der Wahl. Führen Verstöße gegen Wahlvorschriften des Betriebsverfassungsgesetzes und der Wahlordnung 2001 jeder für sich genommen nicht zur Nichtigkeit der Wahl, kann sich auch aus einer Gesamtwürdigung der einzelnen Verstöße nicht ergeben, dass die Betriebsratswahl nichtig ist (
BAG 19.11.2003 - 7 ABR 24/03, AP
BetrVG 1972 § 19
Nr. 54, beck-online).
Aus diesem Grund war die Beschwerde des Antragstellers zurückzuweisen.
III.
Anlass zur Zulassung der Rechtsbeschwerde besteht nicht. Die aufgeworfenen grundsätzlichen Fragen der Mitteilung der Kontaktdaten der Wahlberechtigten sind nicht entscheidungserheblich, da die Wahl jedenfalls nicht nichtig ist.
Die Entscheidung ist gerichtskostenfrei.