1. Die Beschwerden der Beteiligten zu 1, zu 2, zu 4 und zu 5 gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 10.10.2018 - 18 BV 71/18 - werden zurückgewiesen.
2. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
I.
Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit der betriebsratsinternen Wahl der freizustellenden Betriebsratsmitglieder vom 29.03.2018.
Erstinstanzlich haben die Beteiligten zu 1 bis 6, allesamt Betriebsratsmitglieder des Betriebsrats des Standorts D. der zu 10 beteiligten Arbeitgeberin, mit einem als Feststellungsantrag formulierten Antrag erstrebt, dass das Arbeitsgericht die Freistellungswahl vom 29.03.2018 für unwirksam erklären solle. Der Beteiligte zu 1 ist Vorsitzender des Betriebsrats D. (künftig nur noch: Betriebsrat). Der Betriebsrat ist der Beteiligte zu 9. Er wurde im Jahr 2018 neu gewählt und besteht aus elf Mitgliedern. Die Beteiligten zu 7 und zu 8 sind ebenfalls Mitglieder des Betriebsrats. Die Antragsteller einerseits und die Beteiligten zu 7 und zu 8 andererseits gehören allesamt derselben Gewerkschaft an.
Dem Betriebsrat stehen insgesamt zwei Vollfreistellungen zu. Der Beteiligte zu 7 hat einen Arbeitsvertrag mit 27 Wochenstunden, die Beteiligte zu 8 mit 38 Wochenstunden (Vollzeit).
Als Wahlergebnis der Freistellungswahl vom 29.03.2018 wurde festgestellt, dass von der Vorschlagsliste 1 der Beteiligte zu 1 mit 38 Wochenstunden (Vollzeit) und von der Vorschlagsliste 2 der Beteiligte zu 7 mit 27 Wochenstunden (entsprechend seinem Arbeitsvertrag) sowie die Beteiligte zu 8 mit 11 Wochenstunden freigestellt werden.
Am 12.04.2018 reichten die Beteiligten zu 1 bis 6 die Antragsschrift ein, mit der das vorliegende Verfahren eingeleitet wurde.
Erstinstanzlich haben die Beteiligten zu 1 bis 6 vorgebracht, die Wahl sei für unwirksam zu erklären, da die Frage, ob und wie die zwei Vollfreistellungen durch Teilfreistellungen ersetzt werden sollten, nicht vor der eigentlichen Wahl der Freistellungen durch den Betriebsrat beschlossen worden sei. Des Weiteren widerspreche die Gestaltung der Wahlvorschlagsliste 2, auf der (im Gegensatz zur Wahlvorschlagsliste 1) nicht zwei Kandidaten genannt worden seien, sondern zwei Kandidatenpaare gebildet worden seien, die sich jeweils eine Vollfreistellung nach ihren individuellen Wünschen aufgeteilt hätten, wesentlichen Vorschriften über das Wahlverfahren. Das bei Listenwahlen anzuwendende Höchstzahlensystem nach d’Hondt habe nicht angewandt werden können.
Die Beteiligten zu 7 und zu 8 haben erstinstanzlich die Wahl verteidigt. Der Betriebsrat habe vor der Wahl keine Abstimmung darüber durchführen müssen, ob und wie Teilfreistellungen vorgenommen würden. Bei der Aufteilung von Teilfreistellungen habe, wenn Verhältniswahl durchzuführen sei, im Einzelfall die Liste, der die Vollfreistellung zufalle, das Wahlrecht. Anderenfalls könnten das Verhältniswahlrecht und der Minderheitenschutz nicht wirksam realisiert werden.
Die Arbeitgeberin hat erstinstanzlich ebenfalls die Wahl verteidigt. Spätestens mit Beginn und Durchführung der Wahl habe der Betriebsrat konkludent auch einen etwa notwendigen Beschluss darüber gefasst, dass - sofern mindestens eine Höchstzahl auf die Vorschlagsliste 2 entfalle - Teilfreistellungen vorgenommen würden. Zudem sei der Umfang der Teilfreistellungen vor der Wahl geregelt worden, indem die Vorschlagsliste 2 diesen ausdrücklich aufweise. Die Diskussion im Vorfeld der Wahl zeige, dass eine Willensbildung der Betriebsratsmitglieder stattgefunden habe. Die Gestaltung der Wahlvorschlagsliste 2 sei von Anfang an transparent gewesen.
Zu den weiteren Einzelheiten des festgestellten Sachverhalts sowie zu dem unterschiedlichen Vorbringen der Beteiligten wird auf den Tatbestand des im vorliegenden Beschwerdeverfahren angegriffenen Beschlusses des Arbeitsgerichts vom 10.10.2018 Bezug genommen, dies einschließlich der darin enthaltenen Verweisung auf die gewechselten Schriftsätze, Anlagen und Sitzungsniederschriften.
Das Arbeitsgericht hat mit dem hier angegriffenen Beschluss den Antrag der Beteiligten zu 1 bis 6 als unbegründet zurückgewiesen. Es hat ihn zutreffend als Anfechtungsantrag ausgelegt, der in entsprechender Anwendung von
§ 19 BetrVG von jedem einzelnen Betriebsratsmitglied gestellt werden könne. Hinsichtlich der weiteren Ausführungen des Arbeitsgerichts zu den notwendigen Beteiligten und der Zulässigkeit des Antrags wird auf den Abschnitt II. A. des Beschlusses Bezug genommen.
Der Antrag sei unbegründet, denn die Wahl verstoße nicht gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlverfahren. Es fehle weder an einer vorherigen Entscheidung und Willensbildung des Betriebsrats darüber, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang Teilfreistellungen erfolgen sollten und wie in der Vorschlagsliste 2 die Vollfreistellungen auf Teilfreistellungen verteilt werden sollten, noch sei das d’Hondtsche Höchstzahlenverfahren falsch angewendet worden.
Ein Anspruch auf Freistellung stehe zunächst ausschließlich dem Betriebsrat zu. Die Entscheidung darüber, ob und in welchem Umfang gegebenenfalls Vollfreistellungen durch Teilfreistellungen ersetzt werden sollten, habe der Betriebsrat als Gremium vor Durchführung der Wahl der Freizustellenden zu treffen. Die Notwendigkeit eines solchen Beschlusses ergebe sich schon aus den Konsequenzen einer Aufteilung der Freistellungen für die Arbeit des Betriebsrats und für die Organisation des Betriebs, zu der der Arbeitgeber Einwände nach
§ 38 Abs. 2 Satz 4 BetrVG zu erheben berechtigt sei; ein förmlicher Beschluss werde aber nicht verlangt.
Diese Anforderungen seien hier eingehalten. Ausweislich des Protokolls der Betriebsratssitzung vom 29.03.2018 sei während der Sitzung über die Aufteilung der Freistellungen lange diskutiert worden, um sodann über die im Protokoll festgehaltenen zwei Vorschläge final abzustimmen. Die Formulierung in dem Protokoll: "Es werden dann als 2 volle Freistellungen die Vorschläge gemacht, welches der BR-Vorsitzende H. D. aber noch rechtlich prüfen lassen möchte," sei so zu verstehen, dass für (und nicht "als") die zwei 100 %-Freistellungen die im Protokoll stehenden zwei Vorschläge von Herrn D. und Frau J. zur Verteilung in Voll-
bzw. Teilfreistellungen gemacht worden seien. Dabei habe Herr D. den Vorschlag 2 für nicht zulässig gehalten und habe ihn daher noch rechtlich überprüfen lassen wollen. Dass mit dieser ungenauen Formulierung ausschließlich zwei Vollfreistellungen ohne eine mögliche Aufteilung in Teil-Freistellungen gemeint gewesen seien, wie die Antragsteller meinten, sei nicht ersichtlich. Die hierzu ergangenen zwei Vorschläge von Herrn D. und Frau J. zur Aufteilung der zwei Vollfreistellungen fänden sich dann auch in dem Protokoll wieder. Auf der Basis dieser Vorschläge sei die Wahl dann abgehalten worden. Spätestens mit Beginn und Durchführung der Wahl habe der Betriebsrat daher den Beschluss gefasst, dass - sofern mindestens eine Höchstzahl auf die Vorschlagsliste 2 entfalle - Teilfreistellungen vorgenommen würden. Zudem sei der Umfang der Teilfreistellungen geregelt, die in der Vorschlagsliste 2 aufgelistet seien. Dahinstehen könne, ob die Höhe der Teilfreistellungen sowie die Zusammensetzung der zwei Kandidatenpaare in der Vorschlagsliste 2 nach den individuellen Wünschen der vier genannten Betriebsratsmitglieder erfolgt seien. Denn der Betriebsrat als Gremium habe sich mit der Einleitung und Durchführung der Wahl die beiden Listen jedenfalls als Entscheidung und Beschluss zu eigen gemacht. Anderenfalls hätte er die Wahl hierüber gar nicht durchführen dürfen, sondern zuerst eine förmliche Abstimmung der Betriebsratsmitglieder über das Ob und Wie der Freistellungen veranlassen oder die Wahl der Freistellungen vertagen müssen, um zuvor Rechtsrat einholen zu können. Der protokollierte Vorbehalt des Betriebsratsvorsitzenden sei unbeachtlich. Durch das Abhalten der Wahl habe der Betriebsrat zuvor konkludent die zwei Vorschläge als Wahlgrundlage beschlossen. Die freie Organisationsentscheidung sei durch den stillschweigenden Beschluss ebenso gewahrt wie die Möglichkeit des Betriebsrats, die ordnungsgemäße Erfüllung der betriebsverfassungsrechtlichen Aufgaben zu prüfen und zu gewährleisten. Vor der Abstimmung sei für jedes Betriebsratsmitglied ersichtlich gewesen, unter welchen Voraussetzungen und in welchem Umfang Teilfreistellungen vorgenommen werden sollten. Der Annahme eines konkludenten Beschlusses stehe auch nicht das Vorbringen der Beteiligten zu 7 und zu 8 im vorliegenden Beschlussverfahren entgegen, die einen solchen Beschluss nicht bestritten hätten, sondern nur für unnötig gehalten hätten.
Die ordnungsgemäße Einladung zu dem Tagesordnungspunkt "Wahl der BR Mitglieder, die eine Freistellung erhalten sollen" umfasse gleichzeitig eine Einladung zu dem Verhandlungsgegenstand möglicher Teilfreistellungen und Entscheidung hierüber. Der Oberbegriff Freistellung beinhalte sowohl Vollfreistellungen als auch Teilfreistellungen.
Selbst wenn man darin, dass der Beschluss nicht förmlich gefasst worden sei, einen Verstoß gegen eine Wahlvorschrift sähe, handele es sich jedenfalls nicht um eine wesentliche Wahlvorschrift, die zu einer Anfechtung berechtigen würde. Denn der Sinn und Zweck eines vorherigen Beschlusses habe auch durch die vorherige lange Diskussion der Problematik und die Anerkennung der Teilfreistellung durch Wahl der teilfreigestellten Betriebsratsmitglieder Beachtung gefunden.
Das d’Hondtsche Höchstzahlenverfahren sei richtig angewandt worden. Bei der Aufteilung von Teilfreistellungen komme derjenigen Vorschlagsliste das Wahlrecht zu, der die Vollfreistellung zufallen würde. Nach diesem Grundsatz richte sich auch die Anwendung des d’Hondtschen Höchstzahlenverfahrens. Die auf die Listen zu verteilenden Höchstzahlen seien nach dem Gesamtumfang des Freistellungsvolumens und nicht nach der Anzahl der freizustellenden Personen zu verteilen. So entfalle hier bei zwei zu verteilenden Höchstzahlen eine Höchstzahl auf die erste Vorschlagsliste (sie habe sieben Stimmen erhalten) und eine Höchstzahl auf die zweite Vorschlagsliste (sie habe vier Stimmen erhalten). Beiden Vorschlagslisten komme damit eine Vollfreistellung zu. Die Vollfreistellung für die Vorschlagsliste 2 sei gemäß dem zuvor durch den Betriebsrat gefassten Beschluss in die dort aufgeführten Teilfreistellungen aufzuteilen. Die Aufstellung von Kandidatenpaaren zeige, dass der Betriebsrat diese Verteilungsmethode habe anwenden wollen. Hätte er pro freizustellendem Betriebsratsmitglied verteilen wollen, hätte die Verteilung der Höchstzahlen hinsichtlich der Vorschlagsliste 2 anders erfolgen müssen. Gemäß dem Protokoll der Betriebsratssitzung vom 29.03.2018 habe der Betriebsrat die Höchstzahlen nicht pro Kopf, sondern richtigerweise nach dem Gesamtumfang des Freistellungsvolumens verteilt. Im Ergebnis sei eine Höchstzahl auf den Betriebsratsvorsitzenden (Beteiligten zu 1) mit 38 Wochenstunden entfallen, dies sei eine Vollfreistellung. Die zweite Höchstzahl sei auf die Beteiligten zu 7 (mit 27 Stunden pro Woche) und zu 8 (mit 11 Stunden pro Woche), also zusammen mit 38 Stunden, was einer Vollfreistellung entspreche, als Teilfreistellungen entfallen.
Eine Verteilung der Höchstzahlen nach Köpfen würde das Verhältniswahlrecht und den Minderheitenschutz verletzen. Eine solche Verteilung bewirkte vorliegend nämlich, dass der Vorschlagsliste 2, der bei ausschließlichen Vollfreistellungen eine Vollfreistellung zufallen würde, nur eine halbe Freistellung zufiele, während die Vorschlagsliste 1 statt einer Vollfreistellung 1 ½ Freistellungen bekäme.
Dieser Beschluss wurde den antragstellenden Beteiligten zu 1 bis 6 am 29.10.2018 zugestellt. Ihre hiergegen gerichtete Beschwerde ging rechtzeitig am 26.11.2018 beim Landesarbeitsgericht ein. Auf ihren rechtzeitig am 21.12.2018 eingegangenen Antrag wurde ihre Beschwerdebegründungsfrist bis zum 25.01.2019 verlängert. Rechtzeitig am 24.01.2019 ging ihre Beschwerdebegründung beim Landesarbeitsgericht ein.
In der Beschwerdeinstanz haben die Beteiligten zu 3 und zu 6 ihre Beschwerden zurückgenommen. Hintergrund ist im Fall der Beteiligten zu 3, dass diese das Unternehmen mittlerweile verlassen hat, im Fall des Beteiligten zu 6, dass dieser aus dem Betriebsrat ausgetreten ist. Insoweit hat die Vorsitzende das Verfahren durch Beschluss gemäß § 89
Abs. 4
ArbGG einzustellen.
Die verbleibenden Antragsteller und Beschwerdeführer, also die Beteiligten zu 1, zu 2, zu 4 und zu 5, verfolgen mit ihrer Beschwerde in Auseinandersetzung mit der Begründung des Beschlusses des Arbeitsgerichts unter Wiederholung und Ergänzung ihres erstinstanzlichen Vorbringens weiter die Anfechtung der Freistellungswahl vom 29.03.2018. Das Arbeitsgericht habe seine Amtsermittlungspflicht verletzt. Der Betriebsrat habe einen Beschluss darüber, ob und in welchem Umfang statt Vollfreistellungen Teilfreistellungen vorgenommen werden sollten, als Gremium vor der Wahl gerade nicht getroffen, was aus dem Protokoll zu entnehmen sei. Vor der Wahl sei einzig und allein über den Vorschlag des Betriebsratsvorsitzenden, die zweite Freistellung hälftig zu teilen, lange diskutiert worden. Grundsätzlich habe sich hierzu auch eine klare Mehrheit im Gremium gebildet. Nur die zweite Fraktion sei dagegen gewesen. Das Stimmverhalten zum Vorschlag des Betriebsratsvorsitzenden habe eine Verteilung von 7 : 4 bei einer Enthaltung vorgesehen. Da die zweite Fraktion jedoch keine Ruhe gegeben habe und die Diskussion sich immer weiter im Kreise gedreht habe, habe man endlich "entnervt" beschlossen, zur Wahl zu schreiten. Der Vorschlag der hälftigen Aufteilung der zweiten Freistellung sei trotz der herausgebildeten klaren Mehrheit nicht in die Vorschlagslisten aufgenommen worden, da dies von der zweiten Fraktion strikt verweigert worden sei. Der Beteiligte zu 7 und die Beteiligte zu 8 hätten unmittelbar vor der Wahl ohne jedwede Rücksprache mit dem Betriebsrat individuelle Wünsche in die Wahlvorschlagsliste 2 eingetragen, ohne dass hierüber eine Diskussion, Willensbildung oder auch Entscheidung des Gremiums überhaupt möglich gewesen wäre. Der Satz im Protokoll "Lange Diskussion darüber und es werden dann als 2 volle Freistellungen die Vorschläge gemacht, welches der BR Vors. H. D. aber noch rechtlich prüfen lassen möchte." beziehe sich ausschließlich auf den Vorschlag des Vorsitzenden, die zweite Freistellung in zwei halbe Freistellungen aufzuteilen. Für die vom Arbeitsgericht vorgenommene Interpretation des Protokolls bleibe unter Berücksichtigung der Gesamtumstände kein Raum.
Durch die Gestaltung der Wahlvorschlagsliste 2 habe das bei Listenwahlen anzuwendende Höchstzahlensystem nach d’Hondt nicht angewandt werden können. Auch deswegen verstoße die angegriffene Wahl gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlverfahren. Durch die Gestaltung der Liste 2 seien Kandidatenpaare gebildet worden, so dass im Ergebnis mit einer Höchstzahl zwei Freizustellende gewählt worden seien, was das Wahlergebnis ad absurdum führe.
Falsch sei die Ansicht des Arbeitsgerichts, dass durch die Fassung der Wahlvorschlagsliste 2 klar gewesen sei, wie die Teilfreistellungen aussehen sollten. Das sei unrichtig, da sich die jeweiligen Teilfreistellungen und Aufteilungen einer Vollfreistellung auf Kandidatenpaare nicht einheitlich verhielten. Hätte beispielsweise ein Betriebsratsmitglied der Kandidatin Frau J. gern eine Freistellung zukommen lassen, hätte er gleichzeitig auch den zweiten Kandidaten des Paares wählen müssen. Richtigerweise hätte zunächst einmal ein förmlicher Beschluss
bzw. eine förmliche Abstimmung der Betriebsratsmitglieder über die Freistellung veranlasst werden müssen. Das sei jedoch aus Unerfahrenheit des Betriebsrats nicht passiert. Der Betriebsrat sei schlichtweg sehr unerfahren und habe nicht gewusst, dass ein Abbruch der Wahl zu diesem Zeitpunkt aufgrund des unkooperativen Verhaltens der Beteiligten zu 8 das richtige Mittel gewesen wäre. Man sei von einer Korrekturmöglichkeit ausgegangen.
Die Beteiligten zu 1, zu 2, zu 4 und zu 5 beantragen mit der Klarstellung, dass sie trotz des auf Feststellung gerichteten Antrags eine gerichtliche Gestaltungsentscheidung dahingehend erstreben, die Wahl für unwirksam zu erklären (
vgl. Seite 2 des Protokolls vom 03.12.2019),
festzustellen, dass die am 29.03.2018 durchgeführten Wahlen bezüglich der Freistellungen von Betriebsratsmitgliedern unwirksam sind.
Die Beteiligten zu 7 und zu 8 beantragen,
die Beschwerden der Beschwerdeführer zurückzuweisen.
Der Beteiligte zu 9 (Betriebsrat) stellt keinen Antrag.
Die Beteilige zu 10 (Arbeitgeberin) beantragt,
die Beschwerde der Beteiligten zu 1 bis 6 zurückzuweisen.
Die Beteiligten zu 7 und zu 8 wiederholen und ergänzen ihr erstinstanzliches Vorbringen. Insbesondere wiederholen sie ihre hauptsächlich vertretene Ansicht, wonach es nicht nötig sei, dass der Betriebsrat als Gremium vor der Freistellungswahl darüber entscheide, ob und in welchem Umfang statt Vollfreistellungen Teilfreistellungen vorgenommen würden. Vielmehr habe bei der Aufteilung von Teilfreistellungen, wenn Verhältniswahl durchzuführen sei, im Einzelfall diejenige Liste das Wahlrecht, der die Vollfreistellung zufalle. Andernfalls könne das Verhältniswahlrecht nicht wirksam ausgeübt werden. Müsste zuvor ein Mehrheitsbeschluss des Betriebsrats darüber gefasst werden, ob Teilfreistellungen vorgenommen würden, könnte eine Minderheitenliste ihr Anliegen oder die ihr alleinig zur Verfügung stehende Möglichkeit, eine Vollfreistellung durch Teilfreistellungen zu verwirklichen, nie gegen die Mehrheit durchsetzen. Die Gegenansicht würde dazu führen, dass die Mehrheit unmöglich machen könnte, dass Teilzeitbeschäftigte, die auf einer anderen Kandidatenliste kandidieren wollten, zum Zuge kämen.
Hilfsweise schließen sich die Beteiligten zu 7 und zu 8 jedenfalls der Meinung des Arbeitsgerichts an, wonach es sich bei dem Erfordernis der vorherigen Beschlussfassung des Betriebsrats nicht um eine wesentliche Wahlvorschrift handele.
Die Freistellungswahl sei nicht aus Unerfahrenheit des Betriebsrats in der gegebenen Weise erfolgt. Alle sechs Antragsteller hätten persönlich Erfahrung aus drei bis fünf Betriebsratsamtsperioden, in einem Fall sogar in der Funktion als Vorsitzender. Es befänden sich der Beteiligte zu 1 in der fünften Amtsperiode, die Beteiligten zu 2, (ehemalig) zu 3 und zu 4 jeweils in der dritten Amtsperiode, der Beteiligte zu 5 in der sechsten Amtsperiode (dabei laufend als Vorsitzender oder stellvertretender Vorsitzender) und der (ehemalige) Beteiligte zu 6 zwar in der ersten Amtsperiode als Betriebsratsmitglied, davor sei er jedoch zwei Amtsperioden lang Ersatzmitglied gewesen. Die Diskussion, unter welchen Voraussetzungen und in welchem Umfang Teilfreistellungen vorgenommen werden sollten, habe sich am Wahltag über etwa 1,5 Stunden im Betriebsrat genau zu der Frage hingezogen, ob Teilfreistellungen bei der Freistellungswahl in derjenigen Form möglich seien, wie in der Vorschlagsliste 2 angegeben gewesen sei. Dazu sei sogar der Kommentar von Fitting zu Rate gezogen und daraus vorgelesen worden. Dass dennoch die Wahl durchgeführt worden sei, könne nur als Entscheidung darüber angesehen werden, dass Teilfreistellungen in die Wahl einfließen dürften.
Die zu 10 beteiligte Arbeitgeberin verteidigt das Urteil des Arbeitsgerichts unter Wiederholung und Ergänzung ihres erstinstanzlichen Vorbringens. Der Vortrag der Beschwerdeführer finde im Protokoll keine Stütze. Einen Bedarf für die im letzten Satz des Protokolls festgehaltene rechtliche Prüfung, die der Betriebsratsvorsitzende noch habe durchführen lassen wollen, konnte aus Sicht des Betriebsratsvorsitzenden nur gegeben sein, wenn verschiedene Konstellationen der Teilfreistellung diskutiert worden seien, denn eine Aufteilung "50 : 50" habe er selbst vorgeschlagen. Im Protokoll heiße es ausdrücklich, dass der Betriebsratsvorsitzende und nicht das Gremium Bedarf für eine rechtliche Prüfung gesehen habe. Selbst wenn man aber das Vorbringen der Beschwerdeführer als zutreffend unterstellen würde, ändere dies nichts an der Richtigkeit der Ausführungen des Arbeitsgerichts. Gemäß dem Inhalt des Protokolls habe eine lange Diskussion generell über das Thema Teilfreistellung stattgefunden. Unbeachtlich sei, dass dann im Ergebnis nicht die vom Beteiligten zu 1 vorgeschlagene Aufteilung beschlossen worden sei, sondern über eine andere Aufteilung der Teilfreistellung abgestimmt worden sei. Vor der Abstimmung sei durch die Wahlvorschlagslisten für jedes Betriebsratsmitglied ersichtlich gewesen, unter welchen Voraussetzungen und in welchem Umfang Teilfreistellungen vorgenommen werden sollten. Die Beteiligten zu 7 und zu 8 hätten dem Betriebsrat die Aufteilung nicht "untergejubelt", vielmehr sei diese aus der Wahlvorschlagsliste 2 eindeutig hervorgegangen. Es sei nicht ersichtlich, welche zusätzlichen Informationen die Betriebsratsmitglieder noch hätten erhalten können. Derartiges sei für die Wahl über die Freistellung auch nicht erforderlich gewesen.
Die von den Beschwerdeführern als zu Unrecht unterlassen gerügte Beweisaufnahme habe nicht durchgeführt werden müssen. Nach § 83
Abs. 1 Satz 1
ArbGG gelte für das Beschlussverfahren ein eingeschränkter Amtsermittlungs-
bzw. Untersuchungsgrundsatz. Das Gericht habe alle Tatsachen zu erforschen, die nach seiner Ansicht in Bezug auf den Verfahrensgegenstand entscheidungserheblich seien. Diese Aufklärungspflicht zwinge das Gericht aber nicht zu einer unbegrenzten Amtsermittlungstätigkeit und Beweisaufnahme. Es brauche nicht jeder nur denkbaren Möglichkeit nachgegangen zu werden. Eine Aufklärungs- und Ermittlungspflicht bestehe nur, soweit das Vorbringen der Beteiligten und der Sachverhalt als solcher bei sorgfältiger Prüfung hierzu Anlass gäben. Hier sei von weiteren Befragungen kein sachdienliches Ergebnis zu erwarten gewesen.
Sofern die Beschwerdeführer ihre Unerfahrenheit und einen Irrtum geltend machten, sei dies kein Anfechtungsgrund. Rein innere Vorstellungen, die objektiv unrichtig seien, berechtigten nicht zur Wahlanfechtung, wenn die Irrtümer nicht von Dritten in vorwerfbarer Weise hervorgerufen seien.
Das d’Hondtsche Höchstzahlenverfahren sei richtig angewandt. Bei der Aufteilung von Teilfreistellungen komme derjenigen Vorschlagsliste das Wahlrecht zu, der die Vollfreistellung zufallen würde. Dementsprechend müsse sich die Anwendung des d’Hondtschen Höchstzahlenverfahrens nach diesem Grundsatz richten. Die auf die Listen zu verteilenden Höchstzahlen müssten demnach nach dem Gesamtumfang des Freistellungsvolumens und nicht nach der Anzahl der freizustellenden Personen verteilt werden. Nach alledem verstoße die Gestaltung der Wahlvorschlagsliste 2 nicht gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlverfahren. Vielmehr verhelfe sie dem Minderheitenschutz zu seiner Geltung und wahre somit die Grundsätze des Verhältniswahlrechts.
Zu den weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst der Anlagen sowie auf das Protokoll vom 03.12.2019 Bezug genommen.
II.
Die Beschwerden der Beschwerdeführer sind zulässig, aber unbegründet.
1. Die Beschwerden sind zulässig. Sie sind gemäß § 87
Abs. 1
ArbGG statthaft sowie in der gesetzlichen Form und Frist gemäß § 87
Abs. 2, § 89
Abs. 1,
Abs. 2, § 66
ArbGG eingelegt und begründet worden.
2. Die Beschwerden sind aber unbegründet, da die vom Arbeitsgericht zu Recht als zulässig beurteilten Anträge (auf die Ausführungen des Arbeitsgerichts wird verwiesen) unbegründet sind.
Erstens teilt die Beschwerdekammer die Auffassung der Beteiligten zu 7 und zu 8, wonach ein vorheriger Betriebsratsbeschluss über die Aufteilung von Vollfreistellungen in Teilfreistellungen nicht nötig war. Zweitens ist die Beschwerdekammer der Auffassung, dass unabhängig davon jedenfalls mit dem Arbeitsgericht davon auszugehen ist, dass vorliegend ein solcher Beschluss des Betriebsrats über Teilfreistellungen entsprechend den bekannten Wahlvorschlägen direkt vor der Wahl konkludent gefasst wurde. Auch ansonsten ist nicht erkennbar, dass die Wahl auf der Verletzung wesentlicher Wahlvorschriften beruht, wie das Arbeitsgericht im Ergebnis und in der Begründung völlig zutreffend ausgeführt hat.
a) Vor der Durchführung der Wahl der Freistellungen muss der Betriebsrat nicht durch Beschluss darüber entscheiden, ob und wie Vollfreistellungen durch Teilfreistellungen ersetzt werden sollen (aA die allgemeine Meinung in Rechtsprechung und Literatur,
vgl. nur
LAG Baden-Württemberg 18.01.2012 - 20 TaBV 1/11 - Juris Rn. 55
ff. mwN;
LAG Brandenburg 04.03.2002 - 2 TaBV 22/02 - Juris; Fitting
u. a. BetrVG 29. Aufl. 2018 § 38 Rn. 13; Weber in:
GK-
BetrVG 11. Aufl. 2018 § 38 Rn. 40; Wedde in: Däubler/Kittner
u. a. BetrVG 15. Aufl. 2016 § 38 Rn. 21; Glock in: Hess/Worzalla
u. a. BetrVG 10. Aufl. 2018 § 38 Rn. 22).
Ein solches Erfordernis lässt sich zunächst nicht unmittelbar aus dem Gesetz ableiten. § 38
Abs. 1 Satz 3 regelt nur "Freistellungen können auch in Form von Teilfreistellungen erfolgen.". § 38
Abs. 2 Satz 1
BetrVG regelt sodann "Die freizustellenden Betriebsratsmitglieder werden nach Beratung mit dem Arbeitgeber vom Betriebsrat aus seiner Mitte in geheimer Wahl und nach den Grundsätzen der Verhältniswahl gewählt.". Daraus ergibt sich das Erfordernis eines Betriebsratsbeschlusses über Anzahl und Umfang der Teilfreistellungen nicht. Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu dem durch die Reform des Jahres 2001 mit Wirkung ab dem 28.07.2001 eingeführten § 38
Abs. 1 Satz 3
BetrVG ist - soweit ersichtlich - noch nicht ergangen. Der Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 26.06.1996 (7 ABR 48/95 - BAGE 83, 234) betrifft die Rechtslage vor dieser Reform und zudem eine Freistellung nach
§ 37 Abs. 2 BetrVG, nicht nach § 38
Abs. 1
BetrVG. Aus dieser Entscheidung kann somit nichts für die hier zu beurteilende Rechtsfrage abgeleitet werden.
Aus den Konsequenzen einer Aufteilung der Freistellungen für die Arbeit des Betriebsrats und für die Organisation des Betriebs ergibt sich die Notwendigkeit eines vorherigen Betriebsratsbeschlusses ebenfalls nicht (aA
LAG Baden-Württemberg 18.01.2012 - 20 TaBV 1/11 - Juris Rn. 55 mwN).
Die in § 38
Abs. 2 Satz 1
BetrVG vorgesehene Beratung mit dem Arbeitgeber kann auch in der Weise erfolgen, dass der Arbeitgeber über die zur Wahl gestellten Listen und die darin vorgesehenen etwaigen Teilfreistellungen informiert wird und sich zu den verschiedenen Möglichkeiten äußern kann, die sich infolge der Wahl realisieren können. Soweit die 20. Kammer des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg auf § 38
Abs. 2 Satz 4
BetrVG Bezug nimmt, bleibt es dem Arbeitgeber auch nach der hier vertretenen Auffassung unbenommen, innerhalb einer Frist von zwei Wochen nach der Bekanntgabe der Namen der Freizustellenden (einschließlich der genauen Ausgestaltung etwaiger Teilfreistellungen) die Einigungsstelle anzurufen.
Soweit die 20. Kammer des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg darüber hinaus hervorhebt, dem Betriebsrat als Gremium stehe die freie Organisationsentscheidung darüber zu, ob und inwieweit er von Teilfreistellungen Gebrauch mache, er müsse die ordnungsgemäße Erfüllung der ihm obliegenden betriebsverfassungsrechtlichen Aufgaben gewährleisten und sei hierfür verantwortlich, Letzteres könne durch die Art und Anzahl von Teilfreistellungen beeinflusst
bzw. gefährdet werden, ist nicht erkennbar, weshalb der Betriebsrat dieser Verantwortung nicht auch durch eine Wahl Rechnung tragen kann. Immerhin muss der Betriebsrat auch bei der Entscheidung darüber, wer freigestellt wird, die Verantwortung dafür übernehmen, dass er die ihm obliegenden betriebsverfassungsrechtlichen Aufgaben gewährleisten kann. Auch hier liegen entsprechende Gefahren, ohne dass daraus die Konsequenz entstünde, dass die Aufnahme einer Person in eine Vorschlagsliste durch Mehrheitsbeschluss des Betriebsrats erfolgen müsste.
Dass der einzelne Wählende bei der Wahl selbst keinen Einfluss auf die Zusammensetzung der Kandidatenpaare nehmen kann, liegt in der Natur der Listenwahl begründet.
Da somit für das Erfordernis eines vorgeschalteten Beschlusses des Betriebsrats über Art und Umfang von Teilfreistellungen keine überzeugenden Argumente sprechen, überwiegen aus Sicht der Beschwerdekammer die Gesichtspunkte, die für die Zulässigkeit entsprechender Aufteilungen allein durch Einreichung der Vorschlagslisten sprechen. Zu Recht führen die Beteiligten zu 7 und zu 8 aus, dass gerade diese Vorgehensweise den Anliegen des Minderheitenschutzes und der Förderung der Übernahme von Betriebsratsarbeit durch Teilzeitbeschäftigte wirkungsvoll zum Erfolg verhilft. Anderenfalls könnte die Betriebsratsmehrheit die erfolgreiche Kandidatur von Teilzeitbeschäftigten, die nicht zur Mehrheitsgruppe des Betriebsrats gehören, von vornherein erschweren. Dies könnte geschehen, indem sie Teilfreistellungen ganz verhindert oder für solche Aufteilungsquoten stimmt, die für die in Teilzeit tätigen Mitglieder der Nicht-Mehrheitsgruppe ungünstig sind.
Tatsächlich war dem Gesetzgeber hinsichtlich der Bildung und der personellen Zusammensetzung des Betriebsrats der Minderheitenschutz schon vor der Reform des Jahres 2001 ein wichtiges Anliegen. Die Einführung der Verhältniswahl bei der Freistellung von Mitgliedern des Betriebsrats nach § 38
Abs. 2
BetrVG erfolgte durch das am 01. Januar 1989 in Kraft getretene Gesetz zur Änderung des Betriebsverfassungsgesetzes, über Sprecherausschüsse der leitenden Angestellten und zur Sicherung der Montan-Mitbestimmung (BGBl. I 1988
S. 2312
ff.). Durch dieses Gesetz sollten, "um mehr Demokratie im betrieblichen Alltag zu verwirklichen", die Minderheitenrechte im Betriebsverfassungsgesetz verstärkt, betrieblichen Minderheiten und kleineren Gewerkschaften der Zugang zur Betriebsratsarbeit erleichtert und für sie die Möglichkeiten zur aktiven Mitarbeit bei der täglichen Betriebsratsarbeit verbessert werden (BT-Drs. 11/2503
S. 23;
vgl. dazu auch
BAG 25.04.2001 -
7 ABR 26/00 - zu B I 2 c aa (1) der Gründe, BAGE 97, 340). Nach der Entwurfsbegründung zur Änderung von § 38
BetrVG sollen auch bei Freistellungen die Interessen der Minderheit stärker berücksichtigt werden; die Wahl der freizustellenden Betriebsratsmitglieder soll deshalb in der Regel nach den Grundsätzen der Verhältniswahl erfolgen, weil die Arbeitnehmer einer Minderheitengruppe ein erhebliches Interesse daran haben, unter den freigestellten Betriebsratsmitgliedern eine Person ihres Vertrauens zu finden (BT-Drs. 11/2503
S. 24) (
vgl. BAG 26.09.2018 - 7 ABR 77/16 - Rn. 43, Juris).
Dieses Anliegen ist auch bei der Beurteilung der sich vorliegend stellenden Rechtsfrage ein wichtiger Gesichtspunkt, selbst wenn es hier nicht um die Konkurrenz zwischen einer größeren und einer kleineren Gewerkschaft geht, sondern um unterschiedliche Strömungen innerhalb derselben Gewerkschaft. Auch die bloße betriebliche Minderheit soll nach diesen gesetzgeberischen Zielen verbesserte Möglichkeiten der aktiven Mitarbeit im Betriebsrat erhalten.
Die Förderung der Einbeziehung von Teilzeitbeschäftigten in die Betriebsratsarbeit war das an erster Stelle stehende Anliegen des Gesetzgebers bei der Einführung des § 38
Abs. 2 Satz 3
BetrVG im Jahre 2001. Mit dieser Bestimmung wurde seitens des Gesetzgebers "der Tatsache Rechnung getragen, dass die Teilzeitarbeit eine immer häufiger werdende Arbeitsform sein wird, die sich auch in der Betriebsratsarbeit widerspiegeln soll. So soll die Möglichkeit der Teilfreistellung gerade auch Teilzeitkräften die Chance geben, sich in der Betriebsratsarbeit stärker zu engagieren und sich dafür entweder vollständig oder auch nur teilweise von ihrer Arbeit freistellen zu lassen." Erst an zweiter
bzw. dritter Stelle standen die weiteren Anliegen, dass vollzeitbeschäftigte Betriebsratsmitglieder bei einer bloß teilweisen Freistellung leichter den beruflichen Anschluss behalten könnten und dass Betriebsratsmitglieder aus räumlich weit auseinanderliegenden Betriebsteilen berücksichtigt werden könnten (BT-Drs. 14/5741, 41).
Die demnach mit diesen beiden Reformen verfolgten Ziele können auf der Grundlage der hier vertretenen Auffassung effektiver umgesetzt werden als auf der Grundlage der allgemeinen Meinung. Die Beschwerdekammer kommt deshalb zu dem Ergebnis, dass im vorliegenden Fall vor der Freistellungswahl kein - auch kein konkludenter - Betriebsratsbeschluss über das "Ob", die Anzahl sowie die quotale Ausgestaltung von Teilfreistellungen hätte gefasst werden müssen.
b) Unabhängig davon ist dem Arbeitsgericht vollkommen darin beizupflichten, dass der Betriebsrat im vorliegenden, konkreten Sachverhalt konkludent beschlossen hat, die Freistellungen im Falle einer Wahl so zu verteilen, wie es dem Wahlergebnis entspricht. Auf die Begründung des Arbeitsgerichts wird ausdrücklich Bezug genommen.
Das Vorbringen der Beschwerdeführer lässt die Beschwerdekammer nicht an der Richtigkeit der Beurteilung des Arbeitsgerichts zweifeln. Insbesondere war keine Beweisaufnahme über die von den Beschwerdeführern behaupteten Abläufe vor der Wahl durchzuführen. Wie die Arbeitgeberin überzeugend ausführt, ist der von den Beschwerdeführern behauptete Sachverhalt nicht ansatzweise mit dem Protokoll in Einklang zu bringen. So unbedarft, wie die Beschwerdeführer den (selbst zu ihnen gehörenden) Betriebsratsvorsitzenden darstellen, ist er nach dem Eindruck der Beschwerdekammer nicht. Unwidersprochen blieb die von den Beteiligten zu 7 und zu 8 vorgenommene Auflistung der vielen Perioden, die die Beschwerdeführer bereits mit Betriebsratsarbeit verbracht haben. Auch das spricht gegen die Annahme, das Protokoll habe überhaupt keine Aussagekraft. Wenn ihm aber eine Aussagekraft zukommt und es sich um ein mindestens durchschnittlich verständiges, da sogar mit Personen von erheblicher Betriebsratserfahrung besetztes, Gremium handelt, dann kann kein Zweifel daran bestehen, dass nicht ausschließlich über eine Freistellung "50 : 50" diskutiert worden ist. Eine Diskussion setzt voraus, dass es mindestens zwei Varianten gibt, über die gestritten wird. Dass die Nicht-Mehrheitsgruppe im Betriebsrat anstatt einer Freistellung "50 : 50" eine volle Freistellung gewollt hätte, behaupten selbst die Beschwerdeführer nicht, und dafür ist auch ansonsten nichts ersichtlich. Also kann/können die weitere(n) zur Diskussion gestellte(n) Variante(n) nur eine andere Freistellung(en) als die "50 : 50"-Freistellung gewesen sein.
Für den von den Beschwerdeführern darüber hinaus nunmehr als getroffen behaupteten Beschluss "einfach nur zwei volle Freistellungen zu vergeben" fehlt bei sorgfältiger Prüfung des Vorbringens der Beteiligten und des sonstigen Sachverhalts ein genügender Anhalt, so dass § 83
Abs. 1 Satz 1
ArbGG es nicht erfordert, den Sachverhalt hier durch Zeugenvernehmung "aufzuklären". Es ist nicht ansatzweise nachvollziehbar, weshalb ein solcher Beschluss, wäre er getroffen worden, noch nicht einmal andeutungsweise dem Protokoll entnommen werden kann (nämlich nach der Passage "Lange Diskussion darüber..."), und weshalb dann nicht eine Wahl entsprechend diesem Beschluss stattfand.
Auch das d’Hondtsche Höchstzahlensystem ist hier zutreffend angewandt worden. Die Angriffe der Beschwerdeführer setzen den zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts keine Erwägung entgegen, die diese Argumente erschüttern. Die Beschwerdekammer bezieht sich deshalb vollumfänglich auf die Ausführungen des Arbeitsgerichts.
Die Beschwerdekammer hat die Entscheidung des Arbeitsgerichts infolgedessen nach eingehender Kenntnisnahme und Erwägung des erst- und zweitinstanzlichen Vorbringens der Beteiligten nicht abgeändert.
III.
In diesem Verfahren werden gemäß § 2
Abs. 2 1. Fall GKG Kosten nicht erhoben.
Die Beschwerdekammer hat die Rechtsbeschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung gemäß § 92
Abs. 1 Satz 1, Satz 2
iVm. § 72
Abs. 2
ArbGG zugelassen.