Der angefochtene Beschluss wird geändert.
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
I.
Bei dem Beteiligten zu 2. fand am 19. November 2002 im vereinfachten Wahlverfahren die regelmäßige Neuwahl der Vertrauensperson für schwerbehinderte Menschen (Schwerbehindertenvertretung) statt. Zu der Wahl hatte die seinerzeit amtierende Schwerbehindertenvertretung mit Schreiben vom 22. Oktober 2002 geladen. Ausweislich der Niederschrift über die Wahl wurde "mit Zustimmung aller Wahlberechtigten ... die Wahl offen durchgeführt". Von 31 anwesenden Wahlberechtigten stimmten 30 für die bisherige Amtsinhaberin. Die Wahl der beiden Stellvertreter wurde der Niederschrift zufolge "schriftlich" durchgeführt. Mit vom 20. November 2002 bis 4. Dezember 2002 ausgehängter Bekanntmachung vom 19. November 2002 wurde das Ergebnis der Neuwahl der Schwerbehindertenvertretung bekannt gemacht.
Der Antragsteller ist eine in der Dienststelle vertretene Gewerkschaft (Gewerkschaftlicher Berufsverband). Er hat am 2. Dezember 2002 unter dem Betreff "Antrag auf Feststellung der Nichtigkeit der Wahl zur Schwerbehindertenvertretung" das Arbeitsgericht E. angerufen und vorgetragen, ein vereinfachtes Wahlverfahren sei nicht zulässig gewesen, weil es am Tage der Einladung zur Wahl mehr als 49 Schwerbehinderte in der Dienststelle gegeben habe; ferner hat er einen Verstoß gegen die zwingend vorgeschriebene geheime Wahl "des/der Vorsitzenden" gerügt.
Das Arbeitsgericht E. hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 15. Januar 2003 an die Fachkammer für Landespersonalvertretungssachen des Verwaltungsgerichts verwiesen, weil es sich "zur Entscheidung über die Wahlanfechtung der Schwerbehindertenvertretung in einer Dienststelle" für nicht berufen erachtete. Es hat die Auffassung vertreten, auf der Grundlage der Verweisungsnorm des
§ 94 Abs. 6 Satz 2 SGB IX ergebe sich das Vorliegen einer personalvertretungsrechtlichen Streitigkeit, über die das Verwaltungsgericht im Beschlussverfahren zu entscheiden habe.
Durch den angefochtenen Beschluss hat die Fachkammer des Verwaltungsgerichts dem (sinngemäßen) Antrag,
festzustellen, dass die Wahl der Schwerbehindertenvertretung im M. des Landes Nordrhein-Westfalen vom 19. November 2002 nichtig war,
antragsgemäß mit im Wesentlichen folgender Begründung stattgegeben: Aufgrund der bindenden Wirkung des Verweisungsbeschlusses des Arbeitsgerichts sei die sachliche Zuständigkeit der Fachkammer gegeben. Auch sei der Antragsteller befugt, die Nichtigkeit der Wahl vor der Fachkammer zu rügen. Dabei könne dahinstehen, ob er auch berechtigt wäre, die Wahl anzufechten, obwohl ihm im Wahlverfahren zur Schwerbehindertenvertretung keine eigenen Rechte zustünden. Denn die Nichtigkeit einer Wahl zur Schwerbehindertenvertretung könne verfahrensrechtlich von jedermann geltend gemacht werden. Das Feststellungsinteresse ergebe sich daraus, dass drei Schwerbehinderte in der Dienststelle Mitglieder des Antragstellers seien. Der Antrag sei auch begründet. Durch die bewusst offene Wahl mittels Handzeichen sei gegen die Grundsätze einer ordnungsgemäßen Wahl in so hohem Maße verstoßen worden, dass auch nicht mehr der Anschein einer Wahl gegeben sei. Der vorliegend verletzte Grundsatz der geheimen Wahl sei zwingend und stehe nicht zur Disposition der Beteiligten. Es sei daher ohne Bedeutung, dass diese die offene Durchführung der Wahl ausdrücklich beschlossen hätten. Auf die Kausalität des Mangels für das Wahlergebnis komme es hier nicht an.
Gegen den den Prozessbevollmächtigten der Beteiligten zu 1. am 24. November 2003 zugestellten Beschluss haben diese am 23. Dezember 2003 Beschwerde eingelegt und sie am 26. Januar 2004 begründet.
Die Beteiligte zu 1. führt im Wesentlichen an: Der Antrag des Antragstellers sei unzulässig. Abgesehen davon, dass das Landespersonalvertretungsgesetz, dessen Vorschriften vorliegend analog anwendbar seien, ein Nichtigkeits-Feststellungsverfahren ausdrücklich überhaupt nicht vorsehe und ein solches nicht fristgebundenes Verfahren mitsamt den dadurch ausgelösten schwerwiegenden Folgen sowohl dem Prinzip des Rechtsfriedens als auch den Zielen des Schwerbehindertengesetzes und des LPVG NRW zuwiderliefe, bestünden hier vor allem Zweifel an der Antragsberechtigung des Antragstellers sowie unter dem Gesichtspunkt des Feststellungsinteresses
bzw. Rechtsschutzbedürfnisses. Der Antragsteller sei hier insoweit auf beiden Seiten des Verfahrens beteiligt, als die gewählte zweite Stellvertreterin der Vertrauensperson schwerbehinderter Menschen sein Mitglied sei. Damit liege ein unzulässiger "In-Sich-Prozess" vor. Das Rechtsschutzbedürfnis fehle u.a. deshalb, weil alle drei wahlberechtigten Schwerbehinderten, die Mitglieder des Antragstellers seien, das von diesem jetzt angefochtene Wahlergebnis befürworteten. Dem Antragsteller stehe es nicht zu, sich gegen einen derart erklärten Willen seiner Mitglieder zu stellen. Eine spezielle Ausprägung des für jede Rechtsverfolgung nötigen allgemeinen Rechtsschutzinteresses sei im Übrigen das hier in analoger Anwendung des § 256
ZPO zu fordernde Feststellungsinteresse, über welches eine notwendige Eingrenzung der Antragszulässigkeit erfolgen müsse. Wenn schon in Fällen der vorliegenden Art über das geschriebene Recht hinausgehend eine Nichtigkeitsfeststellung zugelassen werde, könne dies nicht bedeuten, dass sie von "jedermann" betrieben werden könne. Nötig sei ein rechtlich schützenswertes eigenes Interesse. Dieses fehle indes einer Gewerkschaft, da sie an der Wahl der Schwerbehindertenvertretung nicht organschaftlich beteiligt sei.
Ferner lägen die Voraussetzungen für eine Nichtigkeit der Wahl auch in der Sache nicht vor. Wenn - wie hier - die Wahl der Vertrauensperson mit Zustimmung aller Wahlberechtigten offen durchgeführt worden sei, äußere sich hierin der einheitliche Wille der Wahlversammlung, der geheimen Abstimmung ein minderes Gewicht beizumessen. Das müsse bei der Gewichtung und Schwere des Verstoßes berücksichtigt werden. Im Übrigen gelte der alte Rechtsgrundsatz "volenti non fit iniuria" sinngemäß. Unter diesen Umständen könne in keinem Falle davon gesprochen werden, dass noch nicht einmal der Anschein einer Wahl mehr vorgelegen habe. Aber selbst dann, wenn von einem schweren, zur Nichtigkeit der Wahl führenden Fehler auszugehen wäre, könne der Antrag keinen Erfolg haben. Denn durch den Verstoß habe das Wahlergebnis nicht geändert oder beeinflusst werden können. Aus dem Gesetz ergebe sich keinerlei Anknüpfungspunkt dafür, dass dieses Tatbestandsmerkmal des § 22
Abs. 1 letzter Halbsatz LPVG NRW nicht auch bei Anträgen auf Nichtigkeitsfeststellung zu prüfen sei. Wenn hier bei 31 anwesenden Wahlberechtigten 30 für die gewählte Vertrauensperson gestimmt hätten, sei nicht zu erwarten, dass bei geheimer Wahl das Ergebnis in relevanter Weise anders ausgefallen wäre, zumal frühere Wahlen ähnliche Ergebnisse gezeigt hätten. Vielmehr drücke das Wahlergebnis aus, dass die Arbeit der Vertrauensperson - wie auch ihrer ersten Stellvertreterin - derart akzeptiert sei, dass allgemein ihre Wahl gewünscht werde.
Die Beteiligte zu 1. beantragt,
den angefochtenen Beschluss zu ändern und den Antrag des Antragstellers abzulehnen.
Der Antragsteller beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er verteidigt den angefochtenen Beschluss und trägt ergänzend vor: Die Beteiligte zu 1. verkenne nach wie vor, dass die Nichtigkeit der Wahl auch außerhalb der Zwei-Wochen-Frist von jedermann geltend gemacht werden könne, wobei ihre Ausführungen zum angeblich unzulässigen "In-Sich-Prozess" nicht nachvollziehbar seien. Auf den Willen der Beteiligten komme es im Zusammenhang mit der Beurteilung von Verstößen gegen zwingende Wahlrechtsgrundsätze wie hier den Grundsatz der geheimen Wahl nicht an. Auch die Ausführungen zur fehlenden Kausalität seien in Bezug auf die Überprüfung der Nichtigkeit der Wahl ohne Bedeutung.
Der Beteiligte zu 2. stellt keinen Antrag und verzichtet auf eine Stellungnahme im Beschwerdeverfahren.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte Bezug genommen.
II.
Die fristgerecht erhobene und rechtzeitig begründete Beschwerde der Beteiligten zu 1. ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.
Der Antrag auf Feststellung der Nichtigkeit der in Rede stehenden Wahl, über welchen jedenfalls auf der Grundlage der bindenden Verweisung durch das Arbeitsgericht E. von den Verwaltungsgerichten im personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahrens und nach dessen Regeln zu entscheiden ist,
vgl. dazu allgemein
BVerwG, Beschluss vom 17. März 1983 -
6 P 30/82 -, ZBR 1983, 278 = PersV 1984, 320 (dort zur Wahlanfechtung); Cecior/ Vallendar/Lechtermann/Klein, Personalvertretungsrecht NRW, § 22 Rn. 125; zur Rechtswegfrage - dort allerdings unter Diskussion des Streitstandes im Ergebnis eine Zuständigkeit der Arbeitsgerichte annehmend - auch
VG Berlin, Beschluss vom 8. Juli 2003 -
VG 62 A 11.03 -, PersV 2004,110,
m.w.N.,
ist unzulässig, weil es dem Antragsteller an der notwendigen Antragsbefugnis fehlt.
Im Unterschied zu der gesetzlich auf bestimmte ausdrücklich geregelte Fälle beschränkten (besonderen) Antragsbefugnis bei der fristgebundenen Wahlanfechtung kann die Nichtigkeit der Wahl einer Personal-
bzw. Schwerbehindertenvertretung zwar grundsätzlich zu jeder Zeit und von "jedermann" geltend gemacht werden.
Vgl.
BVerwG, Beschluss vom 18. Januar 1990 - 6 P 8.88 -, PersR 1990, 108; Cecior/Vallendar/ Lechtermann/Klein, a.a.O., § 22 Rn. 124; Lorenzen
u. a., BPersVG, § 25 Rn. 43.
Dies zielt aber zumindest im Kern (nur) auf die Nichtgeltung der besonderen gesetzlichen Anforderungen an die Antragsbefugnis im Fall der Wahlanfechtung; § 22
Abs. 1 LPVG NRW ist demgemäß auf die Feststellung der Nichtigkeit der betreffenden Wahl weder direkt noch entsprechend anwendbar. Die insoweit unterschiedliche Behandlung von Wahlanfechtung und Feststellung der Nichtigkeit der Wahl rechtfertigt sich daraus, dass die Nichtigkeit einer Wahl bereits aus sich heraus für und gegen alle wirkt und von dem Gericht rein deklaratorisch festgestellt wird. Keine Aussage ist damit indes schon in Bezug auf die - weitere - Frage getroffen, ob nicht dann, wenn wie hier über die Feststellung der Nichtigkeit der Wahl einer Schwerbehindertenvertretung als Hauptsache im Rahmen eines personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahrens gestritten wird, immerhin die allgemeinen Grundsätze zur Anwendung gelangen, welche die Antragsbefugnis in eben jenem Verfahrenstyp mit dem Ziel der Verhinderung einer sog. Popularklage anerkanntermaßen auch sonst bestimmen und eingrenzen. Dies ist zu bejahen, wobei offen bleiben kann, ob statt dessen vergleichbare Anforderungen auch im Rahmen eines in entsprechender Anwendung des § 256
ZPO zu fordernden Feststellungsinteresses gestellt werden könnten, um jedenfalls im Ergebnis die in prozessualer Hinsicht gebotene Eingrenzung des Kreises von Antragsberechtigten (Feststellungsberechtigten) zu erzielen.
Eine gewisse Eingrenzung des Kreises der Antragsberechtigten (Feststellungsberechtigten) ist auch in Verfahren zur Feststellung der Nichtigkeit der Wahl einer Schwerbehindertenvertretung, für die keine speziellen prozessualen Vorschriften existieren, im Ergebnis ohnehin wie selbstverständlich notwendig, schon um zu verhindern, dass etwa ein an dem Wahlverfahren völlig unbeteiligter,
ggf. nicht einmal in seinen Interessensphäre betroffener "Dritter" die Möglichkeit erhält, mit Hilfe der Gerichte eine bestimmte objektive Rechtslage feststellen zu lassen, ohne dass ihm dies irgend einen erkennbaren Vorteil brächte. Diese noch relativ weit gezogene Eingrenzung könnte zwar auch bereits unter dem der Gesichtspunkt eines jeweils erforderlichen Rechtsschutzbedürfnisses hinreichend gewährleistet sein. Damit allein kann es nach Auffassung des beschließenden Fachsenats aber nicht sein Bewenden haben. Denn in einem personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren, welches nach dem oben Ausgeführten hier zur Anwendung kommt, ist unabhängig vom Rechtsschutzbedürfnis auch die (der Prozessführungsbefugnis im Urteilsverfahren entsprechende) Antragsbefugnis - gesondert - zu prüfen. Diese hat zwar im Gesetz keine ausdrückliche Regelung gefunden, ist aber als Sachentscheidungsvoraussetzung innerhalb eines personalvertretungsrechtlichen Beschussverfahrens - und darüber hinaus auch in den meisten anderen Rechtsschutzsystemen - allgemein anerkannt.
Vgl. etwa Fischer/Goeres, GKÖD,
Bd. V, Anh. 2 zu K § 83 Rn. 12
ff.Da es für das Verfahren zur Feststellung der Nichtigkeit der Wahl einer Personal- oder Schwerbehindertenvertretung keine besonderen Regelungen oder Grundsätze über die Antragsbefugnis gibt, ergibt sich daraus gewissermaßen von selbst, dass sich auch für jenes Verfahren der Kreis der Antragsberechtigten (ergänzend) nach den sonst für das personalvertretungsrechtliche Beschlussverfahren geltenden allgemeinen Grundsätzen bestimmt.
Ebenso Fischer/Goeres, a.a.O., K § 25 Rn. 47.
Diesen Grundsätzen zufolge setzt die Antragsbefugnis voraus, dass für den antragstellenden Beteiligten eine schützenswerte Rechtsposition besteht. Der Antragsteller muss ein ihm (personalvertretungsrechtlich
bzw. - hier - nach dem Wahlverfahren zur Schwerbehindertenvertretung) zustehendes Recht geltend machen
bzw. sich auf eine entsprechende Rechtsposition berufen, um sie vor Verletzung und Nichtbeachtung schützen zu lassen. Dabei geht es allerdings in der Regel nicht um subjektive Rechte, sondern um organ- und/oder mitgliedschaftliche Rechtsstellungen. Eine solche (materielle) Rechtsstellung kann entweder ausdrücklich gesetzlich zuerkannt sein oder sich aus einem allgemein übertragenen Kreis von Rechten und Pflichten ableiten lassen. Wesentlich ist dabei allerdings stets, dass der Antragsteller durch die begehrte Entscheidung unmittelbar in seiner personalvertretungsrechtlichen oder sonst vergleichbaren Rechtsstellung berührt wird.
Vgl.
BVerwG, ......, PersV 1979, 500; ....., PersV 1980, 105;
BAG, ....; zum Ganzen auch Fischer/Goeres, a.a.O., Anh. 2 zu K § 83 Rn. 12.
Daran fehlt es hier. Die antragstellende Gewerkschaft wird nämlich bezogen auf das Wahlverfahren zur Schwerbehindertenvertretung, auf das hier (allein) abzustellen ist, allenfalls mittelbar in eigenen Rechten betroffen. Unmittelbar im Zusammenhang mit dem Wahlverfahren sind den in den jeweiligen Betrieben vertretenen Gewerkschaften hingegen keine (Beteiligungs-)Rechte eingeräumt worden.
Anders als die Personalratswahl ist die Wahl der Schwerbehindertenvertretung nach den einschlägigen Vorschriften (§§ 94,
100 SGB IX i.V.m. den Bestimmungen der Wahlordnung Schwerbehindertenvertretung -
SchwbVWO -) als eine reine Personenwahl und nicht als eine Listenwahl ausgestaltet worden. Die in den Betrieben vertretenen Gewerkschaften können insbesondere nicht selbst Kandidaten für die Wahl vorschlagen und wirken auch an der Bestellung des Wahlvorstandes nicht mit. Soweit nach § 94
Abs. 6 Satz 2
SGB IX i.V.m. § 22
Abs. 1 LPVG NRW immerhin eine eigene Befugnis der vorbezeichneten Gewerkschaften zur Wahlanfechtung in Betracht kommen könnte, ist eine solche (verfahrensrechtliche) Befugnis nach der überwiegend vertretenen Auffassung,
vgl. etwa
VG Ansbach, Beschluss vom 4. September 1995 -
AN 8 P 94.02216 -, PersV 1996, 371; Ernst/Adlhoch/Seel,
SGB IX, § 94 Rn. 119; Kossens/von der Heide/Maaß,
SGB IX, § 94 Rn. 32; Neumann/Pahlen/Majerski-Pahlen,
SGB IX, 10. Aufl., § 94 Rn. 42,
welcher sich der beschließende Fachsenat anschließt, in teleologisch- systematischer Reduktion der angeführten gesetzlichen Verweisungsregelung im Ergebnis abzulehnen, weil es an der hierfür vorauszusetzenden (materiellen) Grundlage des Bestehens einer eigenen Rechtsstellung im Wahlverfahren zur Schwerbehindertenvertretung selbst fehlt. Da die für die Geltendmachung der Nichtigkeit der Wahl zu fordernde Antragsbefugnis nach dem oben Ausgeführten den gleichen Anknüpfungspunkt für die Beurteilung hat, nämlich die Betroffenheit der eigenen Rechtsstellung in Bezug auf das Wahlverfahren, kann hier insoweit nichts Abweichendes gelten und ist insbesondere für eine "großzügigere" Bestimmung des Kreises der Antragsberechtigten kein Raum. Dass schließlich nach
§ 120 Abs. 3 Satz 1 SGB IX bei dem bei jedem Landesarbeitsamt bestehenden Widerspruchsausschuss bestimmte zu berufende Mitglieder "im Benehmen mit den für den Landesarbeitsamtsbezirk jeweils zuständigen Gewerkschaften" vorzuschlagen sind, betrifft allein ein - zudem nur schwach ausgebildetes - Beteiligungsrecht der Gewerkschaften auf einer übergeordneten Ebene, welche mit der hier maßgeblich in Rede stehenden Wahl der Schwerbehindertenvertretung in den Betrieben und Dienststellen und der Rechtsstellung der dort vertretenen Gewerkschaften nicht die notwendige unmittelbare Verknüpfung aufweist.
Soweit den in den Dienststellen und Betrieben vertretenen Gewerkschaften wie etwa der Antragstellerin Beteiligungsrechte bei der Wahl von Personal- und Betriebsrat zustehen und den letztgenannten Gremien ihrerseits gewisse organschaftliche Rechte und Pflichten mit Blick auf die Schwerbehindertenvertretung eingeräumt worden sind (siehe
z. B. §§ 1 Abs. 2,
2 Abs. 4 SchwbVWO: mögliche Einbindung ins Wahlverfahren;
§ 93 SGB IX: Förderungspflicht betreffend die Eingliederung schwerbehinderter Menschen; § 95
Abs. 4 und 5
SGB IX: Teilnahmerecht der Schwerbehindertenvertretung an Betriebs- und Personalratssitzungen sowie Hinzuziehung zu Besprechungen), vermag auch dies die geforderte unmittelbare Betroffenheit der jeweiligen Gewerkschaft in einer eigenen Rechtsstellung bei der Wahl zur Schwerbehindertenvertretung nicht zu begründen.
A.A. möglicherweise Ernst/Adlhoch/Seel,
SGB IX, § 94 Rn. 122.
Entsprechendes gilt auch mit Blick auf die Mitgliedschaft wahlberechtigter Personen in einer in der Dienststelle vertretenen Gewerkschaft. Dieses Mitgliedschaftsverhältnis vermittelt der Gewerkschaft - hier der Antragstellerin -, soweit es um die Wahl der Schwerbehindertenvertretung geht, allenfalls eine mittelbare Betroffenheit in einer schutzwürdigen Rechtsstellung, was nach dem Vorstehenden für die Zuerkennung der Antragsbefugnis im Verfahren der Nichtigkeitsfeststellung nicht ausreicht. In diesem Zusammenhang bleibt auch das (etwaige) Interesse an der Klärung der Frage, ob hier die Wahl der zweiten Stellvertreterin der Vertrauensperson - eines Mitglieds des Antragstellers - wirksam erfolgt ist, im Rechtssinne allein ein Interesse der betroffenen Person selbst, also des Mitglieds. Soweit es um das Interesse der Realisierung von Chancen weiterer Mitglieder des Antragstellers für den Fall einer erforderlich werdenden Neuwahl geht, gilt dafür nichts anderes. Der Antragsteller mag in diesem Zusammenhang ein - in einem weiteren Sinne - "berechtigtes" Interesse an einer möglichst starken Repräsentation seiner Mitglieder in gewählten Gremien
bzw. Organen haben; dies ist bezogen auf die hier konkret erstrebte Nichtigkeitsfeststellung aber nicht zugleich auch ein "rechtliches" Interesse und kommt einem solchen auch nicht gleich.
Lediglich zur weiteren Information der Beteiligten gibt der Senat folgende, das Ergebnis der Entscheidung nicht mehr tragende Hinweise zur materiellen Rechtslage:
Wäre der Antrag zulässig gewesen, so hätte ihm in der Sache entsprochen werden müssen. Denn die am 19. November 2002 durchgeführte Neuwahl der Vertrauensperson für schwerbehinderte Menschen bei dem Beteiligten zu 2. ist nichtig.
In Anbetracht des durch die knapp bemessene Frist für die Wahlanfechtung zum Ausdruck kommenden Willen des Gesetzgebers kann die Nichtigkeit einer Wahl nur in Ausnahmefällen in Betracht kommen. Aufgrund dessen ist eine Wahl (des Personalrats oder der Schwerbehindertenvertretung) nur dann nichtig, wenn gegen allgemeine Grundsätze einer ordnungsgemäßen Wahl in so hohem Maße verstoßen worden ist, dass auch der Anschein einer Wahl nicht mehr vorliegt. Es muss demzufolge sowohl ein offensichtlicher als auch ein besonders grober Verstoß gegen Wahlvorschriften vorliegen.
Vgl.
BVerwG, Beschlüsse vom 3. Oktober 1958 - VII P 9.57 -, BVerwGE 7, 251, vom 13. Mai 1987 - 6 P 20.85 -, PersR 1987, 193 = PersV 1988, 401 = ZBR 1987, 350, und vom 18. Januar 1990 - 6 P 8.88 -, PersR 1990, 108;
BAG, Urteil vom 11. Juli 1991 - 2 AZR 633/90 -, PersR 1992, 35 = PersV 1992, 259, sowie Beschlüsse vom 29. April 1998 - 7 ABR 42/97 -, BAGE 88, 322, und vom 22. März 2000 - 7 ABR 34/98 -, BAGE 94, 144; Beschluss des Fachsenats vom 10. Februar 1999 - 1 A 3656/97.PVL -, PersR 1999, 213; Cecior/Vallendar/Lechtermann/Klein, a.a.O., § 22 Rn. 119.
Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.
§ 94
Abs. 6 Satz 1
SGB IX legt fest, dass die Vertrauensperson und das stellvertretende Mitglied (
u. a.) in geheimer Wahl gewählt werden. Da Ausnahmen nicht bestimmt worden sind, ist die Einhaltung dieses Wahlrechtsgrundsatzes zwingend.
Vgl. auch
OVG NRW, Beschluss vom 27. September 2000 -
1 A 1541/99.PVB -, PersR 2001, 256.
Der Grundsatz der geheimen Wahl ist für die Durchführung der Wahl von grundlegender Bedeutung. Er dient der Sicherung der freien Wahl und besagt, dass bei der Stimmabgabe jede Möglichkeit ausgeschlossen sein muss, dass andere Personen beobachten oder Kenntnis davon erlangen können, wie der wahlberechtigte wählt oder gewählt hat. Der Wahlberechtigte soll hierdurch in die Lage versetzt werden, seine Stimme unbeeinflusst von Dritten abgeben zu können. Hiervon ausgehend stellt insbesondere jede Form einer offenen Stimmabgabe, wie etwa durch Zuruf oder Handaufheben, einen eklatanten Verstoß gegen den Wahlrechtsgrundsatz der geheimen Wahl dar.
Vgl. etwa Cecior/Vallendar/Lechtermann/Klein, a.a.O., § 16 Rn. 7.
Dieser Verstoß ist mit Blick sowohl auf seine Offensichtlichkeit als auch seine Schwere von solcher Bedeutung, dass allgemein davon ausgegangen wird, dass er die Nichtigkeit der Wahl zur Folge hat.
Vgl. nur
BAG, Urteil vom 12. Oktober 1961 - 5 AZR 423/60 -, BAGE 11, 318 (321); Grabendorff/ Windscheid/Ilbertz/Widmaier, BPersVG, 9. Aufl., § 25 Rn. 3; Cecior/Vallendar/Lechtermann/Klein, a.a.O., § 22 Rn. 121.
Der Argumentation der Beteiligten zu 1., bei der Bewertung der Schwere des Verstoßes müsse in dem hier zur Entscheidung stehenden Einzelfall maßgebliche Berücksichtigung finden, dass sämtliche Beteiligten mit einer offenen Durchführung der Wahl der Vertrauensperson einverstanden gewesen seien, kann nicht gefolgt werden. Ist nämlich - wie hier - die Beachtung eines bestimmten Wahlrechtsgrundsatz gesetzlich zwingend vorgegeben und steht sie infolgedessen nicht zur Disposition der Beteiligten, so darf es, auch was die Schwere des Verstoßes betrifft, gerade nicht entscheidend darauf ankommen, ob alle Beteiligten damit einverstanden waren, sich einfach über den Willen des Gesetzes hinwegzusetzen. Vielmehr soll durch den Grundsatz der geheimen Wahl die unbeeinflusste Entscheidung des Wählers objektiv-rechtlich,
d. h. vom jeweiligen Willen der Betroffenen unabhängig und
ggf. auch gegen deren Willen geschützt werden.
In dem hier zu beurteilenden Fall ist nicht nur in der Niederschrift über die Wahl der Vertrauensperson vom 19. November 2002 festgehalten, sondern darüber hinaus auch von keinem der Beteiligten in Frage gestellt worden, dass jedenfalls die Wahl der Vertrauensperson (allerdings nicht auch der Stellvertreter) offen durchgeführt worden ist, nämlich - wie der Antragsteller schon in seiner Antragsschrift vom 2. Dezember 2002 näher präzisiert und der Beteiligte zu 2. ebenfalls eingeräumt hat - per Handzeichen. Hierdurch ist nach dem Vorstehenden in so hohem Maße gegen den Grundsatz der geheimen Wahl verstoßen worden, dass auch nicht mehr der Anschein einer Wahl gegeben und die Wahl der Vertrauensperson somit nichtig ist.
Die Nichtigkeitsfolge erstreckt sich allerdings aus Akzessorietätsgründen im Ergebnis auch auf die hier - isoliert gesehen - von dem Nichtigkeitsgrund nicht erfasste Wahl der beiden Stellvertreter. Ein Nachrücken gemäß § 94
Abs. 7 Satz 4
SGB IX findet nicht statt, da das Amt der Vertrauensperson zu keinem Zeitpunkt wirksam bestanden hat, also nicht (nur) vorzeitig endete.
Vgl.
OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 14. Dezember 1988 -
4 A 3/88 -, ZBR 1989, 182; Ernst/Adlhoch/Seel,
SGB IX, § 94 Rn. 72 und 116.
Anders als im Wahlanfechtungsverfahren kommt es schließlich im Verfahren der Feststellung der Nichtigkeit der Wahl nicht zusätzlich darauf an, ob eine Kausalität des Mangels für das Wahlergebnis gegeben ist. § 22
Abs. 1 letzter Absatz LPVG NRW findet hier entgegen der Auffassung der Beteiligten zu 1. keine Anwendung. Dies rechtfertigt sich aus den umfassenden Folgen einer nichtigen Wahl. Liegen nämlich die - die betreffende Kausalitätsfeststellung nicht einschließenden - Voraussetzungen für die Nichtigkeit der Wahl vor, so gilt die Wahl in diesem Falle als nicht erfolgt.
Vgl. Beschluss des Fachsenats vom 10. Februar 1999 - 1 A 3656/97.PVL -, a.a.O.
Diese Rechtsfolge tritt unabhängig davon ein, wie bei einer Vermeidung des Fehlers das Wahlergebnis sonst ausgefallen wäre. Da die gerichtliche Nichtigkeitsfeststellung lediglich deklaratorischen Charakter hat, sind auch in diesem Zusammenhang keine weiteren Anforderungen zu stellen.
Vgl. zum fehlenden Erfordernis einer Kausalitätsprüfung bei der Feststellung der Nichtigkeit der Wahl etwa
BAG, Beschluss vom 24. Januar 1964 - 1 ABR 14/63 -, BAGE 15, 235 (241);
OVG NRW, Beschluss vom 27. September 2000 - 1 A 1541/99.PVB -, a.a.O.; Cecior/Vallendar/ Lechtermann/Klein, a.a.O., § 22 Rn. 120; speziell betreffend den Grundsatz der geheimen Wahl auch Lorenzen
u. a., a.a.O., § 25 Rn. 18.
Eine Kostenentscheidung entfällt im personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren.
Die Rechtsbeschwerde ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen.