Der Antrag wird abgewiesen.
A.
Die Beteiligten streiten über einen Kostenerstattungsanspruch der Schwerbehindertenvertretung.
Im St. A-Hospital B, das von der Beteiligten zu 2) (im Folgenden Arbeitgeberin) betrieben wird, wurde C. zur Vertrauensperson der Schwerbehinderten gewählt. Nach ihr erhielt D. die meisten Stimmen und war somit stellvertretende Vertrauensperson der Schwerbehinderten. Zwischen diesen beiden entstanden Streitigkeiten über die Rechte der stellvertretenden Vertrauensperson für Schwerbehinderte. Eine betriebsinterne Klärung scheiterte. Der Antragsteller wurde als Rechtsanwalt von der stellvertretenden Vertrauensperson für Schwerbehinderte bevollmächtigt und leitete ein Beschlussverfahren ein, das beim Arbeitsgericht Herne unter dem Aktenzeichen 1 BV 6/21 geführt wurde. Mit Vereinbarung vom 07.07.2021, auf die wegen ihrer Einzelheiten Bezug genommen wird, trat die stellvertretende Vertrauensperson für Schwerbehinderte an den Antragsteller einen Freistellungsanspruch hinsichtlich der entstehenden Anwaltskosten gegen die Arbeitgeberin ab.
Im Gütetermin in dem Verfahren 1 BV 6/21 am 03.11.2021 erklärte der Prozessbevollmächtigte der Vertrauensperson der Schwerbehinderten zu Protokoll, dass es der stellvertretenden Vertrauensperson der Schwerbehinderten jederzeit gestattet sei, das Büro der Vertrauensperson der Schwerbehinderten aufzusuchen und Einsicht zu nehmen in die Unterlagen sowie in den Dienst-
PC mit vorherigem Anruf. Daraufhin nahm der Antragsteller den Antrag zurück.
Mit Rechnung vom 20.12.2021 bat der Antragsteller, die stellvertretende Vertrauensperson für Schwerbehinderte von seinen Rechtsanwaltskosten freizustellen, die er in dieser Rechnung auf 1.683,85
EUR bezifferte. Mit anwaltlichem Schreiben vom 10.01.2022 lehnte die Arbeitgeberin dies ab.
Der Antragsteller ist der Ansicht, dass ein abgetretener Freistellungsanspruch aus
§ 179 Abs. 8 S. 1 SGB IX bestünde. Bei der Schwerbehindertenvertretung handele es sich weder um ein Kollegialorgan noch um ein Ein-Personen-Gremium. Im Betriebsverfassungsrecht sei anerkannt, dass Streitigkeiten zwischen dem Betriebsrat und einem einzelnen Betriebsratsmitglied durch den Arbeitgeber zu finanzieren seien. Das stellvertretende Mitglied der Schwerbehindertenvertretung könne nicht mit einem Ersatzmitglied des Betriebs- oder Personalrats gleichgesetzt werden. Dies ließe sich aus
§ 177 Abs. 1 und
§ 178 Abs. 1 SGB IX entnehmen. Das stellvertretende Mitglied dürfe nicht schutzlos gestellt werden. Er trägt vor, die Rücknahme der Anträge im Vorverfahren sei nicht wegen Aussichtslosigkeit erfolgt, sondern aufgrund der Zusicherung der Vertrauensperson für Schwerbehinderte und der psychischen Belastung der stellvertretenden Vertrauensperson für Schwerbehinderte.
Er beantragt,
der Antragsgegnerin aufzugeben, an ihn 1.683,85
EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.12.2021 zu zahlen.
Die Arbeitgeberin beantragt,
den Antrag abzuweisen.
Sie ist der Ansicht, dass kein Fall des § 179
Abs. 8
SGB IX vorläge. Die stellvertretende Vertrauensperson für Schwerbehinderte sei nicht die Schwerbehindertenvertretung. Sie trägt vor, die in dem Vorverfahren von der stellvertretenden Vertrauensperson für Schwerbehinderte verfolgten Anträge seien offensichtlich unbegründet gewesen.
Wegen des weiteren Sach- und Rechtsvortrags der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und die ausweislich der Sitzungsprotokolle abgegebenen Erklärungen und erteilten rechtlichen Hinweise ergänzend Bezug genommen.
B.
Der Antrag war abzuweisen. Der zulässige Antrag ist unbegründet. Der Antragsteller hat keinen Anspruch auf Zahlung von 1.683,85
EUR gegen die Arbeitgeberin aus § 179
Abs. 8
SGB IX.
Nach § 179
Abs. 8 Satz 1
SGB IX trägt die durch die Tätigkeit der Schwerbehindertenvertretung entstehenden Kosten der Arbeitgeber.
Es handelt sich jedoch nicht um durch die Tätigkeit der Schwerbehindertenvertretung entstandene Kosten. Die Schwerbehindertenvertretung besteht aus der Vertrauensperson für Schwerbehinderte. Diese Auslegung ergibt sich aus § 178
Abs. 1 Satz 4
SGB IX, wonach in Betrieben und Dienststellen mit in der Regel mehr als 100 beschäftigten schwerbehinderten Menschen die Schwerbehindertenvertretung nach Unterrichtung des Arbeitgebers das mit der höchsten Stimmenzahl gewählte stellvertretende Mitglied zu bestimmten Aufgaben heranziehen kann. Dabei ist neben der Schwelle von 100 beschäftigten schwerbehinderten Menschen zu beachten, dass eine Heranziehung erfolgen kann,
d. h. nicht muss. Gedeckt wird diese Auslegung durch § 179
Abs. 3
SGB IX. Demnach besitzen die Vertrauenspersonen gegenüber dem Arbeitgeber die gleiche persönliche Rechtsstellung wie ein Mitglied des Betriebs-, Personal-, Staatsanwalts- oder Richterrats. Das stellvertretende Mitglied hingegen besitzt während der Dauer der Vertretung und der Heranziehung nach § 178
Abs. 1 Satz 4 und 5
SGB IX die gleiche persönliche Rechtsstellung wie die Vertrauensperson, im Übrigen die gleiche Rechtsstellung wie Ersatzmitglieder der in Satz 1 genannten Vertretungen,
d. h. z. B. Ersatzmitglieder des Betriebs- oder Personalrats.
Es lag weder ein Fall vor, in dem die stellvertretende Vertrauensperson für Schwerbehinderte die Vertrauensperson für Schwerbehinderte hätte vertreten müssen noch in dem sie nach § 178
Abs. 1 Satz 4
SGB IX herangezogen worden wäre.
§ 177
Abs. 1 Satz 1
SGB IX sieht vor, dass das stellvertretende Mitglied der Schwerbehindertenvertretung die Vertrauensperson (nur) im Fall der Verhinderung vertritt.
Die von dem Antragsteller angeführte Pflicht oder Obliegenheit zur Abstimmung der Vertrauensperson und der stellvertretenden Vertrauensperson nach § 178
Abs. 1
S. 6
SGB IX setzt nach seinem eindeutigen Wortlaut eine Heranziehung der stellvertretenden Vertrauensperson für schwerbehinderte Menschen voraus, die hier gerade nicht vorliegt.
Daher sind auch die Regelungen zur Kostentragungsverpflichtung des Arbeitgebers bei Streitigkeiten zwischen einem einzelnen Betriebsratsmitglied und dem Betriebsrat (
vgl. dazu Fitting,
BetrVG, § 40 Rn. 60) nicht einschlägig.
Es liegt für das Vorverfahren 1 BV 6/21 auch keine Bevollmächtigung des Antragstellers durch die Schwerbehindertenvertretung vor.
Die Erwägungen des Antragstellers, dass im Fall eines Verhinderungsfalls eine Übernahme der Stellvertretung gewährleistet sein müsse und dass die stellvertretende Vertrauensperson für Schwerbehinderte nicht schutzlos gestellt werden dürfe, führen nicht zu einer Anspruchsgrundlage für eine Kostentragungspflicht für die Arbeitgeberin.
Eine solche lässt sich auch nicht aus einer analogen Anwendung des § 179
Abs. 8 Satz 1
SGB IX herleiten. Voraussetzung für eine Analogie wäre eine unbewusste Regelungslücke. Der Gesetzgeber hat das Problem der Kostenverursachung durch stellvertretende Mitglieder gesehen. Dies lässt sich dem auf § 179
Abs. 8 Satz 1
SGB IX folgenden zweiten Satz entnehmen, der nämlich für eine (hier nicht einschlägige) Sondersituation gerade eine Kostenübernahme vorsieht für die stellvertretenden Mitglieder, nämlich für die Teilnahme an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen.