Urteil
Rechtsweg - Klage eines Vertrauensmanns der Schwerbehinderten über den Umfang seiner Freistellung

Gericht:

VG Sigmaringen 1. Kammer


Aktenzeichen:

1 K 1683/08


Urteil vom:

28.08.2008


Leitsätze:

Für Rechtsstreitigkeiten eines Vertrauensmanns der schwerbehinderten Menschen über den Umfang seiner Freistellung nach § 96 SGB IX ist jedenfalls dann, wenn er Arbeitnehmer und nicht Beamter ist, der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten gegeben.

Rechtsweg:

Es liegen keine Informationen zum Rechtsweg vor.

Quelle:

Justizportal des Landes Baden-Württemberg

Tenor:

Der Verwaltungsrechtsweg ist unzulässig.

Der Rechtsstreit wird an das Arbeitsgericht ... verwiesen.

Die Kostenentscheidung bleibt der Endentscheidung vorbehalten.

Gründe:

Der Antragsteller, ein Vertrauensmann für schwerbehinderte Menschen, war in der Vergangenheit nach § 96 SGB IX von seiner beruflichen Tätigkeit zu 100 Prozent freigestellt. Er begehrt Rechtsschutz gegen die Reduzierung seiner Freistellung.

Der Verwaltungsrechtsweg ist nach § 40 Abs. 1 Satz 2 VwGO in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Nr. 3 Buchstabe a ArbGG für die Rechtsstreitigkeit nicht gegeben.

Nach der telefonischen Mitteilung der Prozessbevollmächtigten des Antragstellers ist der Antragsteller kein Beamter. Zwischen ihm und dem ... besteht daher ein privatrechtlicher Arbeitsvertrag. Die Frage, ob er als Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen nach § 96 SGB IX von seiner arbeitsrechtlichen Pflicht zur Leistung der vereinbarten Dienste freizustellen ist, betrifft daher sein Arbeitsverhältnis. Für Fragen aus dem Arbeitsverhältnis sind die Arbeitsgerichte zuständig.

Eine vergleichbare Problematik findet sich im Bereich des Personalvertretungsrechts. Dort ist die Personalvertretungskammer nur für die Streitigkeiten um personalvertretungsrechtliche, nicht auch für dienstrechtliche und arbeitsrechtliche Streitigkeiten zuständig. Zu den Letzteren zählt die Frage der Freistellung vom Dienst, so dass für die Freistellung nicht beamteter Personalratsmitglieder die Arbeitsgerichte zuständig sind (vgl. Rennert in Eyermann, Verwaltungsgerichtsordnung, 12. Auflage 2006, § 40 Rdnr. 168). Überträgt man dies auf die Schwerbehindertenvertretung, betrifft auch die Frage der Freistellung nach § 96 SGB IX das Arbeitsverhältnis.

Ginge man davon aus, dass es sich bei der Streitigkeit des Antragstellers nicht um eine Streitigkeit aus dem Arbeitsverhältnis handelte, sondern um eine schwerbehindertenvertretungsrechtliche Streitigkeit, wäre der Verwaltungsrechtsweg ebenfalls nicht gegeben. Für die Fragen der Schwerbehindertenvertretung (§ 94 SGB IX "Wahl und Amtszeit der Schwerbehindertenvertretung" und § 95 SGB IX "Aufgaben der Schwerbehindertenvertretung") sind nach § 2a Abs. 1 Nr. 3a ArbGG die Gerichte für Arbeitssachen ausschließlich zuständig. Dann wäre in entsprechender Anwendung des § 2a Abs. 1 Nr. 3a ArbGG auch die Frage der Freistellung eines Vertrauensmanns vom Dienst den für schwerbehindertenvertretungsrechtliche Fragen sachnäheren Arbeitsgerichten zugewiesen (vgl. Landesarbeitsgericht Nürnberg, Beschluss vom 22.10.2007 - 6 Ta 155/07 -, Juris einerseits und OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 06.08.2002 - 1 E 141/02.PVL -, Juris andererseits ).

Der Rechtsstreit ist daher nach § 17a Abs. 2 Satz 1 GVG an das zuständige Gericht des zulässigen Rechtswegs zu verweisen. Die Beteiligten wurden zur Verweisung angehört und haben dazu ihr Einverständnis erklärt. Die Kostenentscheidung ist nach § 17b GVG der Endentscheidung des Arbeitsgerichts vorbehalten.

Referenznummer:

R/R3502


Informationsstand: 25.03.2011