Die Klage, über die das Verwaltungsgericht Köln
gem. § 17 a
Abs. 2
S. 3 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) aufgrund des bindenden Beschlusses vom 17.08.2009 zu entscheiden hat, ist unbegründet. Ein Anspruch des Klägers
bzw. der Bezirksschwerbehindertenvertretung auf Übernahme der Rechtsanwaltskosten durch die Beklagte besteht nicht.
Als mögliche Anspruchsgrundlage für eine derartige Kostenübernahmepflicht kommt
§ 96 Abs. 8 S. 1 SGB IX in Betracht. Danach trägt der private oder öffentliche (
§ 71 Abs. 1 S. 1 SGB IX) Arbeitgeber die durch die Tätigkeit der Schwerbehindertenvertretung entstandenen Kosten. Zu diesen Kosten können nach den von der Rechtsprechung zu § 44
Abs. 1 BPersVG entwickelten Grundsätzen, die auch im Anwendungsbereich des § 96
Abs. 8
S. 1
SGB XI gelten
vgl. BayVGH, Beschluss vom 17.03.1993 -
18 P 92.3526 -, juris, Rz. 16 zu § 26
Abs. 8
S. 1 SchwBG a.F.,
auch solche Kosten gehören, die dadurch entstehen, dass sich die Schwerbehindertenvertretung zur Erfüllung der ihr obliegenden Aufgaben dienststellenfremder Personen zur Beratung bedient. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass sich die Schwerbehindertenvertretung objektiv innerhalb des ihr durch Gesetz zugewiesenen Aufgabenbereichs hält und sie die Aufwendungen zur Durchführung der ihr obliegenden Aufgaben bei pflichtgemäßer Würdigung der Sachlage,
d. h. nach pflichtgemäßem Ermessen für erforderlich halten darf. Der Arbeitgeber schuldet die Kostenerstattung nach den Grundsätzen der Erforderlichkeit, der Verhältnismäßigkeit und dem Gebot der sparsamen Verwendung öffentlicher Mittel.
Vgl.
VG Köln, Fachkammer für Personalvertretungsangelegenheiten (Bund),
Beschluss vom 07.05.2010 - 33 K 659/10.PVB -, juris, Rz. 14;
BAG, Beschluss vom 15.01.1992 - 7 ABR 23/90 -, juris, Rz. 28;
BVerwG, Beschluss vom 09.03.1992 - 6 P 11/90 -, juris, Rz. 30
Hiervon ausgehend ist die Beklagte nicht verpflichtet, die Kosten für die anwaltliche Beratung der Bezirksschwerbehindertenvertrauensperson zu tragen, weil die Befassung mit straf-, disziplinar- und soldatenrechtlichen Fragen außerhalb des Aufgabenbereichs der Schwerbehindertenvertretung liegt.
Die Aufgaben der Schwerbehindertenvertretung bestimmt
§ 95 Abs. 1 SGB IX näher: Die Schwerbehindertenvertretung fördert die Eingliederung schwerbehinderter Menschen in den Betrieb oder die Dienststelle, vertritt ihre Interessen in dem Betrieb oder der Dienststelle und steht ihnen beratend und helfend zur Seite. Sie erfüllt ihre Aufgaben insbesondere dadurch, dass sie darüber wacht, dass die zugunsten schwerbehinderter Menschen geltenden Gesetze, Verordnungen, Tarifverträge, Betriebs- oder Dienstvereinbarungen und Verwaltungsanordnungen durchgeführt, insbesondere auch die dem Arbeitgeber nach den
§§ 71,
72 und
81 bis
84 SGB IX obliegenden Verpflichtungen erfüllt werden, sowie dadurch, dass sie Maßnahmen, die den schwerbehinderten Menschen dienen, insbesondere auch präventive Maßnahmen, bei den zuständigen Stellen beantragt, und Anregungen und Beschwerden von schwerbehinderten Menschen entgegennimmt. Die Schwerbehindertenvertretung unterstützt Beschäftigte auch bei Anträgen an die zuständigen Behörden auf Feststellung einer Behinderung, ihres Grades und einer Schwerbehinderung sowie bei Anträgen auf Gleichstellung an die Agentur für Arbeit. Gemäß § 95
Abs. 2
S. 1
SGB IX hat der Arbeitgeber die Schwerbehindertenvertretung in allen Angelegenheiten, die einen einzelnen oder die schwerbehinderten Menschen als Gruppe berühren, unverzüglich und umfassend zu unterrichten und vor einer Entscheidung anzuhören.
Die Funktion der Schwerbehindertenvertretung ist nicht so zu verstehen, dass sie den schwerbehinderten Menschen wirklich alles an Problemen abzunehmen, alles für sie zu regeln hat.
Peiseler, Feldes/Kamm/Peiseler/Rehwald/von Seggern/Westermann/Witt, Schwerbehindertenrecht, 10. Aufl., § 95, Rz. 2
Sinn der Unterrichtungs- und Anhörungspflicht nach § 95
Abs. 2
S. 1
SGB IX ist es vielmehr, zu vermeiden, dass eine Entscheidung des Arbeitgebers die Belange einzelner schwerbehinderter Menschen oder deren gemeinsames Gruppeninteresse beeinträchtigt. Deshalb soll die Schwerbehindertenvertretung vor jeder Entscheidung Gelegenheit haben, aus ihrer fachlichen Sicht auf mögliche, vom Arbeitgeber nicht bedachte Auswirkungen seiner Entscheidung hinzuweisen. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass schwerbehindertenspezifische Belange "berührt" werden. In diesen Fällen soll die Schwerbehindertenvertretung den Arbeitgeber unterstützen, indem sie seine Fürsorgepflicht gegenüber dem von der Entscheidung Betroffenen in Bezug auf die Schwerbehinderung konkretisiert. Demgegenüber ist ihr Aufgabenbereich nicht eröffnet, wenn eine Angelegenheit sich gleichmäßig und unabhängig von einer Schwerbehinderung oder Gleichstellung auf alle Beschäftigten oder mehrere Beschäftigte auswirken kann oder wenn Fragen unabhängig von einer Schwerbehinderung aufgeworfen werden. Bezogen auf eine Anhörung im Rahmen eines Entlassungsverfahrens wäre es demnach Aufgabe der Schwerbehindertenvertretung, die Frage zu prüfen, was die Dienststelle zur Abwendung der Entlassung im Vorfeld getan hat und ob gegebenenfalls präventive Maßnahmen veranlasst worden sind. In ihrer Stellungnahme müsste sie sich mit den Folgen der geplanten Entscheidung für die Behinderung wie auch mit etwaigen Auswirkungen der Behinderung auf die ins Auge gefasste Maßnahme auseinandersetzen. Auch hätte sie Alternativen zu prüfen, die den Betroffenen unter dem Gesichtspunkt seiner Schwerbehinderung weniger belasten.
Zwar sind die geltend gemachten Anwaltskosten im Zusammenhang mit einer Anhörung der Bezirksschwerbehindertenvertretung im Rahmen des Zurruhesetzungsverfahrens einer potentiell schwerbehinderten Soldatin entstanden. Die Befassung mit Fragen wie einer möglichen Unterschriftenfälschung im Rahmen der truppenärztlichen Begutachtung, der Aktualität fachärztlicher Stellungnahmen und der Konsequenz einer vermuteten Fehlbehandlung durch den truppenärztlichen Dienst lag jedoch außerhalb des ihr durch § 95
SGB IX zugewiesenen Aufgabenbereichs. Denn diese rechtlichen Fragen betrafen keine Regelungen
i.S.v. § 95
Abs. 1
S. 1
Nr. 1
SGB IX, die spezifisch zugunsten schwerbehinderter Menschen gelten. Vielmehr handelte es sich dabei um straf-, disziplinar- und soldatenrechtliche Gesichtspunkte, die zwar in dem Verfahren, zu dem die Schwerbehindertenvertretung angehört wurde, eine Rolle gespielt haben oder gespielt haben könnten, die aber nicht durch die Schwerbehinderung der Soldatin bedingt waren. Das Risiko einer Unterschriftenfälschung, einer Fehlbehandlung oder die Frage nach der Aktualität fachärztlicher Stellungnahmen können Soldaten oder Angestellte unabhängig von einer Schwerbehinderung betreffen. Auch ließ die Schwerbehindertenvertretung diese Fragen nicht in einer eigenen rechtlichen Angelegenheit im Verhältnis zur Dienststelle klären, sondern vielmehr die Rechte einer Dritten, nämlich der von der beabsichtigten Personalmaßnahme betroffenen Soldatin, gegenüber dieser Dienststelle. Die Schwerbehindertenvertretung ist jedoch nicht befugt, das eingeleitete Verfahren rechtlich umfassend zu überprüfen.
Es hätte ihr hier lediglich oblegen, die Soldatin F. etwa an Rechtsauskunftsstellen bei Verbänden zu verweisen oder ihr anwaltlichen Beistand zu empfehlen, um die Möglichkeit eigener rechtlicher Schritte gegen Truppenärzte und ihren Dienstherrn prüfen zu lassen.
Soweit der Prozessbevollmächtigte des Klägers in der mündlichen Verhandlung beantragt hat, die Akten des die Soldatin betreffenden Dienstunfähigkeitsverfahrens beizuziehen, war dem nicht weiter nachzugehen, da der Akteninhalt ungeachtet seiner Komplexität keinen Aufschluss über die Reichweite der der Schwerbehindertenvertretung zukommenden Befugnisse bei einer Anhörung im Rahmen eines Dienstunfähigkeitsverfahrens geben kann.
Die Gerichtskostenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 188
S. 2
VwGO, mit der dem Umstand Rechnung getragen wird, dass das Verfahren bei der an sich gebotenen Verweisung an die Arbeitsgerichte
vgl. BAG, Beschluss vom 30.03.2010 -
7 AZB 32/09 -, juris, Rz. 9
ff. m.w.N.gemäß § 2
Abs. 2 Gerichtskostengesetz (GKG), § 2 a
Abs. 1
Nr. 3 a Arbeitsgerichtsgesetz (
ArbGG) gerichtskostenfrei gewesen wäre.