Urteil
Formelle und materielle Rechtmäßigkeit einer Dienstvereinbarung zu leistungsbezogener Bezahlung - Folgen einer Nichtbekanntgabe von Sitzungen des Personalrats gegenüber der Schwerbehindertenvertretung

Gericht:

VG Ansbach 8. Kammer


Aktenzeichen:

AN 8 P 11.02408 | 8 P 11.02408


Urteil vom:

17.04.2012


Grundlage:

  • TVöD § 18 Abs. 6 |
  • PersVG BY Art. 34 Abs. 2 S. 3

Tenor:

Der Antrag wird abgewiesen.

Gründe:

I.

Der Antragsteller ist der Personalrat des Bezirks ..., der Beteiligte der Bezirkstagspräsident.

Beim Bezirk ... existierte eine Dienstvereinbarung "Zur Einführung leistungsorientierter Entgelte und Vereinbarung eines betrieblichen Systems nach § 18 Abs. 6 Satz 1 TVöD". Diese Dienstvereinbarung wurde am 2. September 2010 abgeschlossen und war bis 31. Dezember 2013 befristet. Diese Dienstvereinbarung wurde im Juni 2011 durch eine neue Dienstvereinbarung (DV 11) ersetzt. Die DV 11 wurde mittlerweile gekündigt, gilt aber nach § 10 Abs. 2 Satz 4 DV 11 bis zur Ersetzung durch eine neue Dienstvereinbarung fort.

Der Antragsteller trägt vor, dass am 7. Juni 2011, zum Abschluss der Dienstvereinbarung 2011 bereits klar gewesen sei, dass ein völlig neu strukturierter Personalrat ab 1. August 2011 im Amt sein werde, der bereits im Rahmen seines Wahlkampfes dargestellt habe, dass er für eine völlig neu gestaltete Dienstvereinbarung über Leistungsentgelt eintreten würde. Sein Ziel sei eine Dienstvereinbarung, die es jedem Angestellten ermöglichen würde, bei Erbringung entsprechender Leistungen eine leistungsorientierte Vergütung nach § 18 TVöD zu erhalten. Durch eine Umfrage des früheren Personalrats vom Frühjahr 2011 sei auf Seiten der Mitarbeiter des Bezirks mehr als deutlich gemacht worden, dass die bisherige Dienstvereinbarung abgelehnt würde und dass die Ziele der Dienstvereinbarung nicht erreicht worden seien. Die kurzfristige Neuvereinbarung vom 7. Juni 2011 und die damit verbundene Manifestierung der bisherigen Dienstvereinbarung auch für den neuen Personalrat und Antragsteller durch den bereits abgewählten Personalrat habe offensichtlich nur den Zweck gehabt, dem neu gewählten Personalrat jedwede Handlungsmöglichkeit zu nehmen. Eine Befangenheit im Zusammenhang mit dem Abschluss der Dienstvereinbarung vom 7. Juni 2011 sei deshalb nicht auszuschließen und zu besorgen.

Der Antragsteller habe den Beteiligten mit Schreiben vom 13. Oktober 2011 darauf hingewiesen, dass es nicht nachvollziehbar sei, ob und in welcher Form der alte Personalrat Beschlüsse bezüglich der Dienstvereinbarung gefasst habe. Somit bleibe es fraglich, ob die diesbezüglichen Beschlüsse der damaligen Personalvertretung ordnungsgemäß zustande gekommen seien, insbesondere wenn man berücksichtige, dass der vorherige Personalratsvorsitzende inzwischen mitgeteilt habe, er habe alle Personalratsunterlagen gelöscht. Wenn alles ordnungsgemäß abgelaufen wäre, hätte er so nicht handeln dürfen. Aus diesen Gründen gehe man derzeit von der formellen Unwirksamkeit der Dienstvereinbarung und der Richtlinien aus.

Insgesamt sei festzuhalten, dass die Dienstvereinbarung vom 7. Juni 2011 nicht ordnungsgemäß zustande gekommen sei. Es lägen keine Beschlüsse des am 7. Juni 2011 bestehenden Personalrats vor, die erkennen ließen, dass dieser dem Abschluss der Vereinbarung zugestimmt habe. Insofern müsse davon ausgegangen werden, dass solche Beschlüsse schlicht nicht existieren oder zumindest nicht ordnungsgemäß zustande gekommen sind. Es habe folglich an der Legitimation des damaligen Personalratsvorsitzenden zur Unterzeichnung der Dienstvereinbarung gefehlt. Ob die Gruppe der Beamten, die nach Art. 62 Abs. 7 Leistungslaufbahngesetz (LlbG) ebenfalls unmittelbar betroffen seien, wirksam abgestimmt haben, sei nicht bekannt und werde deshalb bestritten.

Auch der Schwerbehindertenvertreter sei nie zu den Sitzungen des Vorgängerpersonalrats eingeladen worden.

Außerdem sei die Dienstvereinbarung materiell unwirksam. Mehrere in ihr enthaltene Regelungen widersprächen tariflichen Bestimmungen und Regelungen des Bayerischen Personalvertretungsgesetzes.

Nach § 4 Abs. 6 DV 11 erfolge die systematische Leistungsbewertung anhand von vier Bewertungskriterien, namentlich Arbeitsqualität, Arbeitsquantität, soziales Verhalten und Führungsverhalten sowie persönliches Engagement und Identifikation, die in der Dienstvereinbarung durch Hilfskriterien näher beschrieben werden. Nach § 18 Abs. 5 Satz 3 TVöD sei die Leistungsbewertung nach möglichst messbaren oder anderweitig objektivierbaren Kriterien oder durch aufgabenbezogene Bewertung vorzunehmen. Dies sei durch die DV 11 nicht gewährleistet. Wie sich bereits im Ansatz der Bezeichnung der Kriterien entnehmen lasse, seien diese nur unzureichend messbar oder anderweitig objektivierbar. Soziales Verhalten und Führungsverhalten sowie persönliches Engagement und Identifikation, Teamfähigkeit und Kommunikation oder persönliches Auftreten bzw. die Fähigkeit zur Selbstmotivation und Kreativität seien wohl nicht objektiv zu bewerten, sondern unterlägen stets ausschließlich der subjektiven Wahrnehmung des Bewerters. Damit fehle es an einer systematischen Leistungsbewertung, wie sie § 18 Abs. 5 Satz 1 TVöD voraussetze.

Ferner verstoße § 4 Abs. 6 DV 11 gegen § 18 Abs. 4 Satz 6 TVöD, weil darin eine Orientierungsgröße von 30 % der Beschäftigten festgelegt sei, die ein Leistungsentgelt erhalten können. Nach dem TVöD müssten aber grundsätzlich alle Beschäftigten die Möglichkeit haben, das Leistungsentgelt zu erhalten.

Die Dienstvereinbarung enthalte keinerlei Regelungen, wie die Arbeitsleistung von leistungsgeminderten Beschäftigten bewertet werden solle. Damit verstoße sie gegen die Protokollerklärung Nr. 2 zu § 18, wonach Leistungsgeminderte nicht grundsätzlich aus Leistungsentgelten ausgenommen werden dürften.

Nachdem der Personalrat gemäß § 9 DV 11 die Auswertung der Ergebnisse der systematischen Leistungsbewertungen ohne individuellen Personenbezug erhalte, werde gegen Art. 77 a Satz 2 BayPVG verstoßen, wonach der Personalrat über die vom Leistungsentgelt betroffenen Beschäftigten sowie die Höhe und Dauer der zu gewährenden Bezüge zu unterrichten sei.

Die pauschale Prämie an freigestellte Beschäftigte verstoße gegen das Begünstigungsverbot. Außerdem verstoße die Regelung des § 4 Abs. 2 Satz 3 DV 11, wonach Beschäftigte erst ab einer Beschäftigungsdauer von sechs Monaten beurteilt werden und somit erst dann die Möglichkeit hätten, eine Prämie zu erhalten, gegen die tarifliche Regelung des § 18 TVöD, wonach der tarifliche Anspruch auf ein Leistungsentgelt bereits ab Beginn des Arbeitsverhältnisses bestehe.

Auf dieser Grundlage fehle es der Dienstvereinbarung vom 7. Juni 2011 an wesentlichen gesetzlichen Grundvoraussetzungen für eine leistungsorientierte Vergütung nach § 18 TVöD und sie sei deshalb materiell unwirksam.

Damit seien auch die Richtlinien zur Vergabe von Leistungsprämien an Beamte der Bezirksverwaltung in der Fassung vom 7. Juni 2011 unwirksam.

Der Antragsteller beantragt:

1. Es wird festgestellt, dass die Dienstvereinbarung zur leistungsorientierten Bezahlung und Vereinbarung eines betrieblichen Systems nach § 18 Abs. 6 Satz 1 TVöD und die Richtlinien zur Vergabe von Leistungsprämien an Beamte der Bezirksverwaltung jeweils in der Fassung vom 7. Juni 2011 unwirksam sind.

Hilfsweise:

Es wird festgestellt, dass die Dienstvereinbarung zur leistungsorientierten Bezahlung und Vereinbarung eines betrieblichen Systems nach § 18 Abs. 6 Satz 1 TVöD durch die außerordentliche Kündigung vom 24. August 2011 wirksam aufgehoben wurde und daher auch die Richtlinien zur Vergabe von Leistungsprämien an Beamte der Bezirksverwaltung keine Anwendung mehr finden.

2. Es wird festgestellt, dass die Richtlinien zur Vergabe von Leistungsprämien an Beamte der Bezirksverwaltung unwirksam ist.

Der Beteiligte beantragt,

den Antrag abzuweisen.

Er trägt vor, dass dann, wenn eine Bestimmung der Dienstvereinbarung formell oder materiell unwirksam sei, unter Berücksichtigung von § 10 Abs. 3 DV 11 eine entsprechende Anpassung vorgenommen werden müsse.

Die Dienstvereinbarung vom 7. Juni 2011 sei nach einem ordnungsgemäß durchgeführten Beteiligungsverfahren wirksam abgeschlossen und durch den damaligen Personalratsvorsitzenden unterzeichnet worden. Die vom Antragsteller vorgetragenen Zweifel an der ordnungsgemäßen Personalratsbeteiligung hätten sich nach einer vom Beteiligten durchgeführten Befragung des bisherigen Personalratsvorsitzenden und dessen Stellvertreterin nicht bestätigt. Formelle Fehler sowie die vom Antragsteller angeführte fehlende Legitimation des früheren Personalratsvorsitzenden lägen nicht vor.

Die praktizierte Leistungsbewertung basiere auf einer zulässigen systematischen Leistungsbewertung nach § 18 Abs. 5 Satz 3 TVöD. Sie werde nach allgemein anerkannten und üblichen Kriterien vorgenommen. Die Anwendung dieser Kriterien könne nicht ausschließlich im Wege einer einfachen Subsumtion erfolgen, sondern erfordere auch eine subjektive Wertung. Diese sei auch durch § 18 Abs. 5 Satz 3 TVöD nicht verboten, dies erfordere nur "möglichst" messbare und anderweitig objektivierbare Kriterien.

Der tarifvertragliche Programmsatz, dass das Leistungsentgelt grundsätzlich allen Beschäftigten zugänglich sein müsse, stehe dem vereinbarten Orientierungswert von 30 v.H. nicht entgegen. Für jeden Mitarbeiter werde eine systematische Leistungsbewertung erstellt. Damit habe jeder Mitarbeiter die Chance, bei überdurchschnittlichen Leistungen ein Leistungsentgelt zu erhalten. Dass nicht jeder Beschäftigte automatisch ein Leistungsentgelt erhalten könne, sei systemimmanent. Die Zugänglichkeit zum Leistungssystem sei jedenfalls gegeben.

Das Leistungsentgelt sei eine variable und leistungsdifferenzierende Bezahlung zusätzlich zum und neben dem Tabellenentgelt. Es gelte daher das Gebot zur Differenzierung zwischen schlechten, ergebnisarmen und guten, ergebnisreichen Leistungen. Es sei danach sachgerecht, die Leistungsprämien den besseren Leistungen vorzubehalten. Leistungsgeminderte Beschäftigte würden nicht von vornherein von der Leistungsbewertung ausgenommen. Sie hätten bereits eine entsprechend veränderte Aufgabenzumessung. Es gelte der Grundsatz, dass die Leistungseinschätzung auf der Grundlage der konkreten Tätigkeit erstellt werde. Stellenbeschreibungen seien dabei nicht zwingend erforderlich.

Die Unterrichtung der Personalvertretung nach Art. 77 a BayPVG habe bei der Leistungsbewertung 2011 erstmals stattgefunden. Diese Bestimmung sei erst mit Wirkung vom 1. Januar 2011 eingefügt worden. Unter Berücksichtigung des § 10 Abs. 3 DV 11 führe dies nicht zur Unwirksamkeit der gesamten Dienstvereinbarung. Eine entsprechende Anpassung der Bestimmungen in der Dienstvereinbarung müsse vorgenommen werden.

Freigestellte Beschäftigte dürften von der Leistungsbewertung nicht ausgeschlossen werden. Sie seien in aller Regel bei ihrer Tätigkeit weisungsfrei. Es fehle an einem direkten Vorgesetztenverhältnis bei deren Aufgabenerledigung, weswegen eine Basisprämie aufgenommen worden sei. Aktuell habe diese nur noch praktische Bedeutung für die Freistellung zu 0,6 Stellenanteilen des Personalratsvorsitzenden.

Die Leistungseinschätzung werde nicht als Prognose vorausschauend für die Zukunft, sondern rückblickend als Bewertung eines zurückliegenden Zeitraums erstellt. Dies bedinge einen ausreichenden Beobachtungszeitraum, um eine ordnungsgemäße objektive Bewertung erstellen zu können. Falls im Einzelfall wegen des zu kurzen Beurteilungszeitraums keine Leistungseinschätzung erstellt werde, würden diese Zeiten bei der nächsten Leistungseinschätzung mit berücksichtigt.

Im Übrigen wird auf sämtliche gewechselten Schriftsätze und wegen der mündlichen Anhörung und der Zeugeneinvernahmen auf die Sitzungsniederschrift vom 17. April 2012 verwiesen.

Rechtsweg:

Es liegen keine Informationen zum Rechtsweg vor.

Quelle:

BAYERN.RECHT

II.

Der zulässige Antrag ist unbegründet. Die neue Dienstvereinbarung (DV 11) ist ordnungsgemäß zustande gekommen und verstößt auch nicht gegen zwingende Bestimmungen des § 18 TVöD.

Nachdem Unterlagen über die Sitzungen der vergangenen Amtsperiode des Vorgängerpersonalrats nicht mehr vorhanden sind, war das Gericht auf die Zeugeneinvernahmen angewiesen. Zwar konnten sich viele Zeugen an die Einzelheiten nicht mehr erinnern, jedoch hat kein Zeuge vorgebracht, dass eine Personalratssitzung ohne ordnungsgemäße Ladung gemäß Art. 34 Abs. 2 Satz 3 BayPVG stattgefunden habe. Sämtliche Zeugen trugen vor, dass die Dienstvereinbarung über leistungsorientierte Entgelte und eines betrieblichen Systems hierzu immer wieder Gegenstand der Personalratssitzungen war. Kein Zeuge trug auch vor, er habe bei der endgültigen Abstimmung über die DV 11 den letztgültigen Entwurf nicht in den Händen gehabt. Zwei Zeugen haben ausdrücklich bestätigt, dass sie den Entwurf vor der endgültigen Beschlussfassung in den Händen hatten, alle anderen Zeugen gingen davon aus.

Nachdem sich der Antragsteller auf die Nichtigkeit des zugrunde liegenden Personalratsbeschlusses wegen Verstoßes gegen Art. 34 Abs. 2 Satz 3 BayPVG beruft, dies aber nicht nachgewiesen werden konnte, trägt er hierzu die materielle Beweislast. Eine weitere Aufklärung war dem Gericht nicht möglich. Dass der Vorsitzende des Vorgängerpersonalrats in pflichtwidriger Weise alle Unterlagen löschte (vgl. Beschluss des Gerichts vom 10.4.2012 (AN 8 P 12.00345 und AN 8 PE 12.00346)), kann nicht dem Beteiligten, der sich auf die Rechtmäßigkeit des zugrunde liegenden Personalratsbeschlusses beruft, angelastet werden.

Einziger Problempunkt bleibt insoweit die Tatsache, dass, was äußerst unverständlich ist, der Schwerbehindertenvertreter entgegen Art. 34 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 2 BayPVG nie von den Sitzungen des Personalrats informiert wurde. Die Kammer glaubt aber dem als Zeuge vernommenen früheren Personalratsvorsitzenden, dass der Schwerbehindertenvertreter mit ihm abgesprochen hat, dass er nur dann eine Information wolle, wenn es um für ihn relevante Angelegenheit geht. Der Schwerbehindertenvertreter selbst konnte zu dieser Aussage nichts angeben, weil er sich nach seinen eigenen Angaben nicht mehr daran erinnern konnte. Zwei Zeugen dagegen berichteten, dass der frühere Personalratsvorsitzende von einer solchen Absprache mit dem Schwerbehindertenvertreter gesprochen hat.

Der Verstoß gegen die Pflicht, dem Schwerbehindertenvertreter den Zeitpunkt und die Tagesordnung der Sitzung bekannt zu geben (Art. 34 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 2 BayPVG) führt nach Ansicht der Kammer aber nicht zur Nichtigkeit der Personalratsbeschlüsse, die in diesen Sitzungen gefasst wurden.

Das folgt zum einen daraus, dass das Gesetz selbst unterscheidet zwischen der Pflicht die Mitglieder des Personalrats "zu den Sitzungen rechtzeitig unter Mitteilung der Tagesordnung zu laden" (Art. 34 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 1 BayPVG) und der Pflicht "der Schwerbehindertenvertretung den Zeitpunkt und die Tagesordnung der Sitzung bekannt zu geben" (Art. 34 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 2 BayPVG). Diese differenzierende Gesetzesformulierung zeigt, dass die Möglichkeit zur Teilnahme an den Sitzungen unterschiedlich gewichtig gesehen wird, je nach dem ob es sich um Mitglieder des Personalrats oder andere Teilnahmeberechtigte handelt.

Das ergibt sich auch aus einem Vergleich mit den entsprechenden Vorschriften des Betriebsverfassungsgesetzes. Nach § 32 BetrVG hat die Schwerbehindertenvertretung das Recht an allen Sitzungen des Betriebsrates beratend teilzunehmen und nach § 29 Abs. 2 Satz 3 und 4 BetrVG hat der Betriebsratsvorsitzende die Schwerbehindertenvertretung sogar ebenso wie die Mitglieder des Betriebsrates zu den Sitzungen rechtzeitig unter Mitteilung der Tagesordnung zu laden. Trotz dieser im Gegensatz zu Art. 34 Abs. 2 Satz 3 BayPVG nicht differenzierenden Regelung hat eine Unterlassung der Ladung oder die Nichtteilnahme der Schwerbehindertenvertretung an den Betriebsratssitzungen keinen Einfluss auf die Wirksamkeit der Beschlüsse des Betriebsrats (Erfurter Kommentar, 10. Auflage, Anm. zu § 32 BetrVG; Fitting, BetrVG, 26. Auflage, RdNrn. 11 und 24 zu § 32 BetrVG; Richardi, BetrVG, 10. Auflage, RdNr. 20 d zu § 32 BetrVG). Das hat seinen Grund darin, dass die Folgen für Verstöße in § 95 Abs. 4 SGB IX geregelt sind (Fitting a.a.O., RdNr. 11 zu § 32 mit Hinweis auf die Rechtsprechung des BAG). Nachdem § 95 Abs. 4 SG IX den Personalrat ausdrücklich erwähnt, schließt sich die Kammer zusätzlich auch dieser Meinung an.

Der der DV 11 zugrunde liegende Beschluss des Personalrats ist nach Auffassung der Kammer aber auch nicht absichtlich deshalb gefasst worden, um den nachfolgenden Personalrat zu brüskieren und um eine Verbesserung der Dienstvereinbarung zugunsten der Beschäftigten zu verhindern. Deshalb kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass der Beschluss und die auf ihn beruhende Dienstvereinbarung sittenwidrig und damit nichtig wäre.

Die Richtlinien zur Vergabe von Leistungsprämien an Beamte der Bezirksverwaltung sind ordnungsgemäß zustande gekommen. Der vormalige Vorsitzende des Personalrats und seine Stellvertreterin haben am 30. August 2011 zur Niederschrift (Blatt 176 der Gerichtsakten) beim Beteiligten erklärt, dass diese Richtlinien zur Vergabe der Leistungsprämien zur Kenntnis genommen wurden. Dies genügt, weil hinsichtlich der Richtlinien eine Mitbestimmungspflicht nicht besteht (Art. 77 a BayPVG). Der Antragsteller hat diese Angaben in der Niederschrift vom 30. August 2011 nicht bestritten. Ein Mitbestimmungsrecht nach Art. 75 Abs. 4 Nr. 4 BayPVG besteht nicht, da diese Vorschrift schon dem Wortlaut nach sich nur auf Arbeitnehmer bezieht und nicht auf Beamte (vgl. Ballerstedt/Schlecker/Faber/Eckinger, BayPVG, RdNr. 464 zu Art. 75). Selbst wenn man dieser Auffassung nicht folgen sollte, ist das Leistungsentgelt durch Gesetz (Art. 66 ff. BayBesG) eingeführt worden im Sinn des Art. 75 Abs. 4 Satz 1 BayPVG. Nicht Gegenstand dieses Verfahrens ist die Frage, ob die jeweilige Unterrichtung über Einzelmaßnahmen gemäß Art. 77 a BayPVG ordnungsgemäß erfolgte.

Die Dienstvereinbarung verstößt aber auch nicht gegen materielle Bestimmungen des § 18 TVöD.

§ 4 Abs. 6 DV 11 stellt keinen Widerspruch zu der Forderung des § 18 Abs. 5 Satz 3 TVöD dar, nach der die Leistungsbewertung nach "möglichst messbaren oder anderweitig objektivierbaren Kriterien oder durch aufgabenbezogene Bewertung" erfolgen soll. Jegliche Leistungsbewertung, auch wenn sie objektivierbar ist, enthält subjektive Elemente, solange es sich nicht um eine allein anhand von Zahlen messbare Leistung handelt.

Auch liegt kein Verstoß gegen § 18 Abs. 4 Satz 6 TVöD vor, weil die in § 4 Abs. 6 in der DV 11 genannte Orientierungsgröße von 30 % der Beschäftigten nur aussagt, dass nur die Beschäftigten ein Leistungsentgelt erhalten können, die unter den ersten 30 % mit ihrer Leistung stehen. Es ist aber jedem Beschäftigten möglich, durch eigene Leistung zu versuchen, zu den ersten 30 % der Bewerteten zu gehören.

Auch wenn die Leistungsbewertung für Leistungsgeminderte in der DV 11 nicht ausdrücklich geregelt ist, so sind sie dennoch nicht "grundsätzlich" aus den Leistungsentgelten ausgeschlossen im Sinne der der Protokollerklärung Nr. 2 zu § 18 TVöD. Sie werden an ihrem jeweiligen Arbeitsplatz bewertet. Etwas anderes gibt die DV 11 nicht her.

Zu § 9 DV 11 genügt eine Nachbesserung. Zum Zeitpunkt des Abschlusses der DV 11 war Art. 77 a BayPVG noch nicht in Kraft. Auch § 4 Abs. 3 Satz 5 DV 11 hinsichtlich der freigestellten Beschäftigten verstößt nicht gegen den Tarifvertrag, steht aber auch für eine Nachbesserung in Form einer Streichung offen.

Auch § 4 Abs. 2 Satz 3 DV 11 widerspricht der Zielsetzung des § 18 TVöD nicht. Die Gewährung eines Leistungsentgelts "ab Beginn des Arbeitsverhältnisses" verlangt der Tarifvertrag nicht. Darüber hinaus ist es nur sachgerecht, wenn eine gewisse Einarbeitungszeit noch nicht in die Leistungsbewertung einbezogen wird.

Nach alldem war der Antrag abzulehnen.

Eine Kostenentscheidung findet nicht statt (Art. 81 Abs. 2 BayPVG; § 80 Abs. 1 ArbGG und § 2 Abs. 2 GKG.

Referenznummer:

R/R5667


Informationsstand: 27.03.2013