II.
Der zulässige Antrag ist unbegründet. Die neue Dienstvereinbarung (DV 11) ist ordnungsgemäß zustande gekommen und verstößt auch nicht gegen zwingende Bestimmungen des § 18 TVöD.
Nachdem Unterlagen über die Sitzungen der vergangenen Amtsperiode des Vorgängerpersonalrats nicht mehr vorhanden sind, war das Gericht auf die Zeugeneinvernahmen angewiesen. Zwar konnten sich viele Zeugen an die Einzelheiten nicht mehr erinnern, jedoch hat kein Zeuge vorgebracht, dass eine Personalratssitzung ohne ordnungsgemäße Ladung gemäß
Art. 34
Abs. 2 Satz 3 BayPVG stattgefunden habe. Sämtliche Zeugen trugen vor, dass die Dienstvereinbarung über leistungsorientierte Entgelte und eines betrieblichen Systems hierzu immer wieder Gegenstand der Personalratssitzungen war. Kein Zeuge trug auch vor, er habe bei der endgültigen Abstimmung über die DV 11 den letztgültigen Entwurf nicht in den Händen gehabt. Zwei Zeugen haben ausdrücklich bestätigt, dass sie den Entwurf vor der endgültigen Beschlussfassung in den Händen hatten, alle anderen Zeugen gingen davon aus.
Nachdem sich der Antragsteller auf die Nichtigkeit des zugrunde liegenden Personalratsbeschlusses wegen Verstoßes gegen
Art. 34
Abs. 2 Satz 3 BayPVG beruft, dies aber nicht nachgewiesen werden konnte, trägt er hierzu die materielle Beweislast. Eine weitere Aufklärung war dem Gericht nicht möglich. Dass der Vorsitzende des Vorgängerpersonalrats in pflichtwidriger Weise alle Unterlagen löschte (
vgl. Beschluss des Gerichts vom 10.4.2012 (AN 8 P 12.00345 und AN 8 PE 12.00346)), kann nicht dem Beteiligten, der sich auf die Rechtmäßigkeit des zugrunde liegenden Personalratsbeschlusses beruft, angelastet werden.
Einziger Problempunkt bleibt insoweit die Tatsache, dass, was äußerst unverständlich ist, der Schwerbehindertenvertreter entgegen
Art. 34
Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 2 BayPVG nie von den Sitzungen des Personalrats informiert wurde. Die Kammer glaubt aber dem als Zeuge vernommenen früheren Personalratsvorsitzenden, dass der Schwerbehindertenvertreter mit ihm abgesprochen hat, dass er nur dann eine Information wolle, wenn es um für ihn relevante Angelegenheit geht. Der Schwerbehindertenvertreter selbst konnte zu dieser Aussage nichts angeben, weil er sich nach seinen eigenen Angaben nicht mehr daran erinnern konnte. Zwei Zeugen dagegen berichteten, dass der frühere Personalratsvorsitzende von einer solchen Absprache mit dem Schwerbehindertenvertreter gesprochen hat.
Der Verstoß gegen die Pflicht, dem Schwerbehindertenvertreter den Zeitpunkt und die Tagesordnung der Sitzung bekannt zu geben (
Art. 34
Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 2 BayPVG) führt nach Ansicht der Kammer aber nicht zur Nichtigkeit der Personalratsbeschlüsse, die in diesen Sitzungen gefasst wurden.
Das folgt zum einen daraus, dass das Gesetz selbst unterscheidet zwischen der Pflicht die Mitglieder des Personalrats "zu den Sitzungen rechtzeitig unter Mitteilung der Tagesordnung zu laden" (
Art. 34
Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 1 BayPVG) und der Pflicht "der Schwerbehindertenvertretung den Zeitpunkt und die Tagesordnung der Sitzung bekannt zu geben" (
Art. 34
Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 2 BayPVG). Diese differenzierende Gesetzesformulierung zeigt, dass die Möglichkeit zur Teilnahme an den Sitzungen unterschiedlich gewichtig gesehen wird, je nach dem ob es sich um Mitglieder des Personalrats oder andere Teilnahmeberechtigte handelt.
Das ergibt sich auch aus einem Vergleich mit den entsprechenden Vorschriften des Betriebsverfassungsgesetzes. Nach
§ 32 BetrVG hat die Schwerbehindertenvertretung das Recht an allen Sitzungen des Betriebsrates beratend teilzunehmen und nach
§ 29 Abs. 2 Satz 3 und 4 BetrVG hat der Betriebsratsvorsitzende die Schwerbehindertenvertretung sogar ebenso wie die Mitglieder des Betriebsrates zu den Sitzungen rechtzeitig unter Mitteilung der Tagesordnung zu laden. Trotz dieser im Gegensatz zu
Art. 34
Abs. 2 Satz 3 BayPVG nicht differenzierenden Regelung hat eine Unterlassung der Ladung oder die Nichtteilnahme der Schwerbehindertenvertretung an den Betriebsratssitzungen keinen Einfluss auf die Wirksamkeit der Beschlüsse des Betriebsrats (Erfurter Kommentar, 10. Auflage,
Anm. zu § 32
BetrVG; Fitting,
BetrVG, 26. Auflage, RdNrn. 11 und 24 zu § 32
BetrVG; Richardi,
BetrVG, 10. Auflage, RdNr. 20 d zu § 32
BetrVG). Das hat seinen Grund darin, dass die Folgen für Verstöße in
§ 95 Abs. 4 SGB IX geregelt sind (Fitting a.a.O., RdNr. 11 zu § 32 mit Hinweis auf die Rechtsprechung des
BAG). Nachdem § 95
Abs. 4 SG IX den Personalrat ausdrücklich erwähnt, schließt sich die Kammer zusätzlich auch dieser Meinung an.
Der der DV 11 zugrunde liegende Beschluss des Personalrats ist nach Auffassung der Kammer aber auch nicht absichtlich deshalb gefasst worden, um den nachfolgenden Personalrat zu brüskieren und um eine Verbesserung der Dienstvereinbarung zugunsten der Beschäftigten zu verhindern. Deshalb kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass der Beschluss und die auf ihn beruhende Dienstvereinbarung sittenwidrig und damit nichtig wäre.
Die Richtlinien zur Vergabe von Leistungsprämien an Beamte der Bezirksverwaltung sind ordnungsgemäß zustande gekommen. Der vormalige Vorsitzende des Personalrats und seine Stellvertreterin haben am 30. August 2011 zur Niederschrift (Blatt 176 der Gerichtsakten) beim Beteiligten erklärt, dass diese Richtlinien zur Vergabe der Leistungsprämien zur Kenntnis genommen wurden. Dies genügt, weil hinsichtlich der Richtlinien eine Mitbestimmungspflicht nicht besteht (
Art. 77 a BayPVG). Der Antragsteller hat diese Angaben in der Niederschrift vom 30. August 2011 nicht bestritten. Ein Mitbestimmungsrecht nach
Art. 75
Abs. 4
Nr. 4 BayPVG besteht nicht, da diese Vorschrift schon dem Wortlaut nach sich nur auf Arbeitnehmer bezieht und nicht auf Beamte (
vgl. Ballerstedt/Schlecker/Faber/Eckinger, BayPVG, RdNr. 464 zu
Art. 75). Selbst wenn man dieser Auffassung nicht folgen sollte, ist das Leistungsentgelt durch Gesetz (
Art. 66
ff. BayBesG) eingeführt worden im Sinn des
Art. 75
Abs. 4 Satz 1 BayPVG. Nicht Gegenstand dieses Verfahrens ist die Frage, ob die jeweilige Unterrichtung über Einzelmaßnahmen gemäß
Art. 77 a BayPVG ordnungsgemäß erfolgte.
Die Dienstvereinbarung verstößt aber auch nicht gegen materielle Bestimmungen des § 18 TVöD.
§ 4
Abs. 6 DV 11 stellt keinen Widerspruch zu der Forderung des § 18
Abs. 5 Satz 3 TVöD dar, nach der die Leistungsbewertung nach "möglichst messbaren oder anderweitig objektivierbaren Kriterien oder durch aufgabenbezogene Bewertung" erfolgen soll. Jegliche Leistungsbewertung, auch wenn sie objektivierbar ist, enthält subjektive Elemente, solange es sich nicht um eine allein anhand von Zahlen messbare Leistung handelt.
Auch liegt kein Verstoß gegen § 18
Abs. 4 Satz 6 TVöD vor, weil die in § 4
Abs. 6 in der DV 11 genannte Orientierungsgröße von 30 % der Beschäftigten nur aussagt, dass nur die Beschäftigten ein Leistungsentgelt erhalten können, die unter den ersten 30 % mit ihrer Leistung stehen. Es ist aber jedem Beschäftigten möglich, durch eigene Leistung zu versuchen, zu den ersten 30 % der Bewerteten zu gehören.
Auch wenn die Leistungsbewertung für Leistungsgeminderte in der DV 11 nicht ausdrücklich geregelt ist, so sind sie dennoch nicht "grundsätzlich" aus den Leistungsentgelten ausgeschlossen im Sinne der der Protokollerklärung
Nr. 2 zu § 18 TVöD. Sie werden an ihrem jeweiligen Arbeitsplatz bewertet. Etwas anderes gibt die DV 11 nicht her.
Zu § 9 DV 11 genügt eine Nachbesserung. Zum Zeitpunkt des Abschlusses der DV 11 war
Art. 77 a BayPVG noch nicht in Kraft. Auch § 4
Abs. 3 Satz 5 DV 11 hinsichtlich der freigestellten Beschäftigten verstößt nicht gegen den Tarifvertrag, steht aber auch für eine Nachbesserung in Form einer Streichung offen.
Auch § 4
Abs. 2 Satz 3 DV 11 widerspricht der Zielsetzung des § 18 TVöD nicht. Die Gewährung eines Leistungsentgelts "ab Beginn des Arbeitsverhältnisses" verlangt der Tarifvertrag nicht. Darüber hinaus ist es nur sachgerecht, wenn eine gewisse Einarbeitungszeit noch nicht in die Leistungsbewertung einbezogen wird.
Nach alldem war der Antrag abzulehnen.
Eine Kostenentscheidung findet nicht statt (
Art. 81
Abs. 2 BayPVG; § 80
Abs. 1
ArbGG und § 2
Abs. 2 GKG.