I. Frau E -G ist im Betrieb der Antragsgegnerin, in dem ein Wirtschaftsausschuss besteht und unter
ca. 1.600 Arbeitnehmern auch 65 - 70 Schwerbehinderte beschäftigt werden, zur Vertrauensfrau der Schwerbehinderten gewählt. Sie hat eine Stellvertreterin, die aber nur in Zeiten ihrer Abwesenheit tätig wird.
Mit Schreiben vom 17.08.2000 (Bl. 8 d. A.) teilte die Antragstellerin der Antragsgegnerin mit, dass sie die Teilnahme der Vertrauensfrau an einem Seminar für erforderlich halte, das in der Zeit vom 17.09.2000 bis zum 22.09.2000 vom Institut zur Fortbildung von Betriebsräten H S, Murnau, im D Hotel L unter dem Titel "Wirtschaftsausschuss Teil I" veranstaltet werden würde. Die Vertrauensfrau machte zugleich für diesen Zeitraum einen Anspruch auf Freistellung von der Arbeit geltend.
In seiner Werbung richtete sich der Veranstalter des Seminares "an alle neu- und wiedergewählten Mitglieder des Wirtschaftsausschusses. Das Seminar [wäre] auch geeignet für Betriebsräte, die sich auf eine Tätigkeit im Wirtschaftsausschuss vorbereiten" würden. Die Teilnehmer des Seminares sollten über "die wichtigsten wirtschaftlichen Vorgänge, Begriffe und Zusammenhänge" unterrichtet werden, "um Bilanzen, Geschäftsberichte und andere betriebswirtschaftliche Unterlagen [...] lesen und verstehen zu können." Die Seminarteilnehmer sollten damit in die Lage versetzt werden, "Forderungen nach weiterführenden Planungsinformationen gezielt formulieren und begründen" zu können. Wegen der übrigen Einzelheiten des Seminarprogrammes wird auf die zu den Akten gereichte Ablichtung (Bl. 17 d. A.) Bezug genommen.
Nachdem sich die Vertrauensfrau mit Schreiben vom 25.08.2000 (Bl. 10 d. A.) bei dem Seminarveranstalter als Teilnehmerin angemeldet hatte, bat die Antragstellerin die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 30.08.2000 (Bl. 13 d. A.) um schriftliche Erklärung der Übernahme der anfallenden Hotelkosten.
Mit einem vom 05.09.2000 datierenden Schreiben (Bl. 15 d. A.) teilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin mit, dass nach ihrer Auffassung die Teilnahme der Vertrauensfrau an dem Seminar nicht erforderlich sei.
Am 13.09.2000 hat die Antragstellerin beim Arbeitsgericht beantragt,
die Antragsgegnerin zu verpflichten, die Antragstellerin für die Teilnahme am dem Seminar "Wirtschaftsausschuss Teil I" für die Zeit vom 17.09.2000 bis einschließlich 22.09.2000 des Instituts zur Fortbildung von Betriebsräten Hans Schneider in Leipzig von der Arbeitspflicht im Sinne von § 26
Abs. 4 Satz 2
SchwbG freizustellen.
Die Antragsgegnerin hat beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
An dem zwischenzeitlich durchgeführten Seminar nahm die Vertrauensfrau unter vorläufigem Einsatz ihres Urlaubs teil, ohne dass die Antragstellerin mit der Antragsgegnerin zuvor ein Einverständnis erzielt hatte.
Durch Beschluss vom 26.01.2001 hat das Arbeitsgericht den Antrag der Antragstellerin zurückgewiesen. Zur Begründung hat es
u. a. ausgeführt, dass der Antragstellerin die Wahrnehmung der Interessen der Schwerbehinderten auch ohne Teilnahme an einem solchen Seminar möglich sei. Nur der Besuch von Veranstaltungen, die spezielle Kenntnisse des Schwerbehindertenrechtes vermitteln, sei als erforderlich anzusehen. Wegen der Begründung im Übrigen wird auf Bl. 51
ff. d. A. Bezug genommen.
Gegen den ihr am 05.04.2001 zugestellten Beschluss des Arbeitsgerichts hat die Antragstellerin am 04.05.2001 Beschwerde eingelegt, die am 01.06.2001 begründet worden ist.
Die Antragstellerin beantragt nunmehr,
festzustellen, dass die Teilnahme der Vertrauensfrau der Schwerbehinderten, Frau E , an dem Seminar "Wirtschaftsausschuss Teil I" in der Zeit vom 17.09.2000 bis einschließlich 22.09.2000 in L im Sinne von § 26
Abs. 4
S. 2
SchwbG erforderlich war.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II. Die Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig, weil sie statthaft (§ 87
Abs. 1
ArbGG) und frist- sowie formgerecht eingelegt und begründet worden ist (§§ 89
Abs. 1, 2, 87
Abs. 2 Satz 1, 66
Abs. 1 Satz 1, 64
Abs. 6 Satz 1
ArbGG, 518, 519
ZPO).
Das Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg.
Der zuletzt gestellte Feststellungsantrag ist zulässig und begründet.
1. Die Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen und die Zulässigkeit des Beschlussverfahrens ergeben sich aus § 2a
Abs. 1
Nr. 3a,
Abs. 2
ArbGG.
Dabei kann das Beschwerdegericht offen lassen, ob die Vorschrift in der Fassung des
Art. 1
Nr. 1 des Gesetzes zur Vereinfachung und Beschleunigung des arbeitsgerichtlichen Verfahrens (Arbeitsgerichtsbeschleunigungsgesetz) vom 30.03.2000 (BGBl. I,
S. 333) oder in der Fassung des
Art. 23
Nr. 2 Sozialgesetzbuch - Neuntes Buch - (
SGB IX) vom 19.06.2001 (BGBl. I,
S. 1045, 1115), der gemäß
Art. 68
SGB IX (BGBl. I, 1045, 1139) zum 01.07.2001 in Kraft getreten ist, anzuwenden ist. Offen lassen kann das Beschwerdegericht insbesondere auch, ob es an einer Überprüfung und
ggf. an einer von dem arbeitsgerichtlichen Beschluss abweichenden Beurteilung der Eröffnung des Rechtsweges zu den Gerichten für Arbeitssachen und der Zulässigkeit des Beschlussverfahrens wegen der Regelung in §§ 88, 65
ArbGG gehindert ist, oder ob dies ausnahmsweise deshalb nicht der Fall ist, weil zwischen dem arbeitsgerichtlichen Beschluss vom 26.01.2001 und der Verkündung der Entscheidung des Beschwerdegerichtes am 05.07.2001 eine neuerliche Änderung der einschlägigen Verfahrensvorschrift in § 2a
Abs. 1
Nr. 3a
ArbGG durch
Art. 23
Nr. 2
SGB IX erfolgte.
Auch die erneute Prüfung führt dazu, dass der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen eröffnet und das Beschlussverfahren zulässig ist.
Zu den Streitigkeiten über Angelegenheiten aus den §§ 94 f.
SGB IX (§ 2a
Abs. 1
Nr. 3a
ArbGG i. d. F. des
Art. 23
Nr. 2
SGB IX) gehören jedenfalls auch die Streitigkeiten über die bis zum 30.06.2001 geltenden §§ 24 f.
SchwbG. Dass anhängige Verfahren über die Streitigkeiten nach den am 01.07.2001 außer Kraft getretenen §§ 24 f.
SchwbG durch die Neufassung des § 2a
Abs. 1
Nr. 3a
ArbGG nachträglich unzulässig geworden wären, kann - trotz fehlender Übergangsregelung - nicht angenommen werden. Gegen eine solche Folge der gesetzlichen Neuregelung spricht insbesondere, dass die Vorschriften der früheren §§ 24 f.
SchwbG mit den Vorschriften der heutigen §§ 94 f.
SGB IX inhaltlich übereinstimmen.
Zu den Streitigkeiten aus den bis zum 30.06.2000 geltenden §§ 24 f.
SchwbG gehören auch die Streitigkeiten zwischen Schwerbehindertenvertretung und Arbeitgeber über die Fragen der Freistellung der Vertrauensleute nach § 26
Abs. 4
SchwbG.
Schon in seiner Entscheidung vom 21.09.1989 hat das Bundesarbeitsgericht ausgeführt, dass Rechtsstreitigkeiten über Rechte und Pflichten der Schwerbehindertenvertretung gegenüber dem Arbeitgeber im Beschlussverfahren zu entscheiden sind (
BAG vom 21.09.1989 -
1 AZR 465/88 - BAGE 62, 382). Daran hat sich im Hinblick auf die Streitigkeiten über die persönlichen Freistellungsansprüche der Vertrauensleute nach § 26
Abs. 4
SchwbG auch nichts dadurch geändert, dass der Gesetzgeber in die bis zum 30.06.2001 geltende Fassung des § 2a
Abs. 1
Nr. 3a
ArbGG zwar durch
Art. 1
Nr. 1 Arbeitsgerichtsbeschleunigungsgesetz die §§ 24 f.
SchwbG aufgenommen, § 26
SchwbG jedoch unerwähnt gelassen hatte. Dass der Gesetzgeber durch die damalige Neufassung des § 2a
Abs. 1
Nr. 3a
ArbGG an der bis dahin bestehenden Rechtslage etwas ändern wollte, lässt sich nicht annehmen. Zum einen fehlt es in den Gesetzesmaterialien an einer entsprechenden Begründung; dort findet sich im Gegenteil der Hinweis, dass die Regelung in
Art. 1
Nr. 1 Arbeitsgerichtsbeschleunigungsgesetz lediglich klarstellender Natur sein sollte (Begründung des Entwurfes des Arbeitsgerichtsbeschleunigungsgesetzes, 2. Teil, zu
Art. 1
Nr. 1, Bundestagsdrucksache 14/626 vom 23.03.1999,
S. 8). Zum anderen bliebe unerklärlich, warum sich die verfahrensmäßige Situation nach § 2a
Abs. 1
Nr. 3a
ArbGG i. d. F. des
Art. 1
Nr. 1 Arbeitsgerichtsbeschleunigungsgesetz in Bezug auf die Freistellungsansprüche der Vertrauensleute nach § 26
Abs. 4
SchwbG hätte anders gestalten sollen als im Zusammenhang der Regelung in § 2a
Abs.1
Nr. 1
ArbGG, in deren Anwendungsbereich auch die Streitigkeiten zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber über die Freistellungen von Betriebsratsmitgliedern gemäß § 37
Abs. 6
BetrVG 1972 fallen (
BAG vom 06.11.1973 - 1 ABR 8/73, II. 1. der Gründe, AP
Nr. 5 zu
§ 37 BetrVG 1972, Bl. 174;
GK-Wiese, 6. Auflage, § 37
BetrVG 1972, Rz. 264 m. w. N.). Soweit vergleichbare Streitigkeiten von Betriebsratsmitgliedern im Beschlussverfahren zu entscheiden sind, kommt dies auch für die Vertrauensleute der Schwerbehinderten zur Anwendung (zutreffend Germelmann/Matthes/Prütting,
ArbGG, 3. Aufl., § 2 a
Rdnr. 24).
Das Rechtsschutzinteresse für den Antrag ist auch nicht weggefallen. Das für den zuletzt gestellten Feststellungsantrag nach § 256
Abs. 1
ZPO erforderliche Feststellungsinteresse ist gegeben.
So wie der Betriebsrat allein wegen der zwischenzeitlichen Durchführung der in Streit stehenden Schulungsveranstaltung unter Teilnahme des Betriebsratsmitgliedes das berechtigte Interesse an der Feststellung, dass der Arbeitgeber zur Freistellung verpflichtet gewesen ist, nicht verliert (
BAG vom 16.03.1976 - 1 ABR 43/74 - AP
Nr. 22 zu § 37
BetrVG 1972, Bl. 884;
BAG vom 06.11.1973 - 1 ABR 8/73, II. 3. der Gründe, AP
Nr. 22 zu § 37
BetrVG 1972, Bl. 174;
BAG vom 09.10.1973 - 1 ABR 6/73, II. 1. der Gründe, AP
Nr. 4 zu § 37
BetrVG 1972, Bl. 170;
GK-Wiese, 6. Auflage, § 37
BetrVG 1972, Rz. 265 m. w. N.), bleibt auch ein entsprechender Feststellungsantrag der Schwerbehindertenvertretung zulässig, wenn die Vertrauensfrau der Schwerbehinderten zwischenzeitlich an dem in Rede stehenden Seminar teilgenommen hat. Ein sachlicher Grund für eine Ungleichbehandlung beider Konstellationen ist nicht ersichtlich.
2. Der Antrag ist auch begründet.
Die Teilnahme der Vertrauensfrau der Schwerbehinderten an dem Seminar "Wirtschaftsausschuss I" in der Zeit vom 17.09.2000 bis zum 22.09.2000 in Leipzig war im Sinne der damals geltenden Fassung des § 26
Abs. 4 Satz 2
SchwbG erforderlich.
Denn es kann nicht angenommen werden, dass der Gesetzgeber den Vertrauensleuten der Schwerbehinderten einerseits ein Recht auf Teilnahme an den Sitzungen des Wirtschaftsausschusses einräumt (
BAG vom 21.04.1993 -
7 ABR 44/92, B. II. 1. der Gründe, EzA § 25
SchwbG Nr. 2,
S. 3;
BAG vom 04.06.1987 -
6 ABR 70/85 - BAGE 55, 332), es andererseits aber nicht für erforderlich hält, dass die Vertrauensleute sich über die Aufgaben und Funktionsweisen dieses Gremiums und die für dessen Arbeit grundlegenden Begriffe Kenntnisse verschaffen (
LAG Hamburg vom 12.11.1996 -
6 Sa 51/96, NZA-RR 1997, 348
ff.). Den Interessen der Schwerbehinderten wäre nicht gedient, wenn ihre Vertrauensleute in die Wirtschaftsausschüsse entsandt werden würden, ohne dieses Grundwissen mitzubringen.
Bei der näheren Bestimmung des im Sinne des damaligen § 26
Abs. 4 Satz 2
SchwbG Erforderlichen ist auf die zu § 37
Abs. 6 Satz 1
BetrVG 1972 entwickelten Grundsätze abzustellen. Die Regelung in § 26
Abs. 4 Satz 2
SchwbG i. d. F. der Bekanntmachung vom 26.08.1986, in § 26
Abs. 4 Satz 3
SchwbG i. d. F. des SchwbBAG und im heutigen
§ 96 Abs. 4 Satz 3 SGB IX ist derjenigen in § 37
Abs. 6 Satz 1
BetrVG 1972 nachgebildet, und es ist kein sachlicher Grund ersichtlich, weshalb der Begriff der Erforderlichkeit in den beiden Regelungsbereichen nicht denselben Inhalt haben sollte (ebenso
LAG Hamburg vom 12.11.1996 - 6 Sa 51/96, NZA-RR 1997, 348, 349).
Erforderlich ist die Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten somit nur, wenn der Vertrauensmann
bzw. die Vertrauensfrau diese benötigt, um die derzeitigen oder zukünftigen Aufgaben der Schwerbehindertenvertretung sachgerecht erledigen zu können. Kenntnisse, die nur verwertbar und nützlich sind, erfüllen diese Voraussetzungen nicht (
vgl. für den Bereich des § 37
Abs. 6 Satz 1
BetrVG 1972:
BAG vom 15.02.1995 - 7 AZR 670/94, Leitsatz und unter 1. a) der Gründe, EzA § 37
BetrVG 1972
Nr. 125, 1;
BAG vom 14.09.1994 - 7 ABR 27/94, B. 2. der Gründe, NZA 1995, 381, 381 = EzA § 37
BetrVG 1972
Nr. 120, 1 f.;
BAG vom 20.10.1993 - 7 ABR 14/93, II. 2. b) der Gründe, NZA 1994, 190, 190 = AP
Nr. 91 zu § 37
BetrVG 1972, Bl. 927;
BAG vom 16. März 1988 - 7 AZR 557/87, II. 1. der Gründe, AP
Nr. 63 zu § 37
BetrVG 1972, Bl. 797). Die Beantwortung der Frage nach der Erforderlichkeit steht dabei nicht im subjektiven Ermessen der Schwerbehindertenvertretung. Ausschlaggebend ist bei der Bestimmung des Erforderlichen vielmehr der Standpunkt eines vernünftigen Dritten, wobei sich die gerichtliche Kontrolle der Entscheidung der Schwerbehindertenvertretung darauf beschränkt, zu überprüfen, ob ein vernünftiger Dritter unter den im Zeitpunkt der Beschlussfassung gegebenen Umständen ebenfalls eine derartige Entscheidung getroffen hätte (
vgl. dazu die ständige Rechtsprechung in Bezug auf § 37
BetrVG 1972:
BAG vom 14.09.1994 - 7 ABR 27/94, B. 2. der Gründe, AP
Nr. 99 zu § 37
BetrVG 1972, Bl. 638;
BAG vom 20.10.1993 - 7 ABR 14/93, II. 2. b) der Gründe, NZA 1994, 190, 190 = AP
Nr. 91 zu § 37
BetrVG 1972, Bl. 927;
GK-Wiese, 6. Auflage, § 37
BetrVG 1972, Rz. 181 m. w. N.).
Existiert in dem Betrieb, in dem eine Schwerbehindertenvertretung gewählt ist, auch ein Wirtschaftsausschuss, dann ist es - in Anwendung der dargestellten Grundsätze - für die Arbeit der Vertrauensleute erforderlich, aber auch ausreichend, dass sie bei der Teilnahme an den Sitzungen der Wirtschaftsausschüsse die spezifischen Belange der Schwerbehinderten vortragen, mit den Mitgliedern des Wirtschaftsausschusses beraten und entsprechende Anträge stellen können. Zu diesem Zweck müssen sie über Kompetenzen, Aufgaben und Struktur des Wirtschaftsausschusses informiert sein. Es ist auch erforderlich, dass die Vertrauensleute Grundkenntnisse vom handelsrechtlichen Jahresabschluss, vom betrieblichen Rechnungswesen und von der Bilanzpolitik haben. Auf diese Weise ist gesichert, dass die Vertrauensleute der Schwerbehinderten über den Gegenstand der Sitzungen des Wirtschaftsausschusses informiert sind und ihre eigenen Aufgaben wahrnehmen zu können. Ansonsten würde tatsächlich die Gefahr drohen, dass die Berücksichtigung der Belange der Schwerbehinderten in den Wirtschaftsausschüssen durch unsachgemäße Anträge und Diskussionsbeiträge beeinträchtigt werden könnte, weil die Belange der Schwerbehinderten nicht ernst genommen werden würden (
vgl. LAG Hamburg,
a. a. O.).
Nicht erforderlich ist hingegen, dass die Vertrauensleute der Schwerbehinderten weitergehend alle die Kenntnisse erlangen, über die die Mitglieder des Wirtschaftsausschusses verfügen müssen, um ihre Aufgaben i.
S. d. § 106
Abs. 1 Satz 2
BetrVG 1972 erfüllen zu können. Diese Einschränkung hat ihren Grund in den unterschiedlichen Aufgabenstellungen der Mitglieder des Wirtschaftsausschusses einerseits und der nur in diesen Ausschuss entsandten Vertrauensleute andererseits, die durch ihre Entsendung im Übrigen auch nicht selbst zu Mitgliedern des Wirtschaftsausschusses werden (Neumann/Pahlen,
SchwbG, 9. Auflage, § 25 Rz. 14). Durch ihre Entsendung in die Wirtschaftsausschüsse fallen den Vertrauensleute nicht die Aufgaben des § 106
Abs. 1 Satz 2
BetrVG 1972 zu. Ihre Aufgabe besteht lediglich darin, an den Sitzungen des Wirtschaftsausschusses beratend teilzunehmen (§ 25
Abs. 4 Satz 1, 1. Halbsatz
SchwbG bzw. § 95
Abs. 4 Satz 1, 1. Halbsatz
SGB IX) und das ihnen nach § 25
Abs. 4 Satz 1, 2. Halbsatz
SchwbG bzw. § 95 Abs. 4 Satz 1, 2. Halbsatz SGB IX zustehende Antragsrecht auszuüben. Deshalb können zu den i.
S. d. § 26
Abs. 4 Satz 2
SchwbG i. d. F. der Bekanntmachung vom 26.08.1986 erforderlichen Kenntnissen in Bezug auf den Gegenstand der Beratungen des Wirtschaftsausschusses nur die Kenntnisse über die grundlegenden Begriffe gezählt werden (ebenso
LAG Hamburg vom 12.11.1996 - 6 Sa 51/96, NZA-RR 1997, 348, 349), nicht hingegen detailliertere Kenntnisse.
Gemessen an diesem Maßstab kann die Teilnahme der Vertrauensfrau an dem streitbefangenen Seminar "Wirtschaftsausschuss Teil I" noch als erforderlich angesehen werden. Auf diesem Seminar wurden
u. a. Funktion und Rechtsgrundlage des Wirtschaftsausschusses behandelt sowie grundlegende betriebswirtschaftliche Begriffe erläutert. Es ging mit anderen Worten um die Vermittlung von Basiswissen über den Wirtschaftsausschuss.
Dabei kann offen bleiben, ob sämtliche der Seminarthemen zu dem in diesem Sinne Erforderlichen gezählt werden können oder auch Kenntnisse vermittelt wurden, die nur als nützlich anzusehen sind. Wenn innerhalb einer Schulungsveranstaltung teils erforderliche, teils nur nützliche Gegenstände behandelt werden und die Seminarteilnahme nicht sinnvoll aufgespalten werden kann, dann ist ausschlaggebend, ob die als erforderlich anzusehenden Unterrichtsgegenstände überwiegen (
BAG vom 28.05.1976 - 1 AZR 116/74, AP
Nr. 24 zu § 37
BetrVG 1972, Bl. 204; Richardi,
BetrVG, 7. Auflage, § 37 Rz. 95 m. w. N.).
Davon muss im Streitfall ausgegangen werden. Auch wenn zweifelhaft ist, ob
z. B. die auf dem Seminar vermittelten Kenntnisse über die Zuständigkeitsverteilung von Konzern-, Gesamt- und Betriebsrat für Konzernbilanzen noch erforderlich waren, um die schwerbehindertenspezifischen Interessen in den Wirtschaftsausschuss einbringen und dort beraten zu können, so war der überwiegende Teil der Seminarthemen für eine sinnvolle und ernst zu nehmende Vertretung der Schwerbehinderteninteressen im Wirtschaftsausschuss erforderlich. Dabei handelte es sich insbesondere um die grundlegenden Kenntnisse von der Zielsetzung des Wirtschaftsausschusses und dessen Rechtsgrundlagen sowie die Grundkenntnisse des betrieblichen Rechnungswesens, des handelsrechtlichen Jahresabschlusses und der Bilanzpolitik. Im Übrigen wurden detailliertere Kenntnisse über die Tätigkeit des Wirtschaftsausschusses, wie sie möglicherweise in Fortsetzungsveranstaltungen vermittelt werden und die jedenfalls nicht mehr zu dem für die Vertrauensleute der Schwerbehinderten erforderlichen Basiswissen gehören, auf dem von der Vertrauensfrau besuchten Seminar in Leipzig nicht vermittelt. Die Teilnahme an weiterführenden Seminaren könnte in der Tat nicht mehr als erforderlich angesehen werden.
Eine Beschränkung der Teilnahme der Vertrauensfrau auf die Anwesenheit bei der Besprechung der Themen, die als erforderlich anzusehen waren, kam schon deswegen nicht in Betracht, weil nicht erkennbar ist, wie die Aufspaltung in zeitlicher Hinsicht hätte vorgenommen werden können.
III. Das Beschwerdegericht hat die Rechtsbeschwerde wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache gemäß §§ 92
Abs. 1 Satz 2, 72
Abs. 2
Nr. 1
ArbGG zugelassen.