Die Parteien streiten in der Revision noch über Vergütungsansprüche des Klägers für den Zeitraum vom 15. August 2001 bis einschließlich April 2002 trotz Nichtbeschäftigung.
Der 1961 geborene mit einem Grad von 50 schwerbehinderte Kläger ist seit dem 17. Februar 1997 bei der Beklagten als Müllwerker in Vollzeit angestellt. In seinem Schwerbehindertenausweis vom 19. September 2000 ist das Merkmal G ( gehbehindert) eingetragen.
Nach § 2 des Arbeitsvertrags vom 13. Februar 1997 richtet sich das Arbeitsverhältnis nach dem Bundesmanteltarifvertrag für Arbeiter gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe (BMT-G), den zusätzlich abgeschlossenen Tarifverträgen, insbesondere dem Bezirkszusatztarifvertrag zum BMT-G für Nordrhein-Westfalen (BZT-G/NRW) sowie den an deren Stelle tretenden Tarifverträgen in ihrer jeweiligen Fassung. Der Kläger wurde als Müllwerker in der Lohngruppe 3 BZT-G/NRW beschäftigt.
Der Kläger war in der Zeit vom 16. Oktober 1999 bis 1. November 2000 auf Grund einer Kniegelenkserkrankung arbeitsunfähig. Wegen eines hierbei festgestellten Tumors erhielt er eine Oberschenkelteilprothese. Da der Kläger deshalb seine bisherige Tätigkeit als Müllwerker nicht mehr ausüben konnte, wurde er in der Folgezeit auf dem Hauptbetriebshof des Umweltbetriebs in der Wertstoffannahme und gelegentlich in der Containerstellplatzreinigung eingesetzt. Im Februar 2001 erlitt er einen Arbeitsunfall durch Sturz bei Glatteis. Wegen des Bruchs der Prothese musste er erneut operiert werden. Er war fortlaufend bis zum 15. Juni 2001 und sodann vom 16. Juli 2001 bis zum 12. August 2001 arbeitsunfähig. Die Beklagte verweigerte eine Fortsetzung der Tätigkeit des Klägers ab dem 13. August 2001, da er für eine dauerhafte Weiterbeschäftigung im Bereich der Wertstoffannahme nicht geeignet sei. Für die Zeit ab dem 15. August 2001 erbrachte die Beklagte gegenüber dem Kläger keine Vergütungszahlungen mehr.
Mit seiner im November 2001 beim Arbeitsgericht erhobenen Klage hat der Kläger zunächst die Weiterbeschäftigung als Müllwerker begehrt und gleichzeitig Vergütungsansprüche ab dem 15. August 2001 geltend gemacht. Er hat die Auffassung vertreten, er sei trotz seiner Behinderung im Bereich der Wertstoffannahme und der Containerstellplatzreinigung einsetzbar.
Der Kläger hat zuletzt beantragt,
die Beklagte zur verurteilen, für den Zeitraum August bis einschließlich Dezember 2001 10.729,30 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins ab 16. Dezember 2001 abzüglich bezogenen Arbeitslosengeldes in Höhe von 5. 721,10 Euro netto, ferner als Arbeitsvergütung für den Zeitraum Januar bis April 2002 8. 540,82 Euro brutto nebst Zinsen in derselben Höhe seit dem 16. April 2002 abzüglich bezogenen Arbeitslosengeldes in Höhe von 4.947,60 Euro netto zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten, eine Beschäftigung des Klägers in der Wertstoffannahme und im Rahmen der Containerstellplatzreinigung sei aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich. Zu den Aufgaben auf dem Wertstoffhof sowie im Rahmen der Containerstellplatzreinigung gehöre das Tragen schwerer und sperriger Gegenstände. Hierzu sei der Kläger auf Grund seiner Behinderung nicht in der Lage.
Das Arbeitsgericht hat die Klage auf Weiterbeschäftigung als Müllwerker und auf Vergütungszahlung nach Vernehmung der Zeugen H und D über die Arbeitsaufgaben in den Wertstoffhöfen und im Rahmen der Containerstellplatzreinigung abgewiesen. Mit der Berufung hat der Kläger nur noch seine Vergütungsansprüche weiterverfolgt. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung nach Einholung eines arbeitsmedizinischen Gutachtens des Facharztes für Arbeitsmedizin
Dr. W und Vernehmung des Zeugen G zurückgewiesen. Dagegen wendet sich der Kläger mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision, mit der er seine Vergütungsansprüche weiterverfolgt.
Die zulässige Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung kann die Klage nicht abgewiesen werden. Ob dem Kläger der geltend gemachte Zahlungsanspruch zusteht, kann der Senat auf der Grundlage der Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht entscheiden.
I. Der Anspruch des Klägers auf Zahlung von Arbeitsentgelt für die Zeit vom 15. August 2001 bis Ende April 2002 trotz Nichtarbeit folgt nicht aus Annahmeverzug nach § 615
BGB.
1. Nach § 615 Satz 1
BGB hat der Arbeitgeber die nach § 611
BGB vereinbarte Vergütung fortzuzahlen, wenn er mit der Annahme der Dienste in Verzug gerät. Die Voraussetzungen des Annahmeverzugs richten sich nach den §§ 293
ff. BGB. Nach § 296 Satz 1
BGB obliegt es dem Arbeitgeber als Gläubiger der geschuldeten Arbeitsleistung, dem Arbeitnehmer einen funktionsfähigen Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen (
BAG 19. Januar 1999 - 9 AZR 679/97 - BAGE 90, 329). Die dem Arbeitgeber nach § 296 Satz 1
BGB obliegende Handlung besteht darin, die vom Arbeitnehmer geschuldete Leistung hinreichend zu bestimmen und durch Zuweisung eines bestimmten Arbeitsplatzes zu ermöglichen (
BAG 3. Dezember 2002 -
9 AZR 481/01 - BAGE 104, 45; 23. Januar 2001 -
9 AZR 287/99 - BAGE 97, 23). Dem war die Beklagte nicht nachgekommen. Sie verweigerte die Zuweisung eines Arbeitsplatzes, indem sie dem Kläger mit Schreiben vom 14. August 2001 mitteilte, dass eine Weiterbeschäftigung wegen seiner eingeschränkten Einsetzbarkeit abgelehnt werde.
2. Die unterlassene Zuweisung eines Arbeitsplatzes führt dann nicht zu einem Vergütungsanspruch des Arbeitnehmers aus Annahmeverzug, wenn die Voraussetzungen des § 297
BGB vorliegen. Danach kommt der Gläubiger nicht in Verzug, wenn der Schuldner zur Zeit des Angebots oder im Fall des § 296
BGB zu der für die Handlung des Arbeitgebers bestimmten Zeit außerstande ist, die Leistung zu bewirken. Dem Arbeitnehmer muss die Erbringung der vertraglich geschuldeten Leistungen möglich sein. Unmöglichkeit und Annahmeverzug schließen sich aus.
a) Das Landesarbeitsgericht geht zutreffend davon aus, dass dem Kläger auf Grund seiner Behinderung eine Tätigkeit weder auf einem der Wertstoffhöfe der Beklagten noch im Rahmen der Containerstellplatzreinigung möglich gewesen sei. Auf andere Arbeitsplätze habe sich der Kläger nicht mehr berufen. Es seien auf diesen in Frage kommenden Arbeitsplätzen auch schwere und sperrige Gegenstände, zB Waschmaschinen, ohne Einsatz von Hebehilfen zu tragen. Nach dem vom Landesarbeitsgericht eingeholten Gutachten des Sachverständigen
Dr. W scheide eine Beschäftigung des Klägers mit solchen Tätigkeiten aus arbeitsmedizinischer Sicht aus, da seine Prothese nur eingeschränkt statisch belastbar war. Das Heben und Tragen von Lasten sollte auf bis zu 15
kg beschränkt bleiben, so dass nur körperlich leichte und mittelschwere Arbeit möglich war. Das wird auch vom Kläger nicht mehr in Abrede gestellt.
b) Eine den Annahmeverzug ausschließende Unmöglichkeit ist jedoch nicht schon deshalb anzunehmen, weil der Arbeitnehmer aus Gründen in seiner Person nur einen Teil, nicht aber alle Arbeiten verrichten kann, die zum Spektrum der vertraglich vereinbarten Tätigkeit gehören. Andernfalls bliebe außer Acht, dass der Arbeitgeber gemäß § 106 Satz 1 GewO sein Weisungsrecht nach billigem Ermessen auszuüben und dabei auch die Interessen des Arbeitnehmers zu berücksichtigen hat. Bei beschränkter Leistungsfähigkeit auf Grund einer Behinderung ist der Arbeitgeber nach § 106 Satz 3 GewO sogar verpflichtet, im Rahmen der Ausübung seines Direktionsrechts auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen. Ist es deshalb dem Arbeitgeber möglich und zumutbar, dem nur eingeschränkt leistungsfähigen Arbeitnehmer Arbeiten zuzuweisen, die seiner verbleibenden Leistungsfähigkeit entsprechen, ist die Zuweisung anderer Arbeiten nach § 106 Satz 1 GewO unbillig (
BAG 24. September 2003 - 5 AZR 282/02 - AP
BGB § 151
Nr. 3 = EzA
BGB 2002 § 615
Nr. 3; 11. März 1999 - 2 AZR 538/98 -). Damit steht die Einschränkung der Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers auf Grund einer Behinderung bei unbilliger Ausübung des Direktionsrechts dem Annahmeverzug des Arbeitgebers nicht entgegen.
3. Nach diesen Grundsätzen war es nicht unbillig, dem Kläger keine behinderungsgerechten körperlich leichteren Arbeiten zuzuweisen. Denn die Zuweisung solcher Arbeiten war vom Direktionsrecht der Beklagten nicht umfasst. Die dem Arbeitgeber nach § 296 Satz 1
BGB obliegende Mitwirkungshandlung verpflichtet ihn nicht zur Vertragsänderung mit dem Ziel, eine Beschäftigung des in seiner Leistungsfähigkeit eingeschränkten Arbeitnehmers zu ermöglichen (
vgl. BAG 6. Dezember 2001 - 2 AZR 422/00 - EzA
KSchG § 1 Interessenausgleich
Nr. 9 ). Für die Zuweisung leichterer Tätigkeiten, die nicht mit dem Heben und Tragen schwerer und sperriger Gegenstände verbunden wären, hätte es hier einer Vertragsänderung bedurft.
a) Auf das Arbeitsverhältnis finden kraft vertraglicher Vereinbarung die zwischen der Gewerkschaft ÖTV (jetzt ver.di) und der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände für Arbeiter und Arbeiterinnen gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe abgeschlossenen Tarifverträge Anwendung. Nach § 9
Abs. 1
iVm.
Abs. 2 Satz 1 BMT-G II hat der Arbeiter die Arbeiten auszuführen, die bei Abschluss des Arbeitsvertrags vereinbart worden sind.
b) Der Kläger schuldete nach § 1
iVm. § 4 des Arbeitsvertrags vom 13. Februar 1997 eine Tätigkeit nach Lohngruppe 3 des Lohngruppenverzeichnisses für Arbeiter Anhang 2 zu § 4
Abs. 1 BZT-G/NRW (im Folgenden BZT-G/NRW). Für ungelernte Arbeiter wie den Kläger setzt die Eingruppierung in die Lohngruppe 3 BZT-G/ NRW nach seiner
Nr. 3 voraus, dass es sich um eine erschwerte Tätigkeit handelt. Der vom Kläger begehrte Wegfall von erschwerten Tätigkeiten hätte nur noch eine Eingruppierung als ungelernter Arbeiter in die Lohngruppe 2
Nr. 2 BZT-G/NRW gerechtfertigt.
c) Gemäß § 9
Abs. 2 Satz 2 BMT-G II ist die Zuweisung anderer Arbeiten nur zulässig, soweit der allgemeine Lohnstand nicht verschlechtert wird. Das Direktionsrecht gestattet nicht die Übertragung einer Tätigkeit, die nach der maßgeblichen tariflichen Eingruppierungssystematik geringwertiger als die bisherige Lohngruppe zu bewerten ist (
vgl. zum Direktionsrecht im öffentlichen Dienst:
BAG 30. August 1995 - 1 AZR 47/95 - AP
BGB § 611 Direktionsrecht
Nr. 44 = EzA
BGB § 611 Direktionsrecht
Nr. 14 ).
4. Soweit der Kläger sich darauf beruft, eine behinderungsgerechte Beschäftigung sei möglich und zumutbar, wenn sein Arbeitsplatz umgestaltet und mit technischen Hebehilfen ausgestattet worden wäre, geht dies über die eine den Gläubigerverzug vermeidende Mitwirkungspflicht des Arbeitgebers hinaus und kann einen Vergütungsanspruch nach § 615
BGB nicht begründen.
Im Rahmen des Annahmeverzugs trägt der Arbeitgeber als Gläubiger der Arbeitsleistung nur das verschuldensunabhängige Risiko, dem Arbeitnehmer arbeitstäglich die Erbringung der vertraglich geschuldeten Arbeitsleistung durch Zurverfügungstellung eines Arbeitsplatzes zu ermöglichen. Demgegenüber ist seine Haftung für die Verletzung von Fürsorgepflichten, die ihn zu einer Änderung des zugewiesenen Arbeitsplatzes verpflichten können, um eine Beschäftigung trotz Leistungseinschränkung zu ermöglichen, verschuldensabhängig ausgestaltet. Das gilt sowohl für Ansprüche wegen der Verletzung vertraglicher Nebenpflichten nach § 280
Abs. 1
BGB als auch für Ansprüche wegen Verletzung eines Schutzrechts, wie § 81
Abs. 4
SGB IX. Deshalb ist es für Ansprüche aus Annahmeverzug unerheblich, ob der Arbeitgeber gegenüber schwerbehinderten Arbeitnehmern nach § 81
Abs. 4 Satz 1
Nr. 1, 4 und 5
SGB IX verpflichtet ist, deren Arbeitsplatz und die Arbeitsaufgabe so zu gestalten, dass eine behinderungsgerechte Beschäftigung möglich wird. Ist ein schwerbehinderter Arbeitnehmer oder ein Gleichgestellter außerstande, die arbeitsvertraglich geschuldete Leistung zu erbringen, gerät der Arbeitgeber nicht mit der Annahme der Dienste in Verzug (
BAG 23. Januar 2001 - 9 AZR 287/99 - BAGE 97, 23). Nur wenn der Arbeitgeber seinen Verpflichtungen nach § 81
Abs. 4
SGB IX schuldhaft iSv. § 276
BGB nicht nachkommt, ist er dem Arbeitnehmer zum Schadensersatz wegen entgangener Vergütung verpflichtet. Er trägt im Rahmen des Annahmeverzugs nicht das verschuldensunabhängige Risiko, seinen Verpflichtungen nach § 81
Abs. 4
SGB IX objektiv hinreichend nachgekommen zu sein.
II. Das Landesarbeitsgericht hat zu Unrecht Schadensersatzansprüche mit der Begründung ausgeschlossen, eine Beschäftigung des Klägers auf einem der Wertstoffhöfe oder bei der Containerstellplatzreinigung sei der Beklagten nicht zumutbar gewesen. Nach den bisherigen tatsächlichen Feststellungen und dem Vortrag der Beklagten kann nicht abschließend beurteilt werden, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe ein Anspruch des Klägers wegen entgangener Vergütung nach § 280
Abs. 1
BGB oder aus § 823
Abs. 2
BGB iVm. § 81
Abs. 4
SGB IX besteht.
1. Versäumt es der Arbeitgeber schuldhaft, die behinderungsgerechte Beschäftigung eines schwerbehinderten Arbeitnehmers nach § 81
Abs. 4 Satz 1
Nr. 1 bis 5
SGB IX zu ermöglichen, hat der Arbeitnehmer einen Schadensersatzanspruch in Höhe der ihm entgangenen Vergütung nach § 280
Abs. 1
BGB sowie aus § 823
Abs. 2
BGB iVm. § 81
Abs. 4 Satz 1
SGB IX (
vgl. BAG 3. Dezember 2002 -
9 AZR 462/01 - BAGE 104, 73). § 81
Abs. 4
SGB IX ist Schutzgesetz iSv. § 823
Abs. 2
BGB (Neumann in Neumann/Pahlen/Majerski-Pahlen
SGB IX 11. Aufl. § 81 Rn. 30).
a) Nach § 81
Abs. 4 Satz 1
Nr. 1
SGB IX, der seit dem 1. Juli 2001 in Kraft getreten ist (
vgl. Art. 68
Abs. 1
SGB IX vom 19. Juni 2001, BGBl. I
S. 1046), haben schwerbehinderte Menschen gegenüber ihren Arbeitgebern einen Anspruch auf behinderungsgerechte Beschäftigung, damit sie ihre Fähigkeiten und Kenntnisse möglichst voll verwerten und weiterentwickeln können. Der Arbeitgeber erfüllt diesen Anspruch regelmäßig, wenn er dem Arbeitnehmer die im Arbeitsvertrag vereinbarte Arbeit zuweist. Kann der schwerbehinderte Arbeitnehmer die damit verbundenen Tätigkeiten wegen seiner Behinderung nicht mehr wahrnehmen, so führt dieser Verlust nach der Konzeption der §§ 81
ff. SGB IX nicht ohne weiteres zum Wegfall des Beschäftigungsanspruchs. Der schwerbehinderte Arbeitnehmer kann vielmehr Anspruch auf eine anderweitige Beschäftigung haben und, soweit der bisherige Arbeitsvertrag diese Beschäftigungsmöglichkeit nicht abdeckt, auf eine entsprechende Vertragsänderung (Senat 28. April 1998 -
9 AZR 348/97 - AP
SchwbG 1986 § 14
Nr. 2 = EzA
SchwbG § 14
Nr. 5; Senat 10. Mai 2005 -
9 AZR 230/04 - DB 2006, 55, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen). Kommt eine anderweite Beschäftigung in Betracht, ist der Arbeitgeber gleichwohl dann nicht zur Beschäftigung des schwerbehinderten Menschen verpflichtet, wenn ihm die Beschäftigung unzumutbar oder mit unverhältnismäßig hohen Aufwendungen verbunden ist, wie nunmehr in § 81
Abs. 4 Satz 3
SGB IX ausdrücklich bestimmt ist. Der Arbeitgeber ist auch nicht verpflichtet, für den schwerbehinderten Menschen einen zusätzlichen Arbeitsplatz einzurichten ( Senat 28. April 1998 - 9 AZR 348/97 - AP
SchwbG 1986 § 14
Nr. 2 = EzA
SchwbG § 14
Nr. 5; 10. Mai 2005 - 9 AZR 230/04 - aaO).
b) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, der Beklagten sei eine behinderungsgerechte Beschäftigung des Klägers nicht zumutbar gewesen.
Es geht zunächst zutreffend davon aus, dass die Beklagte nicht verpflichtet war, ihr Dienstleistungsangebot gegenüber dem Bürger einzuschränken und die Mithilfe beim Transport sperriger und schwerer Güter auf den Wertstoffhöfen sowie im Rahmen der Beseitigung solcher Güter von den Containerstellplätzen einzustellen. Ohne konkrete tatsächliche Feststellungen nimmt das Landesarbeitsgericht aber an, es ließe sich zwar theoretisch über den Einsatz technischer Hebehilfen, baulicher Veränderungen und einer geänderten Organisation der Ablieferung von Sperrmüll und Wertstoffen auf dem Wertstoffhof eine Arbeitstätigkeit des Klägers ermöglichen. Dies sei der Beklagten aber nicht zumutbar, da ansonsten eine vollständige Umorganisation des Wertstoffhofs erfolgen müsse. Im Rahmen der Containerstellplatzreinigung sei der Kläger ebenso nicht in der Lage, schwere Gegenstände, insbesondere Waschmaschinen oder Fernsehgeräte zu tragen. Ein Sondereinsatz zur Erledigung dieser Arbeitsaufgaben mit belastungsfähigen Arbeitnehmern und die Beschränkung der Arbeitspflicht des Klägers auf körperlich leichtere Tätigkeiten sei der Beklagten ebenfalls nicht zumutbar. Damit hat das Landesarbeitsgericht die Pflichten des Arbeitgebers gegenüber seinen schwerbehinderten Arbeitnehmern nach § 81
Abs. 4
SGB IX nicht ausreichend berücksichtigt. Es hat die Unzumutbarkeit des Einsatzes technischer Hilfen und einer anderen Gestaltung der Arbeitsorganisation nach § 81
Abs. 4 Satz 3
SGB IX angenommen, ohne zuvor festzustellen, welche Maßnahmen mit welchen Kosten hätte ergriffen werden können und auf Grund welcher Tatsachen diese für die Beklagte nach § 81
Abs. 4 Satz 3
SGB IX unzumutbar gewesen wären.
c) Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Beklagten eine behinderungsgerechte Beschäftigung des Klägers auf einem der Wertstoffhöfe sowie im Rahmen der Containerstellplatzreinigung möglich gewesen wäre, wenn sie ihre Pflichten nach § 81
Abs. 4
SGB IX erfüllt hätte. Dem steht nicht entgegen, dass der Kläger sich hierzu nur pauschal auf den Einsatz von Hebehilfen gestützt hat, ohne hierzu nähere Angaben zu machen. Denn die Darlegungslast trägt hier die Beklagte.
aa) Der Arbeitgeber ist nach § 81
Abs. 4 Satz 1
Nr. 5
SGB IX verpflichtet, den Arbeitsplatz des schwerbehinderten Arbeitnehmers mit den erforderlichen technischen Arbeitshilfen auszustatten, wenn hierdurch eine Beschäftigung möglich wird. Verbleiben dann noch Restarbeiten, deren Erfüllung dem Arbeitnehmer wegen seiner Behinderung nicht möglich ist, kann der schwerbehinderte Arbeitnehmer verlangen, dass er nur mit leichteren Arbeiten beschäftigt wird, sofern im Betrieb die Möglichkeit zu einer solchen Aufgabenumverteilung besteht. Das folgt aus § 81
Abs. 4 Satz 1
Nr. 4
SGB IX. Danach hat der schwerbehinderte Arbeitnehmer Anspruch auf eine behinderungsgerechte Gestaltung der Arbeitsorganisation (
vgl. zu § 14
SchwbG: Senat 28. April 1998 - 9 AZR 348/97 - AP
SchwbG 1986 § 14
Nr. 2 = EzA
SchwbG § 14
Nr. 5). Der Anspruch des schwerbehinderten Arbeitnehmers auf behinderungsgerechte Gestaltung und Ausstattung des Arbeitsplatzes nach § 81
Abs. 4 Satz 1
Nr. 1 bis 5
SGB IX besteht gemäß § 81
Abs. 4 Satz 3
SGB IX nur dann nicht, wenn dies dem Arbeitgeber nicht zumutbar oder mit unverhältnismäßigen Aufwendungen verbunden wäre.
bb) Macht der schwerbehinderte Arbeitnehmer die Ansprüche nach § 81
Abs. 4
SGB IX geltend, hat er nach den allgemeinen Regeln grundsätzlich die Darlegungs- und Beweislast für die anspruchsbegründenden Voraussetzungen. Dagegen hat der Arbeitgeber die anspruchshindernden Umstände vorzutragen. Dazu gehören insbesondere diejenigen, aus denen sich die Unzumutbarkeit der Beschäftigung des Arbeitnehmers ergeben soll (
BAG 10. Mai 2005 - 9 AZR 230/04 - DB 2006, 55, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen ). Steht fest, dass der Arbeitnehmer seine Arbeitspflicht nur nach einer Umgestaltung oder besonderer Ausstattung seines Arbeitsplatzes erfüllen kann, hat er zumindest nachvollziehbar darzulegen, welche Maßnahmen hierzu notwendig sind. Ansonsten zeigt er nicht schlüssig anderweite Beschäftigungsmöglichkeiten auf.
cc) Diese Anforderungen an die Darlegungslast des schwerbehinderten Arbeitnehmers gelten allerdings nicht, wenn der Arbeitgeber seinen Pflichten zur rechtzeitigen Beteiligung des Integrationsamts und der Schwerbehindertenvertretung im Präventionsverfahren nach
§ 84 Abs. 1 SGB IX nicht nachgekommen ist.
(1) Gemäß § 84
Abs. 1
SGB IX ist der Arbeitgeber bei Eintreten von personen-, verhaltens- oder betriebsbedingten Schwierigkeiten im Arbeits- oder Beschäftigungsverhältnis, die zur Gefährdung dieses Verhältnisses führen können, verpflichtet, das Integrationsamt und die Schwerbehindertenvertretung einzuschalten. Der Arbeitgeber hat unter Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung und des zuständigen Integrationsamts nach Lösungen zu suchen, um diese Schwierigkeiten zu beseitigen. Ziel dieser gesetzlichen Prävention ist die frühzeitige Klärung, ob und welche Maßnahmen zu ergreifen sind, um eine möglichst dauerhafte Fortsetzung des Beschäftigungsverhältnisses zu erreichen (Deinert in Neumann Handbuch
SGB IX 1. Aufl. § 18 Rn. 3). Dem Arbeitgeber wird damit eine aktive Rolle für Eingliederung und gegen Ausgliederung des schwerbehinderten Arbeitnehmers zugewiesen. Diese Pflichten begründen nicht nur eine privatrechtlich gesteigerte Fürsorgepflicht gegenüber dem schwerbehinderten Arbeitnehmer (
BAG 10. Mai 2005 - 9 AZR 230/04 - DB 2006, 55, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen.).
Vielmehr soll die Beteiligung sachkundiger Stellen auch gewährleisten, dass alle Möglichkeiten zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses fachkundig untersucht und deren technische sowie wirtschaftliche Realisierbarkeit geprüft werden. Dem schwerbehinderten Arbeitnehmer fehlen zumeist zur Beurteilung der Frage, wie eine behinderungsgerechte Beschäftigungsmöglichkeit gefunden oder geschaffen werden kann, die notwendigen Fähigkeiten und Kenntnisse. Verletzt der Arbeitgeber seine gesetzlichen Erörterungspflichten, verhindert er damit die Durchführung dieses Präventionsverfahrens. Das hat Folgen für die Darlegungslast. Hat die primär darlegungspflichtige Partei keine nähere Kenntnis der maßgeblichen Tatsachen kann dem Gegner eine sekundäre Behauptungslast auferlegt werden. Das setzt zwar in der Regel voraus, dass der Prozessgegner die erforderliche Kenntnis hat (
BAG 10. Mai 2005 - 9 AZR 230/04 - aaO). Das Wissen, wie ein behindertengerechter Arbeitsplatz in seinem Betrieb einzurichten und auszustatten ist, kann einem Arbeitgeber nicht unterstellt werden. Auf dieses fehlende Wissen kann sich der Arbeitgeber nicht berufen, wenn er seinen Pflichten gemäß § 84
Abs. 1
SGB IX nicht nachgekommen ist. Denn die Erörterung mit den in § 84
Abs. 1
SGB IX genannten fachkundigen Stellen dient gerade dazu, dass er sich das entsprechende Wissen verschafft. Fand diese Erörterung allerdings statt und kamen die fachkundigen Stellen unter Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung zu dem Ergebnis, es gäbe keine Möglichkeiten zur Sicherung der Beschäftigung des Arbeitnehmers, bleibt es bei der primären Darlegungslast des schwerbehinderten Arbeitnehmers. Er hat dann vorzutragen, welche konkreten technischen oder organisatorischen Veränderungen seine behinderungsgerechte Beschäftigung ermöglichen.
(2) Die Voraussetzungen für die Durchführung des Präventionsverfahrens nach § 84
Abs. 1
SGB IX lagen vor. Der Kläger war in den Jahren 2001 und 2002 dauerhaft nicht mehr in der Lage, seine vertraglich geschuldeten Arbeitspflichten zu erfüllen. Das begründete eine Gefährdung des Arbeitsverhältnisses iSv. § 84
Abs. 1
SGB IX. Die Beklagte hat nicht behauptet, ihren Pflichten aus § 84
Abs. 1
SGB IX nachgekommen zu sein.
2. Das Landesarbeitsgericht wird deshalb unter Berücksichtigung der Darlegungslast der Beklagten anhand konkreter Tatsachen aufzuklären haben, ob geeignete Arbeitsplätze in der Dienststelle der Beklagten zur Verfügung standen oder ob sonstige Beschäftigungsmöglichkeiten vorhanden waren, die zu einem behindertengerechten Arbeitsplatz hätten zusammengefasst werden können. Erforderliche Eingriffe in die Arbeitsorganisation und die Anschaffung notwendiger technischer Hilfsmittel müssen dabei zumutbar sein und dürfen nicht mit unverhältnismäßigen Aufwendungen verbunden sein oder gegen Unfallverhütungsvorschriften verstoßen (§ 81
Abs. 4 Satz 3
SGB IX).