Leitsatz:
1. Die Vermittlung eines sogenannten leidensgerechten Arbeitsplatzes kann eine dem Rentenversicherungsträger obliegende berufsfördernde Leistung zur Rehabilitation sein.
Orientierungssatz:
Zuständigkeit des Rentenversicherungsträgers für Berufsförderungsmaßnahmen - Nachrang der BA - Klagebegehren bei erfolgreichem Rechtsmittel des verurteilten Beigeladenen - Auslegung von Prozeßanträgen:
1. AFG § 57 S 1 enthält eine wichtige, die Zuständigkeit abgrenzende Norm. Danach darf die BA berufsfördernde Leistungen zur Rehabilitation nur gewähren, sofern nicht ein anderer Rehabilitationsträger iS des RehaAnglG zuständig ist. Dieser Nachrang der BA tritt nicht nur oder erst dann ein, wenn ein anderer Rehabilitationsträger (hier Rentenversicherungsträger) konkret zur Leistung verpflichtet, sondern schon, wenn er überhaupt zuständig ist (vgl ua BSG 1979-11-15 11 RA 22/79 = SozR 4100 § 57 Nr 9; BSG 1979-11-15 11 RA 9/79 = SozR 5050 § 6 Nr 4). Der erkennende Senat schließt sich dieser Gesetzesauslegung jedenfalls in den Fällen an, in denen es sich um eine (unteilbare) Sachleistung handelt.
2. Fehlt es sonach an der Zuständigkeit der beigeladenen BA für die Durchführung von Berufsförderungsmaßnahmen, dann ist auch deren Verurteilung nach SGG § 75 Abs 5 die Grundlage entzogen. SGG § 75 Abs 5 gibt den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit jedoch die Möglichkeit, überhaupt in Fällen, in denen gegen einen passiv nicht legitimierten Versicherungsträger Klage erhoben worden ist, den in Wirklichkeit zur Leistung verpflichteten, aber nicht verklagten Versicherungsträger nach Beiladung zu verurteilen, und zwar ohne daß es einer Klageänderung bedarf (vgl ua BSG 1965-02-04 11/1 RA 312/63 = SozR Nr 27 zu § 75 SGG).
3. Legt eine verurteilte Beigeladene Revision ein, so hat das Revisionsgericht auch über den Anspruch zu entscheiden, der gegen die Beklagte gerichtet war (vgl BSG 1978-09-14 11 RA 70/77). Es ist nicht schädlich, daß in der Revisionsinstanz der Kläger schriftsätzlich nur den Antrag auf Zurückweisung der Revision gestellt und die Beigeladene lediglich hilfsweise beantragt hat, nach den Hauptanträgen des Klägers in den Vorinstanzen zu erkennen. Zur Entscheidungsbefugnis des Gerichts bedarf es keines ausdrücklichen Antrages eines Beteiligten. Auch hier gilt SGG § 123, wonach das Gericht über die erhobenen Ansprüche (das prozessuale Begehren) zu entscheiden hat, ohne an die Fassung der Anträge gebunden zu sein.
4. Zur Frage der Ermessensausübung des Rentenversicherungsträger bei der Gewährung berufsfördernder Maßnahmen.
5. Die Anbahnung eines neuen Arbeitsverhältnisses für einen Behinderten als berufsfördernde Leistung zur Rehabilitation iS von AVG § 14a Abs 1 Nr 1 (= RVO § 1237a Abs 1 Nr 1) unterliegt nicht dem Vermittlungsmonopol der BA, denn es handelt sich hierbei um die Maßnahme eines öffentlich-rechtlichen Trägers der sozialen Sicherung, die zur Durchführung der ihm gesetzlich übertragenen Aufgabe im Einzelfall erforderlich ist.
Diese Entscheidung wird zitiert von:
AuB 1981, 123-124, Hoppe, Werner (Anmerkung)
Rechtszug:
vorgehend SG Speyer 1978-05-24 S 8 A 156/77
vorgehend LSG Mainz 1979-02-08 L 5 A 75/78