Die Berufung der Beklagten ist gemäß §§ 8
Abs. 2, 64
Abs. 2 b)
ArbGG nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes statthaft und auch darüber hinaus zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, § 66
Abs. 1
ArbGG, §§ 519, 520
Abs. 1, 3 und 5
ZPO. In der Sache ist die Berufung zum Teil begründet. Dem Kläger steht dem Grunde nach ein Entschädigungsanspruch nach
§ 15 Abs. 2 AGG,
§ 81 Abs. 2 Satz 1 SGB IX zu. Auf die Berufung der Beklagten ist dieser jedoch der Höhe nach zu reduzieren. Im Einzelnen:
I.
Die zulässige Berufung ist zum Teil begründet. Der Entschädigungsanspruch ist auf ein Bruttomonatsgehalt zu reduzieren.
1. Der auf Zahlung einer Entschädigung gerichtete Klageantrag ist hinreichend bestimmt iSv. § 253
Abs. 2
Nr. 2
ZPO. Der Kläger ist berechtigt, die Höhe der Entschädigung nach § 15
Abs. 2
AGG in das Ermessen des Gerichts zu stellen, dem bei dieser Entscheidung ein Beurteilungsspielraum eingeräumt wird (
BAG 17. August 2010 -
9 AZR 839/08 - EzA
SGB IX § 81
Nr. 21). Der Kläger muss lediglich Tatsachen, die das Gericht bei der Bestimmung des Betrags heranziehen soll, benennen und die Größenordnung der geltend gemachten Forderung angeben (
BAG 24. April 2008 - 8 AZR 257/07 - AP
AGG § 33
Nr. 2). Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Der Kläger hat einen Sachverhalt dargelegt, welcher der Kammer grundsätzlich die Bestimmung einer Entschädigung ermöglicht, und den Mindestbetrag der aus seiner Sicht angemessenen Entschädigung mit
EUR 8.585,88 beziffert.
2. Die Klage ist in Höhe eines Betrages von
EUR 2.861,96 nach § 15
Abs. 2 Satz 1
AGG, § 81
Abs. 2
SGB IX begründet, weil die Beklagte bei der Besetzung der Stelle eines technischen Angestellten zur Leitung des Sachgebiets Betriebstechnik gegen das Verbot der Benachteiligung schwerbehinderter Beschäftigter verstoßen hat.
a) Der Kläger hat sowohl die Ausschluss- als auch die Klagefrist gewahrt.
aa) Gemäß § 15
Abs. 4 Satz 1
AGG muss ein Anspruch nach § 15
Abs. 2
AGG innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden, wenn keine andere tarifliche Regelung besteht, was vorliegend nicht der Fall ist. Nach § 15
Abs. 4 Satz 2
AGG beginnt die Frist im Fall einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs mit Zugang der Ablehnung. Nach § 61b
Abs. 1
ArbGG muss eine Klage auf Entschädigung nach § 15
AGG innerhalb von drei Monaten, nachdem der Anspruch schriftlich geltend gemacht worden ist, erhoben werden.
bb) Die Klage ist am 15. November 2013 bei dem Arbeitsgericht eingegangen und der Beklagten am 7. Dezember 2013 zugestellt worden. Da keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich sind, dass die schriftliche Absage der Beklagten vom 4. November 2013 vor ihrem Ausstellungsdatum versandt worden ist, hat der Kläger die Frist in § 15
Abs. 4 Satz 1
AGG eingehalten. Die nach § 15
Abs. 4 Satz 1
AGG erforderliche Schriftform zur Geltendmachung von Schadensersatz- und Entschädigungsansprüchen (§ 15
Abs. 1 und
Abs. 2
AGG) kann auch durch eine Klage gewahrt werden. Dabei findet § 167
ZPO Anwendung. Es genügt der rechtzeitige Eingang der Klage bei Gericht, wenn die Klage "demnächst" zugestellt wird (
BAG 22. Mai 2014 -
8 AZR 662/13 - NZA 2014, 924
ff.). Nicht erforderlich zur Wahrung der Frist war, dass der Kläger die Entschädigungszahlung bezifferte (
vgl. BAG 16. Februar 2012 -
8 AZR 697/10 - NZA 2012, 667 ff).
b) Das Arbeitsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen für eine Entschädigung nach § 15
Abs. 2 Satz 1
AGG, § 81
Abs. 2
SGB IX dem Grunde nach vorliegen. Arbeitgeber dürfen schwerbehinderte Beschäftigte nicht wegen ihrer Behinderung benachteiligen, § 81
Abs. 2 Satz 1
SGB IX. Nach § 81
Abs. 2 Satz 2
SGB IX gelten hierzu im Einzelnen die Regelungen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes. Nach
§ 6 Abs. 1 Satz 2 AGG gelten als Beschäftigte auch Bewerberinnen und Bewerber für ein Beschäftigungsverhältnis. Der Kläger unterfällt dem persönlichen Anwendungsbereich des
AGG, da er als Beschäftigter gilt und die Beklagte Arbeitgeberin ist.
Die Beklagte hat den Kläger iSv. 3
Abs. 1 Satz 1
AGG benachteiligt, weil sie ihn im Rahmen ihrer Auswahlentscheidung nicht in die Auswahl einbezogen hat und ihm damit eine Chance versagt hat. Wie sich auch aus § 15
Abs. 2
AGG ergibt, ist nicht erforderlich, dass der Bewerber aufgrund des Benachteiligungsgrundes nicht eingestellt worden ist. Auch dann, wenn der Bewerber selbst bei diskriminierungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre, ist ein Anspruch nicht ausgeschlossen, sondern nur der Höhe nach begrenzt (
vgl. BAG 13. Oktober 2011-
8 AZR 608/10 - AP
AGG § 15
Nr. 9). Die unterbliebene Einladung zu einem Vorstellungsgespräch entgegen
§ 82 Satz 2 SGB IX ist bei der Beklagten als öffentlicher Arbeitgeberin geeignete Hilfstatsache nach § 22
AGG.
aa) Der öffentliche Arbeitgeber hat den schwerbehinderten Bewerber nach § 82 Satz 2
SGB IX zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen. Diese Pflicht besteht nach § 82 Satz 3
SGB IX nur dann nicht, wenn dem schwerbehinderten Menschen die fachliche Eignung offensichtlich fehlt. Ein schwerbehinderter Bewerber muss bei einem öffentlichen Arbeitgeber die Chance eines Vorstellungsgesprächs bekommen, wenn seine fachliche Eignung zweifelhaft, aber nicht offensichtlich ausgeschlossen ist. Selbst wenn sich der öffentliche Arbeitgeber aufgrund der Bewerbungsunterlagen schon die Meinung gebildet hat, ein oder mehrere andere Bewerber seien so gut geeignet, dass der schwerbehinderte Bewerber nicht mehr in die nähere Auswahl komme, muss er den schwerbehinderten Bewerber nach dem Gesetzesziel einladen. Der schwerbehinderte Bewerber soll den öffentlichen Arbeitgeber im Vorstellungsgespräch von seiner Eignung überzeugen können. Wird ihm diese Möglichkeit genommen, liegt darin eine weniger günstige Behandlung, als sie das Gesetz zur Herstellung gleicher Bewerbungschancen gegenüber anderen Bewerbern für erforderlich hält. Der Ausschluss aus dem weiteren Bewerbungsverfahren ist eine Benachteiligung, die in einem ursächlichen Zusammenhang mit der Behinderung steht (
BAG 21. Juli 2009 -
9 AZR 431/08 - NZA 2009, 1087
ff.).
Ob ein Bewerber offensichtlich nicht die notwendige fachliche Eignung hat, beurteilt sich nach den Ausbildungs- oder Prüfungsvoraussetzungen für die zu besetzende Stelle und den einzelnen Aufgabengebieten (
BAG 16. September 2008 -
9 AZR 791/07 - AP
SGB IX § 81
Nr. 15). Diese Erfordernisse werden von den in der Stellenausschreibung geforderten Qualifikationsmerkmalen konkretisiert (
BAG 21. Juli 2009 -
9 AZR 431/08 - NZA 2009, 1087
ff.). Bei seiner Auswahlentscheidung und den geforderten Qualifikationen, hat der öffentliche Arbeitgeber - anders als der private Arbeitgeber - allerdings
Art. 33
Abs. 2
GG zu beachten. Hiernach besteht nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung Anspruch auf gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt. Öffentliche Ämter in diesem Sinne sind nicht nur Beamtenstellen, sondern auch Stellen, die mit Arbeitern und Angestellten besetzt werden. Die in
Art. 33
Abs. 2
GG genannten Gesichtspunkte der Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung sind die allein maßgeblichen Kriterien für die Bewerberauswahl; andere Kriterien sind nicht zulässig. Allerdings bestimmt
Art. 33
Abs. 2
GG nicht, auf welchen Bezugspunkt sich diese Kriterien beziehen. Dies folgt erst aus dem Anforderungsprofil, welches als Funktionsbeschreibung des Dienstpostens objektiv die Kriterien bestimmt, die der künftige Stelleninhaber erfüllen muss. Über die Einrichtung und nähere Ausgestaltung von Dienstposten entscheidet grundsätzlich der Dienstherr nach seinen organisatorischen Bedürfnissen und Möglichkeiten. Es obliegt daher auch seinem organisatorischen Ermessen, wie er einen Dienstposten zuschneiden will und welche Anforderungen demgemäß der Bewerberauswahl zugrunde zu legen sind. Erst aus diesem Zuschnitt des zu vergebenden Amtes oder Dienstpostens werden daher die Anforderungen bestimmt, an denen konkurrierende Bewerber zu messen sind (
vgl. BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - NZA 2012, 667 ff;
BAG 7. April 2011-
8 AZR 679/09 - AP
AGG § 15
Nr. 6).
bb) Nach der Mitte 2013 veröffentlichten Stellenausschreibung suchte die Beklagte unter der Rubrik "Wir erwarten" einen "
Dipl.-Ing. (
FH) oder staatl. gepr. Techniker/in oder Meister/in im Gewerk Heizungs-/Sanitär-/Elektrotechnik oder vergleichbare Qualifikation; langjährige Berufs- und Führungserfahrung". Nach seinem Lebenslauf ist der Kläger gelernter Heizungs- und Lüftungsbauer. Die Ausbildungsordnung zu diesem Beruf, den der Kläger in den Jahren 1978 bis 1981 erlernte, trat am 1. August 2004 außer Kraft. Der Beruf ging in dem Nachfolgeberuf Anlagenmechaniker für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik auf. Der Kläger hat in der Vergangenheit nach Abschluss seiner Ausbildung ein kontinuierliches Interesse an seiner Weiterbildung gezeigt, ua. zum Kundendiensttechniker sowie zum Sicherheits- und Brandschutzbeauftragten. Er hat an der Technikerschule eine Zusatzprüfung "Ausbilder der Ausbilder" abgelegt. Die damit erworbenen berufs- und arbeitspädagogischen Kenntnisse sind aber auch Bestandteil einer Meisterprüfung,
vgl. § 51 a
Abs. 3
HwO. Darüber hinaus ist er staatlich geprüfter Umweltschutztechniker und befindet sich seit dem Jahr 2011 in einem Fernstudium zum Baubiologen. Danach kann vor dem Hintergrund, dass die Beklagte nach ihrem Anforderungsprofil auch eine "vergleichbare" Qualifikation hat ausreichen lassen, nicht von einem offensichtlichen Eignungsmangel ausgegangen werden.
Entgegen der Auffassung der Beklagten ist der Kläger in seinem Berufsleben auch nicht ohne Führungsverantwortung geblieben. Er war nach seinem Lebenslauf technischer Leiter und stellvertretender Betriebsleiter. Nach seinem Lebenslauf hatte er diese Funktionen insgesamt über acht Jahre inne. Auch danach ist jedenfalls ein "offensichtlicher" Eignungsmangel nicht gegeben.
Die Annahme einer Diskriminierung verbietet sich schließlich nicht vor dem Hintergrund, dass der Kläger seinen Bewerbungsunterlagen keine Arbeitszeugnisse beigefügt hat. Dies steht weder seiner fachlichen Eignung noch dem Vorliegen einer Bewerbung entgegen. Es begegnet zwar keinen Bedenken, wenn ein öffentlicher Arbeitgeber für zu besetzende Stellen von vornherein nur solche Bewerber in Blick nehmen will, die aufgrund ihrer dokumentierten Ausbildungsergebnisse in besonderem Maße befähigt erscheinen (
BAG 7. April 2011 - 8 AZR 679/09 - NZA-RR 2011, 494
ff.). Dies ist hier jedoch nicht geschehen. Die Beklagte hat keine bestimmten Beurteilungen Dritter in ihrem Anforderungsprofil vorausgesetzt. Der Kläger wäre demnach auch zu einem Gespräch einzuladen gewesen, wenn er schlechte Zeugnis- und Ausbildungsnoten erhalten hätte (
vgl. hierzu
BVerwG 3. März 2011 -
5 C 16/10 - NZA 2011, 977; ErfK/Rolfs 15. Aufl. § 82
SGB IX Rn. 3). Im Falle behinderter Bewerber soll im Übrigen der persönliche Eindruck entscheidend sein und nicht die "Papierform" (
BAG 21. Juli 2009 -
9 AZR 431/08 - NZA 2009, 1087
ff.). Der schwerbehinderte Bewerber soll den öffentlichen Arbeitgeber im Vorstellungsgespräch von seiner Eignung überzeugen können (
BAG 16. September 2008 -
9 AZR 791/07 - AP
SGB IX § 81
Nr. 15). Da der Lebenslauf des Klägers sehr ausführlich gehalten war und alle maßgeblichen Informationen zu seinem beruflichen Werdegang enthielt, liegt nicht nur eine ordnungsgemäße Bewerbung vor, sondern auch eine solche, die keinen offensichtlichen Eignungsmangel in seiner Person erkennen lässt.
cc) Die Beklagte hat die durch die unterbliebene Einladung zu einem Vorstellungsgespräch geeignete Hilfstatsache nach
§ 22 AGG nicht widerlegt, weil sie im Übrigen ihre gesetzlichen Pflichten erfüllt hat.
Für die Frage, welche Tatsachen geeignet sind, die Vermutung der Benachteiligung zu widerlegen, sind die Besonderheiten des Bewerbungsverfahrens für ein öffentliches Amt iSv.
Art. 33
Abs. 2
GG und die gesetzlichen Regelungen des
SGB IX zu beachten. Für den nach § 22
AGG möglichen Nachweis, dass für die Nichteinladung eines Bewerbers entgegen § 82 Satz 2
SGB IX ausschließlich andere Gründe als die Behinderung erheblich waren, können nur solche Gründe herangezogen werden, die nicht die fachliche Eignung betreffen. Hierfür enthält die in § 82 Satz 3
SGB IX geregelte Ausnahme mit dem Erfordernis der "offensichtlichen" Nichteignung eine abschließende Regelung. Sie prägt auch die Anforderungen, die bei Verstößen im Bewerbungsverfahren bei auf die fachliche Eignung bezogenen Erwägungen für den Gegenbeweis zugrunde zu legen wären (
BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - EzA
AGG § 15
Nr. 17). Die Widerlegung der infolge der Verletzung des § 82 Satz 2
SGB IX vermuteten Kausalität setzt daher den Nachweis voraus, dass die Einladung zu einem Vorstellungsgespräch aufgrund von Umständen unterblieben ist, die weder einen Bezug zur Behinderung aufweisen noch die fachliche Eignung des Bewerbers berühren (
BAG 24. Januar 2013 -
8 AZR 188/12 - NZA 2013, 896
ff.).
Solche Umstände hat die Beklagte nicht vorgetragen. § 82 Satz 2
SGB IX gibt dem einzelnen schwerbehinderten Bewerber einen Individualanspruch auf Einladung zu einem Vorstellungsgespräch. Die Indizwirkung wird durch die Schlechterstellung des Einzelnen ausgelöst und nicht dadurch aufgehoben, dass ansonsten im Bewerbungsverfahren schwerbehinderte Bewerber als Gruppe nicht nachteilig behandelt wurden. Der Anspruch nach § 82 Satz 2
SGB IX ist vom Gesetzgeber zwingend ausgestaltet worden, es handelt sich um eine gesetzliche Pflicht des Arbeitgebers. Er hat insoweit kein Ermessen, weshalb ihm weder eine "freundliche" noch eine "feindliche" Einstellung zu Behinderten unterstellt werden kann. Sinn des § 82 Satz 2
SGB IX ist es, den einzelnen schwerbehinderten Bewerbern die Möglichkeit zu geben, den Arbeitgeber in einem persönlichen Vorstellungsgespräch von ihrer Eignung zu überzeugen. Die Indizwirkung eines Verfahrensfehlers wird auch nicht dadurch aufgehoben, dass die Beklagte bei der Vorabauswahl die Schwerbehindertenvertretung beteiligt hat. Für den Gesetzesverstoß ist es im Übrigen unerheblich, wenn sich der Arbeitgeber im Übrigen gesetzeskonform verhalten hat, zB. die gesetzlich vorgesehene Mindestbeschäftigungsquote schwerbehinderter Arbeitnehmer eingehalten hat. (
vgl. BAG 24. Januar 2013 - 8 AZR 188/12 - NZA 2013, 896
ff.;
BAG 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - AP
AGG § 15
Nr. 4).
c) Der Kläger kann nach § 15
Abs. 2 Satz 1
AGG eine Entschädigung in Höhe von
EUR 2.861,96 verlangen. Dies ist der Höhe nach angemessen, weil kein schwerwiegender Fall einer Benachteiligung vorliegt.
aa) Nach § 15
Abs. 2 Satz 2
AGG darf die Entschädigung bei einer Nichteinstellung drei Monatsgehälter nicht übersteigen, wenn der oder die Beschäftigte auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre. In diesem Fall ist vom Gericht zunächst die Höhe einer angemessenen und der Höhe nach nicht begrenzten Entschädigung zu ermitteln und diese dann, wenn sie drei Monatsentgelte übersteigen sollte, zu kappen (
BAG 19. August 2010 - 8 AZR 530/09 - EzA
AGG § 15
Nr. 10).
Bei der Höhe einer festzusetzenden Entschädigung ist zu berücksichtigen, dass sie nach § 15
Abs. 2
AGG angemessen sein muss. Sie muss einen tatsächlichen und wirksamen rechtlichen Schutz der aus dem Unionsrecht hergeleiteten Rechte gewährleisten (
vgl. EuGH 25. April 2013 - C-81/12 [Asociatia ACCEPT] - Rn. 63; 22. April 1997 - C-180/95 [Draehmpaehl] - Rn. 24, 39 f., Slg. 1997, 1-2195;
BAG 22. Mai 2014 -
8 AZR 662/13 - NZA 2014, 924
ff.). Die Härte der Sanktionen muss der Schwere des Verstoßes entsprechen - indem sie insbesondere eine wirklich abschreckende Wirkung gewährleistet -, zugleich aber den allgemeinen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahren (EuGH 25. April 2013 - C-81/12 [Asociatia ACCEPT] - Rn. 63 mwN). Dabei sind alle Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen. Zu diesen zählen etwa die Schwere und Art der Benachteiligung, ihre Dauer und Folgen, der Anlass und der Beweggrund des Handelns, der Grad der Verantwortlichkeit des Arbeitgebers, etwa geleistete Wiedergutmachung oder erhaltene Genugtuung und das Vorliegen eines Wiederholungsfalles. Ferner ist der Sanktionszweck der Norm zu berücksichtigen, so dass die Höhe auch danach zu bemessen ist, was zur Erzielung einer abschreckenden Wirkung erforderlich ist. Der Arbeitgeber soll von künftigen Diskriminierungen abgehalten werden, wobei die Entschädigung in einem angemessenen Verhältnis zum erlittenen Schaden stehen muss (
BAG 19. August 2010 - 8 AZR 530/09 - EzA
AGG § 15
Nr. 10;
BAG 18. März 2010 - 8 AZR 1044/08 - AP
AGG § 15
Nr. 3;
BAG 22. Januar 2009 - 8 AZR 906/07 - AP
AGG § 15
Nr. 1).
bb) Unter Anwendung vorstehender Grundsätze ist eine Entschädigung in Höhe von
EUR 2.861,96, dh. in Höhe eines Bruttomonatsgehalts angemessen.
Bei der Bemessung der Entschädigung ist die Kammer davon ausgegangen, dass es je häufiger und gewichtiger der Arbeitgeber gegen Förderungspflichten verstößt, desto eher gerechtfertigt ist, den von § 15
Abs. 2 Satz 2
AGG vorgegebenen Höchstrahmen von drei Monatsvergütungen auszuschöpfen (
BAG 21. Juli 2009 -
9 AZR 431/08 - NZA 2009, 1087
ff.). Vorliegend hat die Beklagte in der veröffentlichten Stellenausschreibung nicht nur die bevorzugte Einstellung von Schwerbehinderten angekündigt, sie hat bei der Sichtung der Bewerbungsunterlagen auch besondere Aufmerksamkeit im Hinblick auf schwerbehinderte Bewerber walten lassen und den nur eingestreuten Hinweis des Klägers auf seine Schwerbehinderung zur Kenntnis genommen. Denn dieser hat in seinem Anschreiben seine Schwerbehinderung nicht gesondert erwähnt, sondern nur unter "Anlagen" auf seinen Schwerbehindertenausweis, der nur in Kopie beigefügt war, verwiesen. Er hat damit seinerseits die Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme auf die Interessen und Rechte des Vertragspartners (§ 241
Abs. 2
BGB iVm. § 311
Abs. 2
Nr. 1
BGB) verletzt.
Will ein Bewerber seine Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch bei der Behandlung seiner Bewerbung berücksichtigt wissen, so hat er den Arbeitgeber über seine Schwerbehinderteneigenschaft regelmäßig im Bewerbungsschreiben selbst unter Angabe des
GdB,
ggf. einer Gleichstellung zu informieren. Möglich ist auch eine Information im Lebenslauf. Dies hat jedoch an hervorgehobener Stelle und deutlich, etwa durch eine besondere Überschrift, zu geschehen. Im Falle einer Behinderung oder Schwerbehinderung wird ein Bewerbermerkmal mitgeteilt, über das nicht jede Bewerberin/jeder Bewerber verfügt. Durch den Hinweis sollen besondere Förderpflichten des Arbeitgebers ausgelöst werden. Wegen der Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme auf die Interessen und Rechte des Vertragspartners ist auch bei einer Bewerbung der Arbeitgeber über die besondere Situation des Bewerbers klar und eindeutig zu informieren. Daher sind "eingestreute" oder unauffällige Informationen, indirekte Hinweise in beigefügten amtlichen Dokumenten, eine in den weiteren Bewerbungsunterlagen befindliche Kopie des Schwerbehindertenausweises
etc. keine ordnungsgemäße Information des angestrebten Vertragspartners (
BAG 18. September 2014 -
8 AZR 759/13 - NJW-Spezial 2015, 82 f. mwN.).
Die Beklagte hat im Übrigen in der Vergangenheit auch die Pflichtquote in
§ 71 Abs. 1 SGB IX erfüllt und die vorliegende Stelle der Agentur für Arbeit gemeldet. Ein mehrfacher und wiederholter Verstoß gegen ihre
AGG-relevanten Pflichten aus dem
SGB IX fällt ihr danach nicht zur Last. Da aber umgekehrt auch dem Sanktionszweck in § 15
Abs. 2
AGG Rechnung zu tragen ist, muss der Entschädigungsleistung mehr zukommen als rein symbolischer Charakter. Die Kammer hat daher einen Betrag in Höhe eines Bruttomonatsgehalts für angemessen erachtet.
II.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92
Abs. 1 Satz 1
ZPO. Die Parteien haben die Kosten des Rechtsstreits entsprechend ihrem Obsiegen und Unterliegen anteilig zu tragen.
Die Zulassung der Revision folgt aus § 72
Abs. 2
Nr. 1
ArbGG.