Urteil
Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung - Bundesagentur für Arbeit - Jobcenter - Personalauswahlverfahren

Gericht:

BAG 7. Senat


Aktenzeichen:

7 ABR 80/16


Urteil vom:

19.12.2018


Grundlage:

  • SGB II § 6 Abs. 1 |
  • SGB II § 44b |
  • SGB IX § 178 Abs. 2 |
  • SGB II § 44i |
  • SGB II § 44h Abs. 3 |
  • SGB II § 44d Abs. 4 |
  • SGB II § 44g Abs. 1 |
  • SGB IX § 164 Abs. 1 |
  • SGB II § 44d Abs. 6 |
  • SGB II § 44h Abs. 5

Leitsätze:

1. Das Unterrichtungs- und Anhörungsrecht der Schwerbehindertenvertretung nach § 178 Abs. 2 Satz 1 SGB IX umfasst die Teilnahme an Personalauswahlverfahren, wenn sich ein schwerbehinderter oder gleichgestellter behinderter Mensch um eine Stelle bewirbt. Das Beteiligungsrecht erstreckt sich auf die Einsicht in die entscheidungserheblichen Teile der Bewerbungsunterlagen und die Teilnahme an Vorstellungsgesprächen.

2. Wird im Rahmen eines internen Stellenbesetzungsverfahrens, das der späteren Zuweisung eines bereits bei der Bundesagentur für Arbeit beschäftigten Arbeitnehmers zu einem Jobcenter als gemeinsamer Einrichtung nach § 44b SGB II vorausgeht, ein Personalauswahlverfahren nur beim Jobcenter durchgeführt, ist die Trägeragentur der gemeinsamen Einrichtung nicht verpflichtet, die bei ihr bestehende Schwerbehindertenvertretung an diesem Auswahlverfahren zu beteiligen.

3. Die Durchführung eines Personalauswahlverfahrens im Jobcenter im Vorfeld einer späteren Zuweisung eines bei der Bundesagentur für Arbeit beschäftigten Arbeitnehmers zu dem Jobcenter ohne Beteiligung der Trägeragentur verstößt nicht gegen die Regelungen in §§ 44d ff. SGB II zur Zuständigkeitsverteilung zwischen der Geschäftsführung der gemeinsamen Einrichtung und der Trägeragentur. Es dient der Vorbereitung der dem Geschäftsführer des Jobcenters zustehenden Entscheidung über sein Vorschlagsrecht nach § 44d Abs. 6 SGB II und über seine Zustimmung zu einer späteren Zuweisung des betroffenen Mitarbeiters nach § 44g Abs. 1 SGB II.

Rechtsweg:

ArbG Berlin, Beschluss vom 13.01.2016 - 60 BV 18923/13
LAG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 13.10.2016 - 14 TaBV 395/16

Quelle:

Rechtsprechung im Internet

Tenor:

Die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 13. Oktober 2016 - 14 TaBV 395/16 - wird zurückgewiesen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob die bei der zu 2. beteiligten Agentur für Arbeit N gebildete Schwerbehindertenvertretung bei Personalauswahlverfahren in gemeinsamen Einrichtungen zu beteiligen ist.

Die zu 3., 5., 7. und 9. beteiligten Jobcenter sind gemeinsame Einrichtungen nach § 6 Abs. 1 iVm. § 44b SGB II in Trägerschaft u.a. der zu 2. beteiligten Agentur für Arbeit N. Die Beteiligten zu 4., 6., 8. und 10. sind die bei diesen Jobcentern gebildeten Schwerbehindertenvertretungen.

Anlass für das vorliegende Verfahren war ein internes Stellenbesetzungsverfahren für den Dienstposten einer Teamleiterin/eines Teamleiters im Bereich SGB II bei dem zu 3. beteiligten Jobcenter. Die Stellenausschreibung richtete sich ausschließlich an unbefristet beschäftigte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und an Beamtinnen und Beamte der Bundesagentur für Arbeit. Das Personalauswahlverfahren fand in dem zu 3. beteiligten Jobcenter durch eine dort gebildete Auswahlkommission statt. An dem Auswahlverfahren war auch die im zu 3. beteiligten Jobcenter bestehende zu 4. beteiligte Schwerbehindertenvertretung beteiligt. Die bei der Beteiligten zu 2. gebildete Schwerbehindertenvertretung (Antragstellerin des vorliegenden Verfahrens) war nicht am Auswahlverfahren beteiligt. Die Auswahlentscheidung fiel auf einen Arbeitnehmer der Agentur für Arbeit M. Die Antragstellerin wurde daraufhin von der Beteiligten zu 2. über die "Abordnung mit dem Ziel der Versetzung" sowie die Zuweisung zu dem zu 3. beteiligten Jobcenter unterrichtet und hierzu angehört. Im Rahmen dieses Beteiligungsverfahrens rügte die Antragstellerin u.a., sie sei zu Unrecht nicht an dem vorausgegangenen Auswahlverfahren beteiligt worden.

Die Antragstellerin hat die Auffassung vertreten, sie sei nach § 178 Abs. 2 SGB IX (bis zum 31. Dezember 2017: § 95 Abs. 2 SGB IX) an Personalauswahlverfahren auch dann zu beteiligen, wenn Beschäftigte der Bundesagentur für Arbeit im Rahmen eines internen Stellenbesetzungsverfahrens für eine Tätigkeit bei einem am vorliegenden Verfahren beteiligten Jobcenter auszuwählen seien. Dies folge daraus, dass die Entscheidungskompetenz über die Personalauswahl bei der Beteiligten zu 2. als Trägeragentur der Jobcenter liege. Die Geschäftsführer der Jobcenter hätten lediglich ein Anhörungs- und Vorschlagsrecht und könnten bei der Zuweisung von Tätigkeiten die Zustimmung verweigern. Das begründe aber nicht ihre Zuständigkeit für die Auswahlentscheidung.


Die Antragstellerin hat zuletzt beantragt

festzustellen, dass die Beteiligte zu 2. verpflichtet ist, die Antragstellerin nach § 95 Abs. 2 Satz 1 SGB IX zu beteiligen, wenn Arbeitnehmer/innen, die sich bei der Bundesagentur für Arbeit in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis befinden, als Bewerber/innen an einem Auswahlverfahren bei einer gemeinsamen Einrichtung für eine dortige Stelle teilnehmen, soweit sich unter den Bewerber/innen mindestens ein schwerbehinderter oder ein einem schwerbehinderten gleichgestellter Mensch befindet.


Die Beteiligten zu 2. bis 5., 7., 9. und 10. haben beantragt,

den Antrag abzuweisen. Sie haben den Standpunkt eingenommen, die Entscheidung über die Bewerberauswahl unter bereits in einem Arbeitsverhältnis zur Bundesagentur für Arbeit stehenden Personen bei einem internen Stellenbesetzungsverfahren für eine Tätigkeit in einem Jobcenter liege beim Geschäftsführer der Jobcenter. Deshalb sei die im Jobcenter gebildete Schwerbehindertenvertretung am Auswahlverfahren zu beteiligen.


Die Beteiligten zu 6. und 8. haben in den Vorinstanzen keinen Antrag gestellt.

Das Arbeitsgericht hat den erstinstanzlich noch anders formulierten Feststellungsantrag abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerde der Antragstellerin mit dem zuletzt gestellten Antrag zurückgewiesen. Mit ihrer Rechtsbeschwerde verfolgt die Antragstellerin den zuletzt gestellten Antrag weiter. Die Beteiligten zu 2. bis 7., 9. und 10. beantragen, die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:

Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.

I.

Die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin ist zulässig. Sie ist entgegen der Ansicht der Beteiligten zu 4., 6. und 10. ordnungsgemäß begründet worden.

1. Nach § 94 Abs. 2 Satz 2 ArbGG muss die Rechtsbeschwerdebegründung angeben, welche rechtliche Bestimmung durch den angefochtenen Beschluss verletzt sein soll und worin diese Verletzung besteht. Dazu hat die Rechtsbeschwerdebegründung den Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts so aufzuzeigen, dass Gegenstand und Richtung ihres Angriffs erkennbar sind. Dies erfordert eine Auseinandersetzung mit den tragenden Gründen des angefochtenen Beschlusses. Der Rechtsbeschwerdeführer muss darlegen, warum er die Begründung des Beschwerdegerichts für unrichtig hält (vgl. etwa BAG 26. September 2018 - 7 ABR 77/16 - Rn. 15; 23. Februar 2016 - 1 ABR 82/13 - Rn. 19 mwN).

2. Diesen Anforderungen wird die Begründung der Rechtsbeschwerde noch gerecht. Zwar stellt die Antragstellerin in der Rechtsbeschwerdebegründung teilweise lediglich ihre Rechtsansicht an die Stelle derjenigen des Landesarbeitsgerichts, ohne auf dessen Erwägungen einzugehen. Gleichwohl greift die Rechtsbeschwerdebegründung mit einer noch hinreichenden Sachrüge einen wesentlichen Aspekt der Begründungserwägungen des Landesarbeitsgerichts an. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Entscheidungsbefugnis über Einstellung und Zuweisung des Personals an die Jobcenter liege zwar bei den Trägern, dies lasse aber die Personalauswahl bei den Jobcentern aus dem Reservoir der Beschäftigten bei den Trägern unberührt. Dies ergebe sich u.a. aus einer Zusammenschau von § 44d Abs. 6 SGB II und § 44g SGB II. Danach unterliege die Zuweisung von Beschäftigten des Trägers an ein Jobcenter dem Zustimmungsvorbehalt des Geschäftsführers der gemeinsamen Einrichtung und erfolge nur auf dessen Vorschlag. Damit habe der Gesetzgeber dem Geschäftsführer der gemeinsamen Einrichtung das volle Entscheidungsrecht eingeräumt. Dagegen wendet sich die Rechtsbeschwerdebegründung mit der Argumentation, der Geschäftsführer könne zwar Vorschläge machen, diese hätten jedoch keine Bindungswirkung für die Entscheidung des Trägers, was insbesondere aus dem Zustimmungsvorbehalt folge. Der Zustimmungsvorbehalt mache deutlich, dass die Träger auf den Vorschlag des Geschäftsführers hin Entscheidungen treffen könnten, die von seinem Vorschlag abweichen. Das spreche gegen die Annahme des Landesarbeitsgerichts, Zuweisungen seien nicht ohne den Willen des Geschäftsführers der gemeinsamen Einrichtung möglich. Der Geschäftsführer könne allein den aufnehmenden Teil der Zuweisung mit seiner Zustimmung verweigern, habe dadurch aber keine Entscheidungskompetenz hinsichtlich der Auswahl des ihm zuweisenden Personals. Es handele sich daher gerade nicht um ein Vetorecht. Mit der dargestellten Schlussfolgerung stellt die Antragstellerin die Annahme des Landesarbeitsgerichts in Frage, die Entscheidungskompetenz für die Personalauswahl für eine Tätigkeit bei den Jobcentern aus dem Reservoir der Beschäftigten der Träger liege beim Geschäftsführer der gemeinsamen Einrichtung. Das reicht aus, um die Angriffsrichtung der Rechtsbeschwerde hinreichend deutlich erkennen zu lassen. Träfe diese Sachrüge zu, wäre sie geeignet, die angefochtene Entscheidung in Frage zu stellen.

II.

Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat den Antrag zu Recht abgewiesen.

1. Der Feststellungsantrag ist zulässig.

a) Der Antrag bedarf der Auslegung. Die Antragstellerin begehrt nach dem Wortlaut des Antrags, dessen Begründung und unter Berücksichtigung ihrer wohlverstandenen Interessenlage die Feststellung, dass die Beteiligte zu 2. verpflichtet ist, sie an Auswahlverfahren zu beteiligen, die in einem der am vorliegenden Verfahren beteiligten Jobcenter durchgeführt werden und der beabsichtigten Zuweisung eines bei der Bundesagentur für Arbeit unbefristet beschäftigten Arbeitnehmers zu einem dieser Jobcenter vorausgehen, soweit sich unter den Bewerbern mindestens ein schwerbehinderter oder einem schwerbehinderten gleichgestellter Mensch befindet. Das Begehren betrifft nicht die Frage, ob die Beteiligte zu 2. als Trägeragentur verpflichtet ist, ihrerseits zur Vorbereitung einer durch sie vorzunehmenden späteren Zuweisungsentscheidung eigens ein (ggf. zusätzliches) Auswahlverfahren durchzuführen oder an dem in der gemeinsamen Einrichtung stattfindenden Auswahlverfahren teilzunehmen und die Antragstellerin daran zu beteiligen. Der Wortlaut des Antrags beschränkt sich ausdrücklich auf Auswahlverfahren "bei einer gemeinsamen Einrichtung für eine dortige Stelle". Das ergibt sich auch aus dem der begehrten Feststellung zugrunde liegenden Anlassfall, der gerade dadurch gekennzeichnet war, dass das Auswahlverfahren in der gemeinsamen Einrichtung ohne Einbeziehung der Beteiligten zu 2. und der Antragstellerin durchgeführt wurde.

In inhaltlicher Hinsicht umfasst das geltend gemachte Begehren das Recht auf Einsicht in die entscheidungserheblichen Teile der Bewerbungsunterlagen sowie das Recht auf Teilnahme an den Vorstellungsgesprächen nach § 178 Abs. 2 Satz 4 SGB IX. Dem steht nicht entgegen, dass im Antrag nur die Vorgängernorm des § 95 Abs. 2 Satz 1 SGB IX (seit dem 1. Januar 2018: § 178 Abs. 2 Satz 1 SGB IX) genannt ist. Aus der Antragsbegründung ist ersichtlich, dass das nach § 178 Abs. 2 Satz 1 SGB IX bestehende Unterrichtungsrecht nach Ansicht der Antragstellerin durch § 178 Abs. 2 Satz 4 SGB IX konkretisiert wird. Die Antragstellerin macht das Beteiligungsrecht im gesetzlichen Rahmen geltend.

b) Der so verstandene Antrag ist hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Der Antrag lässt erkennen, für welche Angelegenheiten das Beteiligungsrecht festgestellt werden soll. Der Bestimmtheit des Antrags steht nicht entgegen, dass er keine näheren Angaben dazu enthält, wie die begehrte Beteiligung im Einzelnen ausgestaltet sein soll. Wenn bereits das Bestehen des Beteiligungsrechts als solches streitig ist und über dessen ggf. zu beachtende Ausgestaltung noch kein Streit besteht, kann dieses zum Gegenstand eines Feststellungsantrags gemacht werden, ohne dass die Modifikationen bereits im Einzelnen beschrieben werden müssten (BAG 20. Juni 2018 - 7 ABR 39/16 - Rn. 20; 14. März 2012 - 7 ABR 67/10 - Rn. 16; 8. Juni 2004 - 1 ABR 13/03 - zu B I 2 a aa der Gründe mwN, BAGE 111, 36). Das ist hier der Fall. Über die einzelnen bei der Ausübung des Beteiligungsrechts zu beachtenden gesetzlichen Vorgaben besteht gegenwärtig kein Streit.

c) Der Antrag genügt den Erfordernissen des § 256 Abs. 1 ZPO. Der Antrag ist darauf gerichtet, das Bestehen eines Rechtsverhältnisses festzustellen. Der Streit um die Reichweite eines gesetzlichen Beteiligungsrechts betrifft den Inhalt eines Rechtsverhältnisses zwischen den Beteiligten. Dieser ist einer gesonderten Feststellung zugänglich (vgl. BAG 20. Juni 2018 - 7 ABR 39/16 - Rn. 23 mwN). Die Antragstellerin besitzt auch das erforderliche Feststellungsinteresse. Zwischen den Beteiligten besteht Streit, ob die Antragstellerin nach § 178 Abs. 2 SGB IX an den vom Antrag erfassten Auswahlverfahren zu beteiligen ist. Es ist davon auszugehen, dass die streitgegenständliche Sachverhaltskonstellation auch zukünftig auftreten wird.

2. Der Antrag ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat im Ergebnis zu Recht angenommen, dass die zu 2. beteiligte Trägeragentur nicht nach § 178 Abs. 2 Satz 1 und Satz 4 SGB IX verpflichtet ist, die Antragstellerin als die bei ihr gebildete Schwerbehindertenvertretung an dem der Zuweisung eines bei der Bundesagentur für Arbeit unbefristet beschäftigten Arbeitnehmers zu einem der beteiligten Jobcenter vorausgehenden Auswahlverfahren in der gemeinsamen Einrichtung zu beteiligen, soweit sich unter den Bewerbern mindestens ein schwerbehinderter oder einem schwerbehinderten gleichgestellter Mensch befindet.

a) Nach § 178 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 SGB IX muss der Arbeitgeber die Schwerbehindertenvertretung in allen Angelegenheiten, die einen einzelnen oder die schwerbehinderten Menschen als Gruppe berühren, unverzüglich und umfassend unterrichten und vor einer Entscheidung anhören.

aa) Der weit gefasste Unterrichtungsanspruch erstreckt sich nicht nur auf einseitige Maßnahmen des Arbeitgebers, sondern auf alle Angelegenheiten, die sich spezifisch auf schwerbehinderte Menschen auswirken. Die Anhörungspflicht hingegen bezieht sich nicht auf sämtliche, die schwerbehinderten Menschen betreffenden Angelegenheiten, sondern nur auf die diesbezüglichen Entscheidungen des Arbeitgebers. Entscheidungen in diesem Sinne sind die einseitigen Willensakte des Arbeitgebers. Das entspricht dem Wortsinn des Begriffs und wird dadurch bestätigt, dass das Gesetz in § 178 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 SGB IX von der "getroffenen" Entscheidung spricht. Auch Sinn und Zweck des Anhörungsrechts zielen darauf, der Schwerbehindertenvertretung die Möglichkeit zu geben, an der Willensbildung des Arbeitgebers mitzuwirken (BAG 20. Juni 2018 - 7 ABR 39/16 - Rn. 33; 14. März 2012 - 7 ABR 67/10 - Rn. 21 zu § 95 Abs. 2 SGB IX aF). Trifft der Arbeitgeber keine Entscheidung, hat er die Schwerbehindertenvertretung auch nicht anzuhören (BAG 20. Juni 2018 - 7 ABR 39/16 - Rn. 33).

bb) Danach steht der Schwerbehindertenvertretung ein Unterrichtungs- und Anhörungsrecht zu, wenn sich ein schwerbehinderter oder gleichgestellter behinderter Mensch um eine Stelle bewirbt. Die Entscheidung über Bewerbungen und die Begründung eines Arbeitsverhältnisses ist eine personelle Einzelmaßnahme und damit eine "Angelegenheit" iSv. § 178 Abs. 2 Satz 1 SGB IX. Sie berührt den Bewerber als einzelnen schwerbehinderten Menschen (BAG 15. Oktober 2014 - 7 ABR 71/12 - Rn. 25, BAGE 149, 277; 17. August 2010 - 9 ABR 83/09 - Rn. 14, 20, BAGE 135, 207 zur Bewerbung auf eine Beförderungsposition). Das Unterrichtungs- und Anhörungsrecht umfasst die Teilnahme am Auswahlverfahren. Der Gesetzgeber hat die Unterrichtungs- und Anhörungspflichten in § 164 Abs. 1 Sätze 4, 7, 8 und 9 iVm. § 178 Abs. 2 Satz 4 SGB IX näher ausgestaltet (vgl. BAG 15. Oktober 2014 - 7 ABR 71/12 - Rn. 26, aaO; 17. August 2010 - 9 ABR 83/09 - Rn. 20, aaO). Die Schwerbehindertenvertretung ist von Anfang an in das Auswahlverfahren einzubeziehen, um den Schutz vor Benachteiligung im Bewerbungsverfahren zu gewährleisten. Sie soll an der Willensbildung des Arbeitgebers mitwirken. Dazu steht ihr das Recht auf Einsicht in die entscheidungserheblichen Teile der Bewerbungsunterlagen und das Recht auf Teilnahme an Vorstellungsgesprächen zu. Die Schwerbehindertenvertretung kann ihr Beteiligungsrecht nur dann sachgerecht ausüben, wenn sie Einsicht in die entscheidungserheblichen Teile der Bewerbungsunterlagen nehmen und an Vorstellungsgesprächen teilnehmen kann (BAG 15. Oktober 2014 - 7 ABR 71/12 - Rn. 26, aaO).

cc) Im Rahmen einer nach diesen Grundsätzen beteiligungspflichtigen Maßnahme ergibt sich die Zuständigkeitsverteilung zwischen der Schwerbehindertenvertretung des Trägers und der bei der gemeinsamen Einrichtung gebildeten Schwerbehindertenvertretung aus § 44i iVm. § 44h SGB II (dazu BAG 20. Juni 2018 - 7 ABR 39/16 - Rn. 34; 15. Oktober 2014 - 7 ABR 71/12 - Rn. 29, BAGE 149, 277). Nach § 44i SGB II gilt für die Schwerbehindertenvertretung die Regelung des § 44h SGB II zur Personalvertretung entsprechend. Nach § 44h Abs. 3 SGB II ist die Personalvertretung der gemeinsamen Einrichtung zuständig, soweit deren Trägerversammlung oder deren Geschäftsführer Entscheidungsbefugnisse in personalrechtlichen, personalwirtschaftlichen, sozialen oder die Ordnung der Dienststelle betreffenden Angelegenheiten zustehen. Gemäß § 44h Abs. 5 SGB II bleiben dagegen die Rechte der Personalvertretungen der abgebenden Dienstherren und Arbeitgeber unberührt, soweit die Entscheidungsbefugnisse bei den Trägern verbleiben (BAG 15. Oktober 2014 - 7 ABR 71/12 - Rn. 29, aaO). Die beteiligungsrechtliche Zuständigkeit der bei der gemeinsamen Einrichtung gebildeten Schwerbehindertenvertretung knüpft damit nach § 44i SGB II an die Zuständigkeit des Personalrats an. Die beteiligungsrechtliche Zuständigkeit des Personalrats der gemeinsamen Einrichtung wiederum knüpft an die Entscheidungszuständigkeit des Dienststellenleiters an (vgl. BVerwG 17. Mai 2017 - 5 P 2.16 - Rn. 16; 1. Oktober 2014 - 6 P 14.13 - Rn. 12). Die Zuständigkeit der Schwerbehindertenvertretung der gemeinsamen Einrichtung ist damit begrenzt auf Angelegenheiten der gemeinsamen Einrichtung, in denen diese die Entscheidungsbefugnis hat (BAG 20. Juni 2018 - 7 ABR 39/16 - Rn. 34).

b) Danach ist die zu 2. beteiligte Trägeragentur nicht verpflichtet, die Antragstellerin an einem in einer in ihrer Trägerschaft stehenden gemeinsamen Einrichtung stattfindenden Auswahlverfahren, das der Entscheidung über die beabsichtigte anschließende Zuweisung eines bei der Bundesagentur für Arbeit beschäftigten Arbeitnehmers zu der gemeinsamen Einrichtung vorausgeht, zu beteiligen.

aa) Dem von der Antragstellerin geltend gemachten Beteiligungsanspruch steht entgegen, dass bei der zu 2. beteiligten Trägeragentur selbst kein Personalauswahlverfahren durchgeführt wird, an dem die Beteiligte zu 2. die Antragstellerin beteiligen könnte.

(1) Eine etwaige Verpflichtung der Beteiligten zu 2. als Trägerin der gemeinsamen Einrichtung, die in ihrer Dienststelle gebildete Schwerbehindertenvertretung nach § 178 Abs. 2 Satz 1 SGB IX zu beteiligen, setzt nicht nur die diesbezügliche Entscheidungszuständigkeit der Trägeragentur, sondern zunächst das Vorliegen einer beteiligungspflichtigen "Angelegenheit" und "Entscheidung" des Trägers überhaupt voraus. Eine Verpflichtung der Beteiligten zu 2. zur Beteiligung der Antragstellerin an einem Auswahlverfahren kommt daher nur in Betracht, wenn die Beteiligte zu 2. ein solches durchführt. § 178 Abs. 2 SGB IX gestaltet das Unterrichtungs- und Anhörungsrecht der Schwerbehindertenvertretung nur gegenüber dem Arbeitgeber bzw. dem Dienstherrn, nicht aber gegenüber Dritten (vgl. BVerwG 5. November 1993 - 2 DW 4.93 - zu II der Gründe; Pahlen in Neumann/Pahlen/Winkler/Jabben SGB IX 13. Aufl. § 178 Rn. 10).

(2) Danach trifft die Beteiligte zu 2. keine Verpflichtung, die in ihrer Dienststelle gebildete Schwerbehindertenvertretung an einem Auswahlverfahren zu beteiligen, das nicht sie, sondern die gemeinsame Einrichtung als eigenständige Dienststelle durchführt. Das im Anlassfall betriebene Auswahlverfahren wurde in dem zu 3. beteiligten Jobcenter durchgeführt. Teilnehmer der Auswahlkommission waren ausschließlich Vertreter des Jobcenters und die Beteiligte zu 4. als dort gebildete Schwerbehindertenvertretung. Die Beteiligte zu 2. hat als Trägeragentur offenbar gar nicht in Betracht gezogen, das Auswahlverfahren durchzuführen oder hieran mitzuwirken. In der Stellungnahme zum Widerspruch der Antragstellerin bei der Zuweisungsentscheidung wurde vielmehr ausdrücklich angegeben, die gemeinsame Einrichtung führe das Auswahlverfahren durch. Gegenteiliges hat auch die Antragstellerin nicht behauptet. Die Antragstellerin kann von der zu 2. beteiligten Trägeragentur als der ihr gegenüber nach § 178 Abs. 2 SGB IX verpflichteten Arbeitgeberin nicht verlangen, an dem bei der gemeinsamen Einrichtung - also bei einer anderen Dienststelle - durchgeführten Auswahlverfahren beteiligt zu werden.

bb) Die Durchführung eines Personalauswahlverfahrens in der gemeinsamen Einrichtung ohne Beteiligung der Trägeragentur, das der Vorbereitung der Entscheidung über die Zuweisung eines bei der Bundesagentur für Arbeit beschäftigten Arbeitnehmers zu der gemeinsamen Einrichtung im Rahmen eines internen Stellenbesetzungsverfahrens vorausgeht, steht im Einklang mit den Regelungen in §§ 44d ff. SGB II zur Zuständigkeitsverteilung zwischen der Geschäftsführung der gemeinsamen Einrichtung und der Trägeragentur. In solchen Fällen dient das bei der gemeinsamen Einrichtung durchgeführte Auswahlverfahren der Vorbereitung der dem Geschäftsführer des Jobcenters zustehenden Entscheidung über sein Vorschlagsrecht nach § 44d Abs. 6 SGB II und der Entscheidung über die Zustimmung zu einer späteren Zuweisung des betroffenen Mitarbeiters nach § 44g Abs. 1 SGB II.

(1) Nach § 44d Abs. 4 SGB II übt die Geschäftsführerin oder der Geschäftsführer der gemeinsamen Einrichtung über die Beamtinnen und Beamten sowie die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, denen in der gemeinsamen Einrichtung Tätigkeiten zugewiesen worden sind, die dienst-, personal- und arbeitsrechtlichen Befugnisse sowie die Dienstvorgesetzten- und Vorgesetztenfunktion aus mit Ausnahme der Befugnisse zur Begründung und Beendigung der mit den Beamtinnen und Beamten sowie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern bestehenden Rechtsverhältnisse. Nach dem eindeutigen Wortlaut der Regelung stehen der Geschäftsführerin oder dem Geschäftsführer der gemeinsamen Einrichtung nicht die Befugnisse zur Begründung und Beendigung von Arbeitsverhältnissen zu. Diese Befugnisse verbleiben bei den jeweiligen Trägern, die weiterhin Dienstherren oder Arbeitgeber sind (vgl. BT-Drs. 17/1555 S. 26; BAG 15. Oktober 2014 - 7 ABR 71/12 - Rn. 32 mwN, BAGE 149, 277). Nach § 44d Abs. 6 SGB II hat die Geschäftsführerin oder der Geschäftsführer ein Anhörungs- und Vorschlagsrecht bei personalrechtlichen Entscheidungen, die in der Zuständigkeit der Träger liegen. Nach § 44g Abs. 1 SGB II erfolgt die Zuweisung von Tätigkeiten in der gemeinsamen Einrichtung an Beamtinnen und Beamte sowie an Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Träger mit Zustimmung der Geschäftsführerin oder des Geschäftsführers der gemeinsamen Einrichtung.

(2) Aus dieser Zuständigkeitsverteilung folgt nach der Rechtsprechung des Senats, dass die bei dem Träger einer gemeinsamen Einrichtung bestehende Schwerbehindertenvertretung ein Unterrichtungs- und Anhörungsrecht nach § 178 Abs. 2 Satz 1 SGB IX bei der Begründung eines Arbeitsverhältnisses mit einem Arbeitnehmer hat, der nach der Begründung des Arbeitsverhältnisses der gemeinsamen Einrichtung zugewiesen werden soll, wenn sich unter den Bewerbern mindestens ein schwerbehinderter oder einem schwerbehinderten gleichgestellter Mensch befindet. Das ergibt sich daraus, dass der Träger der gemeinsamen Einrichtung die Befugnisse zur Begründung und Beendigung der Rechtsverhältnisse hat. Die der Begründung von Arbeitsverhältnissen vorausgehende Auswahlentscheidung fällt daher in den Zuständigkeitsbereich des Trägers, auch wenn eine anschließende Zuweisung zu der gemeinsamen Einrichtung beabsichtigt ist (BAG 15. Oktober 2014 - 7 ABR 71/12 - Rn. 30 ff., BAGE 149, 277).

Ebenfalls in die Zuständigkeit des Trägers fällt die Zuweisung selbst (BVerwG 24. September 2013 - 6 P 4.13 - Rn. 18, BVerwGE 148, 36). Soll einem bei der Bundesagentur für Arbeit beschäftigten Arbeitnehmer gemäß § 44g Abs. 1 SGB II eine Tätigkeit bei einem Jobcenter zugewiesen werden, so ist die zuständige Dienststelle bei der Bundesagentur für Arbeit entscheidungsbefugt. Allerdings bedarf nach § 44g Abs. 1 SGB II die Zuweisung zum Jobcenter zusätzlich der Zustimmung des Geschäftsführers des Jobcenters. Die Zustimmung zur Zuweisung durch den Geschäftsführer des Jobcenters ist ihrerseits beteiligungspflichtig, und zwar auch dann, wenn einem bei der Bundesagentur für Arbeit beschäftigten Arbeitnehmer eine Tätigkeit bei dem Jobcenter zugewiesen wird. Diese Zuweisung ist mit einer Eingliederung des betroffenen Arbeitnehmers in das Jobcenter verbunden (vgl. zur Personalratsbeteiligung BVerwG 24. September 2013 - 6 P 4.13 - Rn. 22, aaO).

(3) Soll einem bei der Bundesagentur für Arbeit beschäftigten Arbeitnehmer gemäß § 44g Abs. 1 SGB II eine Tätigkeit bei einem Jobcenter zugewiesen werden, liegen mithin unterschiedliche abgrenzbare Entscheidungszuständigkeiten vor. Im Hinblick auf die Zuweisung selbst ist die Trägeragentur entscheidungsbefugt, hinsichtlich der Erteilung der Zustimmung zu der Zuweisung ist der Geschäftsführer des Jobcenters entscheidungsbefugt. Dieser hat zudem nach § 44d Abs. 6 SGB II im Hinblick auf die Zuweisung ein Anhörungs- und Vorschlagsrecht. Diese gesetzliche Konzeption schließt die Durchführung eines Personalauswahlverfahrens in dem Jobcenter zur Vorbereitung der dem Geschäftsführer zustehenden Entscheidungen nicht aus. Durch den in § 44g Abs. 1 SGB II vorgesehenen Zustimmungsvorbehalt erhält der Geschäftsführer des Jobcenters die Gelegenheit, maßgeblichen Einfluss auf die Zuweisungsentscheidung insgesamt zu nehmen. Nach dem Willen des Gesetzgebers soll der Zustimmungsvorbehalt des Geschäftsführers sicherstellen, dass qualifiziertes und für die Erfüllung der Aufgaben des Jobcenters geeignetes Personal für die ordnungsgemäße und reibungslose Umsetzung der Aufgaben der Grundsicherung sorgt (BT-Drs. 17/1555 S. 28; vgl. auch OVG Berlin-Brandenburg 28. November 2013 - OVG 62 PV 18.12 - zu II der Gründe). Dieser gesetzgeberischen Absicht würde es widersprechen, wenn es dem Geschäftsführer der gemeinsamen Einrichtung untersagt wäre, ein Auswahlverfahren durchzuführen. Auch das nach § 44d Abs. 6 SGB II bestehende Anhörungs- und Vorschlagsrecht des Geschäftsführers des Jobcenters hinsichtlich der dem Träger vorbehaltenen Zuweisungsentscheidung spricht für die Zulässigkeit der Durchführung eines Personalauswahlverfahrens in dem Jobcenter.

(4) Etwas anderes folgt nicht daraus, dass der Geschäftsführer des Jobcenters nach § 44d Abs. 4 SGB II die personalrechtlichen Befugnisse über die Beschäftigten ausübt, denen Tätigkeiten in der gemeinsamen Einrichtung "zugewiesen worden sind". Dies besagt nichts darüber, durch wen eine Personalauswahl anlässlich einer Zuweisung vorgenommen werden darf.

Aus der Entscheidung des Senats vom 15. Oktober 2014 (- 7 ABR 71/12 - BAGE 149, 277) ergibt sich nichts Gegenteiliges. Der Senat hat dort zwar ausgeführt, es unterliege der Personalhoheit des Trägers, aus seinem Personal die Beschäftigten für die Tätigkeit in der gemeinsamen Einrichtung auszuwählen, und daraus den Schluss gezogen, dass das Auswahlverfahren vor der Begründung des Arbeitsverhältnisses mit einem Arbeitnehmer, dem Tätigkeiten in einem Jobcenter zugewiesen werden sollen, erst recht in die Zuständigkeit des Trägers fällt (BAG 15. Oktober 2014 - 7 ABR 71/12 - Rn. 38, aaO). Die Aussage des Senats bezieht sich darauf, dass die Zuständigkeit des Trägers auch die Durchführung des Auswahlverfahrens anlässlich der Begründung von Arbeitsverhältnissen nach § 44d Abs. 4 SGB II umfasst. Mit der Formulierung, es unterliege der Personalhoheit des Trägers, aus seinem Personal die Beschäftigten für die Tätigkeit in der gemeinsamen Einrichtung auszuwählen, hat der Senat zudem nicht die Aussage getroffen, im Jobcenter könne ein - ggf. zusätzliches - Auswahlverfahren zur Vorbereitung der Entscheidung über einen Zuweisungsvorschlag sowie der Zustimmungsentscheidung des Geschäftsführers zur Zuweisung nicht durchgeführt werden.

Referenznummer:

R/R9017


Informationsstand: 06.02.2020