1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 25.10.2018 - 22 Ca 1630/18 - wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten der Berufung zu tragen.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin eine Entschädigung wegen eines Verstoßes gegen das Verbot der Benachteiligung wegen ihrer Behinderung zu zahlen.
Die am xx.xx.1988 geborene Klägerin ist seit dem 20. August 2007 bei der Beklagten beschäftigt. Dem Arbeitsverhältnis liegt ein Arbeitsvertrag vom 23. Juni 2009 (Anlage K 1) zugrunde. Hiernach ist die Klägerin, nachdem sie die Abschlussprüfung zur Bankkauffrau bestanden hatte, seit 1. Juli 2009 als Servicemanagerin eingestellt. Das Arbeitsentgelt der Klägerin belief sich zuletzt in der Tarifgruppe 6 auf
EUR 3.536,00 brutto.
Seit dem 1. August 2011 war die Klägerin an der Niederlassung der Beklagten in R. als Kreditmanagerin beschäftigt. Die Klägerin hat einen
GdB von 100; sie ist stellvertretendes Mitglied der Schwerbehindertenvertretung Süd/Süd-Ost. Der Wohnort der Klägerin befindet sich in A.. Im Rahmen des Umstrukturierungsprogramms "Road Map 2020" entfielen bis zum 30. Juni 2017 sämtliche Stellen "Kreditmanager/in Unternehmenskredit" in R.. Der Klägerin wurde eine anderweitige Beschäftigung in der Niederlassung
S. angeboten. Die Klägerin übte diese Tätigkeit vom 1. Juli bis 30. November 2017 aus. Die Parteien stritten jedoch darüber, ob diese Stelle gleichwertig und im Hinblick auf die Schwerbehinderung der Klägerin und den langen Anfahrtsweg von A. nach
S. leidensgerecht sei.
Mit Schreiben vom 27. Juli 2017 (Anlage K 7) leitete die Beklagte beim Integrationsamt
S. ein Präventionsverfahren ein. Hierin schilderte das Personalmanagement die verschiedenen Bemühungen, für die Klägerin einen adäquaten Arbeitsplatz zu finden. Mit Schreiben vom 31. August 2017 (Anlage K 2) legitimierte sich in diesem Verfahren der frühere Prozessbevollmächtigte der Klägerin. Am 28. September 2017 wurde die Sachlage unter Beteiligung des Personalrats und der Schwerbehindertenvertretung erörtert. Im Rahmen der Besprechung wurde insbesondere ein Einsatz der Klägerin als Vermögensmanagement-Assistentin in der Niederlassung A. thematisiert. Die Beklagte hatte eine solche Stelle am 13. September 2017 ausgeschrieben (Anlage K 3). Außerdem wurde eine Beschäftigung in der Niederlassung R. erörtert, nachdem dort mit zwei Arbeitnehmern eine Altersteilzeitvereinbarung abgeschlossen war. Die Vertreter der Beklagten teilten hierzu mit, dass diese Stellen erst im Jahr 2020 besetzbar seien.
Nachdem sich die Vertreter der Beklagten während der Besprechung zunächst gegen einen Einsatz der Klägerin in A. gewandt hatten, teilte die Beklagte mit Schreiben vom 5. Oktober 2017 (Anlage K 4) dem vormaligen Klägervertreter mit, dass sie die Klägerin vorbehaltlich der Zustimmung des Personalrats als Vermögensmanagement-Assistentin am Standort A.-E. einsetzen werde. Mit Schreiben vom 30. Oktober 2017 (Anlage B 1) beantragte die Beklagte die Zustimmung des Personalrats zur Umsetzung der Klägerin. Hierin brachte sie deutliche Zweifel an der fachlichen und persönlichen Eignung der Klägerin zum Ausdruck. Sie teilte dem Personalrat mit, dass sie sich unter den drei Bewerberinnen (Frau K., Frau D. und die Klägerin) für Frau K. entschieden habe. Da der Klägerin aber ein leidensgerechter Arbeitsplatz angeboten werden müsse, solle die Klägerin zusätzlich "an Bord" kommen. Es liege nun an der Klägerin, die angebotene Chance zu nutzen.
Nach Zustimmung des Personalrats am 7. November 2017 wurde die Klägerin über den bevorstehenden Einsatz in A. ab dem 1. Dezember 2017 unterrichtet. Hierbei erfuhr die Klägerin, dass sie neben Frau K. in A. eingesetzt werden solle. In A. wurde die Klägerin sodann in einem Büro im Erdgeschoss untergebracht, während das zugeordnete Team seine Büros im 1. Stock hatte. Außerdem fand die Klägerin den Arbeitsplatz unaufgeräumt vor.
Mitte Dezember 2017 stellte die Klägerin fest, dass die Beklagte am 13. Dezember 2017 (Anlage 5) eine Stelle der Assistenz des Abteilungsleiters in der Tarifgruppe bis TG 5 ausgeschrieben hatte. Auf diese Stelle bewarb sich die Klägerin nicht.
Mit Schreiben ihres vormaligen Prozessbevollmächtigten vom 22. Dezember 2017 (Anlage K 6) machte die Klägerin eine Entschädigung nach
§ 15 Abs. 2 AGG wegen ihrer Benachteiligung als Schwerbehinderte in Höhe von 15.000,00
EUR geltend. Zur Begründung führte sie an, ihre Stelle in A. sei als sogenannte Überhangstelle gebucht. Zudem sei ihr während der Besprechung anlässlich des Präventionsverfahrens mitgeteilt worden, dass am Standort R. keine Stellen zu besetzen seien.
Mit ihrer am 21. März 2018 eingegangenen Klage machte die Klägerin eine Entschädigung in Höhe von 15.000,00
EUR geltend. Zur Begründung führte sie aus, die Beklagte habe sie wegen ihrer Behinderung benachteiligt. Sie sei in dem Bewerbungsverfahren für die Stelle in A. nicht berücksichtigt, sondern auf einer sogenannten Überhangstelle gebucht worden. Damit habe man sie "abgeschoben". Außerdem ergebe sich die Benachteiligung aus der Tatsache, dass man sie über die Nachbesetzung der Stelle in R. unrichtig informiert habe.
Für die in A. ausgeschriebene Stelle sei zu keinem Zeitpunkt mit ihr ein Bewerbungsgespräch geführt worden. Die Beklagte habe ihr die Stelle nur als Überhangstelle angeboten. Für diese Stelle sei sie fachlich und persönlich geeignet. Es mangele ihr, wie aus den Protokollen über die Mitarbeitergespräche (Anlagen K 9 und 10) ersichtlich, weder an der persönlichen noch an der fachlichen Eignung.
Die Klägerin beantragt:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin eine Entschädigung gemäß § 15
Abs. 2
AGG, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, jedoch einen Betrag in Höhe von 15.000,00
EUR nicht unterschreiten sollte, nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 29. Dezember 2017 zu bezahlen.
Die Beklagte beantragte,
die Klage abzuweisen.
Sie trug vor, die Klägerin habe den Wunsch geäußert, eine Stelle als Vermögensmanagement-Assistentin in R. oder A. zu erhalten. Sie habe wegen der fehlenden Vertriebsnähe der Klägerin Zweifel an der Eignung der Klägerin gehabt. Dennoch habe sie dem Wunsch der Klägerin entsprochen und ihr eine Stelle als Vermögensmanagement-Assistentin in A. angeboten. Aufgrund der bezweifelten persönlichen Eignung der Klägerin sei eine zusätzliche Stelle für die Klägerin geschaffen worden. Die Assistenzstelle in R. sei im Oktober 2017 nicht freigewesen. Der Klägerin sei nicht mitgeteilt worden, die Stelle werde erst im Jahr 2020 nachbesetzt.
Aus verschiedenen Gründen habe sie die Klägerin nicht für vertriebsgeeignet gehalten. Im Präventionsverfahren sei es darum gegangen, die in A. ausgeschriebene Stelle mit der Klägerin zu besetzen. Da sie aufgrund der mangelnden Erfahrung der Klägerin im Privatkundengeschäft ein Scheitern auf der neuen Stelle befürchtet habe, sei eine zusätzliche Stelle als Vermögensmanagement-Assistentin für die Klägerin geschaffen worden.
Mit Urteil vom 25. Oktober 2018 wies das Arbeitsgericht die Klage ab. Zur Begründung führte das Arbeitsgericht aus, die Klägerin habe zur Stellenbesetzung in A. keine Umstände vorgetragen, die eine Vermutung gemäß
§ 22 AGG auslösen würden. Das Vorliegen einer Schwerbehinderung führe nicht dazu, dass die schwerbehinderte Person in jedem Bewerbungsverfahren erfolgreich sein müsse. Für die Klägerin sei eine gleichwertige Stelle als Vermögensassistentin geschaffen worden. Eine Verpflichtung, die Klägerin zu einem Bewerbungsgespräch einzuladen, habe nicht bestanden. Die kostenrechtliche Ausweisung der Stelle als "Überhangstelle" stehe in keinem Zusammenhang mit der Schwerbehinderung der Klägerin.
Hinsichtlich der behaupteten unterlassenen Mitteilung über die Besetzung der Assistentenstelle in R. sei ebenfalls keine Pflichtverletzung der Beklagten erkennbar. Die Klägerin habe nicht behauptet, dass die Mitteilung der Beklagten im Laufe des Präventionsverfahrens unrichtig gewesen sei. Sie habe sich im Übrigen auf die ausgeschriebene Stelle nicht beworben.
Gegen das ihr am 27. November 2018 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 10./18. Dezember 2018 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis 27. Februar 2019 am selben Tag begründet. Sie trägt vor, sie habe nicht erwartet, dass sie aufgrund ihrer Schwerbehinderung in jedem Bewerbungsverfahren erfolgreich sein müsse. Sie erwarte aber, dass sich die Beklagte an die maßgeblichen Vorschriften halte. Sie habe sich nicht für die eigens für sie geschaffene Überhangstelle, sondern auf die in A. ausgeschriebene Stelle beworben. Diese Stelle habe ihr die Beklagte offensichtlich nicht geben wollen. Anlässlich ihrer Bewerbung für die Stelle in A. sei von einer Überhangstelle nicht die Rede gewesen.
Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb die Pflicht, schwerbehinderte Bewerber zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, nicht auch für intern zu besetzende Arbeitsplätze gelten solle. Der damalige Abteilungsleiter in A. habe sich offenbar an ihrem Aussehen (Tattoos und Piercings) gestört.
Um die in R. ausgeschriebene Stelle habe sie sich deswegen nicht beworben, weil ihr mitgeteilt worden sei, die Stelle werde erst im Jahr 2020 oder später wieder besetzt. Hätte sie rechtzeitig Kenntnis davon erlangt, hätte sie sich selbstredend auf die Stelle beworben. Sie habe sich um die Stelle nicht beworben, um nicht erneut Unruhe zu erzeugen.
Die Klägerin beantragt:
1. Das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 25. Oktober 2018 - 22 Ca 1630/18 - wird aufgehoben.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin eine Entschädigung gemäß 15
Abs. 2
AGG, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, jedoch einen Betrag in Höhe von 15.000,00
EUR nicht unterschreiten sollte, nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 29. Dezember 2017 zu bezahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie trägt vor, bei der für die Klägerin in A. geschaffenen Stelle habe es sich nicht um eine "Überhangstelle", sondern um eine zusätzlich geschaffene Stelle gehandelt. Was das Büro der Klägerin angehe, so sei für diese im ersten Obergeschoss kein Büro verfügbar gewesen, weshalb ihr ein Büro im Erdgeschoss zugewiesen worden sei. Eine Ausgrenzung der Klägerin finde nicht statt. Da sich die Klägerin offenbar fachlich unterfordert fühle, erhalte sie Aufgaben, die ihr perspektivisch eine Tätigkeit als Assistentin in der Kreditberatung eröffneten. Entgegen der Auffassung der Klägerin habe eine Pflicht zur Einladung zu einem Vorstellungsgespräch bei einer internen Ausschreibung nicht bestanden. Sie störe sich nicht am Aussehen der Klägerin.
Die im Gespräch am 28. September 2017 gegebene Information zu einer Stelle in R. sei zutreffend gewesen. Obwohl die Bewerbungsfrist noch nicht abgelaufen gewesen sei, habe sich die Klägerin auf diese Stelle nicht beworben. Sie beschäftige die Klägerin exakt so, wie es sich die Klägerin gewünscht habe, nämlich als Vermögensmanagement-Assistentin am Standort A..
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird gemäß § 64
Abs. 6
ArbGG, § 313
Abs. 2 Satz 2
ZPO auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Protokolle über die mündlichen Verhandlungen verwiesen.
I.
Die Berufung der Klägerin ist gemäß § 64
Abs. 2 Buchst. b
ArbGG statthaft. Mit Schriftsatz vom 06.12.2018 hat die Klägerin eine der Form nach zunächst unzulässige Berufung eingelegt, weil die Person der Berufungsklägerin nicht zweifelsfrei zu ermitteln war. Auf den Hinweis des Gerichts hat die Klägerin jedoch noch innerhalb der offenen Berufungsfrist eine nach den § 66
Abs. 1 Satz 1
ArbGG, §§ 519, 520
ZPO form- und fristgerechte Berufung eingelegt. Gegenstand der Berufung ist ausschließlich ein Entschädigungsanspruch nach
§ 15 Abs. 2 AGG.
II.
Die Berufung der Klägerin ist unbegründet. Zutreffend hat das Arbeitsgericht entschieden, dass der Klägerin kein Entschädigungsanspruch nach
§ 15 Abs. 2 AGG zusteht.
1. Der persönliche Anwendungsbereich des allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes ist eröffnet. Die Klägerin ist Beschäftigte im Sinne des Gesetzes.
2. Die Klägerin hat den Entschädigungsanspruch frist- und formgerecht nach § 15
Abs. 4
AGG geltend gemacht und nach § 61a
ArbGG eingeklagt. Hierüber streiten die Parteien nicht.
3. Der Anspruch auf Entschädigung nach § 15
Abs. 2
AGG setzt einen Verstoß gegen das in § 7
Abs. 1
AGG geregelte Benachteiligungsverbot voraus. Das Benachteiligungsverbot nach
§ 7 Abs. 1 AGG untersagt eine Benachteiligung wegen eines in
§ 1 AGG genannten Grundes, u.a. wegen einer Behinderung. Zudem dürfen Arbeitgeber nach
§ 164 Abs. 2 Satz 1 schwerbehinderte Beschäftigte nicht wegen ihrer Behinderung benachteiligen. Im Einzelnen gelten hierzu die Regelungen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes.
a) Das Benachteiligungsverbot des § 7
Abs. 1
AGG erfasst nicht jede Ungleichbehandlung, sondern nur eine Ungleichbehandlung wegen eines in § 1
AGG genannten Grundes (ständige Rechtsprechung,
vgl. nur
BAG 11. August 2016 - 8 AZR 365/15 - Rn 22;
BAG 28. September 2017 -
8 AZR 492/16 - Rn 19). Dieser Grundsatz bedarf im vorliegenden Fall einer besonderen Hervorhebung, weil die von der Klägerin als Benachteiligung empfundenen Umstände auf eine Gemengelage von Sachverhalten zurückgeht. So rügt die Klägerin einerseits Verhaltensweisen der Beklagten, die mit ihrer Behinderung in Verbindung stehen könnten, wie etwa die unterlassene Einladung zu einem gesonderten Bewerbungsgespräch hinsichtlich der am Standort A. ausgeschriebenen Stelle als Vermögensmanagement-Assistentin. Andererseits rügt sie, Frau K. sei ihr trotz ihrer Qualifikationen bei der Besetzung der ursprünglich ausgeschriebenen Stelle vorgezogen worden. Dies deutet auf den Vorwurf hin, die Beklagte habe den Grundsatz der Bestenauslese nach
Art. 33
Abs. 2
GG als öffentlicher Arbeitgeber nicht beachtet. Schließlich beanstandet die Klägerin das Verhalten der örtlichen Vertreter der Beklagten in A., die ihr bei Arbeitsantritt lediglich einen unordentlichen Arbeitsplatz im Erdgeschoss zugewiesen hätten. Dies interpretiert die Klägerin als Ausgrenzung, was
ggf. einen Entschädigungsanspruch wegen Verletzung des Persönlichkeitsrechts auslösen könnte.
b) Im Streitfall beschränkt sich der Streitgegenstand der erhobenen Entschädigungsklage ausschließlich auf einen Entschädigungsanspruch nach § 15
Abs. 2
AGG wegen eines Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot des § 7
Abs. 1
AGG. Hierzu bedarf es eines Kausalzusammenhangs zwischen der benachteiligenden Behandlung und der Behinderung der Klägerin. Hierfür ist es nicht erforderlich, dass die Behinderung der Klägerin das ausschließliche oder auch nur ein wesentliches Motiv für das Handeln des Arbeitgebers ist. Er muss nicht als "Triebfeder" des Verhaltens handlungsleitend gewesen sein. Vielmehr ist der Kausalzusammenhang bereits dann gegeben, wenn die Benachteiligung an die Behinderung anknüpft oder durch diese motiviert ist, wobei bloße Mitursächlichkeit genügt. Bei der Prüfung des Kausalzusammenhangs sind alle Umstände des Rechtsstreits im Sinne einer Gesamtbetrachtung und -würdigung des Sachverhalts zu berücksichtigen (
BAG 11. August 2016 aaO Rn 22;
BAG 28. September 2017 aaO Rn 21).
c) Für den Rechtsschutz bei Benachteiligungen sieht
§ 22 AGG im Hinblick auf den Kausalzusammenhang eine Erleichterung der Darlegungslast, eine Absenkung des Beweismaßes und eine Umkehr der Beweislast vor. Wenn im Streitfall die eine Partei Indizien beweist, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1
AGG genannten Grundes vermuten lassen, trägt nach § 22
AGG die andere Partei die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat.
4. Die Klägerin hat keine Tatsachen vorgetragen, die eine Benachteiligung gerade wegen ihrer Behinderung vermuten lassen.
a) Verstöße gegen die zugunsten der behinderten Menschen geltenden Verfahrens- und Förderungspflichten können Indizien darstellen, die eine Benachteiligung wegen der Behinderteneigenschaft vermuten lassen (ständige Rechtsprechung, beginnend ab
BAG 15. Februar 2005 - 9 AZR 935/03 - Rn 32). Der Entschädigungsanspruch nach § 15
Abs. 2
AGG knüpft nicht an die behinderungsbedingte Nichtberücksichtigung, sondern ausschließlich an Benachteiligungen im Bewerbungsverfahren an. Die Vorschriften der §§ 164
ff. SGB IX sollen das Recht des Bewerbers auf ein diskriminierungsfreies Bewerbungsverfahren schützen (ständige Rechtsprechung,
vgl. nur
BAG 21. Juli 2009 -
9 AZR 431/08 - Rn 42;
BAG 16. Februar 2012 -
8 AZR 697/10 - Rn 59;
BVerwG 3. März 2011 -
5 C 16/10 - Rn 29).
b) Entgegen der von der Klägerin vertretenen Auffassung musste sie anlässlich ihrer Bewerbung um die Stelle in A. nicht zu einem förmlichen Vorstellungsgespräch eingeladen werden. Die Vorschrift des
§ 165 Satz 3 SGB IX erfasst rein interne Stellenbesetzungsverfahren nicht.
aa) Bereits zur Vorgängervorschrift des
§ 82 Satz 2 SGB IX vertrat die herrschende Meinung zutreffend die Auffassung, dass die Pflicht zur Einladung zu einem Vorstellungsgespräch nicht für rein interne Besetzungsverfahren gelte (
LAG Saarland 13. Februar 2008 -.
1 TaBV 15/07- Rn 57 ff;
LAG Köln 8. Februar 2010 -
5 TaBV 73/09 - Rn 33;
BVerwG 15. Dezember 2011 -
2 A 13/10 - Rn 18
ff.;
OVG Schleswig-Holstein 29. Oktober 2018 - 2
MB 18/18 - Rn 3
ff.). Zutreffend wurde dies vor allem aus dem Normzweck der
§§ 81 ff. SGB IX hergeleitet. Die Vorschrift des § 82 Satz 2
SGB IX geht auf § 14a des damaligen Schwerbehindertengesetzes in der Fassung des Gesetzes zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit Schwerbehinderter vom 29. September 2000 (BGBl I
S. 1394) zurück. Das Gesetz diente ausdrücklich zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit schwerbehinderter Menschen (Bundestagsdrucksache 14/3372
S. 15).
Meldepflichtig waren daher nur solche Arbeitsplätze, die nicht intern zu besetzen waren. Interne Bewerber sind weder arbeitslos noch arbeitssuchend gemeldet. Darüber hinaus bedarf es auch meist keines Vorstellungsgesprächs, damit sich der Arbeitgeber einen Eindruck von dem internen Bewerber verschaffen kann. Das Leistungsprofil des Bewerbers ist den Personalverantwortlichen in aller Regel bekannt. Da sich die Einladungspflicht lediglich auf "solche" Arbeitsplätze, also auf die meldepflichtigen Arbeitsplätze beziehe, bestand nach der zitierten Rechtsprechung bei rein internen Stellenbesetzungen keine Pflicht zur Führung eines Vorstellungsgesprächs.
bb) Hiergegen wurde im Schrifttum eingewandt, das Wort "solche" könne sich sprachlich auch auf die in § 82 Satz 1
SGB IX genannten frei werdenden, neu zu besetzenden und neuen Arbeitsplätze beziehen. Die Vorschrift sei eine spezifische Schutzbestimmung zugunsten der schwerbehinderten Menschen, um die Nachteile für die Schwerbehinderten so gering wie möglich zu halten. Daher sei die Bestimmung weit auszulegen (
vgl. die Nachweise bei
LAG Berlin-Brandenburg 1. November 2018 -
21 Sa 1643/17 - Rn 141
ff.).
cc) In der zitierten Entscheidung hat das
LAG Berlin-Brandenburg letztlich offengelassen, ob die Einladungspflicht auch rein interne Stellenbesetzungsverfahren erfasst. Es meint aber, eine Einladungspflicht bestehe dann, wenn der Arbeitgeber Auswahlgespräche durchführe, weil ihm die "Papierlage" nicht genüge, um die Eignung der Bewerber ausreichend beurteilen zu können. Die Entscheidung bezog sich auf die bis zum 30. Dezember 2016 geltende Fassung des Gesetzes.
c) Das Arbeitsgericht hat zutreffend eine Einladungspflicht bei internen Stellenbesetzungsverfahren verneint, weil § 165
SGB IX in der ab dem 30. Dezember 2016 geltenden Fassung hinreichend den Willen des Gesetzgebers verdeutlicht, interne Stellenbesetzungsverfahren vom Anwendungsbereich der Vorschrift auszuschließen. Im Anschluss an die Stellungnahme des Bundesrats (
Bundestagsdrucksache 18/9954 S. 35) beschloss der Deutsche Bundestag in seiner Beschlussempfehlung und seinem Bericht vom 30. November 2016 (Bundestagsdrucksache 18/10523
S. 15), in § 165 Satz 1
SGB IX in der Fassung des Gesetzes zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen die Wörter "nach einer erfolglosen Prüfung zur internen Besetzung des Arbeitsplatzes" einzufügen. Die Einfügung wurde für erforderlich gehalten, weil öffentliche Arbeitgeber zunächst zu prüfen hätten, ob offene Stellen mit vorhandenem Personal besetzt werden könnten.
Hieraus wird in der Literatur zutreffend gefolgert, dass die gesetzliche Meldepflicht bei rein internen Stellenausschreibungen nicht bestehe (Lützeler/Wasser, öAT 2017, 158, 160; Schnelle, NZA 2017, 880). Damit ist aber auch zugleich die oben erwähnte Streitfrage durch den Gesetzgeber dahingehend entschieden worden, dass eine Einladungspflicht für rein interne Stellenbesetzungen nicht gelten soll (Schnelle a.a.O.; von Roetteken, Juris Praxisreport-Arbeitsrecht 15/2019
Anm. 4). Da sich die Einladungspflicht auf "solche Arbeitsplätze", also auf die nach der erfolglosen Prüfung der internen Stellenbesetzung noch zu meldenden Arbeitsplätze bezieht, kann es bei der Einladungspflicht nicht mehr um alle zu besetzenden Arbeitsplätze gehen. Nur die der Meldepflicht unterliegenden Arbeitsplätze unterfallen nach dem nunmehr eindeutigen Gesetzeswortlaut der Einladungspflicht.
d) Auch der Geschehensablauf nach der Umsetzung der Klägerin in die Niederlassung
S. am 1. Juli 2017 lässt es fernliegend erscheinen, dass die Klägerin "wegen ihrer Behinderung" benachteiligt wurde. Vielmehr wird hieraus das Bestreben des Arbeitgebers deutlich, für die Klägerin einen leidensgerechten Arbeitsplatz im Sinne des § 164
Abs. 4
SGB IX zu schaffen. Die Beklagte stellte beim Integrationsamt mit Schreiben vom 27. Juli 2017 einen Antrag auf Durchführung eines Präventionsverfahrens, nachdem die Klägerin die Beschäftigung in
S. aus verschiedenen Gründen als unzumutbar erachtet hatte. Obwohl die Beklagte erhebliche Zweifel an der Eignung der Klägerin hatte, erklärte sie sich schließlich mit Schreiben vom 5. Oktober 2017 mit einem Einsatz in A. als Vermögensmanagement-Assistentin einverstanden. Im Zustimmungsantrag an den Personalrat vom 30. Oktober 2017 äußerte das Personalmanagement in ungewöhnlich deutlicher Form Zweifel an der Eignung der Klägerin. Ob diese Zweifel letztendlich berechtigt waren, was die Klägerin im Hinblick auf die geführten Mitarbeitergespräche in Abrede stellt, bedarf keiner Entscheidung. Denn im vorliegenden Verfahren geht es nicht darum, ob die Beklagte den Grundsatz der Bestenauslese nach
Art. 33
Abs. 2
GG beachtet hat. Streitentscheidend ist allein, ob sich aus dem Zustimmungsantrag ein Indiz für eine Benachteiligung "wegen der Behinderung" ableiten lässt.
Dies ist nicht der Fall. Vielmehr geht aus dem Zustimmungsantrag hervor, dass sich die Beklagte aufgrund ihrer Pflicht zur Förderung von schwerbehinderten Menschen verpflichtet sah, für die Klägerin eine Einsatzmöglichkeit in A. zu schaffen, auch wenn sie deren Eignung für zweifelhaft hielt. Der Zustimmungsantrag der Beklagten ist somit gerade kein Beleg für eine Benachteiligung, sondern vielmehr ein Beleg für eine Förderung von schwerbehinderten Menschen, auch wenn die Klägerin dies aus ihrer subjektiven Sicht anders verstanden haben mag.
e) Eine Einladungspflicht ergab sich schließlich auch nicht aus dem vom
LAG Berlin-Brandenburg hervorgehobenen Grundsatz der Gleichbehandlung (aaO Rn 147 f.). Auch wenn die Beklagte die Bewerberinnen K. und D. zu einem Vorstellungsgespräch einlud, musste sie bei der Klägerin nicht in gleicher Weise verfahren. Die Vorschrift des § 82 Satz 3
SGB IX (jetzt: § 165 Satz 4
SGB IX), wonach eine Einladung nur dann entbehrlich ist, wenn die fachliche Eignung offensichtlich fehlt, kann nicht auf rein interne Bewerbungsverfahren übertragen werden. Die Vorschrift ist wie oben ausgeführt auf die Fallgestaltung zugeschnitten, dass externe Bewerber grundsätzlich die Chance erhalten sollen, ungeachtet der "Papierform" den öffentlichen Arbeitgeber in einem persönlichen Gespräch von sich zu überzeugen. Zur Herstellung gleicher Bewerbungschancen soll der schwerbehinderte Bewerber auch dann die Chance zu einem Vorstellungsgespräch erhalten, wenn er nicht zum engeren Bewerberkreis zählt (ständige Rechtsprechung,
vgl. nur
BAG 16. Februar 2012 aaO Rn 48).
Diese Erwägung lässt sich nicht auf interne Bewerbungen übertragen. Bei internen Bewerbungen kann sich der Arbeitgeber regelmäßig aufgrund von dienstlichen Beurteilungen, Mitarbeitergesprächen oder Einschätzungen der Vorgesetzten ein Bild über den Bewerber machen. Anders als bei externen Bewerbungen bedarf es somit eines persönlichen Gesprächs nicht, um eine eigene Anschauung über den Bewerber zu gewinnen.
Im Streitfall war die Beklagte aufgrund von früheren Personalvorgängen (
vgl. Schriftsatz vom 2. August 2018
S. 4) zur Überzeugung gelangt, dass Zweifel an der Befähigung der Klägerin für die ausgeschriebene Stelle bestanden. Sie hob diese Zweifel im Zustimmungsantrag an den Personalrat vom 30. Oktober 2017 in ungewöhnlich deutlicher Form hervor. Die Klägerin mag die Einschätzung ihres Arbeitgebers unter Hinweis auf die letzten Mitarbeitergespräche (Anlagen K 9 und 10) nicht teilen. Im Streitfall ist aber keine Prüfung der Auswahlentscheidung der Arbeitgeberin wie bei einer Konkurrentenklage vorzunehmen, sondern lediglich zu prüfen, ob das Bewerbungsverfahren diskriminierungsfrei gestaltet wurde. Da die Beklagte ausschließlich aus fachlichen Gründen Zweifel an der Eignung der Klägerin hatte, bestand auch aus Gründen der Gleichbehandlung eine Pflicht zur Einladung zu einem Vorstellungsgespräch nicht.
f) Hieraus folgt zugleich, dass sich kein Indiz für eine Benachteiligung aus dem Umstand ableiten lässt, dass die Beklagte die Klägerin nicht für die ausgeschriebene Stelle berücksichtigte, sondern für sie als leidensgerechten Arbeitsplatz eine zusätzliche Stelle schaffte (von der Klägerin als "Überhangstelle" bezeichnet). Die Klägerin hatte keinen Anspruch auf die Übertragung der ausgeschriebenen Stelle, nachdem sie die Beklagte nicht für die bestqualifizierte Bewerberin hielt. Um ihr aber eine ortsnahe Beschäftigung zu ermöglichen, entschied sich die Beklagte für die Schaffung einer zusätzlichen Stelle. Hierzu wäre sie nach § 81
Abs. 4
SGB IX (jetzt § 164
Abs. 4
SGB IX) nicht verpflichtet gewesen (
BAG 10. Mai 2005 -
9 AZR 230/04 - Rn 37;
BAG 4. Oktober 2005 -
9 AZR 632/04 - Rn 23). Wenn sich der Arbeitgeber aber für die Schaffung einer zusätzlichen Stelle zur Förderung des schwerbehinderten Menschen bereitfindet, wäre es widersprüchlich, dies als Indiz für eine Benachteiligung zu werten.
g) Schließlich kann die angebliche Falschinformation über die Besetzung einer Stelle am Standort R. als Assistentin des Abteilungsleiters nicht als Indiz für eine Benachteiligung gewertet werden. Weshalb die Vertreter der Beklagten anlässlich der Besprechung beim Integrationsamt am 28. September 2017 das Bestehen einer freien Stelle in R. verneinten, sodann am 13. Dezember 2017 die fragliche Stelle dennoch ausgeschrieben wurde, hat die Beklagte im vorliegenden Rechtsstreit nicht erläutert. Sie hat lediglich behauptet, die damalige Auskunft sei zutreffend gewesen. Selbst wenn man unterstellt, die damalige Auskunft sei objektiv unzutreffend gewesen, hätte die Klägerin aber hierdurch keinen Nachteil erlitten. Sie hätte sich, wie jeder andere Beschäftigte auch, auf die Stellenausschreibung bewerben können. Dass sie es nicht tat, lag nach ihrer Interessenlage auf der Hand: Die Stelle war schlechter dotiert (TG 5 statt TG 6), sie entsprach nicht ihrem Bestreben eines Einsatzes im Vermögensmanagement und sie war von ihrem Wohnort weiter entfernt als die Stelle in A.. Aus welchen nachvollziehbaren Gründen die Stelle in R. vorzugswürdig gewesen sein soll, hat die Klägerin nicht erläutert. Die bloße Behauptung, sie hätte sich bei rechtzeitiger Information auf diese Stelle beworben, genügt nicht.
h) Auch im Rahmen einer abschließenden Gesamtwürdigung des Sachverhalts lassen sich keine Indizien erkennen, dass die Klägerin "wegen ihrer Behinderung" benachteiligt wurde. Die Äußerung des Klägervertreters in der Berufungsverhandlung, letztlich seien alle eignungsbezogenen Äußerungen der Beklagten "vorgeschoben", lässt sich durch keine konkreten Tatsachen belegen. Das vorliegende Arbeitsverhältnis ist zwar mit Sicherheit kein störungsfreies Arbeitsverhältnis, sondern aufgrund verschiedener Vorkommnisse mit Spannungen und Emotionen belastet. Hieraus lässt sich aber nicht die Vermutung ableiten, alle vorgetragenen Eignungsmängel seien letztlich vorgeschoben, um die Absicht des Arbeitgebers zur Diskriminierung zu vertuschen. Dies mag zwar die subjektive Einschätzung der Klägerin sein. § 22
AGG verlangt aber deutlich mehr, nämlich das Vorliegen objektiver Indizien.
III.
Die Klägerin hat gemäß § 97
Abs. 1
ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Berufung zu tragen. Für die Zulassung der Revision bestand keine Veranlassung. Insbesondere besteht aufgrund der geänderten Rechtslage keine Abweichung vom Urteil des
LAG Berlin-Brandenburg vom 1. November 2018 (
21 Sa 1643/17).