1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 5. November 2012 -
21 Sa 593/10 - aufgehoben.
2. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 2. März 2010 - 12 Ca 8114/09 - wird zurückgewiesen.
3. Der Kläger hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.
Die zulässige Revision der Beklagten ist begründet.
I. Die Klage ist seit der Freistellung des Klägers von der Arbeitsleistung unzulässig. Trotz eines entsprechenden Hinweises des Senats hat der Kläger sie nicht für erledigt erklärt. Ihr fehlt das Rechtsschutzbedürfnis. Das Erfordernis des Rechtsschutzbedürfnisses soll verhindern, dass Klagebegehren in das Stadium der Begründetheitsprüfung gelangen, die ersichtlich des Rechtsschutzes durch eine solche Prüfung nicht bedürfen (
BGH 25. Oktober 2012 -
III ZR 266/11 - Rn. 51, BGHZ 195, 174). Bei einer Leistungsklage folgt das Rechtsschutzbedürfnis zwar regelmäßig schon aus der Nichterfüllung des behaupteten materiellen Anspruchs, dessen Existenz für die Prüfung des Interesses an seiner gerichtlichen Durchsetzung grundsätzlich zu unterstellen ist (
BAG 26. Juli 2012 - 6 AZR 52/11 - Rn. 20). Es kann allerdings ausnahmsweise zu verneinen sein, wenn ein Leistungsantrag objektiv schlechthin sinnlos ist, wenn also der Kläger unter keinen Umständen mit seinem prozessualen Begehren irgendeinen schutzwürdigen Vorteil erlangen kann (
BGH 9. Juli 2009 - IX ZR 29/09 - Rn. 7). Maßgebender Zeitpunkt für das Vorliegen des Rechtsschutzbedürfnisses für die Klage ist grundsätzlich der Schluss der letzten mündlichen Verhandlung (Thomas/Putzo/Reichold 35. Aufl. Vorbem. § 253 Rn. 11 und 28) und damit hier die Revisionsverhandlung vom 23. September 2014.
II. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend angenommen, dass der Kläger seine Beschäftigung im Wege der Leistungsklage verfolgt und nur mit dem Klageantrag zu 5. ein Unterlassen der Beklagten begehrt. Diesem Verständnis seiner Anträge ist der Kläger im Revisionsverfahren nicht entgegengetreten.
III. Ist ein Betriebsratsmitglied gemäß
§ 38 BetrVG vollständig von seiner beruflichen Tätigkeit freigestellt und stellt der Arbeitgeber - wie hier die Beklagte - die Wirksamkeit der Freistellung nicht infrage, fehlt einer Klage, mit der das freigestellte Betriebsratsmitglied die Verurteilung des Arbeitgebers verlangt, ihn mit bestimmten Tätigkeiten zu beschäftigen
bzw. nicht zu beschäftigen, grundsätzlich das berechtigte Interesse, die Gerichte für Arbeitssachen in Anspruch zu nehmen.
1. Gemäß § 38
BetrVG sind von ihrer beruflichen Tätigkeit freigestellte Betriebsratsmitglieder von ihrer arbeitsvertraglichen Verpflichtung zur Leistung der versprochenen Dienste (§ 611
Abs. 1
BGB) befreit (Thüsing in Richardi
BetrVG 14. Aufl. § 38 Rn. 48; WPK/Kreft
BetrVG 4. Aufl. § 38 Rn. 36). Sie unterliegen nicht mehr dem Direktionsrecht des Arbeitgebers (Fitting 27. Aufl. § 38 Rn. 77; DKKW/Wedde 14. Aufl. § 38 Rn. 66; Weber
GK-
BetrVG 10. Aufl. § 38 Rn. 82). In dieser Situation besteht deshalb kein schützenswertes Interesse des Betriebsratsmitglieds, den Arbeitgeber gerichtlich zu verpflichten, sein Direktionsrecht in einer bestimmten Art und Weise auszuüben. Das Bedürfnis nach der gutachterlichen Würdigung der den Kläger interessierenden Frage, mit welchen Tätigkeiten die Beklagte ihn ohne seine Freistellung zu beschäftigen hätte oder nicht beschäftigen dürfte, vermag ein Rechtsschutzinteresse nicht zu begründen. Entgegen der Ankündigung des Klägers hat der Betriebsrat nicht beschlossen, die vollständige Freistellung des Klägers von seiner beruflichen Tätigkeit in eine teilweise Freistellung zu ändern. Nach dem Vorbringen des Klägers in der Revisionsverhandlung stand dies zwar auf der Tagesordnung einer Sitzung des Betriebsrats, ein entsprechender Beschluss wurde jedoch nicht gefasst.
2. Die Möglichkeit, dass die vollständige Freistellung des Klägers von seiner beruflichen Tätigkeit irgendwann enden könnte, genügt schon deshalb nicht, ein gegenwärtiges Rechtsschutzbedürfnis für die Beschäftigungs- und Unterlassungsklage zu begründen, weil die vom Kläger verlangte Entscheidung bezüglich seiner behinderungsgerechten Beschäftigung gemäß
§ 81 Abs. 4 SGB IX die Beklagte im Falle einer Beendigung der Freistellung des Klägers nicht binden würde. Die Beklagte wäre durch eine stattgebende Entscheidung grundsätzlich nicht an der Ausübung ihres Weisungsrechts bezüglich der vom Kläger auszuübenden Tätigkeiten gehindert, sodass nicht rechtskräftig geklärt würde, welche Tätigkeiten die Beklagte dem Kläger zuweisen darf (
vgl. BAG 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 16, BAGE 135, 239; GMP/Germelmann 8. Aufl. § 46 Rn. 66).
3. Im Übrigen ist es nicht möglich zu beurteilen, ob und gegebenenfalls welche behinderungsgerechten Beschäftigungsmöglichkeiten bei der Beklagten für den Kläger zu einem ungewissen zukünftigen Zeitpunkt bestehen und wie die Beklagte dann in Anbetracht der aktuellen betrieblichen Verhältnisse unter Berücksichtigung der Behinderung des Klägers von ihrem Weisungsrecht Gebrauch zu machen hat. Dies gilt auch für die Frage, ob eine an sich mögliche Beschäftigung des Klägers der Beklagten gemäß § 81
Abs. 4 Satz 3
SGB IX nicht zumutbar oder mit unverhältnismäßigen Aufwendungen verbunden wäre.
4. Soweit der Kläger geltend gemacht hat, seine Situation sei identisch mit der Situation eines arbeitsunfähig erkrankten Arbeitnehmers, trifft dies nicht zu. Ist die Hauptleistungspflicht kraft Gesetzes suspendiert, kann der Gläubiger von seinem Schuldner die Erbringung der Leistung nicht mehr verlangen. Im Falle einer über den Entgeltfortzahlungszeitraum hinausgehenden Erkrankung ruht das Arbeitsverhältnis demgegenüber grundsätzlich nicht. Es liegt auf Seiten des Arbeitnehmers eine Leistungsstörung vor (
vgl. BAG 25. September 2013 - 10 AZR 850/12 - Rn. 14 mwN).
IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91
Abs. 1, § 97
Abs. 1
ZPO.