Urteil
Vertragsmäßige Beschäftigung einer Ergänzungskraft (Kindergartenhelferin) mit Tätigkeiten aus dem hauswirtschaftlichen Bereich

Gericht:

LAG Hamm 18. Kammer


Aktenzeichen:

18 Sa 1200/16


Urteil vom:

12.01.2017


Grundlage:

  • GewO § 106 S. 1 |
  • KAVO § 20

Leitsätze:

Eine Arbeitnehmerin, die als "Ergänzungskraft (Kindergartenhelferin)" angestellt ist, wird nicht vertragsgemäß beschäftigt, wenn der Arbeitgeber ihr keine pädagogischen Tätigkeiten im Bereich der Kinderbetreuung und -pflege, sondern nur Tätigkeiten aus dem hauswirtschaftlichen Bereich zuweist.

Rechtsweg:

ArbG Herne, Urteil vom 23.02.2016 - 2 Ca 2390/15

Quelle:

Justizportal des Landes NRW

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Herne vom 23.02.2016 - 2 Ca 2390/15 - abgeändert und wie folgt gefasst:

Die Beklage wird verurteilt, die Klägerin als Ergänzungskraft (Kindergartenhelferin) mit mindestens 50 % der jährlichen Arbeitszeit mit pädagogischen Aufgaben im Bereich der Kinderbetreuung und Kinderpflege nach Weisung und Anleitung der pädagogischen Fachkräfte zu beschäftigen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz trägt die Klägerin zu 20 % und die Beklagte zu 80 %.
Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die vertragsgemäße Beschäftigung der Klägerin.

Die beklagte Kirchengemeinde führt eine Kindertageseinrichtung. In dieser Einrichtung sind 15 Arbeitnehmer tätig. Auch die Klägerin, geboren am xx.xx.xxxx, arbeitet dort. Die Klägerin legte 1990 in Italien das Examen für Grundschullehrer ab. Die Parteien schlossen im Januar 1994 einen Arbeitsvertrag. Dieser Vertrag sieht die Einstellung der Klägerin als "Ergänzungskraft (Kindergartenhelferin)" vor. Die Parteien vereinbarten, dass "die kirchliche Arbeits- und Vergütungsordnung (KAVO) in ihrer jeweiligen Fassung einschließlich der Anlagen Bestandteil des Vertrages" ist. Ausweislich des Arbeitsvertrages war die Klägerin in die Vergütungsgruppe K IX Fallgruppe 5.1.1 eingruppiert. Mit dem Änderungsvertrag vom 02.08.1999 vereinbarten die Parteien eine reduzierte wöchentliche Arbeitszeit von 15 Stunden. Mit dem Zusatzvertrag vom 23.01.2000 vereinbarten die Parteien, dass die Klägerin ab dem 01.10.2000 eine Vergütung nach der Vergütungsgruppe K VIII Fallgruppe 5.1.2 KAVO erhält. Die Klägerin arbeitet von Montag bis Freitag täglich drei Stunden und bezieht ein Arbeitsentgelt in Höhe von etwa 1.000,00 Euro brutto monatlich.

In einer schriftlichen Dienstanweisung für die Klägerin vom 25.07.1995 heißt es unter anderem:

I. 6.

Für hauswirtschaftliche Arbeiten im Rahmen der pädagogischen Aufgaben sind alle Mitarbeiterinnen mitverantwortlich und sorgen daher für deren Erledigung.

Die speziellen Aufgaben der einzelnen Mitarbeiterinnen ergeben sich aus dem Tätigkeitskatalog der Anlage zu dieser Dienstanweisung. Die Anlage zur Dienstanweisung lautet auszugsweise wie folgt:

5. Aufgaben der Ergänzungskräfte

Die Ergänzungskraft trägt nach Weisung der pädagogischen Fachkraft, z. B. Gruppenleiterin, die Mitverantwortung für die Kinder. Die Aufgaben der Ergänzungskraft bestehen insbesondere in:

- Beteiligung an der Gruppenarbeit unter Anleitung der pädagogischen Fachkraft, z. B. der Gruppenleiterin

- Ausführung pflegerischer und hauswirtschaftlicher Arbeiten, die in direktem Zusammenhang mit der pädagogischen Arbeit stehen, insbesondere im Rahmen der Übermittags-Betreuung,

- Betreuung der Kinder bei vorübergehender Verhinderung der Gruppenleiterin nach Weisung der Kindergartenleiterin,

- Teilnahme an Dienstbesprechungen nach Weisung von Gruppenleiterin und Leiterin.

9. Aufgaben des sonstigen nichtpädagogischen Personals

Reinigungskräfte, hauswirtschaftliche Mitarbeiterinnen und Hausmeister leisten ihren Dienst nach Maßgabe der Weisungen von Leiterin und Träger bzw. nach Maßgabe der jeweiligen Dienstanweisung.

Die Klägerin wurde jedenfalls bis 2005 mit den Aufgaben betraut, die in der Anlage zur Dienstanweisung für Ergänzungskräfte vorgesehen sind. Die Klägerin saß, sofern sie morgens arbeitete, mit den Kindern beim Frühstück, unterhielt sich mit ihnen oder las eine Geschichte vor. Sie beaufsichtigte die Kinder beim Spiel und leistete Hilfestellung bei dem Umgang der Kinder mit dem Spielmaterial und dem "Sprachmaterial". Die Klägerin wurde beobachtend und unterstützend bei Bastelarbeiten und bei der Einbeziehung von Kindern in die hauswirtschaftlichen Verrichtungen tätig. Die Klägerin bereitete Mahlzeiten zu und bot den Kindern bisweilen an, mit ihr zusammen zu kochen. Sie reinigte den Gruppenraum und nahm an den monatlichen Teambesprechungen teil.

Mit Schreiben vom 13.12.2005 forderten drei Eltern die Einrichtungsleitung auf, die Klägerin nicht mehr mit der Leitung der freitags stattfindenden Sprachförderungsgruppe zu betrauen. Mit der Dienstanweisung vom 11.06.2007 wurde der Klägerin aufgegeben, im Rahmen der Übermittag-Betreuung zu arbeiten. Ihre Arbeitszeit begann um 11.00 Uhr und endete um 14.00 Uhr. Jedenfalls seit 2010 wird die Klägerin, von seltenen Einzelfällen abgesehen, nahezu ausschließlich mit hauswirtschaftlichen Tätigkeiten in der Küche beschäftigt. Überwiegend säubert sie das Geschirr mittels einer dort vorhandenen Industriespülmaschine. Ihre Tätigkeit umfasst auch das Reinigen der Einrichtung im Innen- und Außenbereich. Sie nimmt Essen vom Caterer entgegen, führt Listen für die vorzunehmende Lebensmittelkontrolle und überwacht die Temperatur des angelieferten Essens.

Von März 2014 bis Juni 2014 war die Klägerin arbeitsunfähig. Wegen einer Epikondylitis war die Klägerin nicht in der Lage, die Spülmaschine zu bedienen. In einem fachärztlichen Attest vom 06.11.2014 wird "angeraten, das ständige Heben und Tragen von Gegenständen und mittelschweren bis schweren Lasten zu vermeiden, um eine Chronifizierung des Ellenbogenschmerzsyndroms zu verhindern". In einer arbeitsmedizinischen Stellungnahme vom 19.12.2014 wird empfohlen, "das regelmäßige Heben und Tragen von Gewichten über 5 kg zu vermeiden (dazu gehört auch das häufige Ausräumen der Spülmaschine)". Auf Veranlassung der Klägerin wandte sich die Gewerkschaft ver.di Ende des Jahres 2014 mit der Bitte um Einrichtung eines leidensgerechten Arbeitsplatzes an die Beklagte. Die Klägerin wurde danach nicht mehr mit der Bedienung der Spülmaschine betraut, jedoch weiterhin ausschließlich mit hauswirtschaftlichen Tätigkeiten beschäftigt.

Mit einem Schreiben vom 23.01.2015 teilte die Beklagte der Klägerin mit, sie werde, da sie aus gesundheitlichen Gründen ihre Tätigkeit in der Küche nicht mehr ausüben dürfe, bis auf weiteres montags bis mittwochs von 8.00 Uhr bis 11.00 Uhr, donnerstags von 13.00 Uhr bis 16.00 Uhr und freitags von 13.00 Uhr bis 16.12 Uhr eingesetzt. Im Schreiben ist vorgesehen, dass die Klägerin ausschließlich hauswirtschaftliche Tätigkeiten, Reinigungstätigkeiten sowie leichte Gartenarbeit zu verrichten hat.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 05.03.2015 ließ die Beklagte mitteilen, die Ausbildung der Klägerin rechtfertige keinen Einsatz im pädagogischen Bereich. Ein Einsatz überwiegend im hauswirtschaftlichen Bereich sei leidensgerecht. Die Beklagte werde neues, leichteres Geschirr aus Plastik anschaffen, um das Gewicht der befüllten Geschirrkörbe in der Spülmaschine zu reduzieren. Die Zuweisung der im Schreiben vom 23.01.2015 aufgeführten Tätigkeiten und Arbeitszeiten sei unter sachgerechter Ausübung des Direktionsrechts erfolgt.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 13.05.2015 übermittelte die Beklagte eine neue Stellenbeschreibung für die Klägerin. In der Stellenbeschreibung - Stand: 08.05.2015 - ist der Stellenwert mit "S 3" angegeben. Als Arbeitsvorgänge ist das "Unterstützen der Kita-Leitung bei der Organisation, Betriebsführung, Elternarbeit, Kooperation und der Umsetzung der Konzepte" sowie das "Mitarbeiten in einer Gruppe nach Weisung durch die Fachkraft" genannt. In einer "Arbeitsplatzbeschreibung für hauswirtschaftliche Tätigkeiten in der Küche", die dem Schreiben vom 13.05.2015 gleichfalls beigefügt war, wird das Bedienen der Spülmaschine und der Arbeitsablauf in der Küche beschrieben.

Nachdem eine Verhandlung vor dem Schlichtungsausschuss im August 2015 scheiterte, hat die Klägerin im September 2015 eine Klage eingereicht, mit der sie sich dagegen wendet, ausschließlich hauswirtschaftliche Tätigkeiten und Reinigungstätigkeiten verrichten zu müssen. Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Beklagte sei verpflichtet, sie mit Mischaufgaben aus dem pädagogischen und hauswirtschaftlichen Bereich zu beschäftigen.


Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, sie entsprechend ihres Arbeitsvertrages vom 01.01.1994 in Verbindung mit dem Änderungsvertrag vom 03.08.1999 und der Dienstanweisung nebst Anlage vom 25.07.1995 als Ergänzungskraft mit mindestens 50 % der Arbeitskraft (1,5 Stunden arbeitstäglich) mit pädagogischen Aufgaben zu beschäftigen.


Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, der Klageantrag sei nicht hinreichend bestimmt und damit unzulässig. Eigenständige Gruppenarbeit in der Kindertageseinrichtung sei ohnehin nach der Anlage zur Dienstanweisung vom 25.07.1995 nur unter Anleitung der pädagogischen Fachkraft bzw. der Gruppenleiterin vorgesehen. Die Dienstanweisung vom 25.07.1995 sei im Hinblick auf das Tätigkeitsfeld der Klägerin durch die Zuweisung der Tätigkeiten ersetzt worden, die sie momentan ausübe. Diese Zuweisung sei vom Direktionsrecht der Beklagten gedeckt. Selbst das Berufsbild des Kinderpflegers sehe die Verrichtung hauswirtschaftlicher Tätigkeiten vor. Die Beklagte hat behauptet, die Klägerin sei in körperlicher Hinsicht nicht in der Lage, Betreuungs- und Pflegetätigkeiten wahrzunehmen; sie könne die zu beaufsichtigenden Kinder nicht heben. Der Klägerin fehlten zudem die notwendigen Kenntnisse und Erfahrungen, um sie in dem von ihr begehrten Umfang mit pädagogischen Aufgaben zu beschäftigen. Es sei in der Vergangenheit vermehrt zu Beschwerden von Eltern über die schlechten deutschen Sprachkenntnisse der Klägerin gekommen. Sie verfüge über keine nennenswerte Berufserfahrung. Da sie seit sechs Jahren nicht mehr mit pädagogischen Aufgaben betraut worden sei, fehlten ihr jedenfalls inzwischen die notwendigen Kenntnisse. Nach § 43 SGB VIII sei zur Ausübung von Betreuungsaufgaben und pflegerischen Tätigkeiten mittlerweile die Qualifikation zur staatlich geprüften Kinderpflegerin oder eine vergleichbare Qualifikation erforderlich.

Das Arbeitsgericht hat die Klage als unzulässig abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, der Klageantrag sei nicht hinreichend bestimmt.

Das Urteil erster Instanz ist der Klägerin am 04.03.2016 zugestellt worden. Die Klägerin hat mit einem Schriftsatz, der am 21.03.2016 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangen ist, Berufung eingelegt. Sie hat mit einem am 06.06.2016 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz die Berufung begründet, nachdem zuvor die Berufungsbegründungsfrist bis zum 06.06.2016 verlängert worden war.

Nach Auffassung der Klägerin ist der Klageantrag erster Instanz hinreichend bestimmt gewesen. Die vertragsgerechte Tätigkeit der Klägerin ergebe sich aus dem Arbeitsvertrag und der Dienstanweisung vom 25.07.1995. Jedenfalls eine Beschäftigung mit ausschließlich hauswirtschaftlichen Tätigkeiten sei nicht vertragsgerecht.


Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Herne vom 23.02.2016, Az. 2 Ca 2390/15, abzuändern und

die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin entsprechend ihres Arbeitsvertrages vom 01.01.194 in Verbindung mit dem Änderungsvertrag vom 03.08.1999 sowie der Dienstanweisung nebst Anlage vom 25.07.1995 als Ergänzungskraft in der Kindertageseinrichtung der Beklagten - Montessori - LO2 in H - als Ergänzungskraft nach Weisung oder Anleitung der pädagogischen Fachkräfte mit mindestens 50 % der Arbeitskraft (1,5 Stunden arbeitstäglich) mit pädagogischen Aufgaben zu beschäftigen,

hilfsweise, die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin entsprechend ihres Arbeitsvertrages vom 01.01.1994 in Verbindung mit dem Änderungsvertrag vom 03.08.1999 sowie der Dienstanweisung nebst Anlage vom 25.07.1995 als Ergänzungskraft in der Kindertageseinrichtung der Beklagten - Montessori - LO2 in H - als Ergänzungskraft nach Weisung oder Anleitung der pädagogischen Fachkräfte mit mindestens 50 % der Arbeitskraft (1,5 Stunden arbeitstäglich) mit nachstehenden pädagogischen Aufgaben zu beschäftigen:

1. Unterstützung und Beaufsichtigung der zu betreuenden Kinder beim

a) Basteln

b) Singen mit Kindern,

c) Malen mit Kindern

d) Vorlesen,

e) Kochen und Backen.

2. Teilnahme an Dienstbesprechungen nach Weisung der Gruppenleiterin.


Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte meint, die Berufung sei unzulässig, da die Klägerin sich nicht hinreichend mit dem erstinstanzlichen Urteil auseinandersetze. Die im Berufungsrechtszug angekündigten Anträge seien weiterhin unbestimmt, insbesondere sei unklar, was mit "Unterstützung" gemeint sei. Das Betreuen von Kindern gehöre nicht zum Aufgabenbereich der Klägerin. Dieser ergebe sich aus der neuen Stellenbeschreibung vom 08.05.2015. Die Klägerin werde, so trägt die Beklagte vor, soweit möglich, insbesondere in der Vorweihnachtszeit, auch mit Bastelarbeiten beschäftigt (die Klägerin hat hierzu erwidert, sie sei einmal Ende 2015 mit Bastelarbeiten in einem separaten Raum betraut worden). Im Zeitraum zwischen 11.00 Uhr und 14.00 Uhr, in dem die Klägerin eingesetzt werde, fänden kaum pädagogisch angeleitete Tätigkeiten statt, da in diesem Zeitraum das Mittagessen und die anschließende Ruhezeit falle.

Zur näheren Darstellung des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I

Die Berufung der Klägerin ist zulässig.

Die Klägerin hat die Berufung form- und fristgerecht gemäß § 66 Abs. 1 ArbGG eingelegt und begründet.

Die Klägerin hat sich im Rahmen der Berufungsbegründung hinreichend mit dem erstinstanzlichen Urteil auseinandergesetzt. Die Voraussetzungen, die § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO insoweit aufstellt, sind erfüllt. Das Arbeitsgericht hat die Klage durch Prozessurteil als unzulässig abgewiesen. Die Klägerin hält dem entgegen, den erstinstanzlich gestellten Anträgen habe es nicht an der hinreichenden Bestimmtheit gefehlt. Die Klägerin hat im Berufungsrechtszug vorsorglich einen Hilfsantrag gestellt.


II

Die Berufung der Klägerin hat auch in der Sache Erfolg.

1. Die Klage mit dem Hauptantrag, so wie die Klägerin ihn in der Berufungsbegründung formuliert hat, ist zulässig.

a) Der Antrag ist hinreichend bestimmt im Sinne des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

aa) Nach der zutreffenden Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG, Urteil vom 10.05.2005 - 9 AZR 230/04, Beschluss vom 15.04.2009 - 3 AZB 93/08, Urteil vom 27.05.2015 - 5 AZR 88/14) gilt insoweit für einen (Weiter-) Beschäftigungsantrag Folgendes:

Indem § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO verlangt, dass die Klageschrift einen bestimmten Antrag enthält, wird zum einen der Streitgegenstand abgegrenzt, zum anderen wird eine Voraussetzung für die etwa erforderlich werdende Zwangsvollstreckung geschaffen. Gemessen an diesen Zielen ist ein Klageantrag hinreichend bestimmt, wenn er den erhobenen Anspruch konkret bezeichnet, dadurch den Rahmen der gerichtlichen Entscheidungsbefugnis (§ 308 ZPO) absteckt, Inhalt und Umfang der materiellen Rechtskraft der begehrten Entscheidung (§ 322 ZPO) erkennen lässt, das Risiko eines Unterliegens des Klägers nicht durch vermeidbare Ungenauigkeit auf den Beklagten abwälzt, und schließlich eine Zwangsvollstreckung aus dem Urteil ohne eine Fortsetzung des Streits im Vollstreckungsverfahren erwarten lässt. Unklarheiten über den Inhalt der Verpflichtung dürfen nicht aus dem Erkenntnisverfahren ins Vollstreckungsverfahren verlagert werden. Zudem ist das Rechtsstaatsprinzip zu beachten. Der Schuldner muss wissen, in welchen Fällen er mit einem Zwangsmittel zu rechnen hat.

Andererseits darf man die Bestimmtheit des Antrags keine Anforderungen stellen, die nicht erfüllt werden können (so auch LAG München, Urteil vom 18.08.2011 - 2 Sa 62/10). Das Rechtsstaatsprinzip und das daraus folgende Gebot effektiven Rechtsschutzes erfordern, dass materiell-rechtliche Anspräche effektiv, auch in der Zwangsvollstreckung, durchgesetzt werden können. Das kann es rechtfertigen, auch das Vollstreckungsrecht nicht der Notwendigkeit zu entheben, eine möglicherweise schwierige Klärung der Frage herbeizuführen, ob gegen die aus einem Titel folgende Verpflichtung verstoßen wurde. Die antragsgemäße Titulierung eines Beschäftigungsanspruchs kann aus materiell-rechtlichen Gründen nicht so genau sein, dass er auf eine ganz bestimmte im Einzelnen beschriebene Tätigkeit oder Stelle zugeschnitten ist. Darauf hat der Arbeitnehmer nämlich regelmäßig keinen Anspruch, weil dem Arbeitgeber das Weisungsrecht nach § 106 GewO zusteht. Erforderlich, aber auch ausreichend ist es, wenn die Art der Beschäftigung hinreichend bestimmt beantragt und tituliert wird. Einzelheiten hinsichtlich der Art der Beschäftigung oder sonstigen Arbeitsbedingungen muss weder der Klageantrag noch der Titel enthalten. Es reicht aus, wenn das Berufsbild, mit dem der Arbeitnehmer beschäftigt werden soll, sich aus dem Titel ergibt, oder in vergleichbarer Weise ersichtlich ist, worin die Tätigkeit bestehen soll. Insoweit kann auch die Bezugnahme auf einen Arbeitsvertrag in Betracht kommen.

bb) Nach diesen Grundsätzen bestehen gegen die Bestimmtheit des Antrags, den die Klägerin im Berufungsrechtszug gestellt hat, keine Bedenken.

Der Antrag bezieht sich auf eine Beschäftigung der Klägerin als "Ergänzungskraft" und nimmt damit auf das Berufsbild Bezug, das im Arbeitsvertrag genannt ist. Aus dem Antrag geht hinreichend deutlich hervor, dass die Klägerin begehrt, zu mehr als 50 % ihrer Arbeitszeit mit anderen als hauswirtschaftlichen Tätigkeiten oder Reinigungstätigkeiten betraut zu werden. Soweit die Klägerin in der Antragsformulierung dies durch den Begriff der "pädagogischen Aufgaben" umschreibt, sind die Anforderungen, die an die Bestimmtheit des Antrags zu stellen sind, gewahrt. Pädagogische Aufgaben sind - in Abgrenzung zu hauswirtschaftlichen, Reinigungs- und Gartenarbeiten - solche, die sich auf Betreuung, Beaufsichtigung und Pflege der Kinder beziehen. Der Antrag der Klägerin entspricht der Begriffsverwendung der Beklagten in der Anlage zur Dienstanweisung vom 25.07.1995. Dort heißt es unter Ziffer 4 hinsichtlich der Aufgaben der zweiten Fachkraft in der Gruppe: "Die zweite Fachkraft in der Gruppe gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 der Vereinbarung über die Eignungsvoraussetzungen der in Tageseinrichtungen für Kinder tätigen Kräfte hat die gleichen pädagogischen Aufgaben wie die Gruppenleiterin zu erfüllen". Dass es insoweit um die Betreuung und Pflege der Kinder geht, ergibt sich aus Ziffer 5 der Anlage zur Dienstanweisung vom 25.07.1995 und ist klarstellend in den Tenor des Berufungsurteils aufgenommen worden.

b) Indem die Klägerin den erstinstanzlich gestellten Klageantrag in der Berufungsbegründung modifizierte, hat sie keine Klageänderung vorgenommen.

Das ergibt sich aus § 264 Nr. 2 ZPO. Die Klägerin hat lediglich den Klageantrag in der Hauptsache teils erweitert (in dem sie begehrt (nur) in der Tageseinrichtung der Beklagten in H beschäftigt zu werden), teils beschränkt (indem sie begehrt, nach Weisung und Anleitung der pädagogischen Fachkräfte beschäftigt zu werden).

c) Die Voraussetzungen, die § 259 ZPO für eine Klage auf künftige Leistung aufstellt, sind gewahrt.

Bei der Klage auf arbeitsvertragsgemäße Beschäftigung handelt es sich um eine Klage auf künftige Leistung nach § 259 ZPO (vgl. dazu BAG, Urteil vom 29.10.1997 - 5 AZR 573/96). Insoweit besteht ein Wahlrecht der klagenden Partei zwischen der Erhebung einer Feststellungsklage und der Leistungsklage hinsichtlich einer bestimmten Art der Beschäftigung.

Die für eine Klage auf künftige Leistung gemäß § 259 ZPO erforderliche Besorgnis, dass der Schuldner sich der rechtzeitigen Leistung entziehen werde, ist im Streitfall gegeben. Die Beklagte weigert sich, den Beschäftigungsanspruch, so wie er von der Klägerin begehrt wird, zu erfüllen. Zwar ergibt sich aus der neuen Stellenbeschreibung vom 08.05.2015, dass die Klägerin (auch) mit pädagogischen Aufgaben betraut werden soll. Jedoch hat die Beklagte der Klägerin ungeachtet dessen bis zum Zeitpunkt des Termins zur mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht ganz überwiegend nur hauswirtschaftliche Tätigkeiten zugewiesen. Anhaltspunkte dafür, dass dies sich zukünftig ändern wird, sind auch nach dem Verlauf der mündlichen Verhandlung nicht ersichtlich. Die Beklagte ist von ihrer Haltung, die Klägerin werde vertragsgemäß beschäftigt, nicht abgerückt.

2. Der Klageantrag ist überwiegend begründet.

Die Beklagte ist verpflichtet, die Klägerin so, wie es sich aus dem Tenor des Berufungsurteils ergibt, zu beschäftigen. Diese Verpflichtung ergibt sich aus dem Arbeitsvertrag, den die Parteien Anfang 1994 schlossen, in Verbindung mit § 241 Abs. 2 BGB.

Es ist anerkannt, dass dem Arbeitnehmer aus dem Arbeitsverhältnis nicht nur ein Anspruch auf Zahlung des Arbeitsentgelts, sondern auch ein Anspruch auf tatsächliche Beschäftigung zusteht (ständige Rechtsprechung des BAG, Urteil vom 10.11.1955 - 2 AZR 591/54; BAG GS, Beschluss vom 27.02.1985 - GS 1/84). Der Beschäftigungsanspruch des Arbeitnehmers ist auf vertragsgemäße Beschäftigung nach Maßgabe des abgeschlossenen Arbeitsvertrages gerichtet. Der Arbeitgeber erfüllt den Beschäftigungsanspruch nicht, wenn die vertragsgemäße und die tatsächliche Beschäftigung nicht übereinstimmen (Hessisches LAG, Urteil vom 24.05.2013 - 3 Sa 1006/12; LAG Köln, Urteil vom 17.01.2013 - 6 Sa 611/11; LAG München, Urteil vom 18.09.2002 - 5 Sa 619/02). Im Streitfall entspricht die tatsächliche Beschäftigung der Klägerin nicht der vertragsgemäßen Beschäftigung.

a) Vertragsgemäß wird die Klägerin nur dann beschäftigt, wenn sie nicht überwiegend mit hauswirtschaftlichen, Reinigungs- und Gartenarbeiten betraut wird.

Das ergibt sich aus dem Arbeitsvertrag, den die Parteien Anfang 1994 abschlossen. Der Arbeitsvertrag sieht eine Beschäftigung der Klägerin als Kindergartenhelferin vor. Schon daraus folgt, dass die Klägerin einen Anspruch darauf hat, jedenfalls überwiegend mit Tätigkeiten beschäftigt zu werden, die dem Berufsbild einer Kindergartenhelferin entsprechen. Es kommt hinzu, dass die Parteien mit dem Zusatzvertrag vom 23.01.2000 die Eingruppierung der Klägerin in die Vergütungsgruppe K VIII Fallgruppe 5.1.2 KAVO vereinbarten. Eingruppiert in diese Vergütungsgruppe sind "Mitarbeiterinnen im Erziehungsdienst, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen Tätigkeiten von Kinderpflegerinnen mit staatlicher Anerkennung oder staatlicher Prüfung ausüben." Insoweit haben die Parteien eine Höhergruppierung der Klägerin im Vergleich zum ursprünglichen Arbeitsvertrag vereinbart, der die Eingruppierung der Klägerin in die Vergütungsgruppe K IX, Fallgruppe 5.1.1, vorsah (Mitarbeiter im Erziehungsdienst ohne entsprechende Ausbildung). Die Beklagte gab auch in der neu erstellten Stellenbeschreibung - Stand 08.05.2015 - die Wertigkeit der Stelle mit "S 3" an. Die Entgeltgruppe S 3 gemäß Anhang 1 zur Anlage 29 KAVO entspricht der Vergütungsgruppe K VII, Fallgruppe 5.1.2 der Anlage 1 zur KAVO, auf die der Zusatzvertrag vom 23.01.2000 Bezug nimmt.

Durch die Eingruppierung der Klägerin in die Vergütungsgruppe K VIII Fallgruppe 5.1.2 wird das Weisungsrecht der Beklagten eingeschränkt. Das Weisungsrecht umfasst nämlich nicht die Befugnis, dem Arbeitnehmer geringerwertige Tätigkeiten zuzuweisen. Die gilt auch dann, wenn die bisherige Vergütung fortgezahlt wird. Der Arbeitnehmer darf nur mit solchen Tätigkeiten beschäftigt werden, die den Merkmalen der Vergütungsgruppe, in die er eingruppiert ist, entsprechen (BAG, Urteil vom 17.08.2011 - 10 AZR 322/10; LAG Hamm, Urteil vom 04.01.2013 - 10 Sa 901/12; ArbG Halle (Saale), Urteil vom 25.01.2013 - 3 Ga 2/13). Nach § 20 Abs. 2 Satz 2 KAVO ist erforderlich, dass die Tätigkeit des Arbeitnehmers zeitlich mindestens zur Hälfte aus Arbeitsvorgängen besteht, die für sich genommen, die Anforderungen eines Tätigkeitsmerkmals oder mehrerer Tätigkeitsmerkmale der Entgeltgruppe erfüllen. Die vertragsgemäße Beschäftigung der Klägerin erfordert, dass ihr zumindest zur Hälfte Tätigkeiten zugewiesen werden, die den Anforderungen der Vergütungsgruppe entsprechen. Als Mitarbeiterin im Erziehungsdienst, die Tätigkeiten einer Kinderpflegerin ausübt, ist die Klägerin (selbstverständlich) überwiegend mit pädagogischen Aufgaben im Bereich der Kinderbetreuung und Kinderpflege zu betrauen.

b) Die Parteien haben die vorstehend beschriebenen vertraglichen Vereinbarungen nicht abgeändert.

Eine ausdrückliche Änderung des Vertrages ist nicht erfolgt. Einer stillschweigenden Vertragsänderung steht bereits § 9 des Arbeitsvertrages entgegen. Die Parteien haben vereinbart, dass Vertragsänderungen der Schriftform und der kirchenaufsichtlichen Genehmigung bedürfen. Beide Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Die Beklagte durfte auch nicht davon ausgehen, dass die Klägerin damit einverstanden war, dauerhaft nur noch mit hauswirtschaftlichen Aufgaben beschäftigt zu werden, und einer entsprechenden Vertragsänderung konkludent zustimmen wollte. Es fehlt an Anhaltspunkten dafür, dass die Klägerin mit einer Abänderung des Arbeitsvertrages einverstanden war. Die Klägerin hat lediglich die nicht vertragsgemäße Zuweisung von Tätigkeiten über einen Zeitraum von (die Angaben der Beklagten zugrunde gelegt) annähernd 10 Jahren hingenommen. Anders als bei der Übertragung höherwertiger Tätigkeiten (dazu Hessisches LAG, Urteil vom 09.04.2014 - 12 Sa 527/13: Vertragsänderung bejaht bei zehnjähriger Beschäftigung mit höherwertigen Aufgaben) bedarf es für die Annahme einer Vertragsänderung durch die Zuweisung geringerwertiger Tätigkeiten deutlicher Anzeichen im Verhalten des Arbeitnehmers. Im Streitfall ist auch nicht ersichtlich, dass die Beklagte im Vertrauen auf eine etwa erfolgte Vertragsänderung Dispositionen vornahm, deren Rückgängigmachung unmöglich oder unzumutbar ist.

c) Die tatsächliche Beschäftigung der Klägerin entspricht nicht der vertragsgemäßen Beschäftigung, zu der die Beklagte verpflichtet ist.

Die Klägerin wird jedenfalls seit 2010 nahezu ausschließlich mit Tätigkeiten aus dem hauswirtschaftlichen Bereich und mit Reinigungstätigkeiten beschäftigt. Dies war noch zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht der Fall, wie die Parteien übereinstimmend erklärt haben. Zwar ist die Klägerin nach Maßgabe der Anlage zur Dienstanweisung vom 25.07.1995 verpflichtet, auch im hauswirtschaftlichen Bereich tätig zu werden. Zum Berufsbild einer Kinderpflegerin oder Kindergartenhelferin gehört es, auch hauswirtschaftliche Tätigkeiten wie die Zubereitung von Essen, das Decken und Abräumen von Tischen und das Reinigen der Küche zu erledigen. Die Zuweisung von überwiegend hauswirtschaftlichen Tätigkeiten entspricht aber weder dem Berufsbild einer Kinderpflegerin noch dem Berufsbild einer Kindergartenhelferin. Nach der Verkehrsanschauung wird das Tätigkeitsbild von Mitarbeitern im Erziehungsdienst maßgeblich durch pädagogische Aufgaben im Bereich der Kinderbetreuung und -pflege geprägt, nicht aber durch hauswirtschaftliche Tätigkeiten, die als geringerwertig anzusehen sind. Sowohl aus der Anlage 1 zur KAVO als aus der Anlage 5b zur KAVO ergibt sich, dass Mitarbeiter im Hauswirtschaftsdienst, denen - wie der Klägerin - keine Weisungsbefugnis gegenüber anderen Mitarbeiter zukommt, niedriger eingruppiert sind, als Mitarbeiter im Erziehungsdienst, die - wie die Klägerin - aufgrund gleichwertiger Tätigkeiten und Erfahrungen Tätigkeiten von Kinderpflegerinnen ausüben. Die Beklagte selbst unterscheidet, wie sich aus Ziff. 9 der Anlage zur Dienstanweisung vom 25.07.1995 ergibt, zwischen Aufgaben der Ergänzungskräfte und Aufgaben des sonstigen nichtpädagogischen Personals. Sie setzt die Klägerin als Ergänzungskraft aber wie eine Mitarbeiterin ein, die zum Kreis des sonstigen nichtpädagogischen Personals zählt.

d) Die Beklagte vermag hiergegen nicht einzuwenden, die Klägerin könne nicht die Zuweisung von pädagogischen Aufgaben im Bereich der Kinderbetreuung und Kinderpflege verlangen, da ihr hierfür die fachliche und körperliche Eignung fehle.

aa) Es bestehen schon Bedenken dagegen, dass der Arbeitgeber den Anspruch auf vertragsgemäße Beschäftigung einseitig im Wege des Weisungsrechts inhaltlich abändern kann, wenn der Arbeitnehmer nicht mehr in der Lage ist, seine Vertragspflichten zu erfüllen. Das Weisungsrecht findet nämlich nach § 106 Satz 1 GewO seine Grenzen in den Bestimmungen des Arbeitsvertrages. Eine Abänderung arbeitsvertraglicher Vereinbarungen kann nur im Wege eines Änderungsvertrages oder durch den Ausspruch einer (Änderungs-) Kündigung erfolgen. Im Streitfall ist dies nicht geschehen.

bb) Selbst wenn man zugunsten des Arbeitgebers annehmen wollte, der Anspruch des Arbeitnehmers auf vertragsgemäße Beschäftigung sei nicht durchsetzbar, wenn dem Arbeitnehmer die Erbringung der Arbeitsleistung infolge fehlender Eignung unmöglich ist, ändert sich im Streitfall am Ergebnis nichts. Es lässt sich nämlich nicht feststellen, dass die Klägerin tatsächlich außerstande ist, pädagogische Aufgaben im Bereich der Kinderbetreuung und -pflege zu verrichten.

(1) Soweit die Beklagte in Abrede stellt, dass die Klägerin die erforderlichen pädagogischen Fähigkeiten besitzt, ist ihr entgegen zu halten, dass die Klägerin jedenfalls bis 2005 - also über einen Zeitraum von mehr als 10 Jahren hinweg - pädagogische Aufgaben ausübte. Angesichts dessen hätte die Beklagte konkret aufzeigen müssen, welche Defizite die Klägerin in ihrer pädagogischen Arbeit aufweist. Hierzu hat die Beklagte aber nicht hinreichend vorgetragen. Der Beschwerdebrief, den drei Eltern unter dem 13.12.2005 verfassten, reicht nicht aus, um darzutun, dass die Klägerin wegen fehlender Deutschkenntnisse nicht mit pädagogischen Arbeiten betraut werden kann. Mit dem Brief vom 13.12.2005 ersuchen die unterzeichnenden Eltern, die Leitung der Sprachförderungsgruppe nicht der Klägerin, sondern einer anderen Mitarbeiterin zu übertragen. Insoweit steht eine Spezialaufgabe in Rede. Dass die Klägerin außerhalb dieser Spezialaufgabe nicht in der Lage ist, in pädagogisch angemessener Weise mit den Kindern zu sprechen, ist weder von der Beklagten dargetan worden noch sonst ersichtlich. Ebenso wenig ist erkennbar, dass die Klägerin zu angemessenem pädagogischen Reagieren im Bereich der Kinderbetreuung nicht fähig ist.

Erst recht ist nicht ersichtlich, dass die Klägerin pädagogische Fähigkeiten "verlernt" hat, weil sie mehrjährig nicht vertragsgemäß beschäftigt und nur mit hauswirtschaftlichen Tätigkeiten betraut wurde. Es kann offen bleiben, ob es der Beklagten nach § 242 BGB verwehrt ist, sich gegenüber der Klägerin auf abhanden gekommene Qualifikationen zu berufen, wenn sie selbst für das Abhandenkommen beruflicher Fähigkeiten durch Zuweisung nicht vertragsgemäßer Tätigkeiten verantwortlich ist. Die Beklagte hat zu einem etwaigen Verlust von Fähigkeiten nichts Konkretes vorgetragen. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte die Klägerin "Probearbeiten" ließ und die Klägerin hierbei versagte.

(2) Der Klägerin fehlt auch nicht eine für die Ausübung pädagogischer Aufgaben erforderliche formale Qualifikation. Die Beklagte hat sich in diesem Zusammenhang auf die Vorschrift des § 43 SGB VIII bezogen. Diese Vorschrift verhält sich aber über die Tätigkeit der Klägerin als Kindergartenhelferin gar nicht. § 43 SGB VIII regelt die Erlaubnis zur Kindertagespflege für einen Zeitraum von mehr als 15 Stunden wöchentlich. Selbst wenn man davon ausgehen wollte, dass diese Bestimmung auch Vorgaben zur Qualifikation von Beschäftigten in Kindertageseinrichtungen aufstellt, greift die Norm im Streitfall nicht ein, da die Klägerin nicht mehr als 15 Stunden wöchentlich für die Beklagte tätig ist.

(3) Es fehlt schließlich an Anhaltspunkten dafür, dass die Klägerin körperlich nicht in der Lage ist, pädagogische Aufgaben im Rahmen der Kinderbetreuung und -pflege auszuüben. Insoweit muss zwischen den Parteien als unstreitig gelten, dass die Klägerin jedenfalls dauerhaft nicht in der Lage ist, schwere Lasten zu heben. Dies ergibt sich aus den ärztlichen Stellungnahmen vom 06.11.2014 und vom 19.12.2014, die die Klägerin selbst vorgelegt hat, um die Beklagte zu einer leidensgerechten Beschäftigung zu veranlassen. Es ist aber nicht ersichtlich, dass im Bereich der Kinderbetreuung und -pflege ein dauerndes Heben der Kinder erforderlich ist. Die Beklagte hat zur Häufigkeit solcher "Hebevorgänge" nichts Näheres vorgetragen. Jedenfalls gibt es eine Vielzahl anderer, die Klägerin weniger körperlich belastender Tätigkeiten im Bereich der Kinderbetreuung und -pflege, die die Beklagte der Klägerin zuweisen kann. Wenn ein Arbeitnehmer einen geringen Teilbereich der vertraglich geschuldeten Tätigkeit aus gesundheitlichen Gründen nicht erbringen kann, ist der Arbeitgeber verpflichtet, sein Direktionsrecht so auszuüben, dass dem Arbeitnehmer die Tätigkeiten zugewiesen werden, die zu verrichten er gesundheitlich in der Lage ist (BAG, Urteil vom 09.04.2014 - 10 AZR 637/13). Es ist nicht erkennbar, dass es für die Beklagte nicht möglich oder unzumutbar ist, auf eine insoweit etwa bestehende gesundheitliche Beeinträchtigung der Klägerin Rücksicht zu nehmen. Insbesondere kann nicht davon ausgegangen werden, dass ein Arbeitseinsatz der Klägerin ohne das regelmäßige Heben von Kindern nicht sinnvoll möglich ist. Andere körperliche Beschwerden der Klägerin, die der Zuweisung pädagogischer Aufgaben entgegenstehen könnten, sind nicht ersichtlich.

e) Die Beklagte kann nicht einwenden, angesichts der Arbeitszeiten der Klägerin sei es nicht möglich, sie mit pädagogischen Aufgaben zu betrauen, da solche Aufgaben im Bereich der Über-Mittag-Betreuung praktisch nicht anfielen. Der Arbeitsvertrag enthält keine näheren Vorgaben zur Dienstzeit der Klägerin. Es ist der Beklagten unbenommen, Dienstzeiten zuzuweisen, in denen pädagogische Aufgaben anfallen. Mit dem Schreiben vom 23.01.2015 hat die Beklagte ja auch von ihrem Weisungsrecht im Hinblick auf die Arbeitszeiten der Klägerin Gebrauch gemacht und erklärt, die Klägerin solle nicht mehr im Rahmen der Über-Mittag-Betreuung eingesetzt werden.

f) Der Beschäftigungsantrag der Klägerin ist in zweierlei Hinsicht zu weit gefasst und unterliegt insoweit der Abweisung.

Der Klägerin steht kein Anspruch darauf zu, (nur) in der Kindertageseinrichtung der Beklagten in H eingesetzt zu werden. Nach § 11 KAVO ist die Beklagte befugt, die Klägerin zu versetzen und abzuordnen.

Ebenso wenig kann die Klägerin verlangen, 1,5 Stunden arbeitstäglich mit pädagogischen Aufgaben beschäftigt zu werden. Wollte man den Referenzzeitraum hinsichtlich der vertragsgemäßen Beschäftigung auf einzelne Arbeitstage beschränken, so wäre dies eine unangemessene Beschneidung des Direktionsrechts der Beklagten. Im Arbeitsvertrag finden sich keine Regelungen darüber, wie der tägliche Arbeitseinsatz der Klägerin inhaltlich auszugestalten ist. Nach § 14 Abs. 2 KAVO ist für die Berechnung des Durchschnitts der regelmäßigen vertraglich vereinbarten Arbeitszeit ein Zeitraum von bis zu einem Jahr zugrunde zu legen. Es ist sachgerecht, diesen Zeitraum auch zur Beurteilung der Frage heranzuziehen, ob die Klägerin vertragsgemäß beschäftigt wird. Insbesondere begegnet etwa ein wöchentlich oder monatlich alternierender Einsatz der Klägerin im hauswirtschaftlichen und pädagogischen Bereich keinen Bedenken.

3. Der Hilfsantrag ist nicht zur Entscheidung angefallen. Die Klägerin hat den Hilfsantrag, wie sich aus der Berufungsbegründung ergibt, nur gestellt, sofern es zur Bestimmtheit des Beschäftigungsantrags erforderlich wäre, Tätigkeiten konkret zu benennen. Das ist indes nicht der Fall. Bereits der Hauptantrag ist zulässig.


III

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 Satz 1, 2. Variante ZPO. Die Kosten sind verhältnismäßig zu teilen, da beide Parteien im Rechtsstreit teils obsiegten, teils unterlagen.

Es bestand keine Veranlassung, die Revision gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG zuzulassen. Insbesondere wirft der Rechtsstreit keine entscheidungserhebliche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung auf.

Referenznummer:

R/R7676


Informationsstand: 18.09.2018