Der Kläger wendet sich gegen seine Versetzung von der Deutschen Postbank
AG zur Deutschen Post
AG.
Er steht als Beamter auf Lebenszeit (Postoberinspektor, Besoldungsgruppe A 10) im Dienst der Beklagten. 1988 trat er in die Dienste der Deutschen Bundespost ein. Bis einschließlich Juli 2002 war er mit Ausnahme eines kurzen Zeitraums in den Jahren 2000/2001 bei der Deutschen Postbank
AG bzw. deren Vorläufern beschäftigt. Von August 2002 bis zum 31. Juli 2012 war er zur Ausübung einer privatrechtlichen Tätigkeit bei der i...
GmbH beurlaubt.
Mit Bescheid vom 4. Juni 2008 erkannte das Landesamt für Gesundheit und Soziales - Versorgungsamt - den Kläger rückwirkend ab Dezember 2006 als schwerbehinderten Menschen mit einem Behinderungsgrad von 50 v.H. an.
Im Mai 2011 hörte die Deutsche Postbank
AG den Kläger zur seiner beabsichtigten Versetzung zur Deutschen Post
AG, Niederlassung Brief Berlin Südost, an. Der Kläger erklärte sich mit einer Versetzung nicht einverstanden und führte dies aus. Auf seine Schwerbehinderung nahm er keinen Bezug. Der zur Stellungnahme aufgeforderte Betriebsrat der Deutschen Postbank
AG äußerte sich zu der beabsichtigten Versetzung des Klägers nicht. Der Betriebsrat der Deutschen Post
AG, Niederlassung Brief Berlin Südost, stimmte der Versetzung am 22. Juni 2011 zu.
Mit Bescheid vom 27. Juni 2011 versetzte die Deutsche Postbank
AG den Kläger mit Wirkung vom 1. Juli 2011 aus dienstlichen Gründen zur Deutschen Post
AG, Niederlassung Brief Berlin Südost. Die Beurlaubung zur i...
GmbH blieb von der Versetzung unberührt.
Gegen den Bescheid legte der Kläger rechtzeitig Widerspruch ein, mit dem er auf sein Anhörungsschreiben verwies und zudem rügte, dass dienstliche Gründe für die Versetzung nicht dargelegt seien.
Mit Widerspruchsbescheid vom 13. Oktober 2011 wies die Deutsche Postbank
AG den Widerspruch zurück. Sie führte aus, dass dienstliche Gründe für die Versetzung vorlägen und die vom Kläger geltend gemachten Gründe einer Versetzung nicht entgegen stünden.
Am 8. November 2011 hat der Kläger Klage erhoben und diese erstmalig mit Schriftsatz vom 27. Dezember 2011 begründet, mit dem er unter anderem vorträgt, er sei bei der i...
GmbH zu keinem Zeitpunkt amtsangemessen beschäftigt worden, was bei ihm zu einer psychischen Erkrankung geführt habe. Seit dem Jahre 2004 befinde er sich in psychologischer Behandlung und sei seit dem Jahre 2006 wegen Depressionen als schwerbehinderter Mensch anerkannt. Einer Kündigung seines Arbeitsverhältnisses, die die i...
GmbH wegen längerer Fehlzeiten ausgesprochen habe, habe das Integrationsamt nicht zugestimmt, weshalb das Verfahren V... beim Verwaltungsgericht Berlin anhängig sei. Dem Schriftsatz hatte der Kläger als Anlage u.a. die Kopie des Widerspruchsbescheides des Landesamtes für Gesundheit und Soziales vom 2. August 2010 beigefügt, mit welchem das Landesamt den Widerspruch der i...
GmbH gegen die Versagung der Zustimmung des Integrationsamtes zu seiner Kündigung zurückgewiesen hatte. Doppel des Schriftsatzes nebst Anlagen, die der Kläger ebenfalls beigefügt hatte, hat das Gericht am 2. Januar 2012 zur Kenntnis- und Stellungnahme an die Beklagte abgesandt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 17. Februar 2012 hat die Deutsche Postbank
AG ihren Widerspruchsbescheid vom 13. Oktober 2011 aufgehoben und den Widerspruch des Klägers gegen den Versetzungsbescheid vom 27. Juni 2011 erneut zurückgewiesen. Sie hat ihre Begründung aus dem Widerspruchsbescheid vom 13. Oktober 2011 wiederholt, dem Kläger aber nunmehr ausdrückliche das abstrakt-funktionelle Amt eines Postoberinspektors bei der Deutschen Post
AG übertragen.
Der Kläger hat den Widerspruchsbescheid vom 17. Februar 2012 rechtzeitig in das Klageverfahren einbezogen und begründet seine Klage in der Folge auch damit, dass die Schwerbehindertenvertretung der Deutschen Postbank
AG im Versetzungsverfahren nicht beteiligt worden sei. Im Übrigen macht er insbesondere geltend, dass dienstliche Gründe für seine Versetzung nicht vorgelegen hätten.
Der Kläger beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
den Bescheid der Deutschen Postbank
AG vom 27. Juni 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Deutschen Postbank
AG vom 17. Februar 2012 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Ansicht, einer Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung im Versetzungsverfahren habe es auch nach Aufhebung des Widerspruchsbescheides vom 13. Oktober 2011 nicht bedurft, da der Kläger seinen Status als Schwerbehinderter nicht nachgewiesen habe. Dienstliche Gründe für die Versetzung lägen vor.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte einschließlich des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 11. Dezember 2013 und der von der Beklagten übersandten Akten (Versetzungsvorgang, Personalakte des Klägers in 2 Bänden), die dem Gericht vorgelegen haben, Bezug genommen.
Im Einverständnis der Beteiligten konnte das Gericht durch die Berichterstatterin ohne weitere mündliche Verhandlung entscheiden (§§ 87a
Abs. 2 und 3, 101
Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung [VwGO]).
Die zulässige Klage ist begründet. Der Bescheid der Deutschen Postbank
AG vom 27. Juni 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Februar 2012 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, § 113
Abs. 1 Satz 1
VwGO.
Rechtsgrundlage für die vom Kläger angegriffene Maßnahme ist § 28
Abs. 2 Bundesbeamtengesetz (BBG), der die Zulässigkeit von Versetzungen im Sinne des § 28
Abs. 1 BBG regelt. Diese für Bundesbeamte allgemein geltende Vorschrift findet auch auf die bei den Postnachfolgeunternehmen beschäftigten Beamten (
Art. 143b
Abs. 3 Satz 1 Grundgesetz [GG], § 2
Abs. 1 Postpersonalrechtsgesetz [PostPersRG]), zu denen auch der Kläger zählt, Anwendung (§ 2
Abs. 3 Satz 2 PostPersRG). Danach ist eine Versetzung, die - wie hier - nicht auf Antrag der Beamtin oder des Beamten erfolgt, aus dienstlichen Gründen zulässig. Sind dienstliche Gründe gegeben, liegt die Versetzungsentscheidung im pflichtgemäßen Ermessen der Behörde.
Vorliegend kann auf sich beruhen, ob dienstliche Gründe für eine Versetzung des Klägers vorlagen. Denn der Versetzungsbescheid erweist sich jedenfalls deshalb als rechtswidrig, weil die Deutsche Postbank
AG es unterlassen hat, vor einer endgültigen Entscheidung über die Versetzung des Klägers die Schwerbehindertenvertretung zu beteiligen.
Gemäß
§ 95 Abs. 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch (SGB) Neuntes Buch (IX) hat der Arbeitgeber - wozu nach
§§ 71,
73 Abs. 1 SGB IX auch der Dienstherr der Beamten zählt - die Schwerbehindertenvertretung in allen Angelegenheiten, die einen einzelnen oder die schwerbehinderten Menschen als Gruppe berühren, unverzüglich und umfassend zu unterrichten und vor einer Entscheidung anzuhören; er hat ihr die getroffenen Entscheidungen unverzüglich mitzuteilen. Kommt der Arbeitgeber dieser Pflicht nicht nach, so ist nach Satz 2 der Vorschrift die Durchführung oder Vollziehung der ohne Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung getroffenen Entscheidung auszusetzen und die Beteiligung innerhalb von sieben Tagen nachzuholen; sodann ist endgültig zu entscheiden.
Danach war die Deutsche Postbank
AG verpflichtet, die Schwerbehindertenvertretung vor einer Entscheidung über die Versetzung des Klägers anzuhören.
Der Kläger ist seit Dezember 2006 mit einem Grad von 50 v.H. behindert und damit schwerbehindert im Sinne des
§ 2 Abs. 2 SGB IX. Bei seiner Versetzung handelt es sich um eine ihn betreffende Angelegenheit. Gemäß
Art. 143b
Abs. 3 Satz 1
GG i.V.m. § 1
Abs. 1 Satz 1 PostPersRG nimmt die Deutsche Postbank
AG die dem Dienstherrn Bund obliegenden Rechte und Pflichten gegenüber den bei ihnen beschäftigten Beamten wahr.
Allerdings besteht eine Beteiligungspflicht der Schwerbehindertenvertretung nur dann, wenn der Schwerbehinderte seinen Arbeitgeber von seiner Schwerbehinderung in Kenntnis setzt. Der mit der Anhörung der Schwerbehindertenvertretung bezweckte Schutz der Schwerbehinderten wird nicht von Amts wegen gewährt. Vielmehr ist aus dem Erfordernis eines Antrages für die Feststellung einer Behinderung und die Ausstellung eines Ausweises über die Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch ebenso wie für die Gleichstellung mit schwerbehinderten Menschen (
vgl. § 68 Abs. 2 Satz 1,
§ 69 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 Satz 1 SGB IX) zu schließen, dass der gesetzliche Schutz nicht ohne weiteres eintritt, sondern von dem schwerbehinderten Menschen in Anspruch genommen werden muss. Die allein dem Betroffenen zuerkannte Befugnis, das Feststellungsverfahren in Gang zu setzen, dient dem Schutz seines Persönlichkeitsrechts, das den Status als Schwerbehinderter oder einem Schwerbehinderten Gleichgestellter umfasst. Dem Schutzbedürftigen, der den ihm zustehenden Schutz - aus welchen Gründen auch immer - nicht in Anspruch nehmen will, ist aus diesem Grund der Schutz nicht aus Fürsorgegründen "aufzudrängen". Eine Maßnahme, die vom Dienstherrn in Unkenntnis der Schwerbehinderteneigenschaft des Beamten diesem gegenüber getroffen wird, ist daher nicht wegen unterbliebener Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung rechtswidrig, wenn der Beamte es unterlassen hat, den Dienstherrn von der Schwerbehinderung in Kenntnis zu setzten (
vgl. BVerwG, Beschluss vom 7. April 2011 -
BVerwG 2 B 79/10 -, juris, Orientierungssätze 1 und 2, Rn. 5.
m.w.N.).
Dementsprechend bestand sowohl zum Zeitpunkt des Erlasses des Ausgangsbescheides am 27. Juni 2011 als auch zum Zeitpunkt des Erlasses des ersten Widerspruchsbescheides am 13. Oktober 2011 (noch) keine Verpflichtung der Deutschen Postbank
AG, die Schwerbehindertenvertretung an der Versetzungsentscheidung zu beteiligen. Denn der Kläger hatte bis zum 13. Oktober 2011 der Deutschen Postbank
AG seine Schwerbehinderung noch nicht mitgeteilt. Dies ergibt sich aus den von der Beklagten übersandten Akten, die keinerlei Hinweis auf eine solche Mitteilung und eine Kenntnis der Deutschen Postbank
AG vom Schwerbehindertenstatus des Klägers bis zum 13. Oktober 2011 enthalten, und wird auch vom Kläger bestätigt. Das Gericht hat in einem dem Kläger zur Kenntnisnahme übersandten Hinweis an die Beklagte vom 5. Dezember 2013 ausgeführt, dass der Kläger bis zum Erlass des ersten Widerspruchsbescheides am 13. Oktober 2011 nach Aktenlage der Deutschen Postbank
AG keine Mitteilung über seine Schwerbehinderung gemacht habe, und dies auch in der mündlichen Verhandlung am 11. Dezember 2013 mit den Beteiligten erörtert. Der Kläger ist den Darstellungen, bis zum 13. Oktober 2011 der Deutschen Postbank
AG keine Mitteilung von seiner Schwerbehinderung gemacht zu haben, weder in der mündlichen Verhandlung noch in deren Anschluss entgegengetreten.
Eine Verpflichtung zur Anhörung der Schwerbehindertenvertretung bestand aber im Zeitpunkt der zweiten Widerspruchsentscheidung am 17. Februar 2012.
Der Kläger hatte inzwischen seine Schwerbehinderung (auch) gegenüber der Deutschen Postbank
AG geltend gemacht. Er hatte in seinem Schriftsatz vom 27. Dezember 2011, mit welcher er die vorliegende Klage erstmals begründet hat, ausgeführt, schwerbehindert zu sein. Eine Durchschrift dieses Schriftsatzes hatte das Gericht am 2. Januar 2012 zur Kenntnis- und Stellungnahme an die Beklagte abgesandt. Anhaltspunkte dafür, dass der Schriftsatz der Deutschen Postbank
AG vor ihren Entscheidungen am 17. Februar 2012 nicht zugegangen war und sie deshalb von der Schwerbehinderung des Klägers noch immer keine Kenntnis hatte, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Insbesondere macht die Beklagte dies selbst nicht geltend, nachdem das Gericht sie mit Schreiben vom 5. Dezember 2013, ihr übermittelt per Fax am selben Tag, darauf hingewiesen hatte, dass ihr die Schwerbehinderung des Klägers vor dem 17. Februar 2012 durch den Schriftsatz vom 27. Dezember 2011 bekannt gewesen sei, und dies auch in der mündlichen Verhandlung am 11. Dezember 2013 so erörtert worden ist. Dass der Kläger seine Schwerbehinderung nicht unmittelbar gegenüber der Deutschen Postbank
AG angezeigt hat, ist unerheblich. Es liegt auf der Hand und war auch für die Deutsche Postbank
AG ohne weiteres erkennbar, dass der Kläger, wenn er sich im Klageverfahren gegen seinen Dienstherrn auf seine Schwerbehinderung bezieht, diese auch seinem Dienstherrn
bzw. der Deutschen Postbank
AG, die der Kläger in seinem Schriftsatz vom 27. Dezember 2011 (sogar) als Beklagte bezeichnet, geltend machen will. Anhaltspunkte dafür, der Kläger, der entsprechend der Aufforderung des Gerichts auch Doppel des Schriftsatzes und seiner Anlagen eingereicht hatte, sei davon ausgegangen, der Inhalt seiner Schriftsätze würden der Deutschen Postbank
AG nicht bekannt, und dass er nicht gewollt hätte, dass die Deutsche Postbank
AG von seinem Status als Schwerbehinderter erfährt, sind nicht im Ansatz erkennbar (
vgl. dazu
BVerwG, Beschluss vom 7. April 2011, a.a.O., Rn. 7
ff.;
OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 10. September 2010 -
OVG 4 B 39.08 - UA
S. 8 f.).
Hatte der Kläger somit bis zum 17. Februar 2012 seine Schwerbehinderung bei der Deutschen Postbank
AG angezeigt, durfte diese, nachdem sie mit Widerspruchsbescheid vom 17. Februar 2012 den Widerspruchsbescheid vom 13. Oktober 2011 aufgehoben und damit das Widerspruchsverfahren nach § 68
VwGO wiedereröffnet hatte, den Widerspruch des Klägers gegen seine Versetzung nicht erneut ohne Anhörung der Schwerbehindertenvertretung zurückweisen. Sie war nunmehr wie in jedem anderen Widerspruchsverfahren, in dem sich der Beamte erstmalig auf seine Schwerbehinderung beruft, verpflichtet, die Schwerbehindertenvertretung vor Erlass des (neuen) Widerspruchsbescheides zu der in die Rechte des Beamten eingreifenden Maßnahme anzuhören (
vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 15. März 2010 -
6 A 4435/06 - juris Rn. 41
ff.).
Das
OVG Nordrhein-Westfalen hat in der zitierten Entscheidung zu der Verpflichtung der zuständigen Behörde, die Schwerbehindertenvertretung auch dann zu der in die Rechte des Beamten eingreifenden Maßnahme anzuhören, wenn die Meldung über die Schwerbehinderung erst im Widerspruchsverfahren erfolgt, ausgeführt:
"Gemäß § 68
Abs. 1 Satz 1
VwGO hat die Widerspruchsbehörde die Ausgangsentscheidung in vollem Umfang - in tatsächlicher wie in rechtlicher Hinsicht - auf ihre Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit zu überprüfen. Das Ausgangsverfahren bildet mit dem Widerspruchsverfahren eine verfahrensmäßige Einheit und wird erst mit dem Widerspruchsbescheid, der dem ursprünglichen Verwaltungsakt seine maßgebende Gestalt verleiht, abgeschlossen (§ 79
Abs. 1
Nr. 1
VwGO); erst zu diesem Zeitpunkt ist die behördliche Entscheidung endgültig getroffen. Handelt es sich - wie hier - um einen in die Rechte des Betroffenen eingreifenden Verwaltungsakt, so ist auch Gegenstand der Anfechtungsklage der Ausgangsbescheid in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat (§ 113
Abs. 1 Satz 1
VwGO). Daraus folgt in der Regel, dass sich die Rechtmäßigkeit der angefochtenen behördlichen Entscheidung nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides beurteilt, wenn sich dem anzuwendenden materiellen Recht Anhaltspunkte für einen davon abweichenden Beurteilungszeitpunkt nicht entnehmen lassen. Bis zum Zeitpunkt der letzten behördlichen Entscheidung eingetretene Veränderungen in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht, die für die Entscheidung von Bedeutung sein können, sind daher von der zuständigen Behörde zu berücksichtigen und ihrer abschließenden Entscheidung zugrunde zu legen.
Vgl.
OVG NRW, Beschluss vom 19. Juni 2007 -
6 B 383/07 -.
[...]
Hiermit tritt der Senat der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, die Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung sei im Widerspruchsverfahren nicht nachholbar,
vgl. Urteile vom 22. August 1990 -
2 B 15.90 -, juris, vom 23. Oktober 1969 -
II C 128.67 -, ZBR 1970, 18 und vom 13. Dezember 1963 -
VI C 203.61 -, DVBl 1964, 629,
nicht entgegen. Das
BVerwG hatte in den genannten Entscheidungen, die zu § 35 des Schwerbeschädigtengesetzes vom 16. Juni 1953 (BGBl. I,
S. 389)
bzw. zu § 36 des Schwerbeschädigtengesetzes vom 14. August 1961 (BGBl. I,
S. 1234) sowie zu § 47 des Schwerbehindertengesetzes vom 8. Oktober 1979 (BGBl. I,
S. 1649) ergangen sind, ausschlaggebend darauf abgestellt, dass dem ausgeprägten Schutzzweck der Vorschriften, die ausnahmslos eine Anhörung vor Ergehen der Entscheidung forderten, eine Anhörung erst nach Erlass nicht gerecht werde. Die diesen Entscheidungen zugrunde liegende Rechtslage hat sich jedoch maßgeblich geändert. § 95
Abs. 2 Satz 2
SGB IX sieht - wie schon die Vorgängervorschrift des § 25
Abs. 2 Satz 2 des Schwerbehindertengesetzes in der ab dem 1. August 1986 geltenden Fassung (BGBl. I,
S. 1421, berichtigt
S. 1550) - nunmehr ausdrücklich vor, dass eine vor der vom Arbeitgeber getroffenen Entscheidung unterbliebene Anhörung der Schwerbehindertenvertretung mit heilender Wirkung nachgeholt werden kann und sodann endgültig zu entscheiden ist. Damit geht der Gesetzgeber aber ersichtlich davon aus, dass auch eine Anhörung, die zu einem Zeitpunkt vorgenommen wird, zu dem der Arbeitgeber sich bereits eine Meinung gebildet und seine Entscheidung nach außen bekanntgegeben hat, den ihr zugedachten Schutz noch erfüllen kann. Für eine von den Grundgedanken des allgemeinen Verwaltungsverfahrensrechts abweichende Beurteilung der Sach- und Rechtslage, die allein auf den Zeitpunkt der Ausgangsentscheidung abstellt, besteht daher nach der gesetzlichen Konzeption des § 95
Abs. 2
SGB IX keine Veranlassung mehr."
Dem schließt sich das erkennende Gericht uneingeschränkt an. Auch das
BVerwG stellt nunmehr offenbar auf den Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung ab (
BVerwG, Urteil vom 21. Juni 2007 -
2 A 6.06 -, juris Rn. 33;
vgl. dazu auch
OVG Nordrhein-Westfalen, a.a.O., Rn. 47). Dass sich bei Streitigkeiten über die Versetzung eines Beamten die Rechtmäßigkeit der behördlichen Entscheidung ausnahmsweise nicht nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung beurteilt, ist § 95
Abs. 2 Satz 2
SGB IX nicht zu entnehmen.
Die Beklagte kann nicht für sich geltend machen, eine Verpflichtung zur Anhörung der Schwerbehindertenvertretung vor der erneuten Zurückweisung des Widerspruchs des Klägers gegen den Versetzungsbescheid vom 27. Juni 2011 habe nicht bestanden, weil der Kläger bis dahin der Deutschen Postbank
AG gegenüber seine Schwerbehinderung nicht nachgewiesen habe. Ein fehlender Nachweis befreite die Deutsche Postbank
AG nicht von der Verpflichtung der Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung nach § 95
Abs. 2
SGB IX. Zu den Pflichten des Klägers gehörte zunächst nur, auf seine Schwerbehinderung hinzuweisen. Er hatte dies mittels des Schriftsatzes vom 27. Dezember 2011 getan und dabei substantiiert zu seinem Status als Schwerbehinderter vorgetragen, insbesondere Zeitpunkt und Grund seiner Anerkennung genannt und zugleich auf das Klageverfahren V... Bezug genommen, in dem es um die Versagung der Zustimmung des Integrationsamtes zur Kündigung seines Arbeitsverhältnisses durch die i... ging. Sofern die Deutsche Postbank
AG nach Erhalt dieses Schriftsatzes noch Zweifel an der Schwerbehinderung des Kläger hatte, hätte sie den Kläger zunächst auffordern müssen, seinen Status durch Vorlage des Anerkennungsbescheides oder seines Schwerbehindertenausweises nachzuweisen.
Überdies hatte der Kläger dem Schriftsatz vom 27. Dezember 2011 Kopien des Widerspruchsbescheides des Landesamtes für Gesundheit und Soziales vom 2. August 2010 beigefügt, mit welchem das Landesamt den Widerspruch der i...
GmbH gegen die Versagung der Zustimmung des Integrationsamtes zur Kündigung des Klägers zurückgewiesen hatte. Eine Kopie dieses Widerspruchsbescheides hatte das Gericht dem Beklagten als Anlage zum Schriftsatz ebenfalls unter dem 2. Januar 2012 übersandt. In dem Widerspruchsbescheid führt das Landesamt aus, dass der Kläger seine Schwerbehinderteneigenschaft mit Bescheid des Versorgungsamtes Berlin vom 4. Juni 2008 nachgewiesen habe; der Grad der Behinderung betrage 50 rückwirkend ab Dezember 2006. Es spricht schon einiges dafür, dass der Kläger damit seine Schwerbehinderung bereits nachgewiesen hatte. Jedenfalls gilt angesichts dessen umso mehr, dass die Deutsche Postbank
AG, sofern sie noch Zweifel an der Schwerbehinderung des Klägers hatte, den Kläger zur Vorlage des Anerkennungsbescheides oder seines Schwerbehindertenausweises hätte auffordern müssen, nicht aber berechtigt war, ohne weitere Ermittlungen von der Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung nach § 95
Abs. 2
SGB IX abzusehen.
Die unterbliebene Anhörung der Schwerbehindertenvertretung, die innerhalb der Frist des § 95
Abs. 2
SGB IX nicht nachgeholt worden ist, führt zur Rechtswidrigkeit und Aufhebung der streitigen Ermessensentscheidung der Deutschen Postbank
AG, den Kläger zur Deutschen Post
AG zu versetzen (
vgl. BVerwG, Urteil vom 21. Juni 2007, a.a.O., juris Rn. 32; Beschluss vom 15. Februar 1990 -
1 WB 36/88 - juris Rn. 31;
OVG Nordrhein-Westfalen, a.a.O, Rn. 50 ff
m.w.N.).
Aus dem Rechtsgedanken des § 46 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) folgt nichts anderes. Danach kann die Aufhebung eines rechtswidrigen, aber nicht nichtigen Verwaltungsaktes nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Die danach erforderliche Alternativlosigkeit der Sachentscheidung ist nicht gegeben. Die Versetzung war keine gebundene, sondern eine in das Ermessen der Deutschen Postbank
AG gestellte Entscheidung. Dass zweifelsfrei die Deutsche Postbank
AG auch im Falle einer Anhörung der Schwerbehindertenvertretung die Versetzung des Klägers verfügt hätte, lässt sich nicht feststellen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154
Abs. 1
VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 167
VwGO, 708
Nr. 11, 711
ZPO.