Urteil
Mitbestimmung des Personalrats, der Gleichstellungsbeauftragten und der Schwerbehindertenvertretung bei der Versetzung eines Beamten

Gericht:

VG Düsseldorf 2. Kammer


Aktenzeichen:

2 K 6821/09


Urteil vom:

14.12.2010


Tenor:

Der Beklagte wird verurteilt, die Umsetzungsverfügung des Polizeipräsidiums E vom 30. April 2009 in der Gestalt des Schreibens vom 17. August aufzuheben und die Klägerin auf ihren früheren Dienstposten (Direktion GE/BP/PSD/LRST) in die Funktion einer Polizeireiterin rückumzusetzen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 v.H. des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich gegen ihre Umsetzung innerhalb des Polizeipräsidiums (PP) E von der Landesreiterstaffel in der Funktion einer Polizeireiterin zur Polizeiwache C in die Funktion einer Wachdienstbeamtin.

Die Klägerin trat im Oktober 1989 in den Polizeivollzugsdienst des beklagten Landes. Sie legte im März 1992 die I. Fachprüfung ab und versah anschließend Dienst bei verschiedenen Kreispolizeibehörden. Im Januar 2003 wurde sie letztmalig - zur Polizeikommissarin, 1. Säule - befördert.

Die Bezirksregierung Düsseldorf ordnete die Klägerin mit Wirkung vom 2. Januar 2006 zum PP E ab, das sie der in der Gemeinde X gelegenen Landesreiterstaffel Rheinland (heute: Direktion Gefahrenabwehr/Einsatz (GE) / Bereitschaftspolizei/Polizeisonderdienste (BP/PSD) / Landesreiterstaffel (LRST)) zur Dienstverrichtung als Polizeireiterin zuwies. Zum 1. September 2006 wurde die Klägerin dorthin versetzt. Leiter der Reiterstaffel war und ist PHK O.

Bei der Klägerin wurde im August 2006 eine schwerwiegende Erkrankung diagnostiziert. Sie war nachfolgend langzeitig krankgeschrieben. Unter dem 27. Dezember 2006 wurde ihr ein Schwerbehindertenausweis mit einem Grad der Behinderung von 50 v.H. ausgestellt, den sie zu ihrer Personalakte reichte. Im Mai 2007 nahm sie im Rahmen einer Wiedereingliederungsmaßnahme mit reduzierter Dienstzeit und dienstlichen Einschränkungen ihren Dienst wieder auf.

PKH O hielt in Vermerken von August 2007 bis Oktober 2008 u.a. Folgendes fest: Im Frühjahr 2007 hätten die Klägerin und PHK C1, ein verheirateter Kollege aus der Reiterstaffel (Kläger des Verfahrens - 2 K 6908/09 -), ihm mitgeteilt, dass sie eine Beziehung hätten und diese öffentlich leben möchten. Beide hätten bis dahin ein engagiertes Verhalten um den Aufbau der neuen Dienststelle gezeigt. Als sich beide in der Folgezeit im Dienst aber "wie ein frisch verliebtes Paar" verhalten hätten, habe er ihnen deutlich gemacht, dass ein solches Verhalten nicht toleriert werden könne. PHK C1 habe zeitgleich die Scheidung von seiner Ehefrau betrieben. Es sei zu Differenzen zwischen ihm und seiner Ehefrau in unterschiedlichen Bereichen gekommen. Diese habe sich an die Behördenleitungen der PP N und E gewandt. Eine Strafanzeige von Frau C1 wegen gefährlicher Körperverletzung habe im August 2008 zur Eröffnung der Hauptverhandlung gegen PHK C1 und die Klägerin geführt. Diese Umstände hätten sich auf den Dienstbetrieb ausgewirkt. Die Klägerin und PHK C1 hätten vermehrt andere Kollegen mit ihren privaten Problemen belästigt, worüber sich auch ein Beamter im Namen mehrerer Kollegen bei ihm beschwert habe.

Die Klägerin sollte ab Mitte Juli 2008 wieder uneingeschränkt Dienst verrichten. Am 29. Oktober 2008 legte sie eine polizeiärztliche Bescheinigung des Betriebsarztes L vom selben Tag vor, aus der sich bis zum 30. April 2009 folgende dienstliche Einschränkungen ergaben: "kein Nachtdienst und keine schwere körperliche Arbeit". Am 5. November 2008 führten PHK O und ein weiterer Vorgesetzter ein Gespräch mit der Klägerin, in dem diese, gestützt auf weitere Informationen zur Handhabung der polizeiärztlichen Bescheinigung vom 29. Oktober 2008, die dienstlichen Einschränkungen dahin konkretisierten, dass die Klägerin für Einsätze ausscheide, die voraussichtlich nach 22:00 Uhr endeten, und dass von dem Verbot schwerer körperlicher Arbeit auch das Satteln eines Pferdes und das Heben schwerer Gegenstände betroffen seien. Hiernach sei ein dienstliches Reiten nicht mehr zu verantworten.

Der Leiter der Zentralinspektion 2 unterzeichnete unter dem 18. November 2008 eine Verfügung, mit der die Klägerin mit Wirkung vom 17. November 2008 "aus dienstlichen Gründen" zur Direktion GE / BP / PSD / Personen- und Objektschutz (POS) in die Funktion einer Wachdienstbeamtin umgesetzt wurde. Mit Verfügung vom selben Tag wurde PHK C1 zum Einsatztrupp PRIOS in die Funktion eines ET-Beamten umgesetzt. Aus diesem Anlass kam es am 21. November 2008 zu einem Gespräch zwischen dem Polizeipräsidenten und der Klägerin, an dem auch KHK C1, der Personalratsvorsitzende und die Schwerbehindertenvertreterin teilnahmen. Bei dieser Gelegenheit hob der Polizeipräsident als Reaktion auf das Vorbringen der Klägerin die Umsetzungsverfügung mündlich auf. Im Nachgang zu dem Gespräch erstellte die Klägerin - "wie besprochen" - eine an den Polizeipräsidenten gerichtete (18-seitige) "Zusammenfassung der Vorkommnisse in der Landesreiterstaffel" und "Darstellung meiner dienstlichen Probleme".

Unter dem 30. April 2009 erließ der Polizeipräsident (persönlich) eine Verfügung, mit der die Klägerin ab dem 4. Mai 2009 "aus dienstlichen Gründen" zur Direktion GE / Polizeiinspektion (PI) Süd / Polizeiwache (PW) C / Dienstgruppe (DG) - A - in die Funktion einer Wachdienstbeamtin umgesetzt wurde. Der Personalrat wurde von der verfügten Umsetzung durch E-Mail unterrichtet. Eine Anhörung der Gleichstellungsbeauftragten ist aus den dem Gericht vorliegenden Akten nicht ersichtlich. Die Schwerbehindertenvertretung war unter dem 29. April 2009 zu der Absicht angehört worden, die Klägerin wegen unüberbrückbarer Differenzen umzusetzen. Nachdem die Schwerbehindertenvertretung mit Schreiben vom 14. Mai 2009 darauf verwiesen hatte, dass sie weitere Informationen benötige, teilte sie schließlich unter dem 24. Juni 2009 mit, dass der "beabsichtigten" Maßnahme nunmehr aus ihrer Sicht keine gravierenden Gründe entgegenstünden.

Die Klägerin brachte mit Schreiben vom 27. Mai und 24. Juli 2009 umfangreiche Einwendungen gegen ihre Umsetzung vor. Das PP E beschied sie daraufhin am 17. August 2009 dahin, dass seine Entscheidung nicht zur Disposition stehe.

Die Klägerin hat daraufhin am 23. Oktober 2009 gegen ihre Umsetzung Klage erhoben, zu deren Begründung sie ergänzend vorträgt:

Sie sei nicht aus gesundheitlichen Gründen an der Fortsetzung ihrer Tätigkeit als Polizeireiterin gehindert. L habe die Bescheinigung vom 29. Oktober 2008 dahingehend konkretisiert, dass er derartige Empfehlungen allen Krebspatienten in den ersten zwei Jahren gebe, dass das Nachtarbeitsverbot sich vorwiegend auf die Zeit von 3:00 bis 6:00 Uhr beziehe und dass unter "schwerer körperlicher Arbeit" das stundenlange Tragen schwerer Kisten zu verstehen sei. Im Übrigen sei ihr in der aktuellen dienstlichen Beurteilung vom 7. Oktober 2008 mit 5 Punkten eine besondere Ausdauer und Belastbarkeit bescheinigt worden

Auf das vom Beklagten vorgebrachte zerstörte Vertrauensverhältnis könne ihre Umsetzung nicht gestützt werden, da sie, die Klägerin, hieran nicht schuld sei. Zwar seien sie und PHK O in den Jahren 2007 und 2008 oftmals aneinander geraten. Sie habe in dieser Zeit ihren Dienst aber immer gern und ohne Beanstandungen versehen, was sich auch aus ihrer aktuellen dienstlichen Beurteilung ergebe. PHK O sei es gewesen, der den Betriebsfrieden gestört habe. Er habe sie ungerechtfertigt beschuldigt und oftmals unter Druck gesetzt. Aus diesem Grund seien gegen PHK O sogar straf- und disziplinarrechtliche Ermittlungen eingeleitet worden. Dieser habe zudem seine Stellung als Dienststellenleiter ausgenutzt, um sich einen persönlichen Vorteil zu verschaffen. Die Klägerin nimmt wegen der Einzelheiten Bezug auf das (anwaltliche) Schreiben vom 24. Juli 2009 (mit einer von ihr gefertigten Anlage) sowie eine eigene (elfseitige) Darstellung der "Vorkommnisse, die meinen Dienststellenleiter PHK O betreffen und die ich selbst erlebt habe bzw. erzählt bekommen habe zwischen 2005 und 2009" vom 3. Mai "2008" (richtig wohl: 2009).

Dem Vorbringen des Beklagten, auch Kollegen hätten sich nach Bekanntwerden ihrer Beziehung zu PHK C1 über "Auffälligkeiten" beschwert, sei entgegen zu halten, dass sie sich keineswegs "wie ein frisch verliebtes Paar" verhalten hätten, ihr vielmehr sehr an einem professionellen Verhalten gelegen gewesen sei, und dass von Seiten ihrer Kollegen auch niemals Beschwerden an sie herangetragen worden seien. Das gelte auch, soweit sie im Kollegenkreis über die sich aus ihrer Beziehung zu PHK C1 ergebenden Probleme oder über ihre Erkrankung gesprochen habe. Nicht überzeugend sei der Hinweis des Beklagten darauf, ihre Rückkehr in die Reiterstaffel wäre infolge des angespannten Verhältnisses zwischen ihr und PHK O zudem für weitere Angehörige der Reiterstaffel unzumutbar, auch aus einem weiteren Grund: Derartiges würde nämlich voraussetzen, dass zwischen den weiteren Mitgliedern der Reiterstaffel und PHK O ein ungetrübtes Verhältnis bestünde. Das sei jedoch mitnichten so. Wie sich aus den (vorgelegten) Stellungnahmen der Beamtinnen I und L1 ergebe, sei PHK O bereits im Jahr 2006 durch drei Angehörige der Reiterstaffel auf dortige Missstände hingewiesen worden. Auch eine andere Kollegin (T) habe Schwierigkeiten mit dem Dienststellenleiter gehabt. Eine Vielzahl weiterer Kollegen habe aus den gleichen Gründen Hilfe beim Personalrat gesucht. Demnach könne das Problem nicht durch ihre Umsetzung, sondern nur durch die Umsetzung von PHK O gelöst werden.

Wenn der Beklagte ihre Umsetzung damit begründe, dass im Falle ihres Verbleibs das Ansehen der Reiterstaffel, die in der Öffentlichkeit eine hohe Aufmerksamkeit genieße, wegen des gegen sie eingeleiteten Strafverfahrens beschädigt würde, sei das unzutreffend. Sie und Herr C1 hätten nichts getan, was die Anklage gerechtfertigt habe. Das Strafverfahren sei dementsprechend durch Freispruch beendet worden. Da der Freispruch, wie auch dem PP E bekannt gewesen sei, bereits am 15. April 2009 erfolgt sei, sei ihre nachfolgende Umsetzung zur Wahrung des Ansehens der Polizei gar nicht mehr notwendig gewesen.

Die Klägerin beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, die Umsetzungsverfügung des Polizeipräsidiums E vom 30. April 2009 in der Gestalt des Schreibens vom 17. August aufzuheben und sie auf ihren früheren Dienstposten (Direktion GE/BP/PSD/LRST) in die Funktion einer Polizeireiterin rückumzusetzen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er führt aus:

Die Umsetzungsverfügung sei in formeller Hinsicht rechtmäßig. Die Maßnahme unterliege nicht gemäß § 72 Abs. 1 Nr. 5 LPVG der Mitbestimmung des Personalrates, weil alter und neuer Dienstort nicht mehr als 30 km auseinander lägen. Auf die Entfernung der Wohnung vom neuen Dienstort komme es nicht an. Der Schwerbehindertenvertretung sei unter dem 29. April 2009 Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden. Es entspreche seiner ständigen Praxis, auch die Gleichstellungsbeauftragte bei allen Personalmaßnahmen zu beteiligen.

Die Umsetzung der Klägerin sei auch materiell rechtmäßig. Er habe diese Maßnahme im Rahmen seines ihm als Leiter des PP E obliegenden Direktionsrechts getroffen, um Schaden von der Behörde und einzelnen Personen abzuwenden. Die Umsetzung der Klägerin sei ausgelöst worden durch die Mitteilung der Staatsanwaltschaft N vom 25. September 2008, wonach beide Beamte wegen gemeinschaftlicher Körperverletzung zum Nachteil der Ehefrau des Klägers vor dem Amtsgericht F angeklagt worden seien. Wegen der hohen Aufmerksamkeit, welche die Landesreiterstaffel in der Öffentlichkeit genieße, seien die Anklage und die öffentliche Verhandlung geeignet, das Ansehen der Staffel zu beschädigen. Mit beiden Beamten seien vor Erlass der Umsetzungsverfügungen Personalgespräche geführt worden. In diesem Zusammenhang und auch auf schriftlichem Wege hätten diese Vorwürfe gegen PHK O vorgebracht, die zum Teil strafrechtlicher Natur gewesen seien und dessen Führungskompetenz massiv in Frage gestellt hätten. Es seien zwei Strafverfahren eingeleitet worden, die nach § 170 Abs. 2 StPO bzw. nach § 153a StPO eingestellt worden seien. Er sei im Zuge einer disziplinar- und personalrechtlichen Überprüfung zu der Erkenntnis gelangt, dass die Vorwürfe gegen PHK O haltlos seien. Eine Rückkehr der Klägerin und von PHK C1 zur Reiterstaffel sei ungeachtet des Mitte 2009 erfolgten Freispruchs wegen des in den vergangenen Jahren eingetretenen, nicht heilbaren Vertrauensverlustes zwischen PHK O einerseits sowie der Klägerin und PHK C1 andererseits nicht möglich. Dies umso weniger, als die Klägerin und PHK C1 durch ihr Verhalten im Anschluss an die Umsetzungsmaßnahmen (Erstattung einer Strafanzeige gegen PHK O, Äußerungen über dessen mangelnde Befähigung als Dienststellenleiter) das Vertrauensverhältnis weiter beschädigt hätten. Auch den übrigen Mitgliedern der Staffel könne man ein solch konfliktbeladenes Verhältnis nicht zumuten. Die Umsetzungen seien daher aufrecht zu erhalten. Da PHK O das Vertrauen des Polizeipräsidenten genieße, sei er als Leiter der Reiterstaffel nicht abgelöst worden.

Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den Inhalt der Streitakte, der Gerichtsakte - 2 K 6908/09 - und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge ergänzend Bezug genommen.

Rechtsweg:

Es liegen keine Informationen zum Rechtsweg vor.

Quelle:

Justizportal des Landes NRW

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig und begründet.

Die Klage ist als allgemeine Leistungsklage ungeachtet des Umstandes zulässig, dass die Klägerin sich auch um eine andere Verwendung bemüht hat. Hierdurch wird das Rechtsschutzbedürfnis für die mit der Klage verfolgte und von ihr vorrangig angestrebte Rückkehr zu der Polizeireiterstaffel des PP E nicht in Frage gestellt. Dies umso weniger, als sich ihre Bewerbung zur Reiterstaffel nach L2 dadurch erledigt hat, dass es nach dem übereinstimmenden Vorbringen der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung zur Einrichtung dieser weiteren Landesreiterstaffel jedenfalls auf absehbare Zeit nicht kommen wird.

Die Klage hat auch in der Sache Erfolg.

Die Umsetzungsverfügung des PP E vom 30. April 2009 unterliegt der Aufhebung, weil sie unter Verletzung von Verfahrensvorschriften ergangen und die Klägerin hierdurch in ihren Rechten verletzt ist. Zudem steht der Klägerin in entsprechender Anwendung des § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO ein Anspruch auf Rückgängigmachung der Umsetzungsmaßnahme zu.

Das folgt allerdings noch nicht daraus, dass eine Anhörung der Klägerin unmittelbar vor Erlass der streitbefangenen Verfügung nicht ersichtlich ist und die Verfügung selbst - abgesehen von dem nichtssagenden Hinweis auf "dienstliche Gründe" - keinerlei Begründung für die getroffene Maßnahme enthält. Da die Umsetzung kein Verwaltungsakt ist, gelten die Bestimmungen der §§ 28, 39 VwVfG NRW nicht unmittelbar. Zudem dürfte die Klägerin aufgrund der zuvor (etwa am 21. November 2008) geführten Gespräche über die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe für ihre Umsetzung informiert worden sein und auch Gelegenheit gehabt haben, ihre Sicht der Dinge darzulegen. Jedenfalls wäre ein derartiger Mangel im weiteren Verwaltungsverfahren und im Klageverfahren geheilt worden.

Die Umsetzungsverfügung erweist sich aber deshalb als rechtswidrig, weil der zuständige Personalrat nicht ordnungsgemäß beteiligt worden ist. Diesem wurde die Umsetzungsverfügung lediglich im Nachhinein per E-Mail zugeleitet. Die Maßnahme hätte aber nach §§ 72 Abs. 1 Nr. 5, 66 Abs. 1 LPVG seiner vorherigen Zustimmung bedurft. Nach diesen Bestimmungen unterliegt eine Umsetzung der Mitbestimmung des Personalrates, wenn sie "mit einem Wechsel des Dienstortes verbunden ist, wobei das Einzugsgebiet im Sinne des Umzugskostenrechts zum Dienstort gehört". Gemäß § 1 Umzugskostengesetz NRW i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe c) Bundesumzugskostengesetz gehört zum Einzugsgebiet des Dienstortes der Bereich, der von der Wohnung des Beamten auf einer üblicherweise befahrenen Strecke weniger als 30 km entfernt ist. Diese Verknüpfung des Personalvertretungsrechts mit Begriffsbestimmungen aus dem Umzugskostenrecht spricht dafür, als Ausgangspunkt der Ermittlung der Entfernung auf die Wohnung des Beamten abzustellen. Ungeachtet dessen, dass der Personalrat bei der Wahrnehmung der Mitbestimmung regelmäßig dienstliche Belange, insbesondere die Auswirkungen einer Personalmaßnahme auf die betroffene Dienststelle, in den Blick zu nehmen hat, dient das personalvertretungsrechtliche Handeln zugleich den Interessen des einzelnen Beamten.

Vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 12. März 1987 - 2 C 39/85 -, m.w.N., ZBR 1987, 286.

Indem das Personalvertretungsrecht bei Umsetzungsmaßnahmen durch die Bezugnahme auf das Umzugskostenrecht die Zustimmungspflicht von einer bestimmten Entfernung abhängig macht, die der Bedienstete zum Dienst zurückzulegen hat, rückt es dessen Interessen in den Vordergrund. In einem solchen Fall ist es naheliegend, die gerade für den Bediensteten mit dem Dienststellenwechsel verbundenen Belastungen in den Blick zu nehmen, und diese bemessen sich vorrangig, wenn nicht ausschließlich, nach der Entfernung, die der Bedienstete täglich von seiner Wohnung aus zurücklegen muss. Maßgebend ist hiernach die Beziehung der Wohnung des Beschäftigten zum neuen Dienstort und nicht die räumliche Beziehung der Dienstorte zueinander, sodass es auch unerheblich ist, wenn der bisherige und der neue Dienstort weniger als 30 km auseinander liegen.

So auch Cecior/Vallendar/Lechtermann/Klein, Das Personalvertretungsrecht in Nordrhein-Westfalen, Kommentar, Loseblattsammlung, Bd. II, Stand: Juni 2010, § 72 LPVG, Rn. 201 f.; Welkoborsky, Landespersonalvertretungsgesetz Nordrhein-Westfalen, Basiskommentar, 2008, § 72 Rn. 27; Verwaltungsgericht (VG) Düsseldorf, Beschluss vom 5. August 2010 - 2 L 996/10 -.

Allerdings ist nach herrschender Ansicht als "Dienstort" die politische Gemeinde zu verstehen, in deren Gebiet sich der Dienststellenteil befindet, dem der (neue) Dienstposten des Beamten organisatorisch zugeordnet ist. Die Anwendung des Mitbestimmungstatbestandes scheidet demnach aus, wenn sich die Umsetzung innerhalb des Gemeindegebiets vollzieht. Nach allem bestimmt sich die maßgebliche Entfernung in der Relation Wohnung - Gemeindegrenze des neuen Dienstortes.

Vgl. Cecior/Vallendar/Lechtermann/Klein, a.a.O., Rn. 201; Welkoborsky, a.a.O., Rn. 27; VG Arnsberg, Beschluss vom 28. August 2009 - 20 K 1556/08.PVL -, Rn. 22, juris.

Auch hiernach unterliegt aber die Umsetzung der Klägerin der Mitbestimmung des Personalrats. Zum einen steht eine Gemeinde übergreifende Umsetzung in Rede, weil die bisherige Dienststelle der Klägerin, die Landesreiterstaffel, ihren Sitz in der Gemeinde X (Kreis W) hat und der neue Dienstort E ist. Zum anderen beträgt die Entfernung zwischen der Wohnung der Klägerin in X1, In C2 9, und der Stadtgrenze von E (ermittelt nach "Google-Maps") auf einer üblicherweise befahrenen Strecke je nach Wegstrecke ca. 41 bzw. 49 km. Somit ist auch die maßgebende Entfernung von 30 km (deutlich) überschritten.

Aus dem Unterbleiben der Beteiligung des Personalrats ergibt sich die Rechtsfolge der Rechtswidrigkeit der Umsetzungsverfügung. Der Umstand, dass der Personalrat die Verletzung seines Mitbestimmungsrechts nicht gerügt hat, hindert den von der mitbestimmungspflichtigen Maßnahme betroffenen Bediensteten nicht daran, sich in dem auf Aufhebung der Maßnahme gerichteten Klageverfahren auf diesen Verfahrensfehler zu berufen. Es geht vorliegend nicht lediglich um eine unzureichende Unterrichtung des Personalrats über die Umstände einer mitwirkungspflichtigen Maßnahme im Rahmen eines Mitbestimmungsverfahrens, auf die sich der Beamte nicht mit Erfolg berufen kann, wenn der Personalrat dies nicht beanstandet, vgl. hierzu etwa Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschluss vom 3. November 2010 - 6 B 1249/10 -, juris, unter Verweis auf BVerwG, Urteil vom 12. Oktober 1989 - 2 C 22.87 -, BVerwGE 82, 356, sondern um die Nichtbeachtung des Erfordernisses der Durchführung eines derartigen Mitbestimmungsverfahrens als solches. Vorliegend ist der Personalrat zudem nicht einmal vor Erlass der Umsetzungsverfügung, sondern erst zeitgleich hiermit per E-Mail informiert worden, so dass er nicht einmal die Möglichkeit hatte, in sonstiger Weise auf die Umsetzungsentscheidung Einfluss zu nehmen.

Dieser Verfahrensfehler kann auch nicht in Anwendung des Rechtsgedankens des § 46 VwVfG als unbeachtlich angesehen werden.

Vgl. zu dieser Möglichkeit etwa BVerwG, Urteil vom 9. Dezember 1999 - 2 C 4.99 -, BVerwGE 110, 173.

Nach dieser Bestimmung kann die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der nicht nichtig ist, nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Von einer solchen Situation kann aber nur dann die Rede sein, wenn von vornherein und nach jeder Betrachtungsweise feststeht, dass die Sachentscheidung auch bei ordnungsgemäßem Verfahren nicht anders ausgefallen wäre. Eine derartige Feststellung lässt sich hier aber nicht treffen. Denn es ist keineswegs auszuschließen, dass der Personalrat der Umsetzung der Klägerin nicht zugestimmt hätte, mit der Folge, dass die Umsetzung jedenfalls bis auf weiteres nicht hätte verfügt werden können. Zudem ist nicht auszuschließen, dass der Dienstvorgesetzte sich von (Gegen-)Argumenten des Personalrats zu einer anderen Entscheidung hätte bestimmen lassen.

Ausgehend von der Verletzung des Mitbestimmungsrechts des Personalrats hat die Klägerin auch einen Anspruch auf Rückumsetzung. Ist nämlich eine Umsetzung deshalb fehlerhaft, weil der Personalrat an ihr nicht ordnungsgemäß beteiligt worden ist, so kann dieser Mangel nur dadurch wirksam beseitigt werden, dass der Dienstherr über den dienstlichen Einsatz des Beamten unter Wahrung des vorgeschriebenen Beteiligungsrechts des Personalrates entscheidet. Gemäß § 66 Abs. 1 LPVG kann der Dienstherr eine Maßnahme, die der Mitbestimmung unterliegt, nur mit Zustimmung des Personalrates treffen. Schon darüber, ob der Beamte seinen bisherigen Dienstposten aufgeben soll, kann der Dienstherr ohne Zustimmung des Personalrates nicht entscheiden. Mithin kann die infolge unterbliebener Mitbestimmung des Personalrates fehlerhafte Umsetzung nur dadurch in einer dem Rechtsschutzanspruch des Beamten genügenden Weise rückgängig gemacht werden, dass der ursprüngliche Zustand wieder hergestellt, das heißt der Klägerin ihr früherer Dienstposten wieder übertragen wird. Andernfalls würde das Beteiligungsrecht des Personalrates in personellen Angelegenheiten, dessen Beachtung auch der einzelne Beamte verlangen kann, im Ergebnis unterlaufen. Erst von der Rückübertragung des alten Dienstpostens ausgehend darf der Dienstherr gegebenenfalls ein neues Umsetzungsverfahren unter Einschaltung des Personalrates in der in § 72 Abs. 1 Nr. 5 LPVG vorgeschriebenen Weise durchführen.

BVerwG, Urteil vom 13. November 1986 - 2 C 20.84 -, BVerwGE 75, 138.

Die Umsetzung der Klägerin ist zudem deshalb verfahrensfehlerhaft erfolgt, weil es sich hierbei um eine der Mitwirkungspflicht der Gleichstellungsbeauftragten unterliegende Maßnahme handelt, eine Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten aber nicht festgestellt werden kann. Nach § 17 Abs. 1 Halbsatz 1 LGG unterstützt die Gleichstellungsbeauftragte die Dienststelle und wirkt bei der Ausführung des Gesetzes sowie aller Vorschriften und Maßnahmen mit, die Auswirkungen auf die Gleichstellung von Mann und Frau haben oder haben können. Dies gilt nach § 17 Abs. 1 Halbsatz 2 Nr. 1 LGG insbesondere für organisatorische und personelle Maßnahmen. Wortlaut und Entstehungsgeschichte des § 17 Abs. 1 LGG legen hierbei ein weites Begriffsverständnis nahe.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 9. September 2010 - 6 A 100/10 -, juris; VG Aachen, Urteil vom 24. Mai 2007 - 1 K 1976/05 -, juris; v. Roetteken, Anmerkung zum Urteil des VG Aachen, Gleichstellung in der Praxis (GiP) 2007, 43.

Dort findet sich lediglich die allgemeine Formulierung "organisatorische und personelle Maßnahmen" und nicht etwa eine Auflistung konkret bezeichneter Maßnahmen. Von einem eher weiten Verständnis des Begriffs ist auch der Gesetzgeber ausgegangen. In der Begründung des Gesetzentwurfs wird zu § 17 LGG (vgl. LT-Drucksache 12/3959, S. 59 f.) ist u.a. ausgeführt:

"Abs. 1 enthält eine Generalklausel für die Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten (...). Die zuständigen Gleichstellungsbeauftragten sind an den entsprechenden Maßnahmen zu beteiligen. Maßnahmen im Sinne der Nummer 1 sind analog §§ 72 ff. LPVG u.a. Versetzungen, Umsetzungen, Fortbildungen, Kündigungen, Arbeitszeitregelungen sowie die Erstellung von Beurteilungsrichtlinien (...). Die Aufzählung der Maßnahmen in Nrn. 1 und 2 LGG, an denen die Gleichstellungsbeauftragte mitwirkt, ist nicht abschließend."

Die Gleichstellungsbeauftragte hätte nach alledem auch in dem die Umsetzungsverfügung vorbereitenden Verwaltungsverfahren beteiligt werden müssen. Sie hätte frühzeitig über die beabsichtigte Umsetzung der Klägerin unterrichtet und angehört werden müssen. Ihr wäre innerhalb einer angemessenen Frist, die in der Regel eine Woche nicht unterschreiten darf, Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben gewesen (§ 18 Abs. 2 Satz 1 und 2 LGG).

Das ist aber, soweit ersichtlich, nicht geschehen. Dass es, wie die Terminsvertreter des Beklagten in der mündlichen Verhandlung vorgetragen haben, gängige Praxis der Behörde sei, die Gleichstellungsbeauftragte bei Personalmaßnahmen stets zu beteiligen, reicht insoweit als Nachweis nicht aus. Festzustellen ist lediglich eine "Mitzeichnung" der Gleichstellungbeauftragten bezüglich der Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung (vgl. Ziffer 2 der Verfügung vom 29. April 2009).

Der in der unterbliebenen Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten liegende Mangel führt gleichfalls zur formellen Rechtswidrigkeit der Umsetzung. Dieser Verfahrensfehler ist auch nicht ausnahmsweise nach dem Rechtsgedanken des § 46 VwVfG NRW unbeachtlich. Denn es steht keineswegs fest, dass die Sachentscheidung auch bei ordnungsgemäßer Verfahrensweise nicht anders ausgefallen wäre. Im Hinblick auf die Umsetzung bestand ein Entscheidungsspielraum (Ermessen) des Dienstherrn. Das schließt die Annahme aus, es sei offensichtlich, dass die mangelnde Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat.

Selbst eine (hier bislang nicht erfolgte) nachträgliche Erklärung der Gleichstellungsbeauftragten, wonach diese keine Bedenken gegen die Umsetzung der Klägerin hat, führte nach Auffassung des OVG NRW, vgl. Beschlüsse vom 1. Juni 2010 - 6 A 470/08 - und vom 9. September 2010 - 6 A 100/10 -, jeweils juris, nicht zur Unbeachtlichkeit des Verfahrensfehlers. Denn die nachträgliche Auskunft der zu Unrecht übergangenen Interessenvertretung kann keine Antwort darauf geben, ob die Verletzung die seinerzeit unter anderen Vorzeichen zu treffende Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Dabei ist zu berücksichtigen, dass zu den Aufgaben der Gleichstellungsbeauftragten auch die Beratung und Unterstützung der Beschäftigten in Fragen der Gleichstellung gehören (vgl. § 17 Abs. 2 LGG). Die Beteiligung bei personellen Maßnahmen dient unter anderem der Wahrung der von unterschiedlichsten Lebenslagen bestimmten Interessen des einzelnen Beschäftigten. Angesichts dessen ist es jedenfalls nicht ausgeschlossen, dass die Gleichstellungsbeauftragte die ihr nach § 18 Abs. 2 Satz 2 LGG in der Regel einzuräumende einwöchige Frist zur Stellungnahme genutzt hätte, um Kontakt zur Klägerin aufzunehmen und auf diese Weise weitere erhebliche Informationen zu erlangen, und sie deshalb im Falle einer rechtzeitigen Beteiligung die Umsetzung der Klägerin anders bewertet hätte, als sie nunmehr geltend macht. Damit kann zugleich nicht ausgeschlossen werden, dass das beklagte Land eine andere Entscheidung getroffen hätte. Ein weitergehendes Verständnis des § 46 VwVfG NRW wäre auch gesetzessystematischen Einwänden ausgesetzt: Die nachträgliche Auskunftserteilung der Gleichstellungsbeauftragten träte neben die in § 45 Abs. 1 Nrn. 3 und 5 VwVfG NRW vorgesehenen Heilungsmöglichkeiten, wäre aber an die in Abs. 2 der Vorschrift enthaltenen Begrenzungen nicht gebunden.

Angesichts der Parallelen zwischen den Bestimmungen über die Mitwirkung der Gleichstellungsbeauftragten und den Bestimmungen über das personalvertretungsrechtliche Mitbestimmungsverfahren, vgl. OVG NRW, Beschluss vom 9. September 2010 - 6 A 100/10 -, juris, begründet auch die Nichtbeteiligung der Gleichstellungsbeauftragten aus den oben dargestellten Gründen einen Anspruch auf Rückumsetzung.

Ist die streitbefangene Umsetzung der Klägerin demnach wegen des Unterbleibens der Beteiligung des Personalrats und der Gleichstellungsbeauftragten als rechtswidrig aufzuheben und der Beklagte verpflichtet, die Klägerin bis auf weiteres wieder auf ihren früheren Dienstposten in der Landesreiterstaffel rückumzusetzen, kann letztlich dahinstehen, ob der Beklagte die Umsetzung darüber hinaus unter Verletzung der Bestimmungen über die Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung getroffen hat und welche Rechtsfolgen sich ggfs. hieraus ergeben.

Das erkennende Gericht weist in diesem Zusammenhang aber auf Folgendes hin: Die Klägerin ist seit dem Jahr 2006 (mit einem GdB von 50) schwerbehindert. Sie hat durch die Einreichung einer Ablichtung ihres Schwerbehindertenausweises ihrem Dienstherrn gegenüber zudem zum Ausdruck gebraucht, dass sie diesen Umstand bei sie betreffenden Personalmaßnahmen berücksichtigt wissen will. Das hat auch das PP E im Ansatz nicht verkannt. Denn es hat die Schwerbehindertenvertretung mit Schreiben vom 29. April 2009 zu der beabsichtigten Maßnahme "angehört". Eine derartige Beteiligung war auch geboten. Nach § 95 Abs. 2 SGB IX hat der Arbeitgeber - wozu nach § 71 Abs. 3 Nr. 2 SGB IX auch der Beklagte zählt - die Schwerbehindertenvertretung in allen Angelegenheiten, die einen einzelnen oder die schwerbehinderten Menschen als Gruppe berühren, unverzüglich und umfassend zu unterrichten und vor einer Entscheidung anzuhören. Nach § 128 Abs. 1 SGB IX gelten diese Bestimmungen auch für Beamte. Vorliegend kann offen bleiben, ob es sich bei der Umsetzung um eine "Entscheidung" im Sinne des § 95 Abs. 2 SGB IX handelt, sodass diese Bestimmung unmittelbar anwendbar ist. Denn das Erfordernis der Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung ergibt sich jedenfalls aus Nr. 9.1 der Richtlinie zur Durchführung der Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen (SGB IX) im öffentlichen Dienst im Lande Nordrhein-Westfalen (Runderlass des Innenministeriums vom 14. November 2003, SMBl. NRW. 203030 - nachfolgend: Richtlinie). Hiernach ist "vor jedem Arbeitsplatzwechsel ... nach § 95 Abs. 2 SGB IX zu verfahren" (vgl. Satz 4). Zu einem solchen Arbeitsplatzwechsel gegen den Willen des schwerbehinderten Menschen zählt nach Satz 2 auch die Umsetzung.

Vgl. auch OVG NRW, Beschluss vom 6. Januar 2010 - 6 B 1482/09 -, m.w.N., ZBR 2010, 384, zur Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung nach Nr. 10 der Richtlinie bei einer dienstlichen Beurteilung Schwerbehinderter.

An einer mit der Bestimmung des § 95 Abs. 2 Satz 1 SGB IX in Einklang stehenden Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung dürfte es vorliegend aber fehlen. Das Dienstgespräch am 21. November 2008, an dem auch die Schwerbehindertenvertretung teilgenommen hatte, hatte lediglich die kurz zuvor ergangene, bei dieser Gelegenheit aber wieder aufgehobene Umsetzungsverfügung vom 18. November 2008 zum Inhalt. Das Anhörungsschreiben vom 29. April 2009 dürfte den Anforderungen des § 95 Abs. 2 Satz 1 SGB IX gleichfalls nicht gerecht geworden sein, weil die mit diesem Schreiben tatsächlich gesetzte Frist zur Stellungnahme von (höchstens) einem Tag angesichts des komplexen Sachverhalts unangemessen kurz war. In entsprechender Anwendung der Bestimmung des § 95 Abs. 2 Satz 2 SGB IX dürfte der Schwerbehindertenvertretung für eine Stellungnahme in der Regel ein Zeitraum von sieben Tagen einzuräumen sein. Auch die Schwerbehindertenvertretung selbst benötigte, wie sich ihrer Zwischennachricht vom 14. Mai 2009 entnehmen lässt, angesichts des komplexen Sachverhalts für eine der Sache angemessene Stellungnahme mehr Zeit. Der Beklagte hat auch nicht die in Satz 2 des § 95 Abs. 2 SGB IX für den Fall einer ohne Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung nach Satz 1 vorgeschriebene Verfahrensweise beachtet. Er hat nicht die Durchführung oder Vollziehung der ohne Beteiligung nach Satz 1 getroffenen Entscheidung ausgesetzt und auch nicht nach der Beteiligung eine endgültige (eigenständige) Entscheidung getroffen.

Das erkennende Gericht neigt auch der Auffassung zu, dass die nicht ordnungsgemäße Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung zur Rechtswidrigkeit der Maßnahme führt. Ausgehend von der die frühere Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aufgreifenden Rechtsprechung des OVG NRW, vgl. Beschlüsse vom 19. Juni 2007 - 6 B 383/07 -, ZBR 2008, 106, und vom 15. März 2010 - 6 A 4435/06 -, ZBR 2010, 316, ist diese Rechtsfolge jedenfalls bei einer "in die Rechtsverhältnisse und die Sphäre des Beamten einschneidend eingreifenden Maßnahme" anzunehmen. Das dürfte hier anzunehmen sein. Zwar hat das Bundesverwaltungsgericht im Zusammenhang mit § 13 Abs. 2 Satz 6 SchwerbeschädigtenG 1961 eine derartige Rechtsbetroffenheit nicht angenommen, wenn eine Umsetzung in Rede steht, die nicht in die Privatsphäre des Beamten eingreift.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. April 1977 - VI C 154.73 -, Buchholz 232 § 26 BBG Nr. 18.

Hierfür war aber zum einen maßgebend, dass die Anhörung des Vertrauensmannes der Schwerbeschädigten bei einer Umsetzung seinerzeit weder im Gesetz selbst noch in die Verwaltung bindenden sonstigen Bestimmungen vorgeschrieben war, und zum anderen, dass in dem damals zu entscheidenden Fall lediglich eine "nicht mit dem Wechsel des Dienstortes - und damit nicht in die Privatsphäre des Beamten eingreifende(n) - und jederzeit ohne größere Schwierigkeiten änderbare(n) Zuweisung eines anderen Dienstpostens bei der Stammbehörde" im Streit stand. Vorliegend ist aber die Anwendbarkeit der gesetzlichen Bestimmung über den Schutz des behinderten Menschen - über Nr. 9.1 der Richtlinie - nicht zweifelhaft. Auch dürften die mit der streitigen Umsetzungsverfügung verbundenen Folgen, insbesondere der Wechsel des Dienstortes und die Übertragung eines deutlich anders gearteten Aufgabenbereichs, die Klägerin durchaus in ihrer Rechtssphäre nachteilig betreffen.

Es erscheint auch zweifelhaft, ob dieser in der verfahrensfehlerhaften Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung liegende und nicht entsprechend § 95 Abs. 2 Satz 2 SGB IX binnen sieben Tagen nach Ergehen der fehlerhaften Entscheidung geheilte Mangel ausnahmsweise nach dem Rechtsgedanken des § 46 VwVfG NRW unbeachtlich ist. Folgt man insoweit der Rechtsprechung des OVG NRW, vgl. Beschluss vom 15. März 2010 - 6 A 4435/06 -, ZBR 2010, 316, so führt auch eine nachträgliche Stellungnahme der Schwerbehindertenvertretung, in der - wie vorliegend mit Schreiben vom 24. Juni 2009 - keine Bedenken gegen die (getroffene) Maßnahme erhoben werden, nicht ohne weiteres zur Folgenlosigkeit des Verfahrensfehlers.

Hat die Klage wegen der Nichtbeachtung der Bestimmungen über die Beteiligung des Personalrates und der Gleichstellungsbeauftragten Erfolg, so kann gleichfalls dahinstehen, ob die Umsetzungsverfügung einer materiell-rechtlichen Prüfung standhielte. Insoweit ist allerdings anzumerken, dass eine Umsetzung im verwaltungsgerichtlichen Verfahren im Allgemeinen nur daraufhin überprüft werden kann, ob sie durch Ermessensmissbrauch maßgeblich geprägt ist, d.h. ob die Gründe des Dienstherrn seiner tatsächlichen Einschätzung entsprachen und nicht nur vorgeschoben waren, um eine auf anderen Beweggründen beruhende Entscheidung zu rechtfertigen.

Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 8. Februar 2007 - 2 VR 1.07 -, juris, und vom 26. November 2004 - 2 B 72.04 -, Buchholz 235 § 9 BDO Nr. 41, sowie Urteil vom 28. November 1991 2 C 41.89 , Buchholz 232, § 26 BBG Nr. 34; vgl. auch OVG NRW, Beschluss vom 31. Juli 2009 6 A 3481/07, juris.

Jedenfalls dürfte es geboten sein, im Falle des Erlasses einer erneuten Umsetzungsverfügung die Gründe, die für die getroffene Maßnahme letztlich maßgebend gewesen sind, im Einzelnen zu bezeichnen.

Soweit der Dienstherr auf eine angespannte Situation am Arbeitsplatz abstellt, ist er allerdings bei der in diesem Fall zu treffenden Entscheidung, welcher der hieran Beteiligten umgesetzt werden soll, mit Blick auf das insoweit eröffnete weite Ermessen nicht gehalten, den genauen Ursachen des Konflikts oder der Berechtigung der erhobenen Vorwürfe im einzelnen nachzugehen und die "Schuldfrage" gleichsam endgültig zu klären. Die Wegsetzung eines Beamten ohne nähere Prüfung der Verantwortlichkeiten für einen Konflikt ist nur dann willkürlich und damit ermessensfehlerhaft, wenn die Unstimmigkeiten, die das Vertrauensverhältnis in einer den Dienstbetrieb beeinträchtigenden Weise gestört oder sogar zerstört haben, im Wesentlichen allein von den anderen Beteiligten verschuldet worden sind oder auf deren komplottähnlichem Zusammenwirken beruhen.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 11. März 2004 - 6 B 71.03 -, juris; OVG NRW, Urteil vom 10. Dezember 1997 - 12 A 7367/95 -, juris.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO, §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Das Gericht lässt die Berufung nicht gemäß § 124 a Abs. 1 Satz 1 VwGO zu, weil es die Voraussetzungen des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO nicht als gegeben ansieht.

Referenznummer:

R/R4942


Informationsstand: 06.07.2011