Die zulässige Klage ist begründet. Der angefochtene Bescheid ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, § 113
Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (
VwGO).
Maßgebliche Rechtsgrundlage der hier streitgegenständlichen Versetzung in den Ruhestand ist § 111
Abs. 1 Satz 1 und 2
i. V. m. § 113
LBG a. F.Hiernach ist ein Beamter auf Lebenszeit in den Ruhestand zu versetzen, wenn er aus gesundheitlichen Gründen dienstunfähig ist, was auch dann angenommen werden kann, wenn der Beamte infolge Erkrankung innerhalb von sechs Monaten mehr als drei Monate keinen Dienst getan hat und keine Aussicht besteht, dass er innerhalb weiterer sechs Monate wieder voll dienstfähig wird, § 111
Abs. 1 Satz 1 und 2
LBG a. F. Beantragt der vom Dienstherrn für dienstunfähig gehaltene Beamte seine Versetzung in den Ruhestand nicht selbst, ist gemäß § 113
LBG a. F. ein Zwangspensionierungsverfahren durchzuführen.
Maßgeblicher Anknüpfungspunkt für die Prüfung, ob der Beklagte den Kläger zu Recht in den Ruhestand versetzt hat, ist der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung, hier also der Erlass des Widerspruchsbescheides vom 24. April 2009.
1. Die Versetzung des Klägers in den Ruhestand ist vorliegend zum einen deshalb rechtswidrig, weil der Beklagte seiner Entscheidung keine hinreichend aussagekräftige ärztliche Einschätzung zu Grunde gelegt hat. Gemäß § 115 a
Abs. 1
LBG a. F. muss das ärztliche Gutachten nicht nur das Untersuchungsergebnis mitteilen, sondern auch die das Ergebnis tragenden Feststellungen und Gründe sowie die in Frage kommenden Maßnahmen zur Wiederherstellung der Dienstfähigkeit, soweit deren Kenntnis für die Behörde unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit für die Entscheidung über die Zurruhesetzung erforderlich ist. Danach muss das Gutachten sowohl die notwendigen Feststellungen zum Sachverhalt,
d. h. die in Bezug auf den Beamten erhobenen Befunde enthalten als auch die aus medizinischer Sicht daraus abzuleitenden Schlussfolgerungen für die Fähigkeit des Beamten, sein abstrakt-funktionelles Amt weiter auszuüben. Wie detailliert die Ausführungen sein müssen, ist im Hinblick auf die Funktion des Gutachtens zu beantworten. Eine amtsärztliche Stellungnahme im Zwangspensionierungsverfahren soll dem Dienstherrn die Entscheidung darüber ermöglichen, ob der Beamte zur Erfüllung seiner Dienstpflichten dauernd unfähig ist und
ggf. welche Folgerungen aus einer bestehenden Dienstunfähigkeit zu ziehen sind. Zugleich muss das Gutachten es dem Beamten ermöglichen, sich mit den Feststellungen und Schlussfolgerungen des Amtsarztes
bzw. mit der darauf beruhenden Entscheidung des Dienstherrn auseinanderzusetzen und sie
ggf. substantiiert anzugreifen. Deshalb darf sich das Gutachten nicht auf die bloße Mitteilung einer Diagnose und eines Entscheidungsvorschlages beschränken, sondern muss die für die Meinungsbildung des Amtsarztes wesentlichen Entscheidungsgrundlagen erkennen lassen. Dabei sind Verweise auf an anderer Stelle erhobene Befunde
bzw. formulierte Bewertungen zulässig, wenn deutlich wird, in welchem Umfang sich der Amtsarzt ihnen anschließt. Wie detailliert eine amtsärztliche Stellungnahme danach jeweils sein muss, richtet sich nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalles (
vgl. zum Ganzen Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 20. Januar 2011 - 2 B 2/10 -, zitiert nach juris, dort Rdn. 5).
Diesen Anforderungen genügen die von dem Beklagten seiner Entscheidung zu Grunde gelegten amtsärztlichen Gutachten und Stellungnahmen nicht.
Die knappe Stellungnahme der Frau DM B. vom 29. März 2007 enthält bis auf die Angabe der Untersuchung des Klägers weder Aussagen zu den erhobenen Befunden noch überhaupt eine Diagnose oder Feststellungen zu den Auswirkungen der Gesundheitsbeeinträchtigung. Ebenso wenig werden Maßnahmen zur Wiederherstellung der Dienstfähigkeit oder Folgerungen aus der Dienstunfähigkeit diskutiert. Die Gutachterin hat ihre Stellungnahme zwar nachfolgend ergänzt, wobei das Schreiben vom 28. Juni 2007 zwar eine Auslistung der von ihr zugrunde gelegten anderweitig erhobenen Befunde und erstellten Atteste aus den Jahren 2003 bis 2006 enthält, ohne allerdings erkennen zu lassen, in welchem Umfang sie sich ihnen anschließt. Dementsprechend vermag auch die ergänzende schriftliche Stellungnahme der Frau DM B. vom 24. Juli 2008 den Anforderungen an ein amtsärztliches Gutachten im Rahmen des Zwangspensionierungsverfahrens nicht zu genügen, auch wenn die Gutachterin hier erstmals die gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Klägers, die zum Zeitpunkt der Untersuchung bestehenden Funktionsbeschränkungen und eine Prognose bezüglich des (nicht absehbaren) Wiedererreichens der Dienstfähigkeit benennt.
Nicht verwertbar sind auch das amtsärztliche Gesundheitszeugnis der Frau DM
S. vom 28. September 2007 und deren Zeugenaussage vom 15. Juli 2008, die weder zu den Auswirkungen der gesundheitlichen Beeinträchtigung des Klägers noch zu aktuellen Funktionsbeeinträchtigungen oder zur Aussicht auf Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit hinreichende Angaben gemacht hat.
Zudem boten die benannten amtsärztlichen Stellungnahmen dem Beklagten keine hinreichend aktuelle Grundlage für die Entscheidung über die Zurruhesetzung des Klägers. Denn selbst die Stellungnahme der Frau DM B. im Rahmen des Ermittlungsverfahrens erfolgte nicht nur bereits am 24. Juli 2008, also neun Monate vor Erlass des Widerspruchsbescheides am 24. April 2009. Ihre Feststellungen sind vielmehr zudem ausdrücklich auf den Zeitpunkt ihrer Untersuchung des Klägers am 29. März 2007 bezogen; eine Aussage zum aktuellen Gesundheitszustand konnte die Gutachterin dagegen ausdrücklich nicht treffen. Damit stützt sich der Beklagte für seine Entscheidung auf einen gesundheitlichen Zustand des Klägers, der im Zeitpunkt der - hier maßgeblichen - letzten Behördenentscheidung bereits über zwei Jahre zurück lag. Dies unterliegt hier um so mehr durchgreifenden Bedenken, als der Kläger ab dem Jahr 2007, nachdem er nämlich - und zwar einen Tag vor der amtsärztlichen Untersuchung am 29. März 2007 - mit einer passenden und ausreichenden Ganzbeinorthese versorgt war, wiederholt seine Wiedereingliederung beantragt hat, die ihm im Hinblick auf das eingeleitete Zurruhesetzungsverfahren aber verwehrt worden war. Mit dem diesbezüglichen Vortrag des Klägers, wonach seine Dienstausfallzeiten bis März 2007 auf der mangelnden Versorgung mit einer passenden Orthese basierten, setzen sich im Übrigen weder der Beklagte noch die von ihm in Bezug genommenen Gutachten auseinander, insbesondere entgegen der Darstellung des Beklagten auch nicht das amtsärztliche Gesundheitszeugnis vom 28. September 2007 der Frau DM
S., das insoweit lediglich auf den Abschluss des behördlichen Dienstunfallverfahrens verweist.
Der Vortrag des Beklagten, dass der Kläger möglicherweise schon längere Zeit vor der Einleitung des Zurruhesetzungsverfahrens dienstunfähig gewesen sei, wofür der Beklagte auf einen weiteren Unfall des Klägers im Jahre 2002 und den Umstand verweist, dass der Kläger bereits seit dem Jahre 2004 die Pflegestufe 1 zuerkannt bekommen hat, was von dem Kläger verschwiegen worden sei, so dass die amtsärztlichen Gutachten diese Umstände nicht in ihre Wertungen konnten, vermag nicht im Ansatz ein anderes Ergebnis zu rechtfertigen. Ungeachtet dessen, dass der Beklagte damit letztlich selbst vorträgt, dass die von ihm in Bezug genommenen Gutachten auf einer unzureichenden Tatsachengrundlage ergangen und deshalb nicht verwertbar seien, ist nicht nachvollziehbar, was der Beklagte aus den von ihm selbst nur hypothetisch formulierten Umständen für sich ableiten will. Der vorliegend angefochtenen Entscheidung lagen sie jedenfalls nicht zugrunde, deren Rechtmäßigkeit sich auch nicht aus - möglicherweise gegebenen - Ersatzursachen begründen lässt.
Nur am Rande sei darauf verwiesen, dass der Kläger den privaten Unfall aus dem Jahr 2002 entgegen der Behauptung des Beklagten offenkundig nicht verschwiegen hat. Der Kläger erlitt hierbei rechtsseitig eine Tibiakopffraktur, wegen der er nicht nur dienstunfähig krank geschrieben war, sondern die in den dem Gericht vorliegenden Unterlagen wiederholt Erwähnung gefunden hat, so etwa in der fachärztlichen Stellungnahme der Frau
Dr. W. vom 31. Januar 2005 und deren Gutachten vom 23. Februar 2006 sowie in der ärztlichen Bescheinigung der Frau DM K. vom 18. August 2006. Auch der Beklagte selbst erwähnt die Fraktur wiederholt, so etwa im Widerspruchsbescheid vom 25. Mai 2005 und in seiner Klageerwiderung vom 17. August 2005 im Verfahren 5 K 179/09 sowie im Ermittlungsbericht zum Zwangspensionierungsverfahren vom 21. November 2008. Soweit hieraus weder in den amtsärztlichen Gutachten noch von dem Beklagten selbst Schlussfolgerungen gezogen wurden, mag dies daran liegen, dass diese Fraktur, worauf der Kläger plausibel verwiesen hat, folgenlos verheilt ist, weshalb er seinerzeit eine Ganzbeinorthese lediglich zur Entlastung des Kniegelenks und Unterstützung des Heilungsprozesses über einen Zeitraum von
ca. vier Wochen getragen hat.
Auch der Verweis auf die dem Kläger zuerkannte Pflegestufe bleibt fruchtlos, da sich allein hieraus - ebenso wie etwa aus dem dem Kläger zuerkannten Grad der Behinderung - keinerlei Aussagen zur Dienstunfähigkeit ableiten lassen, die sich nach gänzlich anderen Kriterien bestimmt.
Schließlich vermögen auch die weiteren Ausführungen des Beklagten nicht erkennen lassen, dass der Kläger zum Zeitpunkt der Zurruhesetzung tatsächlich dienstunfähig gewesen ist. Soweit der Beklagte in seinem Widerspruchsbescheid darauf verweist, dass die Tätigkeit an einem Oberstufenzentrum Durchsetzungsvermögen und ein hohes Maß an psychischer und körperlicher Belastbarkeit erfordert, da gerade an dieser Schule mit einer höchst unterschiedlichem Schülerschaft gearbeitet werden müsse, verkennt er, dass es für die Annahme der Dienstunfähigkeit nicht ausreicht, dass der Beamte die Aufgaben des von ihm wahrgenommenen Amtes im konkret-funktionellen Sinn, also des konkreten Dienstpostens, nicht mehr erfüllen kann. Maßstab für die Beurteilung der Dienstunfähigkeit ist vielmehr das dem Beamten zuletzt übertragene Amt im abstrakt-funktionellen Sinn. Es umfasst alle bei der Beschäftigungsbehörde dauerhaft eingerichteten Dienstposten, auf denen der Beamte amtsangemessen beschäftigt werden kann. Dienstunfähigkeit setzt daher voraus, dass bei der Beschäftigungsbehörde kein Dienstposten zur Verfügung steht, der dem statusrechtlichen Amt des Beamten zugeordnet und gesundheitlich für ihn geeignet ist (
vgl. Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 26. März 2009 -
2 C 73/08 -, zitiert nach juris, dort Rdn. 14 sowie Beschluss vom 6. März 2012 - 2 A 5/10 -, zitiert nach juris, dort Rdn. 2). Dabei ist ein Beamter weiterhin dienstfähig, wenn ein geeigneter Dienstposten entweder für ihn frei gemacht oder durch organisatorische Änderungen eingerichtet werden kann (
vgl. Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 26. März 2009 - 2 C 73/08 -,
a. a. O., dort Rdn. 15). Dass der Beklagte dies beachtet und entsprechende Überlegungen
bzw. Prüfungen vorgenommen hat, etwa einen Einsatz des Klägers als Studienrat an einer behindertengerecht ausgestatteten Schule, ist vorliegend nicht ersichtlich. Aus den amtsärztlichen Gutachten geht zudem nicht hervor, dass der Kläger, der bereits vor seinem Dienstunfall körperlich beeinträchtigt und schwerbehindert mit einem
GdB von 90 und dennoch langjährig als Lehrer am Oberstufenzentrum tätig war, neben seiner Mobilitätseinschränkung nicht über das für diese Tätigkeit erforderliche Durchsetzungsvermögen und eine hohe Belastbarkeit im Übrigen verfügte.
2. Die hier angefochtene Versetzungsverfügung ist darüber hinaus auch deshalb rechtswidrig, weil der Beklagte die nach § 111
Abs. 3
LBG a. F. gebotene Suche nach einer anderweitigen Verwendung des Klägers nicht
bzw. nicht den Anforderungen entsprechend durchgeführt hat.
Gemäß § 111
Abs. 3
LBG a. F. soll von der Versetzung eines Beamten in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit abgesehen werden, wenn ihm ein anderes Amt derselben oder einer anderen Laufbahn übertragen werden kann. Die Norm ist Ausdruck des Grundsatzes "Weiterverwendung vor Versorgung". Ein dienstunfähiger Beamter soll nur dann aus dem aktiven Dienst ausscheiden, wenn er dort nicht mehr eingesetzt werden kann. Ziel der Vorschrift ist es, dienstunfähige Beamte nach Möglichkeit im aktiven Dienst zu halten, wobei sich die Suche nach einer anderweitigen Verwendung regelmäßig auf den gesamten Bereich des Dienstherrn und auch auf Dienstposten zu erstrecken hat, die erst in absehbarer Zeit voraussichtlich neu zu besetzen sind. (
vgl. zum Ganzen Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 26. März 2009 - 2 C 73/08 -,
a. a. O., dort Rdn. 19
ff. sowie Beschluss vom 6. März 2012 - 2 A 5/10 -,
a. a. O., dort Rdn. 4). Es ist Sache des Dienstherrn, schlüssig darzulegen, dass er bei der Suche nach einer anderweitigen Verwendung für den dienstunfähigen Beamten die Vorgaben des § 111
Abs. 3
LBG a. F. beachtet hat.
Hier hat der Beklagte von vorn herein gar nicht nach einer anderen Verwendungsmöglichkeit für den Kläger gesucht. Dies ergibt sich - abgesehen davon, dass keinerlei entsprechende Aktivitäten in den Akten dokumentiert sind - insbesondere aus dem Ergebnisbericht der Ermittlungsführerin des Zwangspensionierungsverfahrens vom 21. November 2008, wonach eine entsprechende Prüfung hier im Hinblick auf die festgestellte Dienstunfähigkeit mangels deshalb möglicher Weiterverwendung entfalle. Zur Begründung beruft sich die Ermittlungsführerin ebenfalls auf die schon benannten amtsärztlichen Gutachten und Zeugenaussagen der Frau DM B. und der Frau DM
S. Diese haben sich jedoch mit keinem Wort zu einer anderweitigen Verwendungsmöglichkeit geäußert.
Auch die entsprechenden Ausführungen im Widerspruchsbescheid vermögen nicht zu überzeugen. So ist besonders der pauschale Hinweis, dass der Kläger auch den Anforderungen einer amtsangemessene Verwendung im Verwaltungsbereich des Beklagten aus gesundheitlichen Gründen nicht genüge, durch nichts, insbesondere nicht durch eine entsprechende amtsärztliche Feststellung, begründet. Soweit er darauf verweist, dass etwa die Tätigkeit als Referent in der obersten Landesbehörde eine hohe Leistungsbereitschaft, eine starke Belastbarkeit, ein hohes Maß an Selbständigkeit und Teamfähigkeit erfordern, sind keinerlei tatsächliche Feststellungen erkennbar, aus denen zu schließen wäre, dass der Kläger hierüber nicht verfügt. Fehlerhaft ist insoweit auch der Verweis darauf, dass eine entsprechende Planstelle derzeit nicht verfügbar sei, was nach oben Gesagtem einer anderweitigen Verwendung nicht zwingend entgegensteht.
Da die Versetzung des Klägers in den Ruhestand schon hiernach rechtswidrig war, konnte die Kammer vorliegend darauf verzichten, zur Frage der Dienstunfähigkeit ein weiteres Gutachten einzuholen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154
Abs. 1
VwGO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 167
VwGO i. V. m. §§ 708
Nr. 11, 711
ZPO.