Urteil
Rückgängigmachung einer Umsetzung - Versetzungsgesuch - Verpflichtung des Dienstherrn zur Übertragung einer amtsangemessenen Beschäftigung - Freie und verfügbare Planstelle

Gericht:

VG Würzburg 1. Kammer


Aktenzeichen:

W 1 E 13.481 | 1 E 13.481


Urteil vom:

18.07.2013


Grundlage:

  • VwGO § 123 |
  • GG Art 33 Abs. 5 |
  • BBG § 28

Tenor:

I. Der Antrag wird abgelehnt.

II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Antragsteller wendet sich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gegen seine Umsetzung und begehrt darüber hinaus die Verpflichtung der Antragsgegnerin, ihm eine amtsangemessene und zumutbare Beschäftigung zu übertragen.

Der Antragsteller, Jahrgang 1970, wohnhaft in ... S..., ist Beamter der ehemaligen Deutschen Bundespost, seit dem 1. September 2010 im Range eines Postamtsrates (A 12). Der Antragsteller ist einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt, der Grad der Behinderung (GdB) beträgt 40 v.H..

Der Antragsteller war im Zeitraum 1. September 1999 bis 31. Dezember 2010 für Tätigkeiten bei verschiedenen Tochterunternehmen der Deutschen Post AG beurlaubt, zuletzt bei DHL Express Germany GmbH. Mit Verfügung vom 23. Dezember 2010 wurde er in den Bereich der Niederlassung Brief Würzburg versetzt und am Dienstort Kitzingen eingesetzt. Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren hiergegen erhob der Antragsteller Klage zum Verwaltungsgericht Würzburg (Az.: W 1 K 11.787), die mit Beschluss der Kammer vom 28. November 2011 an das Verwaltungsgericht Meiningen verwiesen wurde (dortiges Az.: 1 K 825/11 Me). Das Verwaltungsgericht Meiningen hat das Klageverfahren sowie ein später eingegangenes Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (Az.: 1 E 869/11 Me) mit Beschluss vom 23. Februar 2012 eingestellt, nachdem sich der Antragsteller im Erörterungstermin mit dem ihm angebotenen Dienstposten als Bemesser (Entgeltgruppe 6, entspricht Besoldungsgruppe A 9 - 11) beim Zustellstützpunkt mit Leitungsfunktion (ZSPL) Schweinfurt einverstanden erklärt hatte. Die Übertragung dieses Dienstpostens sollte nach Eintritt des bisherigen Dienstposteninhabers in die Altersteilzeit zum 1. Februar 2013 erfolgen. Vorher war die Umsetzung des Antragstellers nach Schweinfurt zum Zweck der Einarbeitung in die Tätigkeit eines Bemessers beabsichtigt.

Mit Verfügung der Antragsgegnerin vom 9. März 2012 wurde der Antragsteller nach Zustimmung des Betriebsausschusses mit Wirkung vom 1. März 2012 von Kitzingen nach Schweinfurt umgesetzt. Nach entsprechender Einarbeitungszeit sollte er im Sachgebiet Bemessung eingesetzt werden. Er bleibe weiterhin im sogenannten "Überhang" der Niederlassung Würzburg. Sein neuer Dienstort sei ab dem genannten Zeitpunkt Schweinfurt.

Vom 4. bis 25. Februar 2013 befand sich der Antragsteller zur Rehabilitation nach einer Wirbelsäulenoperation in der Kurparkklinik in Bad L. Im vorläufigen Entlassungsbericht dieser Klinik vom 22. Februar 2013 ist zur sozialmedizinischen Beurteilung ausgeführt, der Antragsteller bewältige jetzt einen Anfahrtsweg zur Arbeit mit dem Auto von täglich einer Strecke von 70 km. Aufgrund der durchgemachten Wirbelsäulenoperation und auch der Knieproblematik sei diese Fahrstrecke täglich nicht zumutbar. Dem Antragsteller sei eine Vorstellung beim Betriebsarzt unter der Fragestellung eines näher gelegenen Arbeitsplatzes empfohlen worden.

Mit Schreiben vom 18. April 2013 bat der Antragsteller um Versetzung an die Niederlassung Brief Erfurt mit Dienstort Suhl aus persönlichen Gründen. Er verwies zum einen auf seine gesundheitlichen Einschränkungen. Die zu seinem Wohnort ... S... nächstgelegene Arbeitsstätte der Deutschen Post befinde sich in Suhl. Die einfache Entfernung betrage 30 km und würde den täglichen Anfahrtsweg im Vergleich zu Würzburg halbieren. Des Weiteren verwies der Antragsteller darauf, dass seine Mutter pflegebedürftig (Pflegestufe 1) und schwerbehindert mit einem GdB von 100 sei. Er sei ihr gerichtlich bestellter ehrenamtlicher Betreuer und kümmere sich in seiner Freizeit um Arztbesuche, Einkäufe und den Schriftverkehr. Der weit entfernte Dienstort erschwere die Betreuung erheblich. Entsprechende Nachweise über die Schwerbehinderung und Betreuung der Mutter wurden beigelegt. Des Weiteren begründete der Antragsteller sein Versetzungsgesuch noch damit, dass er 1992 in S... ein Eigenheim errichtet habe, seine Ehefrau in Vollzeit in Meiningen beschäftigt sei und ihre 15 und 13 Jahre alten Kinder das Gymnasium in Meiningen besuchten.

Unter dem 12. Juni 2013 beantragte der Antragsteller beim Bayerischen Verwaltungsgericht Würzburg im Wege der einstweiligen Anordnung (wörtlich),

die Umsetzungsverfügung vom 09.03.2012 aufzuheben und die Antragsgegnerin zu verpflichten, den Antragsteller ab sofort amtsangemessen und vor allem gesundheitlich zumutbar zu beschäftigen.

Zur Begründung führte der Antragsteller im Wesentlichen aus, er sehe sich durch Unterlassen der Antragsgegnerin in seinen Rechten auf körperliche Unversehrtheit und auf amtsangemessene Beschäftigung verletzt. Im Rahmen einer weiteren Verwendung beim ZSPL in Schweinfurt sei eine weitere Verschlechterung des Gesundheitszustandes zu befürchten. Seit seiner Versetzung an die Niederlassung Brief Würzburg vom 23. Dezember 2010 werde er nicht mehr amtsangemessen beschäftigt. Im Erörterungstermin vom 23. Februar 2012 habe er sich mit der Antragsgegnerin im Vertrauen auf die nachhaltige Zusage einer (unterwertigen) Dienstpostenübertragung zum 1. Februar 2013 in Schweinfurt geeinigt. Die zugesicherte Dienstpostenübertragung zum 1. Februar 2013 sei jedoch nicht erfolgt. Vielmehr werde er nach der Umsetzungsverfügung vom 9. März 2012 weiterhin im sogenannten Überhang der Niederlassung Würzburg geführt. Nach der Zuordnung von Besoldungsgruppen zu Entgeltgruppen im Geltungsbereich des ETV-DP AG sei bei Beamten der Besoldungsgruppe A 12 eine amtsangemessene Tätigkeit ab der Entgeltgruppe 7 gegeben. Der Antragsteller werde seit seiner Umsetzung zum ZSPL Schweinfurt nicht amtsangemessen beschäftigt. Auf dem zugesicherten Dienstposten des Bemessers 3372-1 werde derzeit ein Kollege eingesetzt. Der Leiter des ZSPL Schweinfurt habe sich gegenüber dem Antragsteller mündlich dahin geäußert, dass er ohne den Antragsteller auf dem Dienstposten des Bemessers 3372-1 plane. Seit seiner Rückkehr aus dem Krankenstand im Mai 2013 werde der Antragsteller zu einfachen Tätigkeiten wie Eingabe und Ablage von Garagenverträgen und zur Eingabe und Ablage von IBIS-Zählblättern herangezogen. Er habe in Schweinfurt weder einen festen Arbeitsplatz, noch ein eigenes Büro oder einen eigenen Computer. Auch vor seiner Erkrankung sei er von März 2012 bis November 2012 vorrangig mit der Vertretung für einen langzeiterkrankten Kollegen auf dem Betriebsplatz 3372-4 der Entgeltgruppe 3 eingesetzt gewesen. Die im Erörterungstermin vor dem Verwaltungsgericht Meiningen am 23. Februar 2012 zugesicherte umfangreiche Einarbeitung auf dem Dienstposten als Bemesser sei nicht erfolgt. Aufgrund der weiteren Verschlechterung seines Gesundheitszustandes und der Nichtbeachtung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Meiningen durch die Antragsgegnerin sei der Antragsteller an der Vollziehung desselben durch einen weiteren unterwertigen Einsatz als Bemesser in Schweinfurt nicht mehr interessiert. Nach dem Abschlussbericht der Kurparkklinik Dr. L... sei ihm der tägliche Anfahrtsweg aus gesundheitlichen Gründen nicht zumutbar. Den Entlassungsbericht habe er der Personalabteilung der Niederlassung Brief in Würzburg vorgelegt und in einem fürsorglichen Krankengespräch erneut übergeben. Eine Reaktion seitens der Personalabteilung sei bislang nicht erfolgt. Im Rahmen seiner Wiedereingliederungsmaßnahme vom 6. Mai bis 16. Juni 2013 habe er an vier Arbeitstagen in der Woche gearbeitet und erhebliche Zweifel gewonnen, ob er gesundheitlich den Anforderungen an den Arbeitsplatz in Schweinfurt gewachsen sein werde. Nach wie vor habe er Schwierigkeiten beim Autofahren auf längeren Strecken. Nach einer Fahrzeit von 30 Minuten würden Taubheitsgefühle und Schmerzen im rechten Bein auftreten. Außerdem kämen durch die Belastung des weiten Anfahrtsweges Schmerzen im Rücken und im rechten Kniegelenk hinzu. Da er seinen eigenen Pkw als geschäftlich genutzten Pkw nutze, sei das Ausweichen auf öffentliche Verkehrsmittel nicht möglich. Dem Zustellstützpunkt mit Leitungsfunktion Schweinfurt seien 14 kleinere Zustellstützpunkte zugeordnet, die unregelmäßig und immer wieder aus dienstlichen Gründen angefahren werden müssten. Er sei einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt mit einem Grad der Behinderung von derzeit 40. Eine Neufestsetzung nach der erneuten Hüftoperation am 24. Januar 2013 sei noch nicht erfolgt. Das Unterlassen der Antragsgegnerin berücksichtige nicht die Pflichten des Dienstherrn aus Art. 5 der Richtlinie 2000/78/EG. Der Dienstherr müsse die geeigneten und im konkreten Fall erforderlichen Maßnahmen ergreifen, um Menschen mit Behinderung die Ausübung ihres Berufs zu ermöglichen. Auf die Erfüllung dieser Anforderungen bestehe ein Rechtsanspruch. Vergleichbare Anforderungen würden sich aus Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG ergeben. Aufgrund seiner gesundheitlichen Einschränkungen habe der Antragsteller am 18. April 2013 ein Versetzungsgesuch an den von seinem Wohnort aus nächstgelegenen Betriebsstandort in Suhl gestellt. Die Versetzung an eine andere Organisationseinheit sei durch eine Gesamtbetriebsvereinbarung zur Regelung von Versetzungen aus persönlichen Gründen geregelt. Sein Versetzungsgesuch sei bis heute nicht beantwortet worden.

Mit Schreiben vom 13. Juni 2013 teilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit, dass seinem Versetzungsgesuch vom 18. April 2013 nicht entsprochen werden könne, da im Bereich des ZSPL Suhl und im Briefzentrum Suhl ein freier, adäquater Arbeitsposten nicht vorhanden sei.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Zur Begründung wurde ausgeführt, der Antragsteller habe weder einen Anspruch auf Aufhebung der Umsetzungsverfügung vom 9. März 2012 noch auf die Umsetzung oder Versetzung an einen anderen Dienstort mit amtsangemessener Beschäftigung. Der Antragsteller sei rechtswirksam zur Niederlassung Brief Würzburg versetzt worden. Seine hiergegen gerichtete Klage habe er am 23. Februar 2012 für erledigt erklärt. Entsprechend den vor dem Verwaltungsgericht Meiningen geschlossenen Vereinbarungen sei er mit Verfügung der Niederlassung Brief vom 9. März 2012 aus dienstlichen Gründen von Kitzingen nach Schweinfurt umgesetzt worden. Der Antragsteller sei ausdrücklich damit einverstanden gewesen, eine Tätigkeit der Entgeltgruppe 6 auszuüben. Die Niederlassung Brief Würzburg habe sich an die getroffenen Vereinbarungen gehalten und den Antragsteller in die Tätigkeiten eines Bemessers eingewiesen. Dass diese Einweisung bisher nicht erfolgreich beendet werden konnte, habe an der langfristigen Erkrankung des Antragstellers gelegen. Gegen die Umsetzungsverfügung habe der Antragsteller bisher keinen Widerspruch eingelegt, so dass diese, auch wenn sie ohne Rechtsbehelfsbelehrung ergangen sei, zwischenzeitlich bestandskräftig geworden sei. Auch die vom Antragsteller geltend gemachten gesundheitlichen Gründe machten eine Aufhebung der Umsetzung und einen anderweitigen amtsangemessenen Einsatz nicht zwingend erforderlich. Die gesundheitlichen Probleme würden nicht die Ausübung der vorgesehenen Tätigkeiten eines Bemessers betreffen. Er habe die Wiedereingliederungsmaßnahme im ZSPL in Schweinfurt erfolgreich absolviert. Vielmehr mache der Antragsteller geltend, dass er die weite tägliche Fahrtstrecke von seinem Wohnort zu seiner Dienststelle in Schweinfurt mit dem Pkw aufgrund seiner gesundheitlichen Probleme nicht mehr bewältigen könne. Als Beamten des gehobenen Dienstes der Besoldungsgruppe A 12 sei es ihm in diesem Fall allerdings zumutbar, seinen Wohnsitz an seinen Dienstort zu verlegen oder sich ein Zimmer zu nehmen, um die tägliche Wegstrecke zu verringern. Ein Anspruch auf Umsetzung an einen wohnortnahen Arbeitsplatz ergebe sich weder aus der Fürsorgepflicht des Dienstherrn gegenüber den Schwerbehinderten gleichgestellten Personen noch aus den vom Antragsteller angeführten Richtlinien der Europäischen Union. Eine wohnortnahe Versetzung bzw. Umsetzung setze voraus, dass auch der Besoldungs- bzw. Entgeltgruppe adäquate freie Arbeitsposten vorhanden und zu besetzen seien. Solche seien jedoch weder bei der Niederlassung Brief Erfurt noch bei der Niederlassung Würzburg vorhanden. Dem Antragsteller sei in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Meiningen am 23. Februar 2012 ein Einsatz auf einem amtsangemessenen Arbeitsposten der Entgeltgruppe 7 als Mitarbeiter Schichtleiter bei der Abteilung 35, stationäre Bearbeitung Paket in Kitzingen, angeboten worden. Eine Bewerbung hierauf habe der Antragsteller jedoch abgelehnt. Auch zwischenzeitlich habe er sich nicht auf die Ausschreibung des Dienstpostens oder auf andere ausgeschriebene Dienstposten im Bereich der Niederlassung Brief Würzburg oder anderer Niederlassungen beworben. Schließlich folgten für den Antragsteller auch keine Ansprüche auf Versetzung aus der Gesamtbetriebsvereinbarung zur Regelung von Versetzungen aus persönlichen Gründen. Für Beamte ab der Besoldungsgruppe A 12 habe sich durch die Gesamtbetriebsvereinbarung gegenüber den bisherigen Regelungen nichts geändert. Versetzungsgesuche dieser Beamtengruppen seien weiterhin nach billigem Ermessen zu prüfen. Bei gesundheitlichen Gründen sei im Fall des § 4 Abs. 3 der Gesamtbetriebsvereinbarung eine postärztliche Untersuchung nicht zwingend vorgegeben. § 5 der Gesamtbetriebsvereinbarung beziehe sich nur auf den Nachweis gesundheitlicher Gründe im Sinne wichtiger persönlicher Gründe. Im Verfahren nach § 4 Abs. 3 der Gesamtbetriebsvereinbarung könne somit die Glaubhaftmachung gesundheitlicher Gründe durch ein privatärztliches Attest für die Beschäftigungsniederlassung ausreichend sein. Aus dem Umstand, dass der Antragsteller bisher nicht dem Postbetriebsarzt vorgestellt worden sei, ergebe sich somit keine Verletzung der Fürsorgepflicht, da dies in seinem Fall nicht zwingend erforderlich sei. Der Niederlassung Brief Erfurt hätten die notwendigen Informationen zum Gesundheitsstand des Antragstellers für ihre Ermessensprüfung bezüglich seines Versetzungsgesuchs zur Verfügung gestanden. Voraussetzung für eine Versetzung sei ein Personalbedarf bei der aufnehmenden Niederlassung sowie die persönliche Eignung des Antragstellers. Daran hätte auch eine postbetriebsärztliche Bestätigung des vorläufigen Entlassungsberichtes vom 22. Februar 2013 nichts geändert. Ein freier Arbeitsposten sei bei der Niederlassung Brief Erfurt nicht vorhanden.

Der Antragsteller könne auch keinen Anordnungsgrund glaubhaft machen. Sein Begehren sei letztlich auf eine Vorwegnahme der Hauptsache gerichtet. Daher seien an die Glaubhaftmachung des Anordnungsgrundes erhöhte Anforderungen zu stellen. Solche Gründe seien vom Antragsteller jedoch nicht dargelegt worden. Darüber hinaus habe der Antragsteller seinen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz erst nach über einem Jahr nach Erlass der Umsetzungsverfügung eingereicht. Eine besondere Eilbedürftigkeit sei daher nicht ersichtlich.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichts- sowie der vorgelegten Behördenakten Bezug genommen. Die Gerichtsakte des Verfahrens W 1 K 11.787 wurde zum Verfahren beigezogen.

Rechtsweg:

Es liegen keine Informationen zum Rechtsweg vor.

Quelle:

BAYERN.RECHT

II.

Der zulässige Antrag ist nicht begründet.

1. Mit seinem Antrag verfolgt der Antragsteller nach sachgerechter Auslegung entsprechend § 88 VwGO anhand des erkennbaren Rechtsschutzziels zwei verschiedene Rechtsschutzbegehren.

1.1 Zum einen wendet sich der Antragsteller gegen die von der Antragsgegnerin am 9. März 2012 verfügte Umsetzung an den Zustellstützpunkt mit Leitungsfunktion in Schweinfurt. Die Aufhebung der Umsetzungsverfügung kann allerdings nicht im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes erreicht werden, sondern bleibt einem ggf. noch anhängig zu machenden Hauptsacheverfahren vorbehalten. Der Sache nach ist das Begehren des Antragstellers auf die einstweilige Rückgängigmachung der bereits vollzogenen Umsetzung gerichtet. Dieses Rechtsschutzziel kann mit einem Antrag gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO auf Erlass einer einstweiligen Anordnung in der Form der Regelungsanordnung verfolgt werden.

Dies gilt nach der Auffassung des Gerichts unter Anwendung des sogenannten Meistbegünstigungsgrundsatzes (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl. 2013, vor § 124 Rn. 22) auch für den Fall, dass es sich bei der vorliegenden Verfügung nicht um eine Umsetzung, sondern um eine Versetzung gemäß § 28 BBG bzw. um eine Abordnung mit dem Ziel der späteren Versetzung i.S.d. § 27 BBG handeln sollte. Die statthafte Antragsart im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ist abhängig von der Klageart in der Hauptsache, die sich wiederum nach der Rechtsnatur der angegriffenen Verfügung richtet. Während es sich bei der Umsetzung um eine innerdienstliche Weisung ohne Verwaltungsaktscharakter handelt, die im Wege der allgemeinen Leistungsklage auf Aufhebung bzw. der Feststellungsklage gemäß § 43 VwGO auf Feststellung der Rechtswidrigkeit anzugreifen sind, stellen die Versetzung gemäß § 28 BBG und die Abordnung gemäß § 27 BBG Verwaltungsakte dar, gegen die in der Hauptsache eine Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1, 1. Alt. VwGO statthaft ist. Nach § 126 Abs. 4 BBG haben Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Versetzung bzw. Abordnung keine aufschiebende Wirkung, so dass einstweiliger Rechtsschutz gegen den Vollzug dieser Maßnahmen aufgrund der Vorrangregelung in § 123 Abs. 5 VwGO allein durch einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1, 1. Alt. VwGO begehrt werden kann. Um welche Art der Maßnahme es sich bei der Verfügung vom 9. März 2012 handelt, hängt davon ab, ob es sich bei dem Zustellstützpunkt mit Leitungsfunktion in Schweinfurt im Verhältnis zur Niederlassung Brief Würzburg um eine eigenständige Behörde i.S.d. §§ 27 und 28 BBG handelt oder nur um eine ortsfremde Außenstelle derselben Behörde. Während nämlich bei der Umsetzung dem Beamten lediglich ein anderes konkret-funktionelles Amt, d.h. ein anderer Dienstposten oder Aufgabenbereich innerhalb derselben Behörde - auch an einer ortsfremden Außenstelle dieser Behörde - unter Beibehaltung des statusrechtlichen sowie des abstrakt-funktionellen Amtes übertragen wird (vgl. Plog/Wiedow, BBG, Stand: Juni 2013, § 28 Rn. 127), erhält er im Falle der Versetzung bzw. Abordnung ein anderes Amt im abstrakt-funktionellen Sinne bei einer anderen Behörde (vgl. Plog/Wiedow a.a.O., § 28 Rn. 6 und § 27 Rn. 8 ff.). Die Beantwortung dieser Frage kann im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes offen bleiben, da für den Fall, dass die Bezeichnung der Verfügung vom 9. März 2012 als Umsetzung rechtlich unzutreffend wäre, nach dem Grundsatz der Meistbegünstigung dem Antragsteller nicht das Risiko dafür aufgebürdet werden könnte, den richtigen Rechtsbehelf zu wählen (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, vor § 124 Rn. 22; BayVGH vom 30.4.2012 - 3 CS 11.2351 - juris Rn. 35). Das bedeutet im vorliegenden Falle, dass der gegen eine Versetzung bzw. Abordnung an sich unzutreffende Antrag nach § 123 VwGO ggf. als solcher nach § 80 Abs. 5 VwGO auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines noch einzulegenden Rechtsbehelfs auszulegen wäre.

1.2 Mit seinem (weiteren) Antrag, die Antragsgegnerin zu verpflichten, ihn ab sofort amtsangemessen und zumutbar zu beschäftigen, begehrt der Antragsteller der Sache nach die Verpflichtung, ihn aufgrund seines Versetzungsgesuchs vom 18. April 2013 in den Bereich der Niederlassung Erfurt zu versetzen bzw. zumindest über seinen dahingehenden Antrag erneut ermessensfehlerfrei zu entscheiden. Dieser Antrag ist als solcher auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 VwGO statthaft, weil das Rechtsschutzziel in der Hauptsache mit einer Verpflichtungsklage gemäß § 42 Abs. 1, 2. Alt. VwGO zu verfolgen wäre (§ 123 Abs. 5 VwGO).

2. Der Zulässigkeit des Antrags steht auch nicht - wie die Antragsgegnerin meint - die Bestandskraft der Umsetzungsverfügung vom 9. März 2012 entgegen. Da eine Umsetzungsverfügung keinen Verwaltungsakt, sondern eine innerdienstliche Weisung darstellt, laufen für diese Maßnahme nicht die für Verwaltungsakte geltenden Rechtsbehelfsfristen nach §§ 58, 70, 74 VwGO (vgl. Battis, BBG, 4. Aufl. 2009, § 28 Rn. 22). Eine Umsetzung kann daher nicht bestandskräftig werden. Die zeitliche Grenze einer Klage- bzw. Widerspruchserhebung gegen eine Umsetzung ist das Rechtsinstitut der Verwirkung, deren Voraussetzungen hier nicht vorliegen. Soweit die angegriffene Maßnahme als Abordnung oder Versetzung anzusehen wäre, wären zwar die Klage- bzw. Widerspruchsfristen nach §§ 58, 70 und 74 VwGO aufgrund des Verwaltungsaktscharakters dieser Maßnahmen anwendbar (Battis, BBG, § 27 Rn. 21 und § 28 Rn. 21). Nach § 58 Abs. 2 i.V.m. § 60 Abs. 2 VwGO könnte jedoch dem Antragsteller insofern nicht die Bestandskraft des Verwaltungsakts entgegengehalten werden, weil die Antragsgegnerin durch die Bezeichnung der Maßnahme als Umsetzung beim Antragsteller zumindest mitursächlich die Fehlvorstellung hervorgerufen hätte, dass Rechtsbehelfsfristen nicht einzuhalten seien (Kopp/Schenke, VwGO, § 58 Rn. 20).

3. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist mit dem vom Antragsteller begehrten Inhalt jedoch nicht begründet.

Nach § 123 VwGO kann das Gericht der Hauptsache eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO).

Der Antragsteller hat schon keinen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht.

3.1 Hinsichtlich des Begehrens, die bereits vollzogene Umsetzung einstweilen rückgängig zu machen, fehlt es an einem Anordnungsgrund, weil dem Antragsteller durch diese Maßnahme keine unwiederbringlichen, nicht mehr rückgängig zu machenden Rechtsverluste oder sonst schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Nachteile drohen (vgl. SächsOVG vom 3.11.2009 - 2 B 392/08 - juris Rn. 4; VGH BW vom 7.3.1996 - 4 S 2546/95 - juris Rn. 3). Insoweit gilt im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ein anderer, strengerer Maßstab als im Hauptsacheverfahren. Es genügt daher nicht, dass die Ermessensentscheidung des Dienstherrn fehlerhaft erscheinen könnte, weil die persönlichen Belange des Antragstellers nach seiner Rechtsauffassung nicht mit dem zutreffenden Gewicht in die Interessenabwägung eingestellt wurden. Es trifft zwar zu, dass bei der hier aufgrund des erforderlichen Ortswechsels vorliegenden "versetzungsähnlichen Umsetzung" die Antragsgegnerin die persönlichen und familiären Belange des Antragstellers in ihrer Ermessensentscheidung zu berücksichtigen hatte (vgl. Summer in: Weiss/Niedermaier/Summer/Zängl, Beamtenrecht in Bayern, Stand März 2013, Art. 48 BayBG Rn. 20; Plog/Wiedow, BBG, § 28 Rn. 127, 131, 133 a). Um den Erlass einer einstweiligen Anordnung zu rechtfertigen, müssen dem Antragsteller aber durch die Umsetzung, hier insbesondere durch den damit verbundenen Ortswechsel, schwere und unzumutbare Nachteile drohen, die ein Abwarten bis zur Entscheidung in der Hauptsache als unzumutbar erscheinen lassen. Dies ist hier nicht erkennbar. Die Antragsgegnerin hat sich mit den persönlichen Belangen des Antragstellers auseinander gesetzt und ist trotz seiner gesundheitlichen Beeinträchtigungen sowie der Pflege- und Betreuungsbedürftigkeit seiner Mutter davon ausgegangen, dass ihm die Umsetzung nach Schweinfurt zumutbar sei. Seinen gesundheitlichen Problemen hat die Antragsgegnerin gerade durch die Umsetzung von Kitzingen nach Schweinfurt entgegen zu wirken versucht. Die Erwägung der Antragsgegnerin, es erscheine einem Beamten der Besoldungsgruppe A 12 zumutbar, sich ggf. in Schweinfurt ein Zimmer zu nehmen, um die tägliche Anfahrtsstrecke zu vermeiden, ist nicht zu beanstanden. Dies gilt auch vor dem Hintergrund, dass der Antragsteller in S... ein Eigenheim besitzt. Die Betreuung seiner Mutter, die der Antragsteller nach eigenen Angaben in seiner Freizeit ausübt, rechtfertigt keine andere Betrachtungsweise. Selbst wenn der Antragsteller aufgrund seiner Umsetzung von Kitzingen nach Schweinfurt nicht mehr in der Lage sein sollte, seinen Betreuungspflichten nachzukommen, könnte der Antragsgegnerin dennoch - jedenfalls im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes - nicht abverlangt werden, ihre dienstlichen Interessen hintanzustellen. Vielmehr müsste der Antragsteller dann andere Betreuungsmöglichkeiten für seine Mutter in Erwägung ziehen.

Bei der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung ergeben sich auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Umsetzung aus anderen Gründen offensichtlich rechtswidrig, insbesondere willkürlich wäre. Ein Anordnungsanspruch besteht auch nicht unter dem Gesichtspunkt, dass der Antragsteller infolge der Umsetzung offensichtlich nicht amtsangemessen beschäftigt wird (vgl. SächsOVG a.a.O. Rn. 7 ff.; VGH BW a.a.O. Rn. 9 ff.). Zwar ist der ihm infolge der Umsetzung zu übertragende Dienstposten eines Bemessers am ZSPL Schweinfurt als solcher der Entgeltgruppe 6 bewertet, was einem gebündelten Dienstposten der Besoldungsgruppen A 9 bis 11 entspricht, und ist damit für den Antragsteller, der ein Statusamt der Besoldungsgruppe A 12 innehat, unterwertig. Der Antragsteller hat sich aber im Erörterungstermin vor dem Verwaltungsgericht Meiningen am 23. Februar 2012 ausdrücklich mit dieser unterwertigen Beschäftigung einverstanden erklärt. Aus diesem Grunde kann er gegen die Umsetzungsverfügung, für deren Rechtmäßigkeit es im Übrigen auf den Zeitpunkt des Erlasses der Verfügung ankommt (Plog/Wiedow, BBG, § 28 Rn. 120) nicht einwenden, sein Rechtsanspruch auf amtsangemessene Beschäftigung als hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums nach Art. 33 Abs. 5 GG sei nicht erfüllt (vgl. Plog/Wiedow a.a.O. Rn. 130 mit Verweis auf BVerwG vom 29.4.1982 - 2 C 43/80; Battis, BBG, § 28 Rn. 23; vgl. aber unten 4.). Der Antragsteller kann sich insoweit auch nicht darauf berufen, dass die Antragsgegnerin sich nicht an die getroffenen Vereinbarungen gehalten habe und er sich daher seinerseits daran nicht mehr gebunden fühle. Dieser auf den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) bzw. auf einen Wegfall der Geschäftsgrundlage hinauslaufende Einwand gelingt dem Antragsteller deswegen nicht, weil nach Aktenlage derzeit davon auszugehen ist, dass zum einen die geplante Einarbeitung auf dem Dienstposten des Bemessers aufgrund der urlaubs- und krankheitsbedingten Abwesenheiten des Antragstellers bisher nicht abgeschlossen werden konnte, und zum anderen die Antragsgegnerin nach wie vor beabsichtigt, dem Antragsteller vereinbarungsgemäß diesen Dienstposten zu übertragen.

Obwohl es aufgrund des Fehlens eines Anordnungsgrundes nicht mehr darauf ankommt, weist das Gericht darauf hin, dass hinsichtlich der formellen Rechtmäßigkeit der Umsetzungsverfügung vom 9. März 2012 Bedenken bestehen. Da der Antragsteller als einem Schwerbehinderten gleichgestellter Mensch anerkannt ist, war vor Erlass der Umsetzungsverfügung nach § 95 Abs. 2 SGB IX die Gleichstellungs- bzw. Schwerbehindertenvertretung zwingend anzuhören (vgl. Plog/Wiedow, § 28 BBG Rn. 131; VG Düsseldorf vom 14.12.2010 - 2 K 6821/09 - juris Rn. 43 ff.). Das ist jedoch nach den dem Gericht vorgelegten Verwaltungsvorgängen offenbar nicht erfolgt.

3.2 Auch hinsichtlich der beantragten Verpflichtung der Antragsgegnerin zur sofortigen amtsangemessenen und zumutbaren Beschäftigung des Antragstellers fehlt es am erforderlichen Anordnungsgrund. Da ein Beamter grundsätzlich keinen Anspruch auf Zu- oder Wegversetzung hat, ist der Ermessensentscheidung über einen Versetzungsantrag (vgl. § 28 Abs. 2 BBG) die notwendige Verfügbarkeit einer freien und besetzbaren Planstelle vorgelagert (BayVGH vom 12.6.2012 - 6 CE 12.474 - juris Rn. 7; Battis, BBG, § 28 Rn. 16). Dies ist jedoch nach der Stellungnahme der Niederlassung Brief Erfurt vom 11. Juni 2013 in deren Bereich derzeit nicht der Fall. Auch soweit der Antragsteller über sein konkretes Versetzungsgesuch hinaus eine amtsangemessene Beschäftigung begehrt, kann dieses Rechtsschutzziel mangels freier und besetzbarer Planstelle im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht erreicht werden. Einen ihm im Erörterungstermin am 23. Februar 2012 angebotenen Dienstposten der Entgeltgruppe 7 (entspricht A 10 - 12) im Bereich der Niederlassung Brief Würzburg hat der Antragsteller abgelehnt.

4. Das Gericht weist aber darauf hin, dass der Antragsteller als Beamter einen aus Art. 33 Abs. 5 GG abgeleiteten, gerichtlich durchsetzbaren Rechtsanspruch auf Zuweisung eines amtsangemessenen Dienstpostens hat (vgl. BVerwG vom 3.3.2005 - 2 C 11/04 - Rn. 24; vom 22.6.2006 - 2 C 26/05 - juris Rn. 9 ff.; BayVGH vom 13.5.2013 - 6 ZB 12.2600 - Rn. 7). Einem entsprechenden, in die Zukunft gerichteten Begehren des Antragstellers könnte die Antragsgegnerin nach der Rechtsauffassung des Gerichtes nicht entgegen halten, dass er sich mit dem Ziel der unstreitigen Erledigung des Rechtsstreits um seine Versetzung in den Bereich der Niederlassung Brief Würzburg mit einem unterwertigen Dienstposten einverstanden erklärt hat. Ein dauerhafter Verzicht auf eine amtsangemessene Beschäftigung war damit nicht verbunden.

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

6. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 2 GKG. Im Hinblick auf den vorläufigen Charakter des Antragsverfahrens ist der Regelstreitwert zu halbieren.

Referenznummer:

R/R5910


Informationsstand: 27.11.2013