Die Parteien streiten über die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses auf Grund einer auflösenden Bedingung.
Der Kläger ist seit dem 1. Juni 1988 bei dem Beklagten als Rettungssanitäter beschäftigt. In dem Arbeitsvertrag haben die Parteien die Geltung des
BAT vereinbart. Der Kläger ist in der VergGr. VII
BAT eingruppiert. Nachdem das Versorgungsamt bei ihm einen Grad der Behinderung von 30 % festgestellt hatte, beantragte er bei dem zuständigen Arbeitsamt am 23. April 1990 die Gleichstellung nach dem Schwerbehindertengesetz. Über den Antrag ist bisher noch nicht entschieden. Der Kläger leidet an einer Hautallergie, die vor allem bei Einsatzfahrten im Rettungswagen auftritt. Auf seinen Antrag vom 2. Januar 1991 hin gewährte ihm die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte durch Bescheid vom 22. Juli 1991 Versichertenrente wegen Berufsunfähigkeit ab dem 1. Dezember 1990. Der Rentenbescheid wurde dem Kläger am 23. Juli 1991 zugestellt. Zuvor hatte das Versorgungsamt durch Bescheid vom 19. November 1990 einen Grad der Behinderung von 40 % anerkannt.
Mit Schreiben vom 24. September 1991 teilte der Beklagte unter Hinweis auf § 59
BAT dem Kläger die Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf Grund Rentengewährung zum 31. März 1992 mit. Darauf stellte der Kläger am 20. März 1992 einen erneuten Gleichstellungsantrag, dem rückwirkend zum Zeitpunkt der Antragstellung durch Bescheid vom 13. April 1992 entsprochen worden ist. Die vorsorglich von dem Beklagten beantragte Zustimmung der Hauptfürsorgestelle wurde durch Bescheid vom 6. Oktober 1992 erteilt.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, sein Arbeitsverhältnis bestehe fort. Der Beklagte verfüge über zumutbare Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten. Seine gesundheitlichen Einschränkungen stünden einer weiteren Verwendung als Rettungssanitäter im Innendienst (Telefondienst) oder auf anderen freien Arbeitsplätzen zu unveränderten Arbeitsbedingungen nicht entgegen. Im übrigen habe das Arbeitsverhältnis frühestens mit Erteilung der Zustimmung der Hauptfürsorgestelle enden können.
Der Kläger hat beantragt
1. festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht am 31. März 1992 endet, sondern darüber hinaus fortbesteht;
2. hilfsweise, daß das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht am 31. März 1992 geendet hat, sondern mindestens bis zur Entscheidung der Hauptfürsorgestelle über den Bestand des Arbeitsverhältnisses fortbesteht.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte behauptet, eine weitere Verwendung des Klägers als Rettungssanitäter im Innendienst sei aus organisatorischen Gründen ausgeschlossen. Die ihm angebotenen Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten im Straßenverkehrsamt, in der Vollstreckungsabteilung oder in der Registratur habe der Kläger abgelehnt. Im übrigen könne sich der Kläger auf den erweiterten Beendigungsschutz nach dem Schwerbehindertengesetz nicht berufen, weil er den Gleichstellungsantrag nicht innerhalb einer Monatsfrist nach Zugang des Rentenbescheids
bzw. der Arbeitgebermitteilung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gestellt und den Arbeitgeber davon in Kenntnis gesetzt habe. Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein ursprüngliches Klageziel. Der Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision.
I. Die Revision des Klägers ist im Sinne der Aufhebung und Zurückverweisung begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Voraussetzungen verkannt, unter denen nach § 59
Abs. 1 und
Abs. 2
BAT das Arbeitsverhältnis eines erwerbsgeminderten Arbeitnehmers endet. Gewährt ein Rentenversicherungsträger dem Arbeitnehmer eine Versichertenrente wegen Berufsunfähigkeit, endet das Arbeitsverhältnis mit Ablauf der tarifvertraglichen Auslauffrist nur, sofern der berufsunfähige Arbeitnehmer nicht weiterbeschäftigt werden kann.
1. Regelungen über die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses auf Grund der Gewährung einer Versichertenrente wegen Berufsunfähigkeit aus der gesetzlichen Rentenversicherung haben eine auflösende Bedingung zum Inhalt. Die Gewährung einer solchen Rente ist ein künftiges Ereignis, über dessen Eintritt keine Gewißheit besteht (
BAG Urteil vom 13. Juni 1985 --
2 AZR 410/84 - AP
Nr. 19 zu § 611
BGB Beschäftigungspflicht zu B I 1 c dd der Gründe).
2. Tarifvertragliche Bestimmungen über die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses bei Bezug einer Rente halten sich im Regelungsbereich des § 1
TVG und damit im Rahmen der Tarifautonomie, greifen aber in erheblichem Umfang in die zu Gunsten des Arbeitnehmers bestehenden Kündigungsschutzrechte ein. Sie lassen einen formalen Tatbestand für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses genügen, der nach dem Kündigungsschutzgesetz nur bei Hinzutreten weiterer, in der Person des Arbeitnehmers und/oder in den jeweiligen betrieblichen Verhältnissen liegenden Umständen eine Kündigung sozial rechtfertigen kann (
BAG Urteil vom 13. Juni 1985, aaO, zu B I 3 der Gründe). Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts dürfen daher tarifvertragliche Beendigungsnormen in Form einer auflösenden Bedingung nicht zur Umgehung zwingender kündigungsschutzrechtlicher Normen führen (
BAG Urteile vom 20. Dezember 1984 - 2 AZR 3/84 - AP
Nr. 9 zu § 620
BGB Bedingung; 13. Juni 1985, aaO; 14. Mai 1987 - 2 AZR 374/86 - AP
Nr. 12 zu § 1
TVG Tarifverträge: Lufthansa). Bei der Prüfung der sozialen Rechtfertigung einer Kündigung ist nach ständiger Rechtsprechung der allgemein im Kündigungsschutzrecht geltende Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten. Eine Kündigung kommt nach dem ultima-ratio-Grundsatz erst in Betracht, soweit keine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit auf einem freien Arbeitsplatz mehr besteht (
BAG Urteile vom 10. März 1977 - 2 AZR 79/76 - AP
Nr. 4 zu § 1
KSchG 1969 Krankheit; 22. Februar 1980 - 7 AZR 295/78 - AP
Nr. 6 zu § 1
KSchG 1969 Krankheit; 10. November 1994 - 2 AZR 242/94 - EzA § 1
KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung
Nr.77 = AiB 1995, 357;
vgl. die Übersicht bei Bitter/Kiel, RdA 1994, 333, 336 ff).
Dieser Schutz wird dem Arbeitnehmer genommen, soweit das Arbeitsverhältnis nach Zugang eines Berufsunfähigkeitsrentenbescheides endet, obwohl er auf einem freien Arbeitsplatz weiterbeschäftigt werden könnte, dessen Anforderungen er trotz seiner gesundheitlichen Einschränkungen gewachsen wäre. § 59
BAT ist daher gesetzeskonform in einer Weise auszulegen, die eine Umgehung des § 1
KSchG oder der §§ 626, 622
BGB ausschließt. Das Arbeitsverhältnis kann nur beendet werden, wenn keine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit mehr vorhanden ist.
3. Ein solches Auslegungsergebnis ergibt sich zwar nicht aus dem Wortlaut der Tarifvorschrift, wohl aber aus dem Gesamtzusammenhang sowie Sinn und Zweck der Tarifnorm.
a) Bei Erfüllung der sonstigen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen (§ 43
Abs. 1
Nr. 2 und 3 SB VI) erhält Rente wegen Berufsunfähigkeit ein Versicherter, der auf Grund gesundheitlicher Einschränkungen seine bisherige berufliche Tätigkeit nicht mehr ausüben und für den auch keine zumutbaren Verweisungstätigkeiten mehr in Betracht kommen. Die zur Feststellung der Berufsunfähigkeit führenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen schließen es nicht aus, daß der Betroffene noch imstande ist, andere Tätigkeiten ohne Einschränkungen zu verrichten. Im Gegensatz zur Versichertenrente wegen Erwerbsunfähigkeit kommt der Berufsunfähigkeitsrente keine Lohnersatz-, sondern eine Lohnausgleichsfunktion zu. Sie soll diejenigen Einkommensminderungen ausgleichen, die dem Berufsunfähigen dadurch entstehen, daß er seinen erlernten Beruf nicht mehr ausüben kann und seinen Lebensunterhalt durch die Ausübung geringer qualifizierter Tätigkeiten sichern muß, die ihm auf Grund seines bisherigen beruflichen Status nicht zumutbar sind (
BSG Urteil vom 24. März 1993, BSGE 55, 45, 46
ff.,
m.w.N.;
BAG Urteil vom 8. November 1973 - 2 AZR 550/72 - AP
Nr.3 zu § 59
BAT,
m.w.N.). Dem Arbeitnehmer verbleibt der Rentenanspruch auch dann, wenn er aus der Ausübung einer geringer qualifizierten und damit in aller Regel schlechter bezahlten Tätigkeit Einkommen erzielt (§ 94
Abs. 1
SGB VI).
b) § 59
BAT dient dem Schutz des Arbeitnehmers, der aus gesundheitlichen Gründen zur Verrichtung seiner bisherigen Tätigkeit außerstande ist. Die mit einer Weiterbeschäftigung in dieser Tätigkeit verbundene Gefahr der Verschlimmerung des Gesundheitszustandes soll ausgeräumt werden, indem ihm die Entscheidung über die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses abgenommen wird. Auf der anderen Seite will die Tarifnorm berechtigte Interessen des Arbeitgebers schützen und ihm unter erleichterten Voraussetzungen die Trennung von einem Arbeitnehmer ermöglichen, der gesundheitsbedingt nicht mehr in der Lage ist, seine nach dem Arbeitsvertrag geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen (
BAG Urteile vom 8. November 1973, aa0; 9. Oktober 1991 - 6 AZR 443/89 - ZTR 1992, 425
ff.). Dem Schutzbedürfnis beider Vertragsparteien wird bei einer festgestellten Berufsunfähigkeit des Arbeitnehmers Rechnung getragen, wenn ihn der Arbeitgeber auf einem freien Arbeitsplatz weiterbeschäftigen kann, dessen Anforderungen er mit dem ihm verbliebenen Leistungsvermögen gewachsen ist. Eine Weiterbeschäftigung auf einem leistungsgerechten Arbeitsplatz hat jedoch nicht zu unveränderten Arbeitsbedingungen zu erfolgen. Davor will die Tarifnorm den Arbeitnehmer nicht schützen. Ist eine Weiterbeschäftigung nur noch auf einem Arbeitsplatz möglich, der einer niedrigeren Vergütungsgruppe zugeordnet ist, hat der Arbeitnehmer die damit verbundenen Einkommensänderungen hinzunehmen. Sie werden durch den Bezug der Berufsunfähigkeitsrente ausgeglichen.
c) Auch aus dem Gesamtzusammenhang der beiden Beendigungstatbestände in § 59
Abs. 1 und
Abs. 2
BAT folgt, daß die auflösende Bedingung der Berufsunfähigkeit auf die Fälle beschränkt ist, bei denen es an einer zumutbaren Beschäftigungsmöglichkeit auf einem freien Arbeitsplatz fehlt. § 59
BAT enthält neben dem Beendigungstatbestand der Berufsunfähigkeitsrente auch den der Gewährung einer Versichertenrente wegen Erwerbsunfähigkeit. Beide Rentenarten unterscheiden sich nicht nur nach dem Grad ihrer wirtschaftlichen Absicherung (§§ 63,67
SGB VI), sondern auch in ihren Anforderungen an das zur Rentengewährung führende Leistungsvermögen. Denn im Gegensatz zur Berufsunfähigkeitsrente setzt die Erwerbsunfähigkeitsrente nach § 44
SGB VI eine noch weitergehendere Einschränkung der Erwerbsfähigkeit voraus. Das Leistungsvermögen eines Erwerbsunfähigen muß in einem Maße gesunken sein, das auf absehbare Zeit eine Arbeitsleistung von nennenswertem wirtschaftlichem Wert nicht mehr zuläßt. Behandeln die Tarifpartner beide Rentenarten gleich, spricht dies für ihren Willen, das Arbeitsverhältnis enden zu lassen, wenn der Gesundheitszustand des Arbeitnehmers der Erbringung einer Arbeitsleistung auf Dauer entgegensteht. Das ist bei der Berufsunfähigkeit der Fall, soweit es an zumutbaren Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten auf einem freien Arbeitsplatz fehlt.
4. Die Möglichkeit anderweitiger Beschäftigung setzt das Vorhandensein eines "freien" Arbeitsplatzes voraus (
BAG Urteil vom 13. September 1973 - 2 AZR 601/72 - BAGE 25, zu 278, 289 = AP
Nr. 2 zu § 1
KSchG 1969; ständige Rechtsprechung). Das sind zunächst solche Arbeitsplätze, die zum Zeitpunkt des Eintritts der auflösenden Bedingung unbesetzt sind. Sofern der Arbeitgeber bei Eintritt der auflösenden Bedingung mit hinreichender Sicherheit vorhersehen kann, daß ein Arbeitsplatz bis zum Ablauf der tarifvertraglichen Auslauffrist oder unmittelbar danach zur Verfügung stehen wird, ist ein derartiger Arbeitsplatz ebenfalls als frei anzusehen (
BAG Urteile vom 7. Februar 1991 - 2 AZR 205/90 - AP
Nr. 1 zu § 1
KSchG 1969 Umschulung; 15. Dezember 1994 - 2 AZR 320/94 - EzA § 1
KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung
Nr. 76 = DB 1995, 878,
m.w.N.). Zu berücksichtigen sind auch solche Arbeitsplätze, bei denen im Zeitpunkt des Eintritts der auflösenden Bedingung feststeht, daß sie in absehbarer Zeit nach Ablauf der tarifvertraglichen Auslauffrist frei werden, sofern die Überbrückung dieses Zeitraums dem Arbeitgeber zumutbar ist (
BAG Urteil vom 15. Dezember 1994 -
2 AZR 327/94 - EzA § 1
KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung
Nr. 75 = AiB 1995, 465).
Vorliegend hat sich der Kläger darauf berufen, er könne als Rettungssanitäter im Innendienst oder auf einem anderen freien Arbeitsplatz weiterbeschäftigt werden. Dem ist der Beklagte substantiiert entgegengetreten. Das Landesarbeitsgericht wird daher festzustellen haben, welche freien Arbeitsplätze bei dem Beklagten zur Verfügung gestanden haben. Eine Weiterbeschäftigung zu unveränderten Arbeitsbedingungen kann der Kläger nur verlangen, soweit eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit auf einem Arbeitsplatz erfolgen kann, der seiner bisherigen Tätigkeit vergütungsmäßig gleichgestellt ist.
II. Ist nach den noch zu treffenden Feststellungen des Landesarbeitsgerichts kein freier Arbeitsplatz vorhanden, hat das Arbeitsverhältnis mit dem Beklagten am 31. März 1992 geendet.
1. Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses eines Schwerbehinderten bedarf auch dann der vorherigen Zustimmung der Hauptfürsorgestelle nach § 22 Schwerbehindertengesetz (
SchwbG), wenn sie im Falle des Eintritts der Berufsunfähigkeit ohne Kündigung erfolgt. Diese Vorschrift findet auch auf Personen Anwendung, die auf ihren Antrag hin durch Bescheid des Arbeitsamtes einem Schwerbehinderten gleichgestellt sind (§ 2
Abs. 2
SchwbG). Die Gleichstellung ist ein konstitutiver Verwaltungsakt, der nach § 2
Abs. 1 Satz 2
SchwbG rückwirkend zum Zeitpunkt der Antragstellung wirksam wird. Danach steht dem Kläger der erweiterte Beendigungsschutz des § 22
SchwbG seit dem 20. März 1992 und damit noch während des Beschäftigungsverhältnisses mit dem Beklagten zu.
Im Verhältnis zum Beklagten kann er sich aber nicht darauf berufen. Die Schutzwirkung des § 22
SchwbG greift bei einer Gleichstellung nach § 2
Abs. 1
SchwbG nicht ein, wenn sie weder im Zeitpunkt der Rentenantragstellung noch bei Zustellung des Rentenbescheides erfolgt oder zumindest beantragt war. In welchem dieser beiden Zeitpunkte diese Voraussetzungen erfüllt sein müssen, bedarf keiner abschließenden Entscheidung. Ein Gleichstellungsantrag, der nahezu acht Monate nach Zugang des Rentenbescheids gestellt worden ist, erfüllt diese Voraussetzungen nicht.
2. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts bedarf die Kündigung eines schwerbehinderten Arbeitnehmers der vorherigen Zustimmung der Hauptfürsorgestelle, wenn die Schwerbehinderung offenkundig oder der Arbeitnehmer im Zeitpunkt der Kündigung entweder als Schwerbehinderter anerkannt war oder zumindest einen Antrag auf Anerkennung der Schwerbehinderteneigenschaft beim Versorgungsamt gestellt hatte. War dem Arbeitgeber vor der Kündigung weder die Schwerbehinderteneigenschaft noch eine darauf gerichtete Antragstellung bekannt, muß ihn der Schwerbehinderte für den Erhalt des Sonderkündigungsschutzes regelmäßig innerhalb eines Monats nach Ausspruch der Kündigung entsprechend unterrichten. Unterbleibt diese Mitteilung, ist die Kündigung nicht wegen fehlender Zustimmung der Hauptfürsorgestelle unwirksam (
BAG Urteil vom 5. Juli 1990 - 2 AZR 8/90 - AP
Nr. 1 zu § 15
SchwbG 1986, zu I 3 a der Gründe,
m.w.N.).
3. Diese Grundsätze gelten auch für den Bereich des besonderen Beendigungsschutzes nach § 22
SchwbG. Das folgt aus der Entstehungsgeschichte sowie Sinn und Zweck der Norm. Der besondere Kündigungsschutz von Schwerbehinderten vor einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses galt zunächst nur im Falle der Kündigung. Erst mit dem Gesetz zur Weiterentwicklung des Schwerbeschädigtenrechts vom 24. April 1974 (BGBl I,
S. 981) wurde mit Wirkung zum 1. Mai 1974 ein besonderer Kündigungsschutz auch für diejenigen Schwerbehinderten eingeführt, bei denen wegen des Eintritts der Berufsunfähigkeit oder Erwerbsunfähigkeit auf Zeit das Arbeitsverhältnis ohne Kündigung,
z.B. durch den Eintritt einer auflösenden Bedingung enden sollte. Damit sollte ein Mitspracherecht der Hauptfürsorgestelle gesichert werden, wenn tarifvertragliche Regelungen bei Eintritt von Berufsunfähigkeit die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne Ausspruch einer Kündigung vorsahen. Ein solches Regelungbedürfnis hat sich dem Gesetzgeber gerade im Hinblick auf § 59
BAT gestellt ( KR-Etzel, § 22
SchwbG, Rz 1
ff.; Großmann,
GK-SchwbG, § 22 Rz 4,
m.w.N.; Neumann/Pahlen,
SchwbG, 8. Aufl., § 22 Rz 1, 3). Angesichts der Entstehungsgeschichte der Norm und ihrem Sinn und Zweck wird in der Kommentarliteratur die einhellige Auffassung vertreten, wonach die von der Rechtsprechung geforderten Voraussetzungen zum Erhalt des Sonderkündigungsschutzes auch auf den Erhalt des erweiterten Beendigungsschutzes nach § 22
SchwbG übertragbar sind (Dörner,
SchwbG, Stand 1. Januar 1995, § 22 II; Großmann, aa0, § 22 Rz 10; Neumann/Pahlen, aa0, § 22 Rz 5; Wiegand,
SchwbG, Stand Juni 1993, § 22 Rz 13). Dieser Ansicht schließt sich der Senat an. Eine andere, hier nicht zu entscheidende Frage ist es, ob die Anerkennung nach dem Schwerbehindertengesetz
bzw. Gleichstellung oder ein entsprechender Antrag zum Erhalt des besonderen Beendigungsschutzes bereits im Zeitpunkt der Rentenantragstellung vorliegen muß oder ob hierfür auf den Zugang des Rentenbescheids abzustellen ist. Da der Kläger die Gleichstellung nahezu 16 Monate nach Beantragung der Rente
bzw. 8 Monate nach Zustellung des Rentenbescheids beantragt hatte, kommt ihm der besondere Beendigungsschutz im Verhältnis zum Beklagten in keinem Fall zugute.
4. Seine gegenteilige Rechtsauffassung kann der Kläger nicht auf § 59
Abs. 4
BAT stützen. Die Anwendung dieser Tarifvorschrift setzt voraus, daß es der Zustimmung der Hauptfürsorgestelle zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses eines schwerbehinderten oder gleichgestellten Arbeitnehmers bedarf. Das ist vorliegend nicht der Fall. Auf Grund verspäteter Antragstellung steht dem Kläger gegenüber dem Beklagten der besondere Beendigungsschutz des § 22
SchwbG nicht zu.
Der Kläger kann den erweiterten Bestandsschutz des Schwerbehindertengesetzes auch nicht deswegen in Anspruch nehmen, weil er am 23. April 1990 und damit noch vor seinem Rentenantrag einen Gleichstellungsantrag gestellt hat, über den das Arbeitsamt nicht entschieden hat. Auf diesen Antrag kann sich der Kläger nicht berufen, weil er dem Arbeitgeber hiervon keine Kenntnis gegeben hat.
Fundstelle
AP Nr 6 zu § 59
BAT (LT1-2)
EBE/
BAG 1995, 172-174 (LT1-2)
DB 1995, 2376-2377 (LT1-2)
ZTR 1996, 29-31 (LT1-2)
EzA § 620
BGB Nr 134 (LT1-2)
NZA 1996, 374-376 (LT1-2)