Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 12. Dezember 2005 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 12. Dezember 2005 kann nicht wegen der allein geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung (§ 132
Abs. 2
Nr. 1
VwGO) der Rechtssache zugelassen werden. Die von dem Kläger aufgeworfene Rechtsfrage
"Bedarf der Antrag des Arbeitgebers auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses nach § 9
Abs. 1 Satz 2
KSchG der vorherigen Zustimmung des Integrationsamts
bzw. bedarf die gerichtliche Entscheidung über den gestellten Antrag des Arbeitgebers auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses nach § 9
Abs. 1 Satz 2
KSchG der vorherigen Zustimmung des Integrationsamts ?"
rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision.
1. Einer Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung steht nicht schon entgegen, dass der Kläger insoweit eine Rechtsvorschrift des revisiblen Rechts, zu der sich eine grundsätzlicher Klärung bedürftige und fähige Rechtsfrage ergibt, nicht ausdrücklich benennt. Denn der Kläger macht in der Begründung deutlich, dass nach seiner Rechtsauffassung für die Fälle der Auflösung des Arbeitsverhältnisses nach § 9
Abs. 1 Satz 2
KSchG die Vorschriften der §§ 85
ff. SGB IX eine ausfüllungsbedürftige Lücke aufweisen, da der Fall des Antrags auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses nicht berücksichtigt worden sei, und "eine sachgerechte Interpretation des Gesetzeswortlautes keinen rechtlich klaren und eindeutigen Schluss zu[ lässt], ob der Antrag auf Auflösung nach § 9
Abs. 1 Satz 2
KSchG eines besonderen Kündigungsschutzes bedarf".
2. Die Revision ist deswegen nicht zuzulassen, weil sich - ohne dass es der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedarf - unmittelbar aus dem Gesetz ergibt, dass ein Antrag eines Arbeitgebers auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses nach § 9
Abs. 1 Satz 2
KSchG nicht der Zustimmung des Integrationsamts bedarf, weil dieser Fall durch §§ 85
ff. SGB IX nicht erfasst wird und auch keine Gesetzeslücke vorliegt, die durch eine entsprechende Anwendung der §§ 85
ff. SGB IX zu schließen wäre.
2.1. Die Auflösung eines Arbeitsverhältnisses durch das Arbeitsgericht nach § 9
Abs. 1
KSchG oder ein hierauf gerichteter Antrag des Arbeitgebers werden nach Wortlaut sowie Sinn und Zweck nicht von dem Zustimmungserfordernis der §§ 85
ff. SGB IX erfasst.
Der im Teil 2 Kapitel 4 des
SGB IX geregelte öffentlich-rechtliche Kündigungsschutz dient im Gegensatz zu dem durch die nachträgliche Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung "repressiv" wirkenden Kündigungsschutz der Prävention; er soll den schwerbehinderten Arbeitnehmer vor einer Ausgrenzung aus dem Arbeitsleben schützen (Düwell, in: Dau/Düwell/Haines ( Hrsg.), LPK -
SGB IX, vor § 85 Rn. 2). Er ist der Kündigung des Arbeitsverhältnisses zeitlich vorgelagert: Die "Kündigung" des Arbeitsverhältnisses eines schwerbehinderten Menschen durch den Arbeitgeber bedarf nach
§ 85 SGB IX der vorherigen Zustimmung des Integrationsamts. Eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne Kündigung wird dem Wortlaut nach lediglich in dem Fall des erweiterten Beendigungsschutzes nach
§ 92 SGB IX, mithin für den Fall geregelt, dass die Beendigung im Falle des Eintritts einer teilweisen Erwerbsminderung, der Erwerbsminderung auf Zeit, der Berufsunfähigkeit oder Erwerbsunfähigkeit auf Zeit ohne Kündigung erfolgt.
Der Antrag eines Arbeitgebers nach § 9
KSchG, das Arbeitsverhältnis aufzulösen, bildet ebenso wenig eine - zustimmungsbedürftige - arbeitgeberseitige Kündigungserklärung wie ein hieran anknüpfender Spruch des Arbeitsgerichts. Die Auflösung des Arbeitsverhältnisses nach § 9
Abs. 1
KSchG erfordert gerade die arbeitsgerichtliche Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, § 9
Abs. 1
KSchG ermöglicht die Auflösung des Arbeitsverhältnisses unter Zahlung einer angemessenen Abfindung nur dann, wenn Gründe vorliegen, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht erwarten lassen. Auflösung des Arbeitsverhältnisses und Beendigung durch Arbeitgeberkündigung stehen nach dem insoweit klaren Wortlaut des § 9
KSchG nicht gleich und unterfallen daher nach dem insoweit ebenso eindeutigen Wortlaut auch nicht dem Begriff "Kündigung". Es fehlt jeder Anhaltspunkt dafür, dass §§ 85
ff. SGB IX den Begriff der "Kündigung" mit einem anderen oder weiteren Begriffsinhalt verwendeten als im Arbeitsrecht und insbesondere im Kündigungsschutzgesetz.
2.2. Für eine entsprechende Anwendung der §§ 85
ff. SGB IX auf den Auflösungsantrag des Arbeitgebers
bzw. den Auflösungsausspruch des Arbeitsgerichts besteht weder Raum noch Anlass. Dies folgt - ohne dass es der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedarf - unmittelbar aus dem Gesetz.
Einer Erstreckung des Zustimmungserfordernisses der §§ 85
ff. SGB IX auf den Auflösungsantrag des Arbeitgebers nach § 9
Abs. 1 Satz 2
KSchG durch analoge Anwendung steht entgehen, dass keine planwidrige Regelungslücke besteht (s.a. -
m.w.N. -
VG München, Urteil vom 23.062005 - M 15 K 03.3092 juris;
LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 12.03.2003
4 Sa 45/02 - Behindertenrecht 2003, 154).
§§ 85
ff. SGB IX sehen eine Beteiligung des Integrationsamts bei der durch den Arbeitgeber bewirkten Beendigung des Arbeitsverhältnisses lediglich im Falle der Kündigung vor. Gegen eine planwidrige Regelungslücke in Bezug auf andere Beendigungsgründe spricht, dass der Gesetzgeber auch Fälle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne Kündigung des Arbeitgebers in den Blick genommen, in § 92
SGB IX das Zustimmungserfordernis aber nur auf die Fallgruppe erstreckt hat, in der das Arbeitsverhältnis - etwa durch eine auflösende Bedingung - bei Eintritt einer teilweisen Erwerbsminderung, der Erwerbsminderung auf Zeit, der Berufsunfähigkeit oder der Erwerbsunfähigkeit auf Zeit ohne Kündigung des Arbeitsverhältnisses endet. Es fehlt jeder Anhaltspunkt dafür, dass der Gesetzgeber andere Gründe, die ohne Kündigung zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses führen, übersehen und deswegen planwidrig nicht dem Zustimmungserfordernis unterworfen haben könnte.
§§ 85
ff. SGB IX - wie schon die Vorgängerregelung der §§ 15
ff. SchwbG - sollen nach ihrer Regelungskonzeption erkennbar keinen umfassenden präventiven Schutz schwerbehinderter Arbeitnehmer vor einer Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses bieten. Nicht der Zustimmung des Integrationsamts unterworfen sind etwa die Beendigung durch Aufhebungsvertrag, Ablauf einer Befristung, Eintritt einer nicht von § 92
SGB IX erfassten Bedingung oder die Anfechtung des Arbeitsvertrages (s. -
m.w.N. - Griebeling, in: Hauck/Noftz,
SGB IX, § 85 Rn. 22
ff.; Neumann, in: Neumann/Pahlen/Majerski-Pahlen, Sozialgesetzbuch IX, 10. Aufl. 2003, § 85
SGB IX Rn. 44
ff.). Der besondere Kündigungsschutz schwerbehinderter Personen ist hiernach sachlich kein umfassender Beendigungsschutz. Aus einer etwa bestehenden besonderen Schutzbedürftigkeit kann mithin nicht auf die Erstreckung des präventiven, verfahrensrechtlichen Beendigungsschutzes durch das Zustimmungserfordernis geschlossen werden. Dies verkennt auch eine Berufung auf den Sinn und Zweck des Zustimmungserfordernisses (so
OVG Lüneburg, Urteil vom 12. Juli 1989 - 4 L 21/89 -, Behindertenrecht 1990, 114 (116), das bei der Überprüfung eines nach § 15
SchwbG erteilten Zustimmungsbescheides in einem obiter dictum ohne Auseinandersetzung mit Wortlaut und Systematik des Gesetzes die Auffassung vertreten hat, die Auflösung eines Arbeitsverhältnisses nach § 9
Abs. 1 Satz 2
KSchG bedürfe nach dem Sinn und Zweck des § 15
SchwbG ebenfalls der Zustimmung der Hauptfürsorgestelle; hieran anknüpfend - in einem zwischen dem Kläger und der Beigeladenen geführten Verfahren -
ArbG Stuttgart, Urteil vom 27. Juni 2002 - 9 Ca 131/01 -, DB 2002, 2278 für den Fall, dass die Schwerbehinderteneigenschaft erst nach Ausspruch der Kündigung festgestellt wird (aufgehoben durch
LAG Baden- Württemberg, Urteil vom 12. März 2003 - 4 Sa 45/02 - Behindertenrecht 2003, 154).
Systematisch gegen eine Anwendung des besonderen verfahrensrechtlichen Kündigungsschutzes (auch) auf einen Auflösungsantrag des Arbeitgebers spricht, dass nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts die Beteiligung des Integrationsamts der Arbeitgeberkündigung, die den maßgeblichen Zeitpunkt bestimmt, vorgelagert ist und die rechtlichen Wirkungen der Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch im Falle des Sonderkündigungsschutzes nicht ohne weiteres, also schon bei bloß bestehender objektiver Eigenschaft als schwerbehindert eintreten, sondern Voraussetzung ist, dass vor Zugang der Kündigung ein Bescheid über die Eigenschaft als schwerbehindert ergangen ist oder jedenfalls ein entsprechender Antrag gestellt ist (s. -
m.w.N. -
BAG, Urteil vom 7. März 2002 -
2 AZR 612/00 - NJW 2002, 3568; Urteil vom 20. Januar 2005 -
2 AZR 675/03 - NJW 2005, 2796; s. nunmehr auch § 90
Abs. 2a
SGB IX). Dies gründet in dem Rechtsgedanken, dass Veränderungen der für den besonderen Kündigungsschutz maßgeblichen Umstände, die nach dem Ausspruch der Arbeitgeberkündigung eintreten, für das Eingreifen der besonderen Schutzregelungen grundsätzlich nicht erheblich sein sollen, mithin grundsätzlich im und für den Zeitpunkt der Kündigung abschließend zu prüfen ist, ob es der Zustimmung des Integrationsamts bedarf. Dem unterfällt der erst nach der Kündigung denkbare und diese voraussetzende, erst im arbeitsgerichtlichen Verfahren mögliche Auflösungsantrag des Arbeitgebers offenkundig nicht. Der schwerbehinderte Mensch wird hierdurch auch nicht gänzlich "schutzlos" gestellt; denn die Beendigung des Arbeitsverhältnisses unterliegt weiterhin der arbeitsgerichtlichen Kontrolle und ist im Falle des § 9
Abs. 1
KSchG überhaupt erst durch das Arbeitsgericht auszusprechen.
Das Berufungsgericht hat weiterhin zutreffend ausgeführt, dass und aus welchen Gründen zwischen der Zustimmung des Integrationsamts zur Kündigung und der Entscheidung des Arbeitsgerichts über einen Antrag des Arbeitgebers auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses auch strukturelle Unterschiede bestehen, die eine analoge Anwendung des Zustimmungserfordernisses ausschließen.
Der Gesetzgeber war auch von Verfassungs wegen (
Art. 3
Abs. 1,
Abs. 3 Satz 2
GG) nicht gehalten, den besonderen verfahrensrechtlichen Beendigungsschutz bei einer Arbeitgeberkündigung auf alle Formen der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses oder doch einen Auflösungsantrag nach § 9
KSchG zu erstrecken. Das Verbot, eine Person wegen ihrer Behinderung zu benachteiligen, wird nicht schon dadurch verletzt, dass eine Person, die behindert oder eine behinderten Person gleichgestellt ist, von negativen Rechtsfolgen betroffen wird. Die von dem Arbeitsgericht zu prüfende Voraussetzung der Auflösung des Arbeitsverhältnisses auf einen Arbeitgeberantrag hin, dass Gründe vorliegen müssen, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht erwarten lassen (§ 9
Abs. 1 Satz 2
KSchG), weist keinen Bezug zu einer Behinderung auf und lässt Raum für eine einschränkende Auslegung in Fällen, in denen die geltend gemachten Auflösungsgründe an eine Behinderung des Arbeitnehmers anknüpfen. Der Schwerbehinderteneigenschaft kommt zudem bei der Gewichtung des Auflösungsgrundes Bedeutung zu (
BAG, Urteil vom 7. März 2002 - 2 AZR 158/01 - NZA 2003, 261).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154
Abs. 2, § 162
Abs. 3
VwGO; da sich die Beigeladene in dem Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren zur Sache geäußert hat, entspricht es der Billigkeit, ihr entstandene außergerichtliche Kosten dem Kläger aufzuerlegen. Die Gerichtskostenfreiheit folgt aus § 188 Satz 2
VwGO.