Gemäß § 21
Abs. 4
SchwbG soll die Hauptfürsorgestelle die
Zustimmung erteilen, wenn die Kündigung aus einem Grunde
erfolgt, der nicht im Zusammenhang mit der Behinderung
steht. Nach der vom
VG zitierten obergerichtlichen und
höchstrichterlichen Rechtsprechung folgt aus § 21
Abs. 4
SchwbG als Soll-Vorschrift, dass im Falle des Antrags auf
Zustimmung zur beabsichtigten außerordentlichen Kündigung
und des fehlenden Zusammenhangs zwischen Kündigung und
Schwerbehinderung das der Behörde nach § 15
Abs. 1
SchwbGgrundsätzlich zustehende Ermessen derartig eingeschränkt
ist, dass sie die Zustimmung zur außerordentlichen
Kündigung regelmäßig zu erteilen hat. Etwas anderes gilt
nur, wenn ein besonders gelagerter atypischer
Ausnahmefall vorliegt, der eine Entscheidung im Rahmen
des vollen Ermessensspielraums ermöglicht.
Das
VG hat den Zusammenhang zwischen dem
Kündigungssachverhalt - den Diebstählen des Beigeladenen
- und der Schwerbehinderung - (auch) der
Drogenabhängigkeit - verneint. Dies begegnet allerdings
nach Auffassung des Senats Bedenken.
Zwar trifft es zu, dass das Schwerbehindertengesetz ein
Gesetz des guten Willens ist und seine Zwecksetzung,
Behinderte in möglichst großem Umfang in Arbeit, Beruf
und Gesellschaft einzugliedern und in dieser
Eingliederung zu sichern, entscheidend auch auf den guten
Willen der Arbeitgeber angewiesen ist. Insoweit legt das
Gesetz Wert darauf, diesen guten Willen zu erhalten und
zu pflegen, indem es sich bemüht, möglichst viel von der
Gestaltungsfreiheit des Betriebsinhabers zu erhalten.
Deshalb gibt § 21
Abs. 4
SchwbG dem Kündigungsinteresse
des Arbeitgebers grundsätzlich den Vorrang vor dem
Interesse des Schwerbehinderten an der Erhaltung seines
Arbeitsplatzes, wenn der Behinderte einen Grund für eine
außerordentliche Kündigung gegeben hat, der nicht im
Zusammenhang mit seiner Behinderung steht (
vgl. zu allem
BVerwG, Urteil vom 2.7.1992 - 5 C 39.90 -, BVerwGE 90,
275). Dies dürfte jedoch nicht eine so enge Auslegung des
Begriffs "Zusammenhang" rechtfertigen, wie sie das
VGvorgenommen hat.
Anders als das frühere Recht (
vgl. § 19
Abs. 3
S. 3
Schwerbeschädigtengesetz in der Fassung vom 14.8.1961 -
BGBl. I 1234), wonach eine fristlose Kündigung nur dann
dem Zustimmungserfordernis unterworfen war, wenn diese
aus einem Grunde erfolgte, der in unmittelbarem
Zusammenhang mit der gesundheitlichen Schädigung stand,
verlangt das Gesetz nunmehr nur noch einen
"Zusammenhang". Es spricht einiges dafür, diesen
Zusammenhang schon dann anzunehmen, wenn sich das
Verhalten des Schwerbehinderten zwanglos aus der
Behinderung ergibt und der Zusammenhang nicht nur ein
entfernter ist. Dass ein "mittelbarer" Zusammenhang
zwischen dem Kündigungsgrund und der Behinderung genügt,
entspricht im Übrigen der Auffassung in der
Rechtsprechung der Obergerichte (
vgl. Bay. VGH, Beschluss
vom 6.10.1997 - 12 B 94.2091 -, br 1998, 174; Nds.
OVG,
Urteil vom 27.7.1994 - 4 L 1547/94 -, br 1995, 128 und
VGH Bad.-Württ., Urteil vom 3.5.1993, VGH -
Rechtsprechungsdienst VBl. BW 9/1993
Nr. 21.4) sowie in
der Literatur (
vgl. Neumann-Pahlen,
SchwbG, 8. Aufl. § 21
Rdnrn. 22 f; Dörner,
SchwbG, § 21 SchwerbG
Anm. IV 1).
Danach dürfte ein Zusammenhang hier noch gegeben sein.
Das den Kündigungsgrund abgebende Verhalten des
Beigeladenen folgte zwar nicht zwingend aus seiner
Behinderung - er hatte seinen Drogenkonsum jahrelang auch
ohne Diebstähle finanzieren können -, es bestand jedoch
eine Kausalität zwischen Behinderung und Verhalten. Es
ist allgemein bekannt, dass der Drogenkonsum von
Heroinabhängigen regelmäßig durch
Beschaffungskriminalität oder Dealen finanziert wird. Der
Abhängige wird, wie es der Beigeladene auch zutreffend
geschildert hat, während einer Suchtphase allein von dem
Gedanken geleitet, wie er die notwendigen finanziellen
Mittel erhalten kann, um sich weitere Drogen zu
beschaffen. Insoweit wird er regelmäßig auch keinen
Unterschied machen, ob er die benötigten Mittel am
Arbeitsplatz oder außerhalb dessen bekommen kann. Der
Beigeladene stahl nicht - wie die Klägerin meint - "bei
Gelegenheit", sondern er suchte die Gelegenheit zu
stehlen, weil seine Ehefrau ihm kein Geld zur
Befriedigung der Drogensucht mehr ließ.
Unabhängig davon stellt sich die Entscheidung des
VGjedenfalls im Ergebnis als richtig heraus. Dass die
Hauptfürsorgestelle nicht gemäß § 21
Abs. 4
SchwbG in
ihrer Ermessensentscheidung gebunden ist, schließt nicht
aus, dass sie ihr grundsätzlich freies Ermessen unter
Berücksichtigung der Besonderheiten des vorliegenden
Falles nur dahin ausüben kann, die Zustimmung zu
erteilen. Dabei ist zu beachten, dass nach der
gesetzlichen Wertung des § 21
SchwbG dem
Kündigungsinteresse des Arbeitgebers grundsätzlich der
Vorrang vor dem Interesse des Schwerbehinderten an der
Erhaltung des Arbeitsplatzes gebührt, wenn der behinderte
Arbeitnehmer einen Grund für eine außerordentliche
Kündigung gegeben hat, der nicht im Zusammenhang mit
seiner Behinderung steht. Besteht zwar ein Zusammenhang,
ist dieser aber nur mittelbar, die Behinderung also
lediglich kausal im o.g. Sinne für das den
Kündigungsgrund abgebende Verhalten, ohne dass dieses die
zwangsläufige Folge der Behinderung ist, wird eine
sachgerechte Ermessensentscheidung eher zu Lasten des
Arbeitnehmers ausgehen müssen (
vgl. Neumann-Pahlen,
a.a.O.). Hiervon ausgehend und bei einer Gesamtwürdigung
aller Umstände ist nicht ersichtlich, dass der Klägerin
eine Weiterbeschäftigung des Beigeladenen noch zugemutet
werden kann. Danach kann eine andere Entscheidung als die
Zustimmung zur beabsichtigten Kündigung
ermessenfehlerfrei nicht mehr getroffen werden.
Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der angefochtenen
Entscheidungen ist nach der Rechtsprechung des
BVerwG(Beschluss vom 22.1.1993 - 5 B 80.92 -, Buchholz 436.61 §
15
SchwbG 1986
Nr. 7 und br 1994, 21) auf den Zeitpunkt
des Erlasses des Widerspruchsbescheides abzustellen. Zu
diesem Zeitpunkt war abzusehen, dass der Beigeladene
aufgrund seiner Behinderung und aufgrund der schlechten
Arbeitsmarktaussichten - wenn überhaupt - nur sehr schwer
einen anderen Arbeitsplatz würde erhalten können. Auch
war zu berücksichtigen, dass der Verlust des
Arbeitsverhältnisses für einen Suchterkrankten nach
erfolgreicher Therapie eine besondere Belastung
darstellt, die zu einem Rückfall führen kann.
Dem stehen aber folgende durchgreifende Erwägungen
gegenüber:
Als Hausmeister in einer Schule konnte die Klägerin den
Beigeladenen nicht mehr einsetzen. Insoweit teilt der
Senat die Auffassung der Hauptfürsorgestelle in ihrem
Bescheid vom 17.7.1996 - der Widerspruchsbescheid geht
auf diese Problematik nicht ein. Ein Schulhausmeister hat
eine besondere Vertrauensstellung. Insbesondere die
Lehrer einer Schule müssen sich auf seine Zuverlässigkeit
unbedingt verlassen können. Er hat Zugang zu allen Räumen
und hat damit jederzeit Zugriff auf die darin
befindlichen Gegenstände. Seine Tätigkeit erfolgt
weitgehend unkontrolliert. Es ist dem Arbeitgeber auch
nicht zuzumuten, eine weitere Person damit zu
beschäftigen, einen Schulhausmeister zu kontrollieren.
Daher ist ein Schulhausmeister, der Diebstähle begeht,
nicht mehr einsetzbar. Daran ändert nichts, dass zum
Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides für den
Beigeladenen eine günstige Prognose für die Zukunft
hinsichtlich seiner Drogenabhängigkeit bestand. Eine
derartige Prognose mag von Bedeutung sein, wenn der
Behinderte in einem abgrenzbaren und überschaubaren
Arbeitsbereich tätig ist, in dem er auch überwacht werden
kann. In dem Arbeitsbereich des Beigeladenen war es der
Klägerin nicht zuzumuten, das - bei Drogenabhängigen
generell relativ hohe - Risiko eines Rückfalls
einzugehen.
Ein anderer - freier - Arbeitsplatz stand nach dem nicht
substantiiert angegriffenen Vorbringen der Klägerin zum
Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides für den
Beigeladenen nicht zur Verfügung. Seinen erlernten Beruf
als Installateur konnte der Beigeladene nach eigenem
Vorbringen aufgrund seiner Rückenbeschwerden nicht mehr
ausüben. Freie Stellen, auf denen er eingesetzt werden
könnte, hat der Beigeladene ebenso wie der Personalrat
und der Schwerbehindertenvertreter konkret nicht benannt.
Dass eine Hausmeisterstelle in einem Asylbewerberheim
frei war, hat die Klägerin bestritten. Im Übrigen wäre
die Problematik dort nicht anders als in der Schule. Auch
der Beklagte, der im Februar 1997 die Entscheidung über
den Widerspruch der Klägerin ausgesetzt hatte,
insbesondere um zu prüfen, ob bei der Klägerin ein
anderer geeigneter Arbeitsplatz bestehe, auf den der
Beigeladene umgesetzt werden könne, hat einen derartigen
Arbeitsplatz nicht gefunden. Besondere Umstände, wie sie
dem Urteil des Nds.
OVG (a.a. O.) zugrunde lagen und die
eine erhöhte Fürsorgepflicht der Klägerin für den
Beigeladenen begründen könnten, sind weder vorgetragen
noch sonst ersichtlich.