Die Berufungen des Beklagten und des Beigeladenen gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 29. September 2009 sind zulässig und begründet. Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Unrecht teilweise stattgegeben, denn der angefochtene Bescheid des Zentrums Bayern Familie und Soziales Region Augsburg - Integrationsamt - vom 20. Januar 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides des Widerspruchsausschusses beim Zentrum Bayern Familie und Soziales - Integrationsamt - vom 29. April 2009 ist nicht rechtswidrig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113
Abs. 1 Satz 1
VwGO).
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist allein noch das im Wege der Anfechtungsklage geltend gemachte Begehren des Klägers, die Zustimmung des Beklagten zu seiner ordentlichen Kündigung durch den Beigeladenen aufzuheben. Soweit der Kläger zudem die Verpflichtung der Beklagten erstreiten wollte, den Beklagten zu verpflichten, den Antrag des Beigeladenen auf Zustimmung zur ordentlichen Kündigung abzulehnen, hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen, ohne dass das vom Kläger angefochten worden wäre.
Passivlegitimiert für das Klage- und Berufungsbegehren ist der Freistaat Bayern als Träger der Integrationsämter (nach früherem Recht: Hauptfürsorgestellen) gemäß § 78
Abs. 1
Nr.1
VwGO.
Die Rechtsgrundlagen für die Zustimmung des Beklagten im Bescheid vom 20. Januar 2009 zur ordentlichen Kündigung des schwerbehinderten Klägers durch den Beigeladenen finden sich in den §§ 85
ff. SGB IX.
Für die Entscheidung war das Integrationsamt örtlich und sachlich gemäß
§ 85 SGB IX zuständig. Für die Widerspruchsentscheidung dessen Widerspruchsausschuss nach § 73
Abs. 1 Satz 2
Nr. 2,
Abs. 2
VwGO,
§ 119 SGB IX.
Verfahrensvorschriften wurden bei der Zustimmung zur Kündigung des schwerbehinderten Klägers nicht verletzt (
§ 87 SGB IX). Der Kläger wurde angehört. Ein Betriebsrat und eine Schwerbehindertenvertretung sind im Unternehmen des Beigeladenen nicht gewählt (§ 87
Abs. 2
SGB IX); eine gemeinsame Schwerbehindertenvertretung
bzw. eine Gesamtschwerbehindertenvertretung (
§ 97 Abs. 6 Satz 1 SGB IX) gibt es dort nicht. Eine gütliche Einigung war nicht zu erreichen (§ 87
Abs. 3
SGB IX).
Die Zustimmung des Beklagten zur ordentlichen Kündigung des Klägers verletzt auch nicht materielles Recht. Während § 87
SGB IX das Verfahren bis zur Entscheidung regelt, behandeln die §§ 88
ff. SGB IX die Entscheidung des Integrationsamtes über die Zustimmung zur ordentlichen Kündigung eines schwerbehinderten Menschen.
Die Auflösung des Arbeitsverhältnisses eines schwerbehinderten Menschen wird allein durch die Kündigung des Arbeitgebers bewirkt. Die dazu nach § 85
Abs. 1
SGB IX erforderliche Zustimmung des Integrationsamtes ist eine zwingende Wirksamkeitsvoraussetzung für diese rechtsgeschäftliche Gestaltungserklärung, erschöpft sich aber auch hierin (
BVerwG vom 7.3.1991 ZfSH/SGB 1991, 311 = Behindertenrecht 1991, 113; dem folgend BayVGH vom 18.6.2008 Az.
12 BV 05.2467). Die Entscheidung des Integrationsamtes über die Zustimmung zur Kündigung von schwerbehinderten Menschen ist eine Ermessensentscheidung (ausführlich dazu BayVGH vom 12.8.2008 Az.
12 ZB 07.3029 unter Hinweis auf Kuhlmann, Behindertenrecht 2006, 93/97 f., m. w. N.), mit der das Integrationsamt die vom Arbeitgeber geltend gemachten Kündigungsgründe mit den Schutzinteressen des behinderten Arbeitnehmers unter Berücksichtigung der in
§ 89 SGB IX vorgesehenen Einschränkungen abwägt. Sie ist an Sinn und Zweck des Sonderkündigungsschutzes für schwerbehinderte Menschen auszurichten (
BVerwG vom 2.7.1992 BVerwGE 90, 287 = DVBl. 1992, 1490). Danach ist das Interesse der schwerbehinderten Arbeitnehmer, ihren Arbeitsplatz zu behalten, mit dem Interesse des Arbeitgebers, Personalkosten zu sparen, abzuwägen (
BVerwG vom 19.10.1995 BVerwGE 99, 336 = Buchholz 436.61 § 15
SchwbG 1986
Nr. 10). Es ist dem Fürsorgegedanken des Gesetzes Rechnung zu tragen, das die Nachteile schwerbehinderter Arbeitnehmer auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ausgleichen will und dafür in Kauf nimmt, dass die Gestaltungsfreiheit des Arbeitgebers eingeengt wird. Besonders hohe Anforderungen an die Zumutbarkeit beim Arbeitgeber sind im Rahmen der Abwägung der gegensätzlichen Interessen dann zu stellen, wenn die Kündigung auf Gründen beruht, die in der Behinderung selbst ihre Ursache haben. Entsprechend ist der Schutz umso geringer, je weniger ein Zusammenhang zwischen Kündigungsgrund und Behinderung feststellbar ist. Andererseits ist auch die unternehmerische Gestaltungsfreiheit des Arbeitgebers mit dem ihr zukommenden Gewicht in die Abwägung einzustellen. Sinn und Zweck des Zustimmungserfordernisses ist es nicht, eine zusätzliche, zweite Kontrolle der arbeitsrechtlichen Zulässigkeit der Kündigung zu schaffen. Die §§ 85
ff. SGB IX sollen nach ihrer Regelungskonzeption erkennbar keinen umfassenden Schutz schwerbehinderter Arbeitnehmer vor einer Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses bieten (
BVerwG vom 11.5.2006 Behindertenrecht 2007, 107 und
BVerwG Buchholz 436.61 § 15
SchwbG 1986
Nr. 4). Das Integrationsamt hat im Zustimmungsverfahren nach § 85
ff. SGB IX grundsätzlich auch nicht zu prüfen, ob die beabsichtigte Kündigung des Arbeitsverhältnisses des Schwerbehinderten etwa sozial gerechtfertigt im Sinn von § 1
Abs. 2
KSchG ist (
vgl. BVerwG vom 2.7.1992, a.a.O., Leitsatz 3). Denn diese Prüfung ist allein von den Arbeitsgerichten vorzunehmen. Der Sonderkündigungsschutz soll vor allem die Nachteile der Schwerbehinderten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ausgleichen (
BVerwG vom 28.2.1968 BVerwGE 29, 140). Dessen Zweck geht dahin, den Schwerbehinderten vor den Gefahren, denen er wegen seiner Behinderung auf dem Arbeitsmarkt ausgesetzt ist, zu bewahren und sicherzustellen, dass er gegenüber den gesunden Arbeitnehmern nicht ins Hintertreffen gerät (
BVerwG vom 12.1.1966 BVerwGE 23, 123). Bei der Entscheidung, ob die Zustimmung erteilt oder versagt werden soll, können deshalb nur Erwägungen eine Rolle spielen, die sich speziell aus der Schwerbehindertenfürsorge herleiten. Rechtfertigen solche Erwägungen eine Versagung der Zustimmung nicht, so hat die behördliche Zustimmung dem Kündigenden diejenige Rechtsstellung zurückzugeben, die er hätte, wenn es keinen besonderen Kündigungsschutz für Schwerbehinderte gäbe (
BVerwG vom 2.7.1992 a.a.O.). Allerdings darf die Integrationsbehörde an einer offensichtlich unwirksamen Kündigung in dem Sinne, dass die Unwirksamkeit der Kündigung "ohne jeden vernünftigen Zweifel in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht offen zu Tage liegt und sich jedem Kundigen geradezu aufdrängt", nicht mitwirken (
BVerwG a. a. O.; BayVGH vom 16.11.1993 Az.
12 B 92.84;
GK zum
KSchG, Luchterhand 5. Aufl. 1998, §§ 15 bis 20
SchwbG RdNr. 83).
So verstanden, begegnet die angefochtene Entscheidung des Zentrums Bayern Familie und Soziales Region Augsburg - Integrationsamt - vom 20. Januar 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides des Widerspruchsausschusses beim Zentrum Bayern Familie und Soziales - Integrationsamt - vom 29. April 2009 keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Sie ist ermessensfehlerfrei ergangen. Der Beklagte hat das Interesse des Arbeitgebers gegen das Interesse des schwerbehinderten Arbeitnehmers an der Erhaltung seines Arbeitsplatzes (siehe dazu
BVerwG vom 2.7.1992 BVerwGE 90, 287/293) rechtsfehlerfrei abgewogen.
Es bestehen insbesondere keine Bedenken dagegen, dass der Beigeladene seine betriebsbedingten Gründe für eine ordentliche Kündigung erst im Schreiben vom 26. November 2008 gegenüber dem Integrationsamt geltend gemacht hat, nachdem er seinen Antrag auf Zustimmung zuerst allein auf verhaltensbedingte Gründe gestützt hatte. Denn maßgeblich für die Entscheidung des Beklagten über den Widerspruch des Klägers gegen diese Zustimmungsentscheidung, und damit maßgebliche Sach- und Rechtslage für die Beurteilung eines bestehenden, gegen das Interesse des Schwerbehinderten abzuwägenden Kündigungsinteresses des Arbeitgebers ist der der Kündigung zugrunde liegende historische Sachverhalt. Grundsätzlich beurteilt sich die Frage, ob ein Kündigungssachverhalt vorliegt, aus dem der Arbeitgeber das seinem Antrag zugrunde liegende Kündigungsinteresse herleitet, jedenfalls im Falle der hier allein streitgegenständlichen Anfechtungsklage nach dem historischen Sachverhalt, der den Kündigungsgrund bildet und bis zum Zugang der Kündigungserklärung vorliegt (
vgl. BVerwG vom 10.11.2008 Az.
5 B 79.08 und vom 7.3.1991 Buchholz 436.61 § 12
SchwbG Nr. 3.; BayVGH vom 18.6.2008 Az.
12 BV 05.2467, vom 20.6.2006 Az. 9
ZB 06.930 und vom 31.1.2005 Az. 9
ZB 04.2740; VGH BW vom 15.7.1997 Behindertenrecht 1998, 75;
OVG NRW vom 23.1.1992 NZA 1992, 844). Für diesen Zeitpunkt hat die Behörde für ihre Entscheidungsfindung all diejenigen Umstände zu berücksichtigen, die von den Beteiligten an sie herangetragen worden sind oder die sich ihr sonst hätten aufdrängen mussten. Denn nur die vom Arbeitgeber geltend gemachten Kündigungsgründe sind mit dem Schutzinteresse des behinderten Arbeitnehmers abzuwägen. Tatsachen und Umstände, die erst nach diesem Zeitpunkt eingetreten sind, gehören daher nicht zu dem zugrunde zu legenden Sachverhalt. Andernfalls würde die Behörde die Zustimmung zu einer Kündigung bestätigen oder versagen, die sich auf nicht vom Arbeitgeber geltend gemachte Kündigungsgründe stützen würde (
vgl. BVerwG a.a.O.).
Der Senat hat auch im sonstigen Verfahrensverlauf vor dem Integrationsamt keine Anhaltspunkte dafür erkennen können, dass der von dem Beigeladenen geltend gemachte betriebsbedingte Kündigungsgrund nur rechtsmissbräuchlich geltend gemacht worden sei.
Die geltend gemachten betriebsbedingten Kündigungsgründe tragen entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts auch die Zustimmungsentscheidung.
Das Integrationsamt und der Widerspruchsausschuss haben bei ihren Entscheidungen den Untersuchungsgrundsatz nach §§ 20, 21
SGB X beachtet und den Sachverhalt unter Einbeziehung der Einlassungen des Klägers bei seiner Anhörung vollständig ermittelt (siehe dazu Trenk-Hinterberger, HK-SGB IX, 3. Aufl. 2010, § 88 RdNr. 5 unter Hinweis auf
BVerwG vom 5.12.2006 Az.
5 B 171/06; BayVGH vom 22.10.2008 Az. 12 BV 07.2256). Der Senat verkennt dabei nicht Inhalt und Umfang der Pflicht zur umfassenden Sachverhaltsaufklärung (
vgl. dazu etwa
BVerwG vom 19.10.1995 a.a.O. und vom 6.2.1995 Buchholz 436.61 § 15
SchwbG 1985
Nr. 9).
Richtig ist, dass das Integrationsamt zunächst untersuchen muss, ob Kündigungsgründe überhaupt vorliegen (
BVerwG vom 28.11.1958 BVerwGE 8, 46). Es muss im Rahmen seiner Amtsermittlungspflicht sicherstellen, dass betriebsbedingte Kündigungsgründe tatsächlich bestehen und nicht lediglich vorgeschoben werden (SächsOVG vom 25.8.2003 Behindertenrecht 2004, 81). Da die Organisation und Struktur eines Betriebes aber allein der unternehmerischen Entscheidung unterliegen, können die hierauf bezogenen Entscheidungen des Unternehmers jedenfalls vom Integrationsamt grundsätzlich nicht inhaltlich überprüft werden (
vgl. zum Prüfungsumfang betriebsbedingter Kündigungsgründe durch die Arbeitsgerichte etwa
BAG vom 23.4.2008 Az. 2 AZR 1110.06
m.w.N.). Solche Entscheidungen, die zum Wegfall des Arbeitsplatzes führen, darf das Integrationsamt aber daraufhin überprüfen, ob sie unsachlich oder willkürlich sind (siehe dazu Trenk-Hinterberger, a.a.O., § 88 RdNr. 14). Deshalb beschränkt sich - wie oben bereits angesprochen - die Verpflichtung darauf, ob die arbeitsrechtliche Unwirksamkeit der Kündigung ohne jeden vernünftigen Zweifel in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht offen zu Tage liegt und sich jedem Kundigen geradezu aufdrängt (zu alledem Knittel,
SGB IX, Stand: März 2010, § 85 RdNrn. 73 f. unter Hinweis auf
BVerwG vom 2.7.1992 BVerwGE 90, 275). An einer in diesem Sinne offensichtlich rechtsmissbräuchlichen Antragstellung fehlt es immer dann, wenn die vom Arbeitgeber genannten Gründe geeignet sind, eine ordentliche Kündigung zu tragen. Diese Grenzen der Überprüfung betriebsbedingter Kündigungsgründe gehen einher mit der dazu veranlassten Sachverhaltsaufklärung.
Vor diesem Hintergrund hat das Verwaltungsgericht die Anforderungen an die Prüfung betriebsbedingter Kündigungsgründe durch Integrationsämter überspannt. Das betrifft insbesondere die vom Verwaltungsgericht getroffene Feststellung, der Kläger habe dem Vortrag des Beigeladenen zur betriebsbedingten Kündigung substantiiert widersprochen, "wobei seine Argumente, es sei wirtschaftlich unsinnig, ein Taxi nur tagsüber zu betreiben, jedenfalls für Branchenfremde nicht von der Hand zu weisen ist"; es sei also stets ein Kündigungsgrund erforderlich, der auch tatsächlich vorliegen müsse, vorliegend habe des Integrationsamt den Vortrag des Beigeladenen ungeprüft akzeptiert und damit den Rechtsschutz für den Kläger faktisch leerlaufen lassen. Der Beklagte hätte etwa durch Anfragen "bei der Kreisverwaltungsbehörde und dem einschlägigen Berufsverband nach der wirtschaftlichen Lage des Taxi-Gewerbes in ... und nach der Sinnhaftigkeit des eingeschränkten Betriebes des Taxis" den Sachverhalt weiter aufklären müssen.
Dieser Einschätzung kann der Senat nicht folgen. Dem vom Beigeladenen vorgelegten Begleitschreiben zur betriebswirtschaftlichen Auswertung des Unternehmens des Beigeladenen der Steuerberatungsgesellschaft ...
GmbH vom 17. November 2008 ist zu entnehmen, dass im Kalenderjahr 2008 vom Beigeladenen bei einem Halbjahresumsatz in Höhe von 46.000
EUR mit einem Ganzjahresbetriebsergebnis in Höhe von nur 14.260
EUR zu rechnen ist. Diese betriebswirtschaftliche Auswertung stützt sich auf die vorgelegten Kassenbücher, Kontoauszüge sowie vorgelegte Aufzeichnungen zum Betriebsablauf (
vgl. Schreiben der Steuerkanzlei vom 20. Januar 2010). Die Steuerberatungsgesellschaft empfiehlt zusammenfassend "dringendst" über Einsparmöglichkeiten im Personalbereich nachzudenken. Welchen Stellenwert hierbei die vom Verwaltungsgericht als fehlend bewertete Nachfrage bei der Kreisverwaltungsbehörde "nach der wirtschaftlichen Lage des Taxi-Gewerbes" haben soll, bleibt unklar, wenn man bedenkt, dass eben diese Kreisverwaltungsbehörde seit dem 21. Januar 1997 keine weiteren Taxikonzessionen mehr zulässt und es hier nicht um die allgemeine wirtschaftliche Lage des Taxigewerbes in ... geht, sondern allein um die Rentabilität des Unternehmens des Beigeladenen. Ebenso erschließt es sich dem Senat nicht, weshalb es wirtschaftlich unsinnig sein soll, ein Taxi-Gewerbe tagsüber mit reduzierter Fahrerzahl zu betreiben, wenn im Unternehmen rund 25 v.H. der Betriebseinnahmen im Rahmen von Subunternehmertätigkeiten aus Fahrten für Schüler- und Behindertenbeförderung aus festen Touren anfallen und diese Fahrten mit weit geringerem Personalaufwand - da keine Standzeiten anfallen - und einer strafferen Kalkulation durchgeführt werden können, während der Beigeladene selbst die Fahrten mit (personal-)kostenintensiven Standzeiten übernimmt. Jedenfalls kann vor diesem Hintergrund auch ansatzweise keine Rede davon sein, dass die arbeitsrechtliche Unwirksamkeit der Kündigung ohne jeden vernünftigen Zweifel in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht offen zu Tage liegt und sich jedem Kundigen geradezu aufdrängt.
Das gilt umso mehr, als das Arbeitsgericht Kempten eben die hier inmitten stehende betriebsbedingte Kündigung bereits mit Urteil vom 28. April 2009 für wirksam erachtet hatte, während der Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 29. April 2009 datiert. Waren somit die vom Beigeladenen vorgetragen betriebsbedingten Gründe im erstinstanzlichen Verfahren vor dem Arbeitsgericht für eine ordentliche Kündigung des Klägers als hinreichend erachtet worden, so kann dem Integrationsamt im seinerzeit noch anhängigen Widerspruchsverfahren keine darüber hinausgehende Pflicht zur weiteren Sachverhaltsaufklärung hinsichtlich eben dieser betriebsbedingten Kündigungsgründe abverlangt werden.
Ebenso verhält es sich im Ergebnis mit dem vom Verwaltungsgericht gerügten Mangel, die Interessenslage des Klägers sei nicht ausreichend gewürdigt worden. Das Verwaltungsgericht meint, der Ausgangsbescheid enthalte keinerlei Ausführungen zur Situation des Klägers. Auch der Widerspruchsbescheid beschreibe nicht die Situation des Klägers, sondern allgemein die Situation schwerbehinderter Arbeitnehmer. Symptomatisch für die mangelnde Sachverhaltsaufklärung durch das Integrationsamt sei, dass erst in der mündlichen Verhandlung durch Befragen des Klägers zu Tage gekommen sei, worauf seine Behinderung zurückzuführen sei.
Dem entgegen sind der vorgelegten Behördenakte des Integrationsamtes die Angaben des Klägers zu seiner Behinderung und deren Ursachen - zurückreichend bis 1976 - zu entnehmen, einschließlich zusammengefasster Gutachtenergebnisse durch die
AOK Bayern aus dem Jahre 2003. Hingegen finden sich keine Anhaltspunkte dafür, dass das Integrationsamt diese durch die Schwerbehinderung bedingten Einschränkungen des Klägers auf dem Arbeitsmarkt bei seiner Entscheidung nicht berücksichtigt hätte, wenn es im Widerspruchsbescheid ausführt, der Kläger werde nur schwer eine Chance haben, einen neuen und geeigneten Arbeitsplatz zu finden. Die vom Kläger im Verfahren vor dem Integrationsamt vorgetragenen Bedenken gegen seine auf der Schwerbehinderung beruhenden mangelnden Erfolgsaussichten auf dem Arbeitsmarkt, wie etwa den Einwand, er könne seine laufenden Zahlungen mit dem Arbeitslosengeld kaum und mit dem Arbeitslosengeld II nicht mehr erfüllen, hat der Beklagte in seine Entscheidung eingestellt und abgewogen. Er hat auch im Übrigen die Probleme schwerbehinderter Menschen auf dem aktuellen Arbeitsmarkt berücksichtigt. Darüber hinausreichende Gründe, die nach den oben dargelegten Gesetzeszweck in der Schwerbehinderung des Klägers angelegt sind, sind auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vom Kläger nicht näher angesprochen worden. Vielmehr kam auch dort wieder zur Sprache, dass der Kläger einen Ausgleich durch den Beigeladenen für eine etwaige Sperrzeit bei einem Aufhebungsvertrag erreichen wollte, und allein hieran die einvernehmliche Aufhebung des Arbeitsvertrages gescheitert sei.
Zu einer weiterreichenden Prüfung, ob die Kündigung auch im Übrigen im Sinne des § 1
Abs. 2
KSchG sozial gerechtfertigt ist, war der Beklagte, jedenfalls ohne besonderen Anlass, nicht verpflichtet (
BVerwG vom 19.10.1995 BVerwGE 99, 336 und vom 2.7.1992 BVerwGE 90, 287). Dass eine Prüfung der Frage der sozialen Rechtfertigung der Kündigung gemäß § 23
Abs. 1 Satz 2
KSchG im arbeitsgerichtlichen Verfahren nicht zum Tragen kommt, schließt es zwar nicht aus, dass auch in solchen Fällen der Kündigungsschutz des schwerbehinderten Menschen nach den §§ 85
ff. SGB IX greift. Es hat aber nicht zur Folge, dass im Rahmen dieser Prüfung gleichsam anstelle der Arbeitsgerichtsbarkeit die sozialen Rechtfertigung im Sinne des § 1
Abs. 2
KSchG allgemein einzubeziehen ist. Jedenfalls kann der Kläger nicht verlangen, dass ihm ein an sich im Unternehmen nicht vorhandener Arbeitsplatz "freigekündigt" wird (so auch Trenk-Hinterberger, a.a.O., § 88 RdNr. 14).
Vor diesem Hintergrund hat der Beigeladene hinreichend dargelegt, dass der Arbeitsplatz des Klägers allein aus betriebsbedingten Gründen entfallen ist und wegen weiter fallender Umsatzzahlen
bzw. wegen Fehlens eines weiteren Fahrzeuges auch nicht anderweitig ersetzt werden kann.
Das Integrationsamt hat hierauf gestützt eine umfangreich und nachvollziehbar begründete Ermessensentscheidung getroffen, mit der es der Kündigung antragsgemäß zugestimmt hat. Im folgenden Widerspruchsbescheid hat sich der Widerspruchsausschuss beim Integrationsamt abschließend mit allen im Widerspruchsverfahren geltend gemachten Gesichtspunkten, die im Zusammenhang mit der Schwerbehinderteneigenschaft des Klägers stehen, auseinandergesetzt, den Sachverhalt nach hinreichender Aufklärung unter allen sachlichen und rechtlichen Gesichtspunkten einschließlich der vom Kläger erhobenen Rügen (
vgl. dazu Masuch in Hauck/Noftz,
SGB IX, Stand: Februar 2008, § 118 RdNr. 11) geprüft und den Widerspruch der Klägers, ohne dass es rechtlich zu beanstanden wäre, zurückgewiesen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154
Abs. 1, § 162
Abs. 3
VwGO. Es entspricht der Billigkeit, die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen dem Kläger aufzuerlegen, denn der Beigeladene hat in beiden Rechtszügen das Kostenrisiko übernommen.
Nach § 188 Satz 2
VwGO ist das Verfahren gerichtskostenfrei.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167
VwGO, §§ 708
ff. ZPO.
Gründe für die Zulassung der Revision gibt es nicht (§ 132
Abs. 2
VwGO).