Das angefochtene Urteil wird geändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens beider Instanzen, einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
I.
Der am 1954 geborene Kläger ist seit dem 1985 bei der Beigeladenen beschäftigt, zuletzt als Erdbaugeräteführer im U. I. . Das Versorgungsamt L. stellte mit Bescheid vom 4. Februar 1994 einen Grad der Behinderung (
GdB) des Klägers von 60 fest. Zugrunde lagen 1. Krohn'sche Erkrankung,
2 Verschleißerscheinungen der Wirbelsäule und Hüftgelenke.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts, des Verwaltungsverfahrens, des erstinstanzlichen Klageverfahrens und des angefochtenen Urteils wird auf dessen Tenor sowie den Inhalt von Tatbestand und Entscheidungsgründen Bezug genommen.
Der beschließende Senat hat die Berufungen des Beklagten und der Beigeladenen mit Beschluss vom 25. März 2011, auf dessen Begründung Bezug genommen wird, zugelassen.
Der Beklagte trägt zur Begründung seiner Berufung vor, bei der Frage, ob ein Zusammenhang zwischen Kündigungsgrund und Behinderung
i.S.v.
§ 91 Abs. 4 SGB IX vorliege, sei nur eine gemäß
§ 69 SGB IX festgestellte Behinderung zu berücksichtigen.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 25. Februar 2010 -
26 K 2767/09 - aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Beigeladene vertritt dieselbe Rechtsauffassung und beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 25. Februar 2010 - 26 K 2767/09 - dahingehend abzuändern, dass die Klage abgewiesen wird.
Der Kläger beantragt,
die Berufung des Beklagten und der Beigeladenen zurückzuweisen.
Er begründet seinen Antrag damit, dass es seiner Ansicht nach nicht auf die Auffassung des Beklagten und der Beigeladenen ankomme, da dem Beklagten im Laufe des Widerspruchsverfahrens seitens des Klägers ausführlich dargelegt worden sei, dass das ihm vorgeworfene Fehlverhalten vermutlich in einem Zusammenhang mit seiner Schwerbehinderung stehe. Ein mittelbarer Zusammenhang genüge insoweit. Grundlage der festgestellten Schwerbehinderung sei die Krankheit Morbus Crohn. Folgeerkrankung hiervon sei die Depression des Klägers, die wiederum zur eingeschränkten Schuldfähigkeit geführt habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs des Beklagten Bezug genommen.
II.
Über die Berufungen kann gemäß § 130a
VwGO durch Beschluss entschieden werden, da der Senat die Berufungen einstimmig für begründet und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht für erforderlich hält (§ 130a Satz 1
VwGO). Die Beteiligten sind hierzu nach § 130a Satz 2
VwGO i. V. m. § 125
Abs. 2 Satz 3
VwGO angehört worden. Entgegen der Auffassung des Klägers scheidet eine Entscheidung nach § 130a Satz 1
VwGO nicht aus, wenn die Berufung nach § 124
Abs. 2
Nr. 2
VwGO zugelassen wurden, sondern nur, wenn die Rechtssache - darüber hinausgehende - "außergewöhnlich große Schwierigkeiten in rechtlicher und/ oder tatsächlicher Art aufweist, insbesondere - anders als hier - eine Vielzahl von ungeklärten Rechtsfragen.
Vgl.
BVerwG, Urteile vom 9. Dezember 2010 - 10 C 13.09 -, DVBl. 2011, 366, juris, und vom 30. Juni 2004 - 6 C 28/03 -, BVerwGE 121, 211, juris.
Die Berufungen des Beklagten und der Beigeladenen haben Erfolg.
Die nach
§ 91 Abs. 3 Satz 2 SGB IX fingierte Zustimmung des Beklagten zur außerordentlichen fristlosen Kündigung in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Widerspruchsausschusses beim Integrationsamt des Beklagten vom 30. März 2009 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113
Abs. 1 Satz 1
VwGO).
Dass auch bei der Erteilung der Zustimmung zu einer außerordentlichen Kündigung nach
§§ 85,
91 Abs. 1 SGB IX grundsätzlich bestehende Ermessen des Integrationsamtes und des Widerspruchsausschusses war nicht auszuüben, sondern nach § 91
Abs. 4
SGB IX gebunden. Gemäß § 91
Abs. 4
SGB IX soll das Integrationsamt die Zustimmung (zur außerordentlichen Kündigung) erteilen, wenn die Kündigung aus einem Grund erfolgt, der nicht im Zusammenhang mit der Behinderung steht. Die Entscheidung, ob der Kündigungsgrund im Zusammenhang mit der Behinderung steht, ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts auf der Grundlage des vom Arbeitgeber angegebenen, nur im arbeitsgerichtlichen Verfahren zu überprüfenden Kündigungsgrundes zu treffen.
Vgl.
BVerwG, Beschluss vom 18. September 1996
-
5 B 109.96 -, Buchholz 436.61 § 21
SchwbG Nr. 8; Urteil vom 2. Juli 1992 - 5 C 39.90 -, BVerwGE 90, 275
ff. jeweils zu der wortgleichen Vorgängerregelung des § 21
Abs. 4
SchwbG;
OVG NRW, Beschlüsse 25. Mai 2009 -
12 A 472/09 -, juris, vom 25. Februar 2009 -
12 A 96/09 -, juris, und vom 23. Mai 2008 -
12 A 3176/07 -, juris.
Besteht danach kein Zusammenhang zwischen dem Kündigungsgrund und der Behinderung, ist das freie Ermessen nach § 85
SGB IX durch § 91
Abs. 4
SGB IX dahingehend eingeschränkt, dass das Integrationsamt im Regelfall die Zustimmung zu erteilen hat. Nur bei Vorliegen von Umständen, die den Fall als atypisch erscheinen lassen, darf das Integrationsamt nach pflichtgemäßem Ermessen entscheiden.
Vgl.
BVerwG, Beschluss vom 18. September 1996 - 5 B 109.96 -, a.a.O.; Urteil vom 2. Juli 1992 -
5 C 39.90 -, a.a.O.;
OVG NRW, Beschlüsse vom 20. April 2009 -
12 A 2431/08 -, juris, vom 22. Januar 2009 -
12 A 2094/08 -, juris, vom 23. Mai 2008 - 12 A 3176/07 -, juris, und vom 31. Oktober 2006 -
12 A 3554/06 -; die gegen den letztgenannten Beschluss eingelegte Verfassungsbeschwerde hat die 1. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts mit Beschluss vom 20. Februar 2009 - 1 BvR 3222/06 - zurückgewiesen.
Zwar genügt für die Eröffnung des Ermessens - anders als von der Beigeladenen im Berufungszulassungsverfahren vertreten - bereits ein möglicher Zusammenhang zwischen Behinderung und Kündigungsgrund, da bei einem "non liquet" die Entscheidung zu Lasten des Arbeitgebers ausfällt, der insoweit die Darlegungs- und Beweislast trägt.
Vgl. Kossens, in: Kossens/von der Heide/Maaß,
SGB IX, 3. Aufl. 2009, § 91 Rn. 24; Beyer/Seidel, Der Kündigungsschutz für schwerbehinderte Menschen im Arbeitsleben, 3. Aufl. 2010, E. 1.2; Kuhlmann, in: Ernst/Adlhoch/Seel,
SGB IX, Stand: April 2010, § 91 Rn. 45; Neumann, in: Neumann/Pahlen/Majerski-Pahlen,
SGB IX, § 91 Rn. 25; Hoff, in: Bihr/Fuchs/ Krauskopf/Lewering,
SGB IX, § 91 Rn. 21; schon zu § 21
Abs. 4
SchwbG: Gröninger,
SchwbG, Stand: März 2001, § 21, Rn. 14;
VG Frankfurt, Urteil vom 14. August 2008 -
7 E 2579/07 -, juris; a.A. wohl Kreitner, in: jurisPK-SGB IX, 1. Aufl. 2010, § 91 Rn. 28 mit Aktualisierung 28.1 vom 23.07.2010.
Zudem genügt auch ein mittelbarer Zusammenhang zwischen Behinderung und Kündigungsgrund.
Vgl.
OVG NRW, Urteil vom 23. Mai 2000 -
22 A 3145/98 -, NWVBl. 2000, 390, juris; Nieders.
OVG, Urteil vom 9. März 1994 - 4 L 3927/92 -, juris; Beyer/Seidel, Der Kündigungsschutz für schwerbehinderte Menschen im Arbeitsleben, 3. Aufl. 2010, E. 1.2; Düwell, in: LPK-SGB IX, 1. Aufl. 2002, § 91 Rn. 18.
Für einen Zusammenhang zwischen der Behinderung und dem Kündigungsgrund
i.S.d. § 91
Abs. 4
SGB IX reicht jedoch nicht jedweder Einfluss der Behinderung auf das Verhalten des Behinderten. Ein Zusammenhang im Sinne einer conditio-sine-qua-non allein ist nicht ausreichend.
Vgl.
OVG NRW, Beschluss vom 13. Juni 2006 -
12 A 1880/06 -, juris.
Der erforderliche Zusammenhang ist vielmehr erst dann gegeben, wenn die jeweilige Behinderung unmittelbar oder mittelbar zu Defiziten in der Einsichtsfähigkeit und/oder Verhaltenssteuerung des schwerbehinderten Arbeitnehmers geführt hat, denen behinderungsbedingt nicht entgegengewirkt werden konnte, und wenn das einer Kündigung aus wichtigem Grund zugrunde liegende Verhalten des schwerbehinderten Arbeitnehmers gerade auf diese behinderungsbedingte, mangelhafte Verhaltenssteuerung zurückzuführen ist.
Vgl.
OVG NRW, Beschlüsse vom 22. Januar 2009 -
12 A 2094/08 -, juris, vom 26. März 2008, -
12 A 2914/07 -, juris, und vom 13. Juni 2006 -
12 A 1880/06 -, juris.
Das Verhalten des Schwerbehinderten muss sich dafür zumindest zwanglos aus der Behinderung ergeben und der Zusammenhang nicht nur ein entfernter sein.
Vgl.
OVG NRW, Urteil vom 23. Mai 2000 -
22 A 3145/98 -, NWVBl. 2000, 390, juris.
Solcher Art zwanglos ergibt sich der in der Freizeit des Klägers verübte Treibstoffdiebstahl bei seinem Arbeitgeber - der Beigeladenen - vom 4. Mai 2008 weder aus der Krohn'schen Erkrankung als einer chronisch-entzündlichen Darmerkrankung noch aus den Verschleißerscheinungen der Wirbelsäule und Hüftgelenke, die der Feststellung eines
GdB des Klägers von 60 im Bescheid vom 4. Februar 1994 zugrundelagen.
Dies nimmt auch nicht das vom Verwaltungsgericht und dem Kläger herangezogene im arbeitsgerichtlichen Verfahren eingeholte Gutachten an. Vielmehr legt dieses, wie auch vom Kläger vorgetragen, allenfalls eine - möglicherweise durch die zuvor bestehenden körperlichen Leiden begünstigte - hinzutretende psychische Erkrankung als (Mit-)Ursache seines Fehlverhaltens nahe. Ob sich aus der der Festsetzung eines
GdB von 100 durch Bescheid der Versorgungsverwaltung des
S. -F.-Kreises vom 3. März 2009 zusätzlich zu den körperlichen Funktionsbeeinträchtigungen zugrundeliegenden Depression als psychischer Erkrankung das Verhalten des Klägers am 4. Mai 2008 zwanglos ergibt, kann aber dahinstehen. Denn diese Feststellung erfolgte zwar rückwirkend, jedoch nur ab dem nach dem Verhalten des Klägers und Ausspruch der außerordentlichen Kündigung liegenden 2. Oktober 2008.
Maßgeblich für einen möglichen Zusammenhang zwischen der Behinderung und dem Kündigungsgrund
i.S.d. § 91 Abs. 4 SGB IX sind hingegen nur die der getroffenen Feststellung des
GdB bzw. der Behinderung im Bescheid der Versorgungsverwaltung zugrundeliegenden Funktionsstörungen.
Vgl. schon zu § 21
Abs. 4
SchwbG: Bay. VGH, Beschluss vom 6. Oktober 1997 -
12 B 94.2091 -, BR 1998, 174; Nieders.
OVG, Urteile vom 27. Juli 1994 -
4 L 1547/94 -, BR 1995, 128, 130, und vom 28. Oktober 1992 -
4 L 2706/92 -, juris; VGH Ba-Wü, Urteil vom 3. Mai 1993 -
7 S 2773/92 -, juris;
VG Aachen, Urteil vom 7. Februar 2006 -
2 K 4421/04 -, juris; Gröninger,
SchwbG, Stand: März 2001, § 21, Rn. 15; Kuhlmann, in: Ernst/Adlhoch/ Seel,
SGB IX, Stand: April 2010, § 91 Rn. 41 und 45; grundsätzlich so: Beyer/Seidel, Der Kündigungsschutz für schwerbehinderte Menschen im Arbeitsleben, 3. Aufl. 2010, E. 1.2; wohl auch: Bay. VGH, Beschluss vom 14. März 2008 - 12
ZB 07.1720 -, juris; Nieders.
OVG, Urteil vom 9. März 1994 - 4 L 3927/92 -, juris; VGH Ba-Wü, Urteil vom 5. Juli 1989 -
6 S 1739/87 -, juris;
VG Saarland, Urteil vom 11. Februar 2011 -
3 K 1934/09 -, juris;
VG Frankfurt, Urteil vom 28. November 2007 -
7 E 1236/07 (1) -, juris;
VG Münster, Urteil vom 25. Juli 2006 -
5 K 1808/05 -, juris.
Dies leitet der Senat aus der Existenz und Funktion des Feststellungsverfahrens nach
§ 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX ab.
Zwar beginnt der Status als schwerbehinderter Mensch grundsätzlich mit dem Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen. Zum Nachweis dieser Eigenschaft ist jedoch eine behördliche Feststellung erforderlich.
Vgl.
BSG, Urteil vom 7. April 2011 -
B 9 SB 3/10 R -, SozR 4-0000, juris.
Mit dieser trifft die Versorgungsverwaltung eine Statusentscheidung, an die andere Behörden gebunden sind,
vgl. Goebel, in: jurisPK-SGB IX, 1. Aufl. 2010, § 69 Rn. 18; Kossens, in: Kossens/von der Heide/Maaß,
SGB IX, 3. Aufl. 2009, § 69 Rn. 7, auch zulasten des Schwerbehinderten.
Vgl.
BVerwG, Urteil vom 11. Juli 1985 - 7 C 44.83 -, DVBl. 1985, 1317, juris.
Obwohl die Funktionsstörungen und ihnen zugrundeliegenden Diagnosen nicht Teil des Verfügungssatzes des Bescheides der Versorgungsverwaltung nach § 69
Abs. 1 Satz 1
SGB IX sind, der nur eine unbenannte Behinderung und den
GdB feststellt, ist ihre Aufnahme in den Bescheid notwendig - zu dessen Begründung - und bezieht diesen erst auf einen konkreten Lebenssachverhalt.
Vgl.
BSG, Urteile vom 28. April 1999 -
B 9 SB 5/98 R -, SozR 3-1300 § 24
Nr. 15, juris, vom 24. Juni 1998 -
B 9 SB 17/97 R -, SozR 3-3870 § 4
Nr. 24, juris, und vom 6. Dezember 1989 -
9 RVs 3/89 -, SozR 3870 § 4
Nr. 3, juris.
Es ist dann nicht Aufgabe des Integrationsamtes, in diese Feststellung einer Behinderung durch die Versorgungsverwaltung nicht eingeflossene Erkrankungen auf einen Zusammenhang mit dem Kündigungsgrund zu untersuchen. Einerseits führt nämlich nicht jede Erkrankung zu einer Funktionsbeeinträchtigung und nicht jede Funktionsbeeinträchtigung zu einer wesentlichen Teilhabebeeinträchtigung, um die es bei einer Schwerbehinderung geht,
vgl. § 2
SGB IX. Besonders anschaulich wird dies im Wortlaut des § 19
Abs. 3 Satz 2 des Schwerbeschädigtengesetzes in der Fassung vom 14. August 1961 - der Vor-Vorgängernorm des § 91
Abs. 4
SGB IX -, nach dem es darum geht, ob der "Kündigungsgrund im Zusammenhang mit der gesundheitlichen Schädigung steht, wegen der der Schutz dieses Gesetzes gewährt wird". Andererseits ist das Verfahren zur Beurteilung, ob und in welchem Umfang eine Teilhabebeeinträchtigung und damit eine Behinderung vorliegt, nach § 69
Abs. 1 Satz 1
SGB IX gerade der Versorgungsverwaltung übertragen. Wenn der bereits von der Versorgungsverwaltung umfassend geprüfte medizinische Lebenssachverhalt gänzlich neu vom Integrationsamt zu prüfen wäre, würde die Konzentration des Feststellungsverfahren nach § 69
Abs. 1 Satz 1
SGB IX ausgehöhlt, die der Gesetzgeber - vor allem auch im Interesse der Schwerbehinderten - bereits hinsichtlich dessen Vorgängervorschrift mit dem Gesetz zur Weiterentwicklung des Schwerbeschädigtenrechts vom 24. April 1974 (BGBl. I
S. 981) und sodann mit dem Achten Gesetz über die Anpassung der Leistungen des Bundesversorgungsgesetzes (Achtes Anpassungsgesetz-KOV -- 8. AnpG-KOV) vom 14. Juni 1976 (BGBl. I
S. 1481) erstrebte. Mit diesen Gesetzen sollte die alleinige Zuständigkeit der Versorgungsverwaltung zur Feststellung von Behinderungen, des Grades der auf ihnen beruhenden
MdE (heute:
GdB) und der weiteren gesundheitlichen Merkmale begründet und damit eine Vereinfachung und Vereinheitlichung des Verfahrens und die Übersichtlichkeit der Vergünstigungsnachweise erreicht werden.
Vgl. BT-Drucks. 7/1515,
S. 16, Zu Nummer 42a, und 7/4960,
S. 6, Zu Nummer 1 (§ 3) Buchstabe b;
BVerwG, Urteil vom 11. Juli 1985 -
7 C 44.83 -, DVBl. 1985, 1317, juris.
Für eine Beschränkung auf die von der Versorgungsverwaltung bewertete Gesundheitssituation als Ausgangspunkt der Kausalitätsprüfung des Integrationsamtes spricht auch, dass es dem Betroffenen freisteht, seinen Antrag an die Versorgungsverwaltung bezüglich der zu prüfenden Funktionsbeeinträchtigungen zu beschränken und sich insoweit nur teilweise unter das Schutzregime des
SGB IX zu begeben.
Vgl.
BSG, Urteil vom 26. Februar 1986 -
9a RVs 4/83 -, BSGE 60, 11, juris; Goebel, in: jurisPK-SGB IX, 1. Aufl. 2010, § 69 Rn. 10; Kossens, in: Kossens/von der Heide/Maaß,
SGB IX, 3. Aufl. 2009, § 69 Rn. 4; Lampe, in:
GK-SGB IX, Stand: Februar 2011, § 91 Rn. 53.
Dafür, an die bereits erfolgte Bewertung der Gesundheitssituation durch die Versorgungsverwaltung anzuknüpfen, spricht weiter, dass das Integrationsamt im Zustimmungsverfahren bei außerordentlicher Kündigung nach § 91
Abs. 3 Satz 1
SGB IX nur zwei Wochen ab Antragseingang Zeit hat, um sowohl den Zusammenhang zu prüfen als auch
ggf. noch sein Ermessen auszuüben. Eine Unaufklärbarkeit hinsichtlich des Zusammenhangs zwischen einer feststehenden Behinderung und dem Kündigungsgrund in dieser Zeitspanne geht hierbei - wie bereits dargestellt - zu Lasten des Arbeitgebers. Weshalb aber auch eine Unsicherheit darüber, ob zu der festgestellten Behinderung weitere Funktionsbeeinträchtigungen hinzugekommen sind und diese Einfluss auf die Teilhabebeeinträchtigung haben, ebenfalls zu Lasten des Arbeitgebers gehen sollte, obwohl insofern dem Schwerbehinderten - und nicht dem Arbeitgeber - die Möglichkeit eröffnet ist, den von ihm veranlassten Feststellungsbescheid nach § 69
Abs. 1 Satz 1
SGB IX überprüfen zu lassen, soweit er meint, es hätten sich wesentliche Änderungen ergeben (§ 48
Abs. 1 Satz 1
SGB X), ist nicht ersichtlich. Es kann angesichts der im Raum stehenden schweren psychischen Erkrankung im Kündigungszeitpunkt dahinstehen, inwieweit geringfügige Änderungen des Gesundheitszustandes, die zu keiner Erhöhung des "Gesamt-
GdB" führen und somit keine wesentliche Änderung im Sinne von § 48
Abs. 1 Satz 1
SGB X darstellen würden, vom Integrationsamt zu berücksichtigen wären.
Soweit das erkennende Gericht in einem obiter dictum,
vgl. OVG NRW, Urteil vom 3. April 1986 - 10 A 760/84 -, mit zustimmender Anmerkung: Heuser, BR 1987, 29, 32; ebenso: Lampe, in:
GK-SGB IX, Stand: Februar 2011, § 91 Rn. 53; Seidel, Die Praxis der Hauptfürsorgestelle bei verhaltensbedingten Kündigungen, BR 1992, 97, 99, keine Bedenken dagegen äußerte, dass die Behörde bei ihrer Zustimmungsentscheidung auch eine Behinderung berücksichtige, die nicht "anerkannt" sei, und dies auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 17. September 1981 -
2 C 4.79 -, Buchholz 232 § 32 BBG
Nr. 29, stützte, folgt dem der Senat nicht in dem Sinne, dass das Integrationsamt einen Zusammenhang des Kündigungsgrundes mit solchen Funktionsbeeinträchtigungen prüfen müsse. Die zitierte Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts spricht nämlich dafür, dass es auf die dem Feststellungsbescheid zugrundeliegenden Funktionsbeeinträchtigungen ankommt. Nach ihr wird der Schwerbehindertenschutz nicht von Amts wegen gewährt, sondern muss vom Schwerbehinderten durch das Feststellungsverfahren in Anspruch genommen werden, weil ein anderslautender Wille des Gesetzgebers, trotz Rechtsunsicherheit an eine noch nicht festgestellte Schwerbehinderteneigenschaft schwerwiegende Folgen anzuknüpfen, klar hätte zum Ausdruck kommen müssen.
Auch der - hier, wegen bereits erfolgter Feststellung einer Behinderung aufgrund körperlicher Leiden, sachlich nicht unmittelbar anwendbare -
§ 90 Abs. 2a SGB IX verdeutlicht, dass es dem Gesetzgeber nicht fremd ist, eine im Kündigungszeitpunkt möglicherweise objektiv bestehende konkrete Behinderung nicht zu berücksichtigen, wenn ihre Feststellung - hier: Feststellung unter Einbeziehung auch
evtl. psychischer Leiden - erst nach Kündigung beantragt wird.
Es kann dahinstehen, ob bei einer offenkundigen Behinderung, bei der es eines durch ein Feststellungsverfahren zu führenden Nachweises nicht bedarf,
vgl. diesbezüglich zu § 90
Abs. 2a
SGB IX: BT-Drucks. 15/2357,
S. 24, Zu Nummer 21a Buchstabe b, vom Beklagten auch ohne diesbezüglich ergangenen Feststellungsbescheid der Zusammenhang zum Kündigungsgrund zu prüfen wäre. Denn das Bestehen einer psychischen Erkrankung sowie einer daraus folgenden Funktions- und Teilhabebeeinträchtigung im Kündigungszeitpunkt,
vgl. zur Maßgeblichkeit dieses Zeitpunktes auch für die Entscheidung des Widerspruchsausschusses:
BVerwG, Beschluss vom 7. März 1991 -
5 B 114.89 -, BR 1991, 113, war trotz Hinweisen hierauf nicht offenkundig, sondern hätte der Feststellung - im dafür vorgesehenen Verfahren nach § 69
Abs. 1 Satz 1
SGB IX - bedurft.
Umstände, die den Fall als atypisch erscheinen lassen und eine Ermessensentscheidung des Beklagten trotz fehlenden Zusammenhangs zwischen Behinderung und Kündigungsgrund erforderlich machten, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154
Abs. 2 , 162
Abs. 3, 188 Satz 2 Halbsatz 1
VwGO. Die Entscheidung über ihre vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167
VwGO i.V.m. §§ 708
Nr. 10, 711
ZPO.
Die Revision ist wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache im Sinne des § 132
Abs. 2
Nr. 1
VwGO im Hinblick auf die umstrittene und höchstrichterlich noch nicht entschiedene Rechtsfrage zuzulassen, ob maßgeblich für einen möglichen Zusammenhang zwischen der Behinderung und dem Kündigungsgrund
i.S.d. § 91
Abs. 4
SGB IX nur die der getroffenen Feststellung des
GdB bzw. der Behinderung zugrundeliegenden Funktionsstörungen sind.