Leitsatz:
1. Bei einer außerordentlichen Kündigung eines Schwerbehinderten oder eines gleichgestellten Arbeitnehmers aus einem Grund, der nicht im Zusammenhang mit der Behinderung steht, ist die Zustimmung nach § 91 Abs 4 SGB 9 in aller Regel durch das Integrationsamt zu erteilen und das ihr verbleibende "Restermessen" davon abhängig, dass der Kündigungssachverhalt Besonderheiten zugunsten des Schwerbehinderten aufweist, die eine Verweigerung der Zustimmung ausnahmsweise rechtfertigen können. Nur bei Vorliegen von Umständen, die den Fall als atypisch erscheinen lassen, darf die Behörde anders verfahren, als im Gesetz vorgesehen und den atypischen Fall nach pflichtgemäßem Ermessen entscheiden.
2. Ist vom Vorliegen eines Regelfalles im Sinne des § 91 Abs 4 SGB 9 auszugehen, so darf das Integrationsamt das Vorliegen eines wichtigen Grundes im Sinne des § 626 BGB nicht überprüfen.
3. Ausnahmsweise darf das Integrationsamt die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung prüfen, wenn durch die zur Begründung der Zustimmung dargetan und belegten Umstände sowie unter Berücksichtigung der im Zustimmungsverfahren erfolgten Anhörungen und sich auf den Bezug zur Behinderung und die Zweckrichtung des behindertenrechtlichen Sonderkündigungsschutzes beziehenden Aufklärung offenbar geworden ist, dass die vom Arbeitgeber geltend gemachten Gründe einer außerordentlichen Kündigung offensichtlich nicht zu rechtfertigen vermögen. Eine offensichtliche Unwirksamkeit in diesem Sinne kann erst dann angenommen werden, wenn sie ohne jeden vernünftigen Zweifel in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht offen zu Tage legt, sich mithin jedem Kundigen geradezu aufdrängt. Dieser Annahme steht bereits entgegen, wenn zu ihrer Bewertung eine weitere Sachaufklärung hinsichtlich arbeitsrechtlicher Fragestellung, die erkennbar in keinem Zusammenhang mit der Behinderung stehen, seitens des Integrationsamtes erforderlich wären.