Urteil
Erfolglose Verpflichtungsklage - Begehren eines Lehrers im Angestelltenverhältnis in ein Beamtenverhältnis auf Probe übernommen zu werden - Überschreitung der laufbahnrechtlichen Altersgrenze im entscheidungserheblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung

Gericht:

VG Münster 4. Kammer


Aktenzeichen:

4 K 1842/09 | 4 K 1842.09


Urteil vom:

01.02.2011


Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 v. H. des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht das beklagte Land vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 v.H. des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand:

Der am 00.001956 geborene Kläger steht seit dem 00.00.2001 in einem unbefristeten Angestelltenverhältnis im öffentlichen Schuldienst des beklagten Landes. Er begehrt seine Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe.

Der Kläger bestand am 00.00.1987 die Erste Staatsprüfung und am 00.00.1990 die Zweite Staatsprüfung für das Lehramt für die Sekundarstufe II. Von 1991 bis 2001 war er als Lehrer an privaten Wirtschaftsschulen sowie als Versicherungsvertreter tätig. Mit Scheiben vom 25. Juli 2001 teilte die Bezirksregierung Münster dem Kläger mit, es sei beabsichtigt, ihn als Studienrat zur Anstellung im Beamtenverhältnis auf Probe einzustellen. Unter dem 2. August 2001 wies sie ihn darauf hin, bei dieser Mitteilung handele es sich um ein Büroversehen. Es sei beabsichtigt, ihn als Lehrer im Angestelltenverhältnis einzustellen. Mit Wirkung vom 20. August 2001 wurde er an der K. Gesamtschule in C. als Angestellter auf unbestimmte Zeit eingestellt. Der Kläger ist schwerbehindert mit einem Grad der Behinderung von 50.

Mit Schreiben vom 14. Mai 2009 beantragte der Kläger unter Bezugnahme auf die Urteile des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. Februar 2009 das Wiederaufgreifen des Verfahrens nach § 51 VwVfG und die Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe. Durch Bescheid vom 19. August 2009 lehnte die Bezirksregierung Münster den Antrag ab. Zur Begründung führte sie aus, durch die Einstellung in das Angestelltenverhältnis im August 2001 sei die Einstellung als Beamter konkludent verweigert worden. Diese Entscheidung sei bindend geworden. Das aktuelle Schreiben könne daher nur als Antrag auf Wiederaufgreifen des Verfahrens nach § 51 Abs. 1 VwVfG NRW gewertet werden. Ein solcher Anspruch bestehe aber nicht. Die Rechtslage habe sich nicht zugunsten des Klägers geändert. Er überschreite die aktuell geltende Höchstaltersgrenze gem. §§ 6, 52 Abs. 1 LVO NRW n.F.

Der Kläger hat am 15. September 2009 Klage beim Verwaltungsgericht Düsseldorf erhoben, das den Rechtsstreit durch Beschluss vom 24. September 2009 an das Verwaltungsgericht Münster verwiesen hat. Zur Begründung seiner Klage führt der Kläger aus, die Bezirksregierung hätte nicht abwarten dürfen, bis es Neuregelungen gebe, welche sich dann für sein Begehren als schädlich erwiesen. Für das Zuwarten werde kein Verständnis aufgebracht. Das Begehren sei äußerst einfach zu bescheiden gewesen. Im Zeitpunkt der Antragstellung, auf den abzustellen sei, habe es keine Höchstaltersgrenze gegeben. Die durch die neue Laufbahnverordnung eingeführte Altersgrenze von 40 Jahren gelte erst ab dem 19. Juli 2009. Durch die Neufassung der Laufbahnverordnung hätten nicht rückwirkend Ansprüche auf Verbeamtung beseitigt werden sollen. Weiter streite die Ausnahmefiktion des § 84 Abs. 1 Satz 2 LVO NRW a.F., deren Voraussetzungen sämtlich erfüllt seien, für sein Begehren. Die neue Laufbahnverordnung sei zudem unwirksam. Die Normierung von Ausnahmen entspreche nicht den Vorgaben des Bundesverwaltungsgerichts und verstoße gegen das Gebot der Normenklarheit.

Der Kläger beantragt,

das beklagte Land unter Aufhebung des Bescheides der Bezirksregierung Münster vom 19. August 2009 zu verpflichten, über seinen Antrag auf Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden.

Das beklagte Land beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung trägt die Bezirksregierung vor, maßgeblich für die Bescheidung des Antrags auf Verbeamtung sei der Zeitpunkt der Entscheidung. Sie sei auch nicht verpflichtet gewesen, in der regelungsfreien Zeit nach dem Bekanntwerden der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu entscheiden. Diese stelle keine Änderung der Rechtslage im Sinne des § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG NRW dar, so dass eine Wiederaufnahme des alten, bestandskräftigen Einstellungsverfahrens nicht in Betracht komme. Aus einer Regelungslücke lasse sich weder ein Vertrauensschutztatbestand noch ein Anspruch auf positive Bescheidung ableiten. Eine Rechtsänderung im Sinne des § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG NRW sei erst zum 18. Juli 2009 eingetreten, bringe allerdings keine Änderung zugunsten des Klägers. Überdies lägen zwischen dem Antrag des Klägers und der Bescheidung gut zwei Monate, was in analoger Anwendung des § 75 VwGO nicht als Untätigkeit gewertet werden dürfe. Die Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten sei am 27. September 2010 nachgeholt worden. Sie habe keine Einwendungen gegen die Ablehnung erhoben. Ferner sei am 1. Oktober 2010 die Beteiligung des Schwerbehindertenvertrauensmanns nachgeholt worden. Dieser habe am 5. November 2010 mitgeteilt, dass er keine Stellungnahme abgeben werde. Zudem habe die bisher unterbliebene Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten die ablehnende Entscheidung im Sinne des § 46 VwVfG NRW offensichtlich nicht beeinflusst.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.

Rechtsweg:

Es liegen keine Informationen zum Rechtsweg vor.

Quelle:

Justizportal des Landes NRW

Entscheidungsgründe:

Die Klage hat keinen Erfolg.

Die zulässige Verpflichtungsklage ist unbegründet.

Das beklagte Land ist nicht verpflichtet, über den Antrag des Klägers, ihn in das Beamtenverhältnis auf Probe zu übernehmen, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden. Die Ablehnung des Übernahmeantrages ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 5 VwGO).

Dem geltend gemachten Neubescheidungsanspruch steht allerdings nicht entgegen, dass bereits durch das Angebot eines unbefristeten Arbeitsvertrages ab dem 20. August 2001 die Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe (konkludent) abgelehnt worden ist und diese Entscheidung in Bestandskraft erwachsen ist. Eine neue Sachentscheidung ist entgegen der Auffassung des beklagten Landes unabhängig von der Bestandskraft der früheren Ablehnungsentscheidung und damit ohne ein Wiederaufgreifen nach § 51 VwVfG NRW oder nach Ermessen des beklagten Landes möglich, weil diese keine Bindungswirkung für den Fall der Änderung der Rechtslage entfaltet. Die Ablehnung der Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe beruht auf der Überschreitung der damals geltenden Höchstaltersgrenze, bezieht sich allein auf die Rechtslage im Entscheidungszeitpunkt und hat keine Dauerwirkung.

So auch VG Aachen, Urteil vom 16. Juli 2009 - 1 K 835/09 -, juris; vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. Juli 1982 - 2 B 71.80 -, juris, und Urteil vom 3. .Dezember 1986 - 6 C 50.85 -, BVerwGE 75, 201; Kemper, NVwZ 1985, 872 (873f.); Kopp/Ramsauer, VwVfG, 11. Auflage 2010, § 51 Rn. 7a.; Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Auflage 2008, § 51 Rn. 47, 49.

Dass die Bezirksregierung - von ihrem unzutreffenden Rechtsstandpunkt ausgehend - bisher über den klägerischen Antrag nicht auf der Grundlage materiellen Rechts in der Sache entschieden hat, ist unerheblich. Dies folgt schon aus § 75 VwGO. Im Übrigen ist auch im Anwendungsbereich des § 51 VwVfG NRW anerkannt, dass der Kläger seine Klage nicht auf ein Wiederaufgreifen beschränken muss, sondern jedenfalls dann unmittelbar auf die erstrebte Sachentscheidung klagen darf und sogar muss, wenn die Entscheidung in der Sache gebunden ist.

Vgl. Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 51 Rn. 53f.; Meyer, in: Knack, VwVfG, 7. Auflage 2000, § 51 Rn. 13; a.A. Sachs, a.a.O., § 51 Rn. 69ff.; s. auch BVerwG, Urteile vom 21. April 1982 - 8 C 75.80 -, NJW 1982, 2204, und vom 6. September 1990 - 6 C 4.90 -, NVwZ 1991, 272.

Auch hier eröffnet das materielle Recht dem beklagten Land keinen Entscheidungsspielraum. Die Übernahme des Klägers in das Beamtenverhältnis auf Probe ist ausgeschlossen, weil er im entscheidungserheblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung die laufbahnrechtliche Altersgrenze überschritten hat.

Aus diesem Grund verhilft auch die zunächst rechtsfehlerhaft unterbliebene Mitwirkung der Gleichstellungsbeauftragten und der Schwerbehindertenvertretung der Klage nicht zum Erfolg. Die Nichtbeteiligung der Gleichstellungsbeauftragten und des Vertrauensmanns der Schwerbehinderten führt zwar zur formellen Rechtswidrigkeit der Entscheidung. Diese Verfahrensfehler sind aber jedenfalls gem. § 46 VwVfG NRW unbeachtlich, weil die Entscheidung bei ihrer Beteiligung nicht anders hätte ausfallen dürfen.

Die Gleichstellungsbeauftragte hätte im Entscheidungsprozess beteiligt werden müssen. Bei der Entscheidung über die Übernahme einer angestellten Lehrkraft in das Beamtenverhältnis auf Probe handelt es sich um eine der Mitwirkung der Gleichstellungsbeauftragten unterliegende personelle Maßnahme i.S.v. § 17 Abs. 1 LGG.

Vgl. OVG NRW, Urteile vom 27. Juli 2010 - 6 A 858/07, 6 A 228/08, 6 A 3302/08 -, juris; siehe ferner Urteile vom 3. September 2009 - 6 A 3083/06 -, ZBR 2010, 92, und vom 24. Februar 2010 - 6 A 1978/07 - , DVBl. 2010, 981, sowie Beschlüsse vom 1. Juni 2010 - 6 A 470/08 -, juris, und vom 22. Juni 2010 - 6 A 699/10 -, juris.

Auch der Vertrauensmann der Schwerbehinderten hätte gem. § 95 Abs. 2 SGB IX beteiligt werden müssen. Über die Schwerbehinderteneigenschaft hatte der Kläger die Bezirksregierung bereits im Jahr 2001 unterrichtet und damit zu erkennen gegeben, den gesetzlichen Schutz in Anspruch nehmen zu wollen. Vor der hier angegriffenen Ablehnungsentscheidung vom 19. August 2009 sind die Gleichstellungsbeauftragte entgegen § 18 Abs. 2 LGG und die Schwerbehindertenvertretung entgegen § 95 Abs. 2 Satz 1 SGB IX nicht unterrichtet und angehört worden. Ob diese Verfahrensfehler dadurch im Sinne von § 45 VwVfG NRW geheilt worden sind, dass die Beteiligung während des gerichtlichen Verfahrens nachgeholt wurde, ist fraglich. Der Anwendung des § 45 Abs. 1 Nr. 3 und 5, Abs. 2 VwVfG NRW könnten der Schutzzweck der §§ 18 LGG, 95 SGB IX, aber auch § 18 Abs. 3 LGG bzw. § 95 Abs. 2 Satz 1 SGB IX entgegenstehen, wenn man darin abschließende Regelungen erblickte.

Vgl. zur Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung OVG NRW, Beschluss vom 15. März 2010 - 6 A 4435/06 -, ZBR 2010, 316, m.w.N.

Diese Frage kann aber offen bleiben, weil die Verfahrensfehler jedenfalls gemäß § 46 VwVfG NRW unbeachtlich sind. Nach dieser Vorschrift kann die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der nicht nach § 44 nichtig ist, nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Diese Voraussetzungen liegen vor. Die Nichtbeteiligung von Gleichstellungsbeauftragter und Schwerbehindertenvertrauensmann begründet keine absoluten - die Anwendung des § 46 VwVfG NRW ausschließenden - Verfahrensfehler.

Vgl. dazu näher OVG NRW, Urteil vom 24. Februar 2010 - 6 A 1978/07 -, a.a.O. (Gleichstellungsbeauftragte), Beschluss vom 15. März 2010 - 6 A 4435/06 -, a.a.O. (Schwerbehindertenvertretung).

Es ist auch offensichtlich, dass die Nichtbeteiligung der Gleichstellungsbeauftragten und des Vertrauensmanns der Schwerbehinderten die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat, weil das materielle Recht dem beklagten Land hier keinen Entscheidungsspielraum eröffnet. Die Entscheidung hätte auch bei ihrer Beteiligung nicht anders ausfallen dürfen. Der Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe steht die Überschreitung der Höchstaltersgrenze entgegen.

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung von Verpflichtungs- und Bescheidungsbegehren ist grundsätzlich die Sach- und Rechtslage zur Zeit der letzten mündlichen Verhandlung bzw. der gerichtlichen Entscheidung. Das insoweit maßgebende materielle Recht bietet hier keine Anhaltspunkte für die Annahme eines davon abweichenden Beurteilungszeitpunkts. Dem einschlägigen Fachrecht ist nicht zu entnehmen, dass die - durch die Verordnung zur Änderung der Laufbahnverordnung und anderer dienstrechtlicher Vorschriften vom 30. Juni 2009 (GV. NRW S. 381) mit Wirkung vom 18. Juli 2009 - neu gefassten Regelungen zur Höchstaltersgrenze die vom Kläger geltend gemachten Ansprüche unberührt lassen sollen. Der Verordnungsgeber hat es in rechtlich nicht zu beanstandender Weise unterlassen, eine Übergangsregelung zu treffen, nach der die frühere Rechtslage in bestimmten Fällen fortgilt. Nach beamtenrechtlichen Grundsätzen sind ferner statusbegründende Entscheidungen nicht rückwirkend und damit grundsätzlich nur nach dem jeweils geltenden Recht möglich. Im Übrigen konnte der Kläger allein aufgrund der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. Februar 2009 - 2 C 18.07 u.a. - nicht darauf vertrauen, das beklagte Land werde keine neue Höchstaltersgrenzenregelung treffen oder jedenfalls all diejenigen in das Beamtenverhältnis auf Probe übernehmen, die mit ihrer Antragstellung von dieser Rechtsprechung profitieren wollten.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 26. Oktober 2010 - 6 A 1690/10 -, juris.

Gemäß §§ 6 Abs. 1 Satz 1, 52 Abs. 1 LVO NRW in der seit dem 18. Juli 2009 geltenden Fassung (im Folgenden: LVO NRW n.F.) darf als Laufbahnbewerber nach § 5 Abs. 1 Buchst. a) LVO NRW n.F. nur derjenige in das Beamtenverhältnis auf Probe eingestellt oder übernommen werden, der das 40. Lebensjahr noch nicht vollendet hat. Schwerbehinderte Menschen dürfen nach § 6 Abs. 3 LVO NRW n.F. bis zum vollendeten 43. Lebensjahr übernommen werden. Der Kläger hat im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung aber bereits das 54. Lebensjahr vollendet.

Die Neuregelungen zur Höchstaltersgrenze sind mit höherrangigem Recht vereinbar und auch nicht aus anderen Gründen unwirksam.

Die in §§ 6, 52 Abs. 1 LVO NRW n.F. festgelegte Höchstaltersgrenze von 40 Jahren für die Einstellung oder Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe ist von einer Ermächtigungsgrundlage gedeckt. Die Verordnungsermächtigung in § 5 Abs. 1 Satz 1 LBG NRW n.F. (zuvor: § 15 Abs. 1 Satz 1 LBG NRW a.F.) bildet eine ausreichende gesetzliche Grundlage zur Regelung von laufbahnrechtlichen Altersgrenzen durch den Verordnungsgeber, mit denen der in Art. 33 Abs. 2 GG verankerte Leistungsgrundsatz eingeschränkt wird. Es ist insoweit unschädlich, dass die Ermächtigung die Bestimmung von Altersgrenzen nicht ausdrücklich erwähnt.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 24. Januar 2011 - 2 B 2.11 - Urteil vom 19. Februar 2009 - 2 C 18.07 -, BVerwGE 133, 143, m.w.N.; OVG NRW, Beschluss vom 28. Oktober 2010 - 6 A 2049/10 -, juris, Urteil vom 30. Mai 2008 - 6 A 3347/07 -.

Die §§ 6 Abs. 1, 52 Abs. 1, 84 LVO NRW n.F. verstoßen auch im Übrigen nicht gegen höherrangiges Recht. Die Höchstaltersgrenze ist mit den Vorgaben des § 10 Satz 1 und 2 AGG und der Richtlinie 2000/78/EG vereinbar. Der Verordnungsgeber hat mit den Neuregelungen ferner - auch bei der Fassung des § 84 LVO NRW n.F. - den Vorgaben und Bedenken der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. Februar 2009 (2 C 18.07 u.a.) hinreichend Rechnung getragen und das Gebot der Normenklarheit beachtet. Es verstößt auch nicht gegen höherrangiges Recht, dass die Höchstaltersgrenze gem. § 6 Abs. 2 LVO NRW n.F. bei der Ableistung von Dienstpflichten nach Art. 12a GG, eines freiwilligen sozialen Jahres, bei der Kinderbetreuung oder der Pflege von Angehörigen nur dann überschritten werden darf, wenn die jeweilige Tätigkeit die entscheidende und unmittelbare Ursache für die Überschreitung war. Der Verordnungsgeber hat auch rechtsfehlerfrei von Übergangsregelungen abgesehen. Insbesondere ist nicht zu beanstanden, dass dem Zeitpunkt der Antragstellung nur im Rahmen des § 6 Abs. 2 Satz 5 LVO NRW n.F. Bedeutung zukommt. Schließlich hätte eine etwaige nicht ordnungsgemäße oder gar fehlende Beteiligung der Spitzenorganisationen (vgl. § 53 BeamtStG, § 94 Abs. 1 LBG NRW) nicht die Unwirksamkeit der neu gefassten Vorschriften zur Höchstaltersgrenze zur Folge.

Vgl. zum Ganzen näher BVerwG, Beschluss vom 24. Januar 2011 - 2 B 2.11 -; OVG NRW, Urteile vom 27. Juli 2010 - 6 A 858/07, 6 A 228/08, 6 A 3302/08 -, juris, sowie Beschlüsse vom 20. Oktober 2010 - 6 A 1494/10 - und vom 26. Oktober 2010 - 6 A 1690/10.

Ausnahmen vom - für den Kläger geltenden - Höchstalter von 43 Jahren kommen nicht in Betracht.

Zu Unrecht beruft der Kläger sich auf § 84 Abs. 1 Satz 2 LVO NRW a.F. Da, wie oben näher ausgeführt, hier die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung maßgeblich ist, ist lediglich das neue Recht anzuwenden. Aber auch die dem § 84 Abs. 1 Satz 2 LVO NRW a.F. entsprechende Bestimmung des § 6 Abs. 2 Satz 5 LVO NRW n.F. greift nicht. Die Anwendung dieser Vorschrift setzt voraus, dass der Bewerber an dem Tage, an dem er den Antrag gestellt hat, die Höchstaltersgrenze nicht überschritten hatte. Daran fehlt es hier. Bei Antragstellung war der Kläger bereits 52 Jahre alt.

Die Bewilligung einer Ausnahme vom Höchstalter gemäß § 84 Abs. 2 LVO NRW n.F. scheidet ebenfalls aus. Der Kläger erfüllt die Voraussetzungen des insoweit allein in Betracht kommenden § 84 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 LVO NRW n.F. nicht. Danach können Ausnahmen von dem Höchstalter für einzelne Fälle zugelassen werden, wenn sich nachweislich der berufliche Werdegang aus von dem Bewerber nicht zu vertretenden Gründen in einem Maße verzögert hat, das die Anwendung der Höchstaltersgrenze unbillig erscheinen ließe. Dies ist etwa der Fall, wenn ein Antrag auf Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe rechtswidrig unter Hinweis auf die - von Anfang an unwirksame - Höchstaltersgrenze alten Rechts abgelehnt wurde, der Bewerber hiergegen Rechtsmittel eingelegt hat und zwischenzeitlich die neue Höchstaltersgrenze überschritten ist. Ein solcher Geschehensablauf, bei dem sich der berufliche Werdegang des Bewerbers durch die behördliche Behandlung seines Verbeamtungsantrags verzögert hat, ließe im Sinne der Verordnung die Anwendung der Altersgrenze unbillig erscheinen.

Vgl. dazu OVG NRW, Urteile vom 27. Juli 2010 - 6 A 858/07, 6 A 228/08, 6 A 3302/08 -, juris.

Im Fall des Klägers, der gänzlich anders liegt, sind die Voraussetzungen des § 84 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 LVO NRW n.F. hingegen nicht erfüllt. Sein beruflicher Werdegang hat sich nicht aus von ihm nicht zu vertretenden Gründen derart verzögert, dass das Entgegenhalten der Höchstaltersgrenze unbillig erschiene, sondern aufgrund einer zunächst anderweitigen beruflichen Orientierung. Allein der Umstand, dass zur Zeit der Antragstellung keine Höchstaltersgrenze bestand, lässt die Anwendung der neuen Altersgrenze nicht unbillig i.S.v. § 84 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 LVO NRW n.F. erscheinen.

Auch die behördliche Behandlung des Verbeamtungsantrages des Klägers erfüllt nicht die Voraussetzungen des § 84 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 LVO NRW n.F. Die Ablehnung des Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe durch das Angebot eines Arbeitsvertrages zum 20. August 2001 war zwar rechtswidrig; mangels Existenz einer Höchstaltersgrenze hätte der Kläger - bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen - entsprechend der Praxis des beklagten Landes, Lehrer zu verbeamten, in das Beamtenverhältnis auf Probe übernommen werden müssen. Diese Entscheidung ist aber bestandskräftig geworden und deshalb bei der behördlichen Entscheidung im Rahmen des § 84 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 LVO NRW n.F. nicht zu berücksichtigen. Die Bestandskraft ist auch nicht durch ein Wiederaufgreifen gemäß § 51 VwVfG NRW oder nach Ermessen des beklagten Landes durchbrochen worden. Die Bezirksregierung hat den entsprechenden Antrag des Klägers abgelehnt. Der Kläger verfolgt das Wiederaufgreifen im Klageverfahren nicht weiter, sondern begehrt nur unmittelbar eine neue Sachentscheidung. Im Übrigen besteht auch kein Anspruch auf Wiederaufgreifen des bestandskräftig abgeschlossenen Verfahrens. Abgesehen davon, dass der hier allein in Betracht kommende § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG NRW nur bei bestandskräftigen Dauerverwaltungsakten greift, weil nur bei diesen Änderungen die durch den Verwaltungsakt getroffene Regelung unmittelbar berühren, hat sich die Rechtslage nicht zugunsten des Klägers verändert. Eine bloße Änderung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts - an diesen vom Kläger angeführten Wiederaufgreifensgrund war die Bezirksregierung gebunden - ändert auch dann nicht die Rechtslage, wenn damit eine Rechtsnorm für unwirksam erklärt wird, sondern stellt sie lediglich fest. Darüber hinaus ist auch eine Verpflichtung der Bezirksregierung, das bestandskräftig abgeschlossene Verfahren außerhalb des § 51 VwVfG NRW wiederaufzugreifen (Wiederaufgreifen im weiteren Sinne) zu verneinen. Besondere individuelle Ausnahmeumstände, die zu einer Reduzierung des insoweit bestehenden Ermessens auf null führen könnten, liegen nicht vor. Ermessensfehler sind ebenfalls nicht ersichtlich; angesichts der Vielzahl gleichgelagerter Fälle hat das beklagte Land sein Ermessen durch den Erlass des Ministeriums für Schule und Weiterbildung vom 30. Juli 2009 (211 - 1.12.03.03 - 973) dahingehend gebunden, sich in Fällen wie dem vorliegenden auf die Bestandskraft zu berufen.

Vgl. VG Gelsenkirchen, Urteil vom 10. November 2010 - 1 K 4596/09 -, juris.

Der unter Ausnutzung der Übergangszeit zwischen den Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. Februar 2009 - 2 C 18.07 u.a. - und dem Inkrafttreten der Neuregelungen zur Höchstaltersgrenze am 18. Juli 2009 gestellte weitere Antrag auf Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe vom 14. Mai 2009 wurde nicht - mit der Folge einer Verzögerung des beruflichen Werdegangs des Klägers - rechtswidrig unter Berufung auf die LVO NRW a.F. abgelehnt. Der Bescheid vom 19. August 2009 stützt sich vielmehr auf die Neuregelungen, deren zeitnahes Inkrafttreten das beklagte Land, das am laufbahnrechtlichen Institut einer Höchstaltersgrenze festhalten wollte, hier auch abwarten durfte.

Vgl. dazu OVG NRW, Beschluss vom 6. Dezember 2010 - 6 A 1852/10 -, juris.

Liegen damit die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 84 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 LVO NRW n.F. nicht vor, musste und durfte das beklagte Land entgegen der Auffassung des Klägers auch keine Ermessensentscheidung über die Bewilligung einer Ausnahme vom Höchstalter treffen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung bezüglich der vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Referenznummer:

R/R5349


Informationsstand: 20.02.2013