Urteil
Übernahme eines an Morbus Crohn erkrankten Lehrers in das Beamtenverhältnis auf Probe

Gericht:

VG Düsseldorf 2. Kammer


Aktenzeichen:

2 K 6853/09


Urteil vom:

06.09.2011


Orientierungssatz:

Klage eines an Morbus Crohn erkrankten Lehrers auf Einstellung in das Beamtenverhältnis auf Probe. Die erforderliche gesundheitliche Eignung setzt eine körperliche und psychische Veranlagung der Art voraus, dass die Möglichkeit künftiger Erkrankungen oder des Eintritts dauernder Dienstunfähigkeit schon vor Erreichen der Altersgrenze mit einem hohen Grad an Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann. Zu dem Erfordernis der Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten vor Erlass des die Einstellung ablehnenden Bescheides und zu der Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen die wegen Unterbleibens dieser Beteiligung gegebene Rechtswidrigkeit des Bescheides bei Nachholung der Beteiligung nach dem Rechtsgedanken des § 46 VwVfG unbeachtlich sein kann.

Rechtsweg:

Es liegen keine Informationen zum Rechtsweg vor.

Quelle:

Justizportal des Landes NRW

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 v.H. des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:

Der am 00.0.1972 geborene Kläger steht seit Februar 2009 als Lehrkraft im Angestelltenverhältnis am Gymnasium I in L im öffentlichen Schuldienst des beklagten Landes. Er begehrt seine Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe, die der Beklagte mit der Begründung ablehnt, ihm fehle es an der hierfür erforderlichen gesundheitlichen Eignung.

Anlässlich seiner Bewerbung um Einstellung in den Schuldienst erstellte das Gesundheitsamt E durch die Ärztin für Innere Medizin G am 29. Januar 2009 folgendes amtsärztliche Gesundheitszeugnis:

Nach den Angaben des Untersuchten und dem eigenen Untersuchungsbefund wird Herr J in gesundheitlicher Hinsicht für die Einstellung in den Schuldienst und für die Beschäftigung als Lehrkraft im Angestelltenverhältnis (TV-L-Arbeitsvertrag) als geeignet erachtet.

Bei Herrn J besteht seit einigen Jahren eine chronisch entzündliche Darmerkrankung. Herr J hat angegeben, beschwerdefrei zu sein; der klinische Untersuchungsbefund war unauffällig. Die gerade durchgeführte Kontrolluntersuchung zeigte einen Befund nach akuter Erkrankung ohne sichtbare Hinweise auf eine aktive Erkrankung. Grundsätzlich können jedoch weitere Krankheitsschübe in Zukunft nicht ausgeschlossen werden, auch wenn zurzeit keine Hinweise auf eine akute bzw. aktive Erkrankung vorliegen. Grundsätzlich kann aufgrund der Art der bei Herrn J vorliegenden Erkrankung (chronische Erkrankung, die mit akuten Krankheitsschüben und möglicherweise damit Komplikationen einhergeht) eine vorzeitige Dienstunfähigkeit nicht ausgeschlossen werden.

Ebenfalls unter dem 29. Januar 2009 unterbreitete die Bezirksregierung E1 (Bezirksregierung) dem Kläger ein Angebot zum Abschluss eines unbefristeten Arbeitsvertrages als vollzeitbeschäftigte Lehrkraft im Angestelltenverhältnis, welches dieser annahm.

Mit Schreiben vom 1. Juli 2009, bei der Bezirksregierung eingegangen am 12. August 2009, beantragte der Kläger unter Hinweis auf Urteile des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. Februar 2009 - 2 C 18.07 - u.a., wonach die Höchstaltersgrenze der Laufbahnverordnung von 35 Jahren für die Einstellung in das Beamtenverhältnis unwirksam sei, seine Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe. Die Bezirksregierung lehnte diesen Antrag nach vorheriger Anhörung des Klägers durch Bescheid vom 29. September 2009 mit folgender Begründung ab: Zwar habe er nach der am 18. Juli 2009 in Kraft getretenen geänderten Laufbahnverordnung die neue Höchstaltersgrenze von 40 Jahren nicht überschritten. Eine Verbeamtung sei gleichwohl nicht möglich, weil er ausweislich des amtsärztlichen Gesundheitszeugnisses wegen einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung für die Übernahme in das Beamtenverhältnis gesundheitlich nicht geeignet sei.

Der Kläger hat am 24. Oktober 2009 die vorliegende Klage erhoben, zu deren Begründung er geltend macht: Er besitze die erforderliche gesundheitliche Eignung. Bei seiner Darmerkrankung handele es sich um eine abgeheilte Colitis Crohn. Er sei seit über vier Jahren beschwerdefrei. Eine medikamentöse Behandlung finde nicht statt. Seine Darmerkrankung weise einen absolut milden und günstigen Verlauf auf und biete somit keine Anhaltspunkte, die künftig eine dauernde Dienstunfähigkeit möglich erscheinen ließen.

Der Kläger verweist hierzu auf einen Bericht des Chefarztes (F) der Klinik für Innere Medizin und Gastroenterologie des G1 Krankenhauses E1 vom 28. Januar 2009 über das Ergebnis einer bei ihm durchgeführten Koloskopie, der mit folgender "Beurteilung" und "Empfehlung" schließt:

Narbig abgeheilte Colitis Crohn ohne makroskopische Zeichen von Aktivität (K50.1 G). Es liegt ein Remissionsstadium vor. Narbig-pseudopolypöse Veränderungen finden sich überwiegend im Colon descendens und Colon transversum. Terminales Ileum regelrecht.

Die remissionserhaltende Therapie mit Azathioprin (Imurek) 3 x 50 mg sollte unverändert fortgeführt werden.

Er hat ferner eine Bescheinigung des F vom 2. März 2010 nachgereicht, in der ausgeführt ist: Der Kläger sei bei ihm seit Januar 2001 initial in stationärer, nachfolgend in ambulanter Behandlung. Der Morbus Crohn habe nach Initialtherapie mit Azathioprin, Prednisolon sowie Mesalazin rasch in ein symptomarmes Stadium überführt werden können. Der Kläger befinde sich seit 2001 in einer Remission seiner Erkrankung. Im Jahr 2009 sei die zuletzt noch bestehende Rezidivprophylaxe mit Azathioprin abgesetzt worden. Es liege mithin ein seit vielen Jahren in Remission befindlicher Morbus Crohn vor. Eine baldige Dienstunfähigkeit des Klägers sei daher nicht zu erwarten.

Der Kläger hat darüber hinaus eine ärztliche Bescheinigung des ihn behandelnden Internisten O vom 12. März 2010 vorgelegt, in der es heißt, dass bezüglich des Morbus Crohn eine komplette Remission vorliege, der Kläger ohne Medikamente beschwerdefrei sei und mit einer Arbeitsunfähigkeit aufgrund dieser Erkrankung derzeit nicht zu rechnen sei.

Der Kläger verweist zudem auf eine Informationsschrift des Bundesverbandes für chronisch entzündliche Erkrankungen des Verdauungstraktes (DDCV e.V.) vom 19. April 2004, in der unter Hinweis auf eine Studie des Klinikums M (C) ausgeführt ist: Angesichts der Tatsache, dass der Prozentsatz der wegen chronisch entzündlicher Darmerkrankungen vorzeitig in den Ruhestand versetzten Beamten nicht höher sei als der Anteil der vorzeitig erwerbsunfähigen Personen der übrigen berufstätigen Bevölkerung, sei der Nachweis erbracht, dass eine chronische Darmerkrankung nicht automatisch die Annahme rechtfertige, Betroffene unterlägen einem wesentlich erhöhten Risiko der krankheitsbedingten vorzeitigen Erwerbsfähigkeit.

Gegen die vom Beklagten vorgelegte ergänzende Stellungnahme der Ärztin für Innere Medizin G vom Gesundheitsamt E vom 26. November 2009 wendet der Kläger ein: Es müsse bereits bestritten werden, dass es sich bei dieser Ärztin um eine fachlich hinreichend kompetente Medizinerin handele. Deren Einlassung, seine Erkrankung sei nicht ab- bzw. ausgeheilt, werde durch den Koloskopie-Bericht widerlegt. Die ihm bescheinigte "vollständige Remission" bedeute nicht, dass lediglich vorübergehend keine Krankheitszeichen vorlägen, eine Genesung oder Ausheilung jedoch nicht gegeben sei. Sein Vorbringen, dass er seit nahezu vier Jahren beschwerdefrei sei, sei zutreffend. Der Hinweis von Frau G darauf, dass bei ihm im Januar 2006 ein Rezidiv aufgetreten sei, sei demnach unbeachtlich.

Auch die Feststellungen des vom Gericht beauftragten Sachverständigen bestätigten, dass es sich bei seiner Erkrankung um einen Fall mit besonders mildem Verlauf handele, dass es lediglich einmal, im Jahr 2006 - nach Absetzen der remissionserhaltenden Therapie - zu einem Rezidiv gekommen sei und dass typische Begleiterkrankungen und/oder Komplikationen im klinischen Verlauf nicht aufgetreten seien. Der Sachverständige vertrete allein aufgrund der allgemeinen Einordnung des Morbus Crohn als chronisch entzündliche Darmerkrankung mit schubförmigem Verlauf die Auffassung, dass grundsätzlich keine belastbare Zukunftsprognose möglich sei. Er verweise hierzu auf Studien, die lediglich aufgrund des klinischen Erscheinungsbildes eine Klassifizierung in Verlaufsformen des Morbus Crohn vornähmen. Eine Aussage über das Risiko einer vorzeitigen Dienstunfähigkeit im Vergleich zu der nicht an Morbus Crohn erkrankten Bevölkerung beinhalteten die Studien nicht.

Insbesondere deckten sich die Feststellungen des Sachverständigen nicht mit den Feststellungen des in einem Verfahren vor dem VG Gelsenkirchen eingeholten Gutachtens vom 22. Juli 2008, welche eine eindeutig positive Prognose zuließen:

Sollte ein M. Crohn als Erkrankung zugrunde liegen, handelt es sich um eine milde Verlaufsform, welche sich seit nunmehr sechs Jahren in Remission befindet, also inaktiv ist. Eine solche Verlaufsform ist mit einer guten Prognose verbunden. Generell gilt nach aktueller Datenlage die Lebenserwartung bei M. Crohn gegenüber der gesunden Bevölkerung als nicht, bzw. nur leicht eingeschränkt [...]. Lediglich bei schweren Verlaufsformen mit Auftreten von Komplikationen ist die Lebenserwartung eingeschränkt. Diese Komplikationen beinhalten das Auftreten von Stenosen, Strikturen, Abszessen, Fisteln und die damit verbundene Notwendigkeit zur Operation. Solche Komplikationen sind bei der Patientin bisher nicht aufgetreten, was mit einer günstigen Prognose verbunden ist. Auch das ausgesprochen gute Ansprechen der Beschwerden auf die Steroidtherapie stellt einen günstigen prognostischen Faktor dar. [...]

Im Falle eines M. Crohn ist bei einem so günstigen Verlauf wie im vorliegenden Fall nicht grundsätzlich mit einem erhöhten Krankheitsausfall der Klägerin zu rechnen. Ebenso ist eine dauernde Dienstunfähigkeit nicht als wahrscheinlich zu erwarten. Generell wird ein chronischer, schubweise auftretender Verlauf des M. Crohn beschrieben, jedoch ist der Verlauf von Patient zu Patient unterschiedlich. Bei Patienten, die über Jahre, zudem ohne Medikation rezidivfrei sind ist somit eher von einer guten Prognose auszugehen. Auch das gute Ansprechen auf die Initialtherapie sowie die Tatsache, dass bisher keinerlei Komplikationen aufgetreten sind unterstützen die positive Prognose. Wir erwarten in diesem Fall somit keine häufigen Krankheitsausfälle oder die dauernde Dienstunfähigkeit vor dem 65. Lebensjahr.

Bei ihm sei es innerhalb von zehn Jahren lediglich - im Jahr 2006 - zu einem einzigen Rezidiv gekommen. Inzwischen sei er seit über fünf Jahren beschwerdefrei und seit ca. 2 ½ Jahren finde keine medikamentöse Therapie mehr statt.

Er habe zudem einen Anspruch auf Gleichbehandlung. Das beklagte Land habe den Kläger des Verfahrens vor dem VG Gelsenkirchen aufgrund des eingeholten fachinternistischen Gutachtens in das Beamtenverhältnis übernommen. Ihm seien zwei weitere Fälle bekannt, in denen es bei einer Colitis-Ulcerosa- bzw. einer Morbus-Crohn-Erkrankung zu einer Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe gekommen sei. Im Falle des an Colitis Ulcerosa erkrankten Kollegen sei eine Übernahme bereits auf der Grundlage einer im Vorverfahren durchgeführten amtsärztlichen Nachuntersuchung erfolgt. Aufgrund dieser Vorgehensweise habe der Beklagte bei Vorliegen milder Verlaufsformen chronischer Darmerkrankungen eine bestimmte Verwaltungspraxis entwickelt, an die er auch in seinem Fall gebunden sei. Denn auch bei ihm weise die Erkrankung einen milden Verlauf auf, sodass nach wissenschaftlichen Erkenntnissen nicht die Gefahr vorzeitiger Dienstunfähigkeit bestehe, zumal eine derartige Erkrankung hervorragend behandelbar sei.


Der Kläger beantragt,

das beklagte Land unter Aufhebung des Bescheides der Bezirksregierung E1 vom 29. September 2009 zu verpflichten, ihn in das Beamtenverhältnis auf Probe zu übernehmen,

hilfsweise, das beklagte Land unter Aufhebung des Bescheides der Bezirksregierung E1 vom 29. September 2009 zu verpflichten, über seinen Antrag auf Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.


Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er vertritt die Ansicht, dass das Unterbleiben der vorherigen Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten gemäß § 46 VwVfG NRW unschädlich sei, weil sich dieser Umstand nicht auf das Ergebnis der Entscheidung ausgewirkt habe. Er verweist hierzu auf die nachträgliche Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten vom 29. August 2011 und deren Stellungnahme 2. September 2011. Dort heißt es:

Nach Kenntnisnahme des gesamten Vorgangs, insbes. der verschiedenen ärztlichen Stellungnahmen, stimme ich der beabsichtigten Ablehnung des Antrags von Hr. J auf Verbeamtung zu.

In der Sache nimmt der Beklagte zunächst Bezug auf die ergänzende amtsärztliche Stellungnahme vom 26. November 2009, in der u.a. ausgeführt ist: Bei dem Kläger sei im Jahr 2001 Morbus Crohn diagnostiziert worden. Hierbei handele es sich um eine chronische Darmerkrankung, bei der eine Aus- oder Abheilung in dem Sinne, dass die Erkrankung mit 100%iger Sicherheit zur Ausheilung gebracht werde und nicht mehr auftrete, nicht erreicht werden könne. Es liege in der Natur von Morbus Crohn, dass symptom- und beschwerdefreie Phasen von akuten Krankheitsschüben unterbrochen werden könnten mit klinischen Beschwerden, entzündlichen Darmschleimhautveränderungen und ggf. auch dem Auftreten von Komplikationen. Aus dem im Koloskopie-Bericht beschriebenen (aktuell relativ unauffälligen) Befund ohne Zeichen eines akuten Krankheitsschubes könne nicht mit Sicherheit die Schlussfolgerung gezogen werden, dass Krankheitsschübe mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht mehr aufträten. "Remission" bedeute lediglich, dass es vorübergehend keine Krankheitszeichen gebe, dass jedoch eine Genesung oder Ausheilung nicht vorliege. Bei dem Kläger sei zudem im Januar 2006 ein schweres Rezidiv aufgetreten, welches eine stationäre Behandlung erforderlich gemacht habe. Zudem sei bei der Koloskopie im Januar 2009 empfohlen worden, die remissionserhaltende Therapie mit einem Immunsuppressivum unverändert fortzuführen. Der Kläger selbst habe bei seiner persönlichen Vorstellung im Januar 2009 angegeben, dass er das Medikament Imurek einnehme. Aus dem Schreiben des DCCV e.V. vom 19. April 2004 könnten ebenso wenig Rückschlüsse auf den individuellen Krankheitsverlauf bei dem Kläger gezogen werden wie aus dem vom VG Gelsenkirchen zu der dortigen Klägerin eingeholten Gutachten.

Die vom Kläger vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen vom 2. bzw. 12. März 2010 ließen eine positive Prognose auf längere Sicht nicht zu, weil sie lediglich eine Einschätzung für die nahe Zukunft enthielten ("baldige" Dienstunfähigkeit nicht zu erwarten; mit Arbeitsunfähigkeit "derzeit" nicht zu rechen).

Auch das erkennende Gericht habe in einem Urteil vom 21. Februar 2006 - 2 K 3892/04 - die Auffassung vertreten, dass bei dem hier vorliegenden Krankheitsbild generell ein statistisch erhöhtes Risiko vorzeitiger Dienstunfähigkeit bestehe und ein günstiger Krankheitsverlauf noch nicht bedeute, dass die günstige Prognose auch eintreffen werde.

Das sei schließlich auch durch das im vorliegenden Verfahren eingeholte Sachverständigengutachten bestätigt worden. Dieses schließe die Möglichkeit des Eintritts dauernder Dienstunfähigkeit schon vor Erreichen der Altersgrenze und/oder häufige krankheitsbedingte Fehlzeiten ausdrücklich nicht mit einem hohen Grad an Wahrscheinlichkeit aus, da weder ein zurückliegender milder Verlauf einen günstigen zukünftigen Verlauf prognostizieren, noch eine erneute Schubaktivität mit großer Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden könne. Er folge den Feststellungen dieses mit dem amtsärztlichen Gutachten in Einklang stehenden Sachverständigengutachtens und nicht dem vom VG Gelsenkirchen eingeholten Gutachten unabhängig davon, ob letzteres auf den Fall des Klägers übertragbar sei.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens des Direktors der Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Infektiologie des Universitätsklinikums E1, I1, zu der Frage, ob der Kläger die für die Einstellung in das Beamtenverhältnis erforderliche gesundheitliche Eignung besitzt. Wegen des Ergebnisses wird auf das fachärztliche Gutachten vom 9. März 2011 Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Verpflichtungsklage ist nicht begründet.

Das beklagte Land ist weder verpflichtet, den Kläger in das Beamtenverhältnis auf Probe einzustellen, noch über dessen Antrag auf Einstellung bzw. Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden. Die Ablehnung des Antrages des Klägers vom 1. Juli 2009 durch Bescheid der Bezirksregierung vom 29. September 2009 erweist sich als im Ergebnis rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 und Satz 2 VwGO).

Der ablehnende Bescheid ist allerdings wegen nicht rechtzeitiger Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten (formell) rechtswidrig ergangen. Bei der Entscheidung über die Übernahme bzw. Einstellung eines Bewerbers in das Beamtenverhältnis auf Probe handelt es sich um eine der Mitwirkung der Gleichstellungsbeauftragten unterliegende personelle Maßnahme i.S.v. § 17 Abs. 1 Landesgleichstellungsgesetz (LGG).

Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Urteile vom 27. Juli 2010 - 6 A 858/07, 6 A 228/08, 6 A 3302/08 -, juris, unter Bezugnahme auf Entscheidungen, welche die Entlassung von Beamten bzw. deren Versetzung in den Ruhestand betreffen.

Der persönliche Geltungsbereich des LGG schließt Beamte auf Probe ein. Auch diese sind "Beschäftigte" im Sinne des § 3 Abs. 2 Satz 1 LGG. Nach § 17 Abs. 1 Halbsatz 1 LGG unterstützt die Gleichstellungsbeauftragte die Dienststelle und wirkt bei der Ausführung des Gesetzes sowie aller Vorschriften und Maßnahmen mit, die Auswirkungen auf die Gleichstellung von Mann und Frau haben oder haben können. Dies gilt nach § 17 Abs. 1 Halbsatz 2 LGG insbesondere für "personelle Maßnahmen". Ausgehend von dem ein weites Begriffsverständnis nahe legenden Wortlaut und der Entstehungsgeschichte des § 17 Abs. 1 LGG zählt zu den personellen Maßnahmen in diesem Sinne auch die hier streitgegenständliche Einstellung in das Beamtenverhältnis auf Probe. Nach der Begründung des Gesetzentwurfs bestimmt sich der Kreis der mitwirkungspflichtigen "personellen Maßnahmen" in Anlehnung an die in §§ 72 ff. LPVG NRW geregelten Angelegenheiten.

Vgl. im Einzelnen OVG NRW, Urteil vom 24. Februar 2010 - 6 A 1979/07 -, juris, zur Zurruhesetzung eines Beamten, und Urteil vom 9. September 2010 - 6 A 100/10 -, juris, zur Entlassung eines Probebeamten.

Zu den der Mitbestimmung des Personalrats unterliegenden Maßnahmen zählte stets auch die Einstellung (vgl. § 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LPVG). Bestätigt wird dieses Gesetzesverständnis durch die in §§ 18 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 1 und Abs. 3 Satz 2, 19 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 und Abs. 2 Satz 2 LGG getroffenen Regelungen.

Nach § 18 Abs. 2 Satz 1 LGG ist die Gleichstellungsbeauftragte frühzeitig über beabsichtigte Maßnahmen zu unterrichten und anzuhören. Ihr ist innerhalb einer angemessenen Frist, die in der Regel eine Woche nicht unterschreiten darf, Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben (§ 18 Abs. 2 Satz 2 LGG).

OVG NRW, Urteil vom 9. September 2010 - 6 A 100/10 -, juris.

Dies ist im Vorfeld der Entscheidung vom 29. September 2009 nicht geschehen.

Der in der seinerzeit unterbliebenen Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten liegende Mangel ist aber ausnahmsweise nach dem Rechtsgedanken des § 46 VwVfG NRW unbeachtlich. Nach dieser Vorschrift kann die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der nicht nichtig ist, nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Von einer solchen Situation kann allerdings nur dann die Rede sein, wenn von vornherein und nach jeder Betrachtungsweise feststeht, dass die Sachentscheidung auch bei ordnungsgemäßem Verfahren nicht anders ausgefallen wäre.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 1. Juni 2010 - 6 A 470/08 - m.w.N., IÖD 2010, 219.

So jedoch liegt der Fall hier.

Die Alternativlosigkeit einer bestimmten Entscheidung ist regelmäßig bei gebundenen Entscheidungen gegeben. Bei Ermessensentscheidungen kann der Rechtsgedanke des § 46 VwVfG NRW eingreifen, wenn das materielle Recht letztlich keinen Spielraum eröffnet. Das ist etwa der Fall, wenn eine Einstellung in das Beamtenverhältnis auf Probe bereits an der Überschreitung der laufbahnrechtlichen Altersgrenze (vgl. §§ 6 Abs. 1, 52 Abs. 1 LVO NRW) scheitert.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 6. Dezember 2010 - 6 A 1852/10 -, juris.

Bei der Entscheidung, ob der Einstellung in das Beamtenverhältnis auf Probe die fehlende gesundheitliche Eignung des Bewerbers entgegensteht, ist allerdings im Grundsatz ein derartiger Entscheidungsspielraum gegeben. Die Entscheidung liegt im pflichtgemäßen Ermessen des Dienstherrn. Dem Dienstherrn ist zwar ebenso wenig die Möglichkeit eröffnet, einen (gesundheitlich) nicht geeigneten Bewerber in das Beamtenverhältnis einzustellen, wie die Möglichkeit, einen Beamten auf Probe, der sich - wegen der Nichterweislichkeit der gesundheitlichen Eignung in der Probezeit - nicht bewährt hat, nicht zu entlassen.

Vgl. hierzu Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteile vom 31. Mai 1990 - 2 C 35.88 -, BVerwGE 85, 177, und vom 19. März 1998 - 2 C 5.97 -, BVerwGE 106, 263.

Im Vorfeld der Ermessensentscheidung ist aber eine Beurteilung von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung vorzunehmen und hierbei handelt es sich um einen Akt wertender Erkenntnis, der vom Gericht nur beschränkt darauf zu überprüfen ist, ob die Verwaltung den anzuwendenden Begriff verkannt, der Beurteilung einen unrichtigen Tatbestand zugrunde gelegt, allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachwidrige Erwägungen angestellt hat.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 7. Mai 1981 - 2 C 42.79 - m.w.N., DÖD 1981, 257; OVG NRW, Beschluss vom 9. September 2010 - 6 A 100/10 -, a.a.O.

Das Bestehen dieses Entscheidungsspielraums der Verwaltung schließt aber nicht ausnahmslos die Annahme aus, es sei offensichtlich, dass die mangelnde Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Vielmehr kann der Rechtsgedanke des § 46 VwVfG NRW etwa auch dann durchgreifen, wenn die Gleichstellungsbeauftragte nachträglich erklärt, keine Bedenken gegen die Ablehnung der Einstellung des Bewerbers in das Beamtenverhältnis zu haben.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 15. Februar 1990 - 1 WB 36/88 -, BVerwGE 86, 244, zur nachträglichen Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung; a.A. OVG NRW, Beschluss vom 9. September 2010 - 6 A 100/10 -, a.a.O.; demgegenüber mehr auf den Einzelfall abstellend: OVG NRW, Beschluss vom 1. Juni 2010 - 6 A 470/08 -, a.a.O.

Zu fordern ist hierfür allerdings, dass die nachgeholte Stellungnahme in Kenntnis aller entscheidungserheblichen Umstände abgegeben worden ist. Lässt sich diese Feststellung treffen, so erschiene es als bloße Förmelei, sähe man die Erklärung der Gleichstellungsbeauftragten nur deshalb als unbeachtlich an, weil sie verspätet erfolgt ist. Denn dass die Gleichstellungsbeauftragte sich bei rechtzeitiger Beteiligung anders geäußert hätte, kann in diesem Fall praktisch ausgeschlossen werden.

VG Düsseldorf, Urteil vom 19. Juli 2011 - 2 K 2006/09 -.

Die nachträgliche Erklärung der für die Lehrkräfte an Gymnasien zuständigen Gleichstellungsbeauftragten vom 2. September 2011 vermag eine derartige Wirkung zu entfalten. Dieser war am 29. August 2011 von der Bezirksregierung der maßgebliche Sach- und Streitstandes dargelegt und Gelegenheit gegeben worden, Einsicht zu nehmen in die bei der Bezirksregierung geführte vollständige Prozessakte und die von dem Verwaltungsvorgang gefertigten Fotokopien einschließlich der amtsärztlichen Stellungnahme vom 29. Januar 2009. Sie hatte auf diesem Weg Kenntnis erlangt nicht nur den divergierenden Einschätzungen der Mediziner sondern auch davon, dass der Kläger einen Anspruch auf Gleichbehandlung mit anderen Bewerbern geltend machte, die - etwa im Hinblick auf ein durch das VG Gelsenkirchen eingeholtes Sachverständigengutachten - trotz einer entzündlichen Darmerkrankung in das Beamtenverhältnis übernommen worden sind. Die Gleichstellungsbeauftragte hat sich in der Lage gesehen, auf dieser Erkenntnisgrundlage eine Stellungnahme abzugeben, und unter dem 2. September 2011 der Ablehnung des Verbeamtungsantrags des Klägers nachträglich zugestimmt.

Der die Einstellung des Klägers in das Beamtenverhältnis auf Probe wegen fehlender gesundheitlicher Eignung ablehnende Bescheid der Bezirksregierung vom 29. September 2009 ist materiell rechtmäßig.

Die Einstellung in das Beamtenverhältnis auf Probe mit dem Ziel der späteren Verwendung auf Lebenszeit (vgl. § 4 Abs. 3 Buchstabe a) BeamtStG) bedarf als Begründung eines Beamtenverhältnisses der Ernennung (§ 8 Abs. 1 Nr. 1 BeamtStG). Voraussetzung für die Einstellung ist hiernach unter anderem die Eignung für das Beamtenverhältnis (vgl. Art. 33 Abs. 2 GG, § 9 BeamtStG), wozu auch die gesundheitliche Eignung gehört.

Vgl. nur BVerwG, Urteil vom 15. Juni 1989 - 2 A 3.86 , Buchholz 232.1 § 7 BLV Nr. 4.

Wie bereits ausgeführt, liegt die Entscheidung über die Einstellung eines Bewerbers im pflichtgemäßen Ermessen des Dienstherrn und ist die hierbei vorzunehmende Beurteilung von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Akt wertender Erkenntnis. Für eine ablehnende Entscheidung sind bereits nachhaltige Zweifel an der gesundheitlichen Eignung ausreichend. Hierfür genügt nach ständiger höchstrichterlicher und obergerichtlicher Rechtsprechung eine körperliche oder psychische Veranlagung der Art, dass die Möglichkeit künftiger Erkrankungen oder des Eintritts dauernder Dienstunfähigkeit schon vor Erreichen der Altersgrenze nicht mit einem hohen Grad von Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 16. September 1986 - 2 B 92.86 -, Buchholz 232 § 31 BBG Nr. 39, Urteil vom 25. Februar 1993 - 2 C 27.90 -, BVerwGE 92, 147, und Beschluss vom 3. Juni 2004 - 2 B 52.03 -, juris; OVG NRW, Beschlüsse vom 12. März 2008 - 6 A 4819/05 - und vom 11. März 2010 - 6 A 1004/08 -, jeweils juris.

Auch das erkennende Gericht legt in ständiger Rechtsprechung diesen Maßstab (nachfolgend: "strenger Maßstab") zugrunde.

Vgl. etwa Urteile vom 19. Juli 2011 - 2 K 2006/09 -, vom 7. Dezember 2010 - 2 K 7465/09 -, juris, vom 11. März 2008 - 2 K 1875/07 - und vom 10. Juli 2007 - 2 K 5236/06 -.

Zwar ist in dem Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 23. April 2009 (- 2 B 79.08 -, juris) ausgeführt, "allgemeiner Maßstab" für Zweifel an der gesundheitlichen Eignung eines (Probe-)Beamten sei "die 'hohe' Wahrscheinlichkeit vorzeitiger dauernder Dienstunfähigkeit und häufiger krankheitsbedingter Fehlzeiten". Dieser weniger streng und somit für den Bewerber günstiger erscheinende Maßstab ist aber wohl vor dem Hintergrund zu sehen, dass Streitgegenstand jenes Verfahrens die Einstellung eines Schwerbehinderten war und für die im Rahmen der Feststellung der gesundheitlichen Eignung schwerbehinderter Menschen vorzunehmende Prognose regelmäßig ein weniger strenger Maßstab zugrunde zu legen ist als bei nicht behinderten Bewerbern. Zudem hält auch die obergerichtliche Rechtsprechung an dem "strengen Maßstab" fest und hat den in der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 23. April 2009 beschriebenen Maßstab nicht aufgegriffen.

Vgl. etwa OVG NRW, Beschluss vom 11. März 2010 - 6 A 1004/08 -, juris; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 31. Mai 2011 - 4 S 187/10 -, juris; OVG Lüneburg, Beschluss vom 8. November 2010 - 5 ME 225/10 -, ZBR 2011, 266.

Soweit gegen die Zugrundelegung des "strengen Maßstabes" eingewandt wird, dass die hiernach gebotene, sich über mehrere Jahrzehnte erstreckende Prognose aus medizinischer Sicht praktisch nicht möglich sei, wird verkannt, dass eine negative Prognose regelmäßig nur dann getroffen wird, wenn bestimmte Vorschädigungen der Gesundheit oder nachteilige körperliche oder geistige Veranlagungen vorliegen, die konkrete Anhaltspunkte für die Möglichkeit künftiger Erkrankungen oder des Eintritts dauernder Dienstunfähigkeit schon vor Erreichen der Altersgrenze bieten.

Nicht zu folgen ist ferner dem gelegentlich geäußerten Einwand, das geforderte hohe Maß an Wahrscheinlichkeit sei deshalb ein untaugliches Kriterium, weil nach der Statistik nur ein geringer Teil der Lehrer bis zum Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze im aktiven Dienst verbleibt, weil die Belastungen des Lehrerberufs im Verlauf des Berufslebens häufig frühzeitig zur dauernden Dienstunfähigkeit führen. Dieser Umstand liefert keinen tragfähigen Grund dafür, einen Lehrer, für dessen vorzeitige Dienstunfähigkeit es bereits bei der Einstellung gewichtige Anzeichen gibt, "sehenden Auges" in das Beamtenverhältnis zu übernehmen. Vielmehr erfordert die Anfälligkeit des Lehrerberufs für vorzeitige Zurruhesetzungen im Interesse eines sparsamen Einsatzes öffentlicher Mittel und der Gewährleistung einer sachgerechten Aufgabenerfüllung in der Schule gerade einen strengen Maßstab und eine sorgsame Prüfung der gesundheitlichen Eignung.

OVG NRW, Beschluss vom 9. Juni 2010 - 6 A 209/10 -, juris.

Die Einstellungsbehörde bewegt sich ferner im Rahmen ihres Entscheidungsspielraums, wenn sie hinsichtlich der gesundheitlichen Eignung eine auf die gesamte Dienstzeit ausgerichtete Prognose bereits bei ihrer Entscheidung über die Berufung des Bewerbers in das Beamtenverhältnis auf Probe vornimmt. Denn die Begründung dieses Probebeamtenverhältnisses erfolgt gerade im Hinblick auf eine spätere Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit. Die Behörde vermeidet hiermit zudem die Gefahr, die fehlende gesundheitliche Eignung dem Bewerber bei der späteren Entscheidung über die Lebenszeitverbeamtung nicht mehr entgegenhalten zu können, wenn sie ihn in Kenntnis gesundheitlicher Probleme in das Beamtenverhältnis auf Probe übernommen hatte.

Ähnlich VG Bayreuth, Urteil vom 29. Mai 2009 - B 5 K 08.173 -, juris Rn. 52.

Bei der demnach gebotenen Zugrundelegung des "strengen Maßstabes" begegnet die Entscheidung des Beklagten, dem Kläger die gesundheitliche Eignung als Lehrer im Beamtenverhältnis (zunächst auf Probe) abzusprechen, keinen durchgreifenden Bedenken, weil bei dem Kläger eine körperliche Veranlagung der Art vorliegt, dass die Möglichkeit künftiger Erkrankungen oder des Eintritts dauernder Dienstunfähigkeit schon vor Erreichen der Altersgrenze nicht mit einem hohen Grad an Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann. Vielmehr besteht die Möglichkeit, dass es erneut zu Krankheitsschüben kommt, welche längere Fehlzeiten und die vorzeitige Dienstunfähigkeit zur Folge haben können. Das ergibt sich aus folgenden Erwägungen:

Bei dem Kläger wurde Ende 2000 eine chronisch entzündliche Darmerkrankung (Morbus Crohn) diagnostiziert. Die Erkrankung wurde im Januar 2001 stationär und nachfolgend ambulant behandelt. Die anfängliche initiale Therapie wurde später auf eine Rezidivprophylaxe-Dosierung reduziert. Nach Absetzen dieser Therapie im Jahr 2005 trat im Januar 2006 ein schweres Rezidiv des Morbus Crohn auf, welches eine erneute stationäre Behandlung und die Wiederaufnahme der Rezidivprophylaxe mit dem Medikament Imurek erforderlich machte. Eine im Januar 2009 durchgeführte Koloskopie führte zu der Beurteilung, dass eine "narbig ausgeheilte Colitis Crohn ohne makroskopische Zeichen von Aktivität" im Remissionsstadium vorliege. Es fänden sich narbig-pseudopolypöse Veränderungen überwiegend im Colon descendens und Colon transversum. Zugleich wurde die Empfehlung ausgesprochen, die remissionserhaltende Therapie mit Azathioprin (Imurek) unverändert fortzuführen. Letztere wurde im August 2009 wieder abgesetzt. Seitdem ist nach den Angaben des Klägers kein Rezidiv mehr aufgetreten.

Der gerichtliche Sachverständige gelangte nach Durchführung einer endoskopischen Diagnostik, einer Ileo-Koloskopie und Proktoskopie sowie einer MR-Sellink-Untersuchung zu der Feststellung, dass die Erkrankung mit dem gutem Ansprechen auf eine remissionsinduzierende Therapie und bei lediglich einem Rezidiv im Jahr 2006 zwar einen milden Verlauf genommen habe und typische Begleiterkrankungen und Komplikationen des Morbus Crohn, wie Strikturen, Fisteln oder extraintestinale Symptome im klinischen Verlauf bisher nicht aufgetreten seien, dass sich aber aufgrund dieses günstigen Verlaufs keine Rückschlüsse auf ein zukünftiges Schubereignis ziehen ließen, da auch nach vielen Jahren der klinischen Remission jederzeit akute Schübe mit Exazerbation des Morbus Crohn auftreten könnten. Aus diesem Grund könne die Möglichkeit des Eintritts dauernder Dienstunfähigkeit schon vor Erreichen der Altersgrenze und / oder häufiger krankheitsbedingter Fehlzeiten nicht mit einem hohen Grad an Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden. Das erkennende Gericht folgt dieser auf belastbare allgemeine Erkenntnisse gestützten Einschätzung des Sachverständigen: Bei Morbus Crohn handelt es sich um eine chronische, alle Schichten der Darmwand betreffende entzündliche Darmerkrankung. Das klinische Erscheinungsbild ist durch einen chronisch intermittierend schubförmigen Verlauf charakterisiert, bei dem sowohl akute Schübe mit langen Phasen klinischer Remission als auch Phasen mit chronisch rezidivierender Aktivität auftreten können. Bedingt durch den schubförmigen chronischen Verlauf ist eine Ausheilung durch therapeutische Maßnahmen nicht zu erzielen. Zwar gehört der Kläger zu der nach einer wissenschaftlichen Studie rund ein Drittel der betroffenen Patienten umfassenden Gruppe, bei der ein milder Krankheitsverlauf zu verzeichnen ist, weil die Patienten aufgrund der medikamentösen Therapie des ersten Schubes in eine Remission gelangten und sich auch nach einem Jahr noch in der Remissionsphase befanden. Bei Zugrundelegung einer weiteren, nach der sog. Wiener Klassifikation unterscheidenden Studie gehört der Kläger zu den 40 % der an Morbus Crohn erkrankten Patienten, die zunächst weder ein penetrierendes noch ein strikturierendes Verlaufsmuster aufweisen. Bei einer Betrachtung über einen Zeitraum von 6 Jahren wurden aber nur 12 % der Patienten der nicht penetrierenden bzw. nicht strikturierenden Gruppe zugeordnet. Nach einer großen Studie in Norwegen konnten im Fünf-Jahresverlauf zwar klinisch eher milde Verläufe abgebildet werden, ein komplett rezidivfreier Verlauf wurde aber selten beobachtet.

Es besteht kein begründeter Anlass, im Fall des Klägers eine hiervon abweichende Risikoeinschätzung vorzunehmen.

In der von ihm vorgelegten fachärztlichen Bescheinigung dahin, dass eine "baldige Dienstunfähigkeit" des Klägers "nicht zu erwarten" sei. In der Bescheinigung des Internisten O vom 12. März 2010 heißt es, dass mit einer Arbeitsunfähigkeit aufgrund dieser Erkrankung "derzeit nicht zu rechnen" sei. Die gesundheitliche Eignung für die Einstellung in das Beamtenverhältnis ist aber nicht bereits dann gegeben, wenn der Eintritt der dauernden Dienstunfähigkeit derzeit oder alsbald nicht zu erwarten ist. Vielmehr bedarf es neben einer auf den gesamten Zeitraum bis zum Erreichen der Altersgrenze bezogenen Betrachtung nach dem "strengen Maßstab" der Feststellung, dass die vorzeitige Dienstunfähigkeit mit hoher Wahrscheinlichkeit auszuschließen ist. Eine derartige Prognose treffen die den Kläger behandelnden Ärzte aber gerade nicht, weil auch ihnen bekannt ist, dass Morbus Crohn nicht heilbar und das erneute Auftreten von Krankheitsschüben auch bei einem milden Krankheitsverlauf möglich ist. Aus diesem Grunde trifft auch die Behauptung des Klägers nicht zu, aus dem in der Bescheinigung des O enthaltenen Hinweis auf eine "komplette Remission" ergebe sich, dass in seinem Fall entgegen der Darstellung der Amtsärztin eine vollständige Aus- bzw. Abheilung der Erkrankung vorliege. Die Äußerung des F vom 2. März 2010 krankt zudem daran, dass von einer seit vielen Jahren, nämlich seit 2001 in einer Remission befindlichen Erkrankung ausgeht und somit verschweigt, dass noch im Januar 2006 ein stationär behandeltes Rezidiv aufgetreten war.

Wenn der Kläger beanstandet, dass die von dem Sachverständigen herangezogenen Studien keine Aussagen über das Risiko einer vorzeitigen Dienstunfähigkeit der an Morbus Crohn erkrankten Personen im Vergleich zu der übrigen Bevölkerung beinhalteten und in diesem Zusammenhang auch auf die Informationsschrift des DDCV e.V. verweist, verfehlt er den maßgeblichen Vergleichsmaßstab. Es ist nicht entscheidend, ob oder dass an Morbus Crohn erkrankte Personen nicht in höherem Maß vorzeitig dauernd dienstunfähig werden als die berufstätige Bevölkerung im Übrigen. Entscheidend ist vielmehr, ob die vorzeitige Dienstunfähigkeit gerade von Personen, die bereits im Zeitpunkt der Begründung des Beschäftigungsverhältnisses an Morbus Crohn erkrankt sind, in der Weise erhöht ist, dass die Wahrscheinlichkeit des Eintritts der vorzeitigen Dienstunfähigkeit oder häufiger Erkrankungen nicht mit einem hohen Grad an Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann. Das ist aber, wie ausgeführt, bei an Morbus Crohn Erkrankten der Fall.

Soweit der Kläger dem von dem erkennenden Gericht eingeholten gerichtlichen Sachverständigengutachten das in dem Verfahren vor dem VG Gelsenkirchen erstellte Gutachten des Universitätsklinikums F1 vom 22. Juli 2008 entgegenhält, das zu einem anderen Ergebnis gelangt sei, dringt er gleichfalls nicht durch. Letzteres geht bereits von einer letztlich nicht entscheidenden Prüfungsmaßstab aus, wenn es feststellt: "Generell gilt nach aktueller Datenlage die Lebenserwartung bei M. Crohn gegenüber der gesunden Bevölkerung als nicht, bzw. nur leicht eingeschränkt [...]." Selbst wenn sich belegen ließe, dass die Sterblichkeitsrate der an Morbus Crohn erkrankte Personen nicht höher ist als die der übrigen Bevölkerung, besagte dies nicht, dass Morbus-Crohn-Patienten nicht in höherem Maße vorzeitig dienstunfähig werden als der Rest der Bevölkerung. Soweit das Gutachten des Universitätsklinikums F1 konkret die Gefahr vorzeitiger Dienstunfähigkeit anspricht, gibt es keine Antwort gerade auf die durch das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen unter Ziffer 3 formulierten Beweisfrage ("Können bei der Klägerin aufgrund ihrer Erkrankung die Möglichkeit häufiger Erkrankungen und/oder der krankheitsbedingte Eintritt der dauernden Dienstunfähigkeit vor Eintritt des 65., Lebensjahres mit einem hohen Grad an Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden?"). Die (günstige) Prognose geht nämlich lediglich dahin, dass "eine dauernde Dienstunfähigkeit nicht als wahrscheinlich zu erwarten" sei. Auch der abschließende Satz: "Wir erwarten in diesem Fall somit keine häufigen Krankheitsausfälle oder die dauernde Dienstunfähigkeit vor dem 65. Lebensjahr" beantwortet die maßgebende Fragestellung nicht erschöpfend, weil auch hiermit eine entsprechende Entwicklung nicht mit hoher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen wird. Bereits aus diesem Grunde bedarf es auch nicht etwa der Einholung eines "Obergutachtens", welches der Kläger in der mündlichen Verhandlung thematisiert hat.

Ein Anspruch auf Einstellung in das Beamtenverhältnis auf Probe steht dem Kläger auch nicht nach dem Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) zu. Das gilt selbst für den - angesichts der naturgemäß nie identischen Krankheitsbilder und -verläufe - eher theoretischen Fall, dass die Erkrankung der Bewerber, die das beklagte Land in das Beamtenverhältnis eingestellt hat, derjenigen des Klägers entsprach. Denn ist die gesundheitliche Eignung bei Vorliegen einer chronischen Darmerkrankung selbst bei milder Verlaufsform tatsächlich nicht gegeben, weil die Möglichkeit des Eintritts vorzeitiger Dienstunfähigkeit nicht mit einem hohen Grad von Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann, so bleibt dem Dienstherrn keine Möglichkeit für die vom Kläger geforderte allgemeine Verwaltungspraxis, den gesundheitlich nicht geeigneten Bewerber in das Beamtenverhältnis zu übernehmen. Eine solche allgemeine Regelung wäre rechtswidrig.

Die Klage ist daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Das Gericht lässt die Berufung nicht gemäß § 124 a Abs. 1 Satz 1 VwGO zu, weil es die Voraussetzungen des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder 4 VwGO nicht als gegeben ansieht.

Referenznummer:

R/R3714


Informationsstand: 25.11.2011