Urteil
Einzelfall einer Verlängerung der Probezeit

Gericht:

VG Wiesbaden


Aktenzeichen:

3 L 1071/14.WI


Urteil vom:

23.02.2015


Grundlage:

  • HLVO § 9 Abs. 5 Satz 1 |
  • HBG § 23 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4

Leitsatz:

Einzelfall einer Verlängerung der Probezeit

Rechtsweg:

VGH Hessen, Urteil vom 31.08.2015 - 1 B 537/15

Quelle:

Rechtsprechungsdatenbank Hessen

Tenor:

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 4.374,85 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin wurde mit Wirkung zum 01.10.2009 zur Inspektorin unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe im Dienst des Landes Hessen ernannt. Sie ist bei dem Regierungspräsidium XXX tätig.

Bei der Antragstellerin ist ein Grad der Behinderung von 50 festgestellt.

Mit Datum vom 26.04.2011 wurde ein Zwischenbericht über die Bewährung der Antragstellerin in der Probezeit durch die Abteilung XXX erstellt.

Mit Abschlussbericht über die Tätigkeit der Antragstellerin in XXX vom 23.08.2012 stellte der Fachvorgesetzte der Abteilung XXX die Tätigkeiten und Leistungen der Klägerin seit dem 01.09.2009 dar. Dabei wurde für die Tätigkeit ab Oktober 2011 ausgeführt, die weitere Entwicklung in der restlichen Probezeit werde positiv beurteilt. Die Beamtin habe sich in vollem Umfang bewährt. Eine Verlängerung der Probezeit erscheine unverhältnismäßig und werde aufgrund der oben genannten Einschätzung und positiven Bewertung auf Grundlage des letzten Abschnitts der Probezeit nicht für erforderlich gehalten.

Die dienstliche Beurteilung für den Zeitraum vom 01.10.2009 bis 31.07.2012 schließt mit dem Gesamturteil, die Antragstellerin zeichne sich durch eine ausführliche, dabei exakt recherchierte, zuverlässige Arbeitsweise aus. Trotzdem gelinge es ihr nicht immer, zu nachvollziehbaren Ergebnissen zu kommen. Sie habe unter Beweis gestellt, dass sie bereit und fähig sei, auch für sie fachfremde Aufgaben (technischer Part bei Genehmigungsvorhaben) zu übernehmen. Die Antragstellerin habe sich vollumfänglich bewährt und eine Verbeamtung auf Lebenszeit werde befürwortet.

Mit Schreiben vom 07.09.2012 teilte das Regierungspräsidium XXX der Antragstellerin mit, aufgrund des Berichtes der Abteilung XXX vom 23.08.2012 könne ihre vollständige Bewährung noch nicht festgestellt werden. Es sei daher beabsichtigt, ihre Probezeit für die Dauer eines Jahres zu verlängern. Der Antragstellerin wurde Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.

Mit Schreiben vom 20.09.2012 nahm die Antragstellerin durch ihre Bevollmächtigten Stellung. Der Antragsgegner werde aufgefordert, schriftlich zu bestätigen, dass die Antragstellerin ab 01.10.2012 auf Lebenszeit verbeamtet werde.

Mit Bescheid vom 26.09.2012 verlängerte das Regierungspräsidium XXX die Probezeit der Antragstellerin um ein Jahr bis zum 30.09.2013.

Der beantragten Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit zum 01.10.2012 vermöge man nicht zu entsprechen. Aufgrund des Berichts der Abteilung IV/Wiesbaden vom 23.08.2012 könne die vollständige Bewährung der Antragstellerin zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht festgestellt werden.

Hiergegen legte die Antragstellerin mit Schreiben vom 26.10.2012 Widerspruch ein.

Die Bewährung sei bereits im Abschlussbericht vom 23.08.2012 festgestellt worden.

Mit Widerspruchsbescheid vom 22.02.2013 wies das Regierungspräsidium XXX den Widerspruch zurück.

Hiergegen erhob die Antragstellerin Klage (Az.: 3 K 267/13).

Mit Urteil vom 24.02.2014 hob das Gericht den Bescheid des Antragsgegners vom 26.09.2012 und dessen Widerspruchsbescheid vom 22.02.2013 auf und verpflichtete den Antragsgegner, das Begehren der Antragstellerin auf Verbeamtung auf Lebenszeit neu unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Der Bescheid über die Verlängerung der Probezeit vom 26.09.2012 und der Widerspruchsbescheid vom 22.02.2013 seien hinsichtlich der Verlängerung der Probezeit rechtswidrig und verletzen die Antragstellerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Sie beruhten auf einer unzureichenden Sachverhaltsermittlung und einer unzureichenden Sachverhaltswürdigung.

Soweit der Antragsgegner im Widerspruchsbescheid vom 22.02.2013 die in der dienstlichen Beurteilung der Antragstellerin für den Zeitraum vom 01.10.2009 bis zum 31.07.2012 und im Abschlussbericht vom 23.08.2012 benannten Mängel zur Begründung seiner Entscheidung anführt habe, sei dies in der geschehenen Form zu beanstanden. Der Antragsgegner habe die einzelnen Mängel lediglich unterschiedslos aneinander gereiht. Im Abschlussbericht vom 23.08.2012 werde aber zwischen drei Zeitphasen mit unterschiedlicher Tätigkeit der Antragstellerin differenziert. Für den letzten Zeitraum ab Oktober 2011 würden nur noch ganz geringfügige Mängel konstatiert. Dementsprechend werde ausgeführt, die weitere Entwicklung in der restlichen Probezeit werde positiv beurteilt. Die Beamtin habe sich in vollem Umfang bewährt. Eine Verlängerung der Probezeit erscheine unverhältnismäßig und werde aufgrund der oben genannten Einschätzung und positiven Bewertung auf Grundlage des letzten Abschnittes der Probezeit nicht für erforderlich gehalten. Damit hätten die Fachvorgesetzten ihre Aussage über die Bewährung auf den letzten, ca. 10 Monate umfassenden Teil der Probezeit und die in diesem Zeitraum gezeigten Leistungen gestützt. Dies sei ein zutreffender Ansatz. Die regelmäßige Probezeit eines Beamten betrage drei Jahre. Die Bewährung müsse erst zum Ende dieses Zeitraums festgestellt werden können. Im Regelfall werde ein junger Probebeamter am Anfang der Probezeit noch Leistungsmängel aufweisen. Die Probezeit diene auch dazu, ihm Gelegenheit zu geben, diese Mängel abzustellen. Dementsprechend sei bei der Feststellung der Bewährung oder Nichtbewährung im Regelfall die Situation am Ende der Probezeit in den Blick zu nehmen. Auch wenn dies nicht punktuell geschehen könne, so sei jedenfalls ein Zeitraum von ca. zehn Monaten für eine verlässliche Feststellung ausreichend.

Auch soweit der Antragsgegner die Verlängerung der Probezeit mit den Einzelaussagen der dienstlichen Beurteilung der Klägerin begründet habe, übersehe er, dass diese dienstliche Beurteilung den gesamten Zeitraum der Probezeit umfasse und sie keine Aussagen dazu enthält, wie sich die Leistungen der Antragstellerin entwickelt hätten.

Dies habe der Antragsgegner nicht berücksichtigt. Vielmehr habe er im Widerspruchsbescheid lediglich ausgeführt, der Bericht und die Beurteilung der Fachvorgesetzten brächten jeweils zum Schluss zwar die Bewertung der Fachvorgesetzten zum Ausdruck, die Antragsgegnerin habe sich vollumfänglich bewährt. Die begründenden Ausführungen und Bewertungen dazu rechtfertigten diesen Schluss jedoch nicht. Sodann habe der Antragsgegner lediglich alle in der dienstlichen Beurteilung und im Abschlussbericht benannten Mängel ohne Auseinandersetzung mit den oben genannten Aspekten aneinander gereiht.

Wenn sich der Dienstherr wie hier ohne Differenzierung auf eine Reihe von Mängeln beziehe, sei zu unterscheiden, ob die Zweifel an der Bewährung aus einer Gesamtschau der Mängel oder aus jedem einzeln und nebeneinander hergeleitet würden (vgl. für mehrere Sachverhalte Hess. VGH, Beschluss vom 07.11.2008 - 1 A 1143/08 -; VG Wiesbaden, Urteil vom 23.04.2008 - 8 E 918/05 -; Beschluss vom 09.02.2009 - 8 L 928/08). Stütze sich der Dienstherr auf eine Gesamtschau, so führe prinzipiell bereits die Verletzung der benannten Maßstäbe hinsichtlich einzelner Komplexe zur Rechtswidrigkeit der Verfügung (vgl. Hess. VGH, Urteil vom 08.06.2011 - 1 A 1991/08). Dies sei vorliegend der Fall. Der Antragsgegner habe die entsprechende Passage in seinem Widerspruchsbescheid wie folgt eingeleitet: "Einschränkungen in der vollständigen Bewährung ergeben sich aus folgendem:". Sodann folge eine reine Aufzählung aller Mängel. Eine Abschichtung werde nicht vorgenommen.

Darüber hinaus erwiesen sich die angefochtenen Bescheide als fehlerhaft, weil sie von einem nicht ausreichend aufgeklärten Sachverhalt ausgingen. Dem Antragsgegner sei darin zuzustimmen, dass sowohl im Abschlussbericht vom 23.08.2012 als auch in der dienstlichen Beurteilung einerseits einzelne Mängel bei der Antragstellerin benannt würden und andererseits ihre Bewährung festgestellt werde. Soweit der Antragsgegner aber hierin einen Widerspruch sehe, könne er sich nicht damit begnügen, diesen Widerspruch aufzuzeigen und sodann die Bewährung gestützt auf die Mängel zu verneinen. Die dienstliche Beurteilung und der Abschlussbericht nach § 3 Abs. 1 Satz 6 HLVO bildeten die Erkenntnisquellen des Dienstherrn zur Ermittlung des Sachverhalts. Darüber hinaus hätten sich beide auch zur Frage der Bewährung zu äußern. Halte der Dienstvorgesetzte diese Erkenntnisquellen für widersprüchlich, so könne er sich nicht hiermit begnügen und lediglich einen Teil der Aussagen zur Grundlage seiner Entscheidung machen. Vielmehr sei der Dienstherr von Amts wegen zur Sachverhaltsermittlung verpflichtet. Stütze er sich auf Quellen, die - wie hier die Angaben der Fachvorgesetzten - seinem Herrschaftsbereich zuzuordnen sind, so könne eine etwaige Widersprüchlichkeit nicht zulasten des betroffenen Beamten gehen. Vielmehr habe es der Dienstherr hier in der Hand, die tatsächlichen oder vermeintlichen Widersprüche aufzuklären. Hierbei könne sich dann ergeben, dass tatsächlich relevante Mängel bei der Antragstellerin bestünden. Das Ergebnis könne aber auch sein, dass die von den Fachvorgesetzten benannten Mängel derartig geringfügig seien, dass sie einer Bewährungsfeststellung nicht entgegenstünden und damit die Aussagen der Fachvorgesetzten zur Frage der Bewährung zutreffend seien.

Die Antragstellerin habe aber lediglich einen Anspruch auf Neubescheidung ihres Antrags auf Verbeamtung auf Lebenszeit.

Ein Anspruch auf Verbeamtung auf Lebenszeit setze voraus, dass der Beurteilungsspielraum des Dienstherrn hinsichtlich der Bewährung oder Nichtbewährung der Antragstellerin auf Null reduziert wäre und die Bewährung der Antragstellerin feststünde. Dies sei nicht der Fall. Das Gericht habe nur festgestellt (und nur feststellen können), dass der Antragsgegner bei der Verlängerung der Probezeit den Sachverhalt unzureichend ermittelt und gewürdigt habe, nicht aber, dass sich die Antragstellerin bewährt habe.

Da für das Verpflichtungsbegehren auf Lebenszeiternennung die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung maßgeblich sei, müsse im Übrigen auch die lange Krankheit der Antragstellerin berücksichtigt werden. Diese könne zumindest zum jetzigen Zeitpunkt auch unter Berücksichtigung der Schwerbehinderung der Antragstellerin und der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Maßstab bei der Beurteilung der gesundheitlichen Eignung (vgl. Urteil vom 25.07.2013 - Az.: 2 C 12/11 -, juris) einer positiven Prognose hinsichtlich der gesundheitlichen Eignung entgegenstehen. Dies zu beurteilen sei aber Aufgabe des Dienstherrn und bedürfe gegebenenfalls einer ärztlichen Begutachtung.

Hierauf forderte das Regierungspräsidium XXX zur Beseitigung der vom Gericht bemängelten Punkte eine Stellungnahme der Abteilungsleiterin und des Dezernatsleiters an. Diese erfolgte mit Schreiben vom 21.03.2014. Die Stellungnahme beinhaltete eine eingehende Darstellung der Leistungen der Antragstellerin in den drei verschiedenen Arbeitsfeldern. In den seinerzeitigen Berichten sei versucht worden, die noch bestehenden deutlichen Einschränkungen in positiver Sprache auszudrücken. Dies werde nun mit einem höheren Grad an Deutlichkeit dargelegt. Bezogen auf das Ende der Regelprobezeit hätten die dargestellten, aus ihrer Sicht nicht nur geringfügigen Mängel bei der Befähigung und fachlichen Leistung der Antragstellerin bestanden. Man habe dies seinerzeit dahingehend bewertet, dass eine Entwicklung zum selbständigeren Arbeiten zu beobachten gewesen sei und somit eine positive Gesamtprognose für die Zukunft habe erstellt werden können. Die Bestätigung einer uneingeschränkten Bewährung sei nicht möglich. Bei vergleichbaren Probebeamten des gehobenen allgemeinen Verwaltungsdienstes habe in den Vergangenen Jahren in der Abteilung die vollständige und einschränkungslose Bewährung hinsichtlich der Befähigung und fachlichen Eignung bescheinigt werden können. Die Einschätzung einer vollständigen Bewährung der Antragstellerin werde hiermit korrigiert.

Mit Schreiben vom 26.03.2014 hörte das Regierungspräsidium XXX die Antragstellerin zu beabsichtigten Verlängerung der Probezeit bis zum 30.09.2014 an.

Die Antragstellerin nahm mit Schreiben ihrer Bevollmächtigten vom 25.04.2014 Stellung.

Das Regierungspräsidium XXX holte sodann eine Bestätigung des Dezernatsleiters, dass der Bericht vom 21.03.2014 gemeinsam gefertigt worden sei und von ihm mitgetragen werde, sowie eine ergänzende Stellungnahme vom 21.05.2014 ein.

Mit Bescheid vom 05.06.2014 verlängerte das Regierungspräsidium XXX die Probezeit der Antragstellerin auf fünf Jahre bis zum 30.09.2014 und ordnete die sofortige Vollziehung nach § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO an.

Die vom Gericht beanstandeten Mängel seien aufgeklärt und behoben worden und es sei erneut geprüft worden, ob sich die Antragstellerin zum Ablauf der Regelprobezeit bewährt habe. Hierzu seien die Stellungnahme der Abteilungsleiterin und des Dezernatsleiters vom 21.03.2014 sowie die Stellungnahme des Dezernatsleiters vom 21.05.2014 eingeholt worden. Aus diesen Stellungnahmen ergebe sich, dass die ernsthaften Zweifel der Dienstvorgesetzten an der vollständigen Bewährung der Antragstellerin in der Regelprobezeit berechtigt gewesen seien. Dies wurde sodann näher dargelegt.

Die Fachvorgesetzten hätten zum Ausdruck gebracht, dass es sich aus ihrer Sicht um noch behebbare Mängel halte. Dies sei auch nach eigener Bewertung nicht gänzlich ausgeschlossen. Mit der Verlängerung der Probezeit werde der Antragstellerin diese Möglichkeit eingeräumt.

Die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit liege sowohl im öffentlichen Interesse als auch im überwiegenden Interesse der Antragstellerin. Um die Feststellung der Bewährung oder Nichtbewährung in der verlängerten Probezeit treffen zu können, sei es erforderlich, die aufschiebende Wirkung eines Widerspruchs gegen die Probezeitverlängerung zu beseitigen. Es sei weder für die Antragstellerin zumutbar, diesen ungeklärten Zustand noch länger bestehen zu lassen noch sei es für die Behörde tragbar, nach der schon vergangenen Zeit nicht in einem absehbaren Zeitraum feststellen zu können, ob sie ihre Aufgaben dauerhaft mit einer leistungsfähigen Beamtin erledigen könne oder ob die Stelle neu besetzt werden müsse.

Hiergegen legte die Antragstellerin mit Schreiben vom 07.07.2014 Widerspruch ein.

Ebenfalls am 07.07.2014 hat die Antragstellerin den vorliegenden Eilantrag gestellt.

Der Bescheid des Antragsgegners vom 05.06.2014 sei rechtswidrig.

Bei der Beurteilung Schwerbehinderter sei gemäß § 6 Abs. 3 HLVO eine etwaige Minderung in der Arbeits- und Verwendungsfähigkeit durch die Behinderung zu berücksichtigen. Dies sei nicht geschehen.

Die Bewährung der Antragstellerin sei bereits im Abschlussbericht des Dezernatsleiters vom 23.08.2012 gerade für den letzten Zeitraum der Probezeit in vollem Umfang festgestellt worden. Einer weiteren Bewährung bedürfe es daher nicht.

Es sei nicht nachvollziehbar und werde bestritten, dass eine weitere Recherche nun dazu geführt haben solle, dass eine erfolgreiche Erprobung nicht vorgelegen habe. Es werde bestritten, dass die von der Abteilungsleiterin verfasste Stellungnahme mit dem Dezernatsleiter abgestimmt worden sei. Es werde weiterhin bestritten, dass überhaupt eine nochmalige Recherche erfolgt sei, da die Darstellungen der Abteilungsleiterin lediglich den Sachverhalt so darstellten, wie er bereits mit Bescheid vom 05.09.2013 bzw. 30.09.2013 ausgeführt worden sei.

Darauf, dass die der Antragstellerin zugewiesenen Aufgaben noch nicht überwiegend dem gehobenen Dienst zuzuordnen gewesen seien, habe sie keinen Einfluss gehabt. Soweit der Antragsgegner ausführe, weitere Aufgaben des gehobenen Dienstes hätten der Antragstellerin aufgrund der gezeigten Leistungen nicht übertragen werden können, stehe dem entgegen, dass die Zwischenberichte - wie der Zwischenbericht vom 26.04.2011 - die Antragstellerin überaus positiv darstellten.

Es werde bestritten, dass bei vergleichbaren Probebeamten die vollständige und einschränkungslose Bewährung habe bescheinigt werden können.

Weiterhin sei das Interesse des Antragsgegners an der sofortigen Vollziehbarkeit des Bescheides weder hinreichend dargelegt, noch überwiege es das Interesse der Antragstellerin.

Es sei nicht nachvollziehbar, wie nun in drei Monaten nunmehr eine weitergehende Feststellung der Bewährung erfolgen könne.

Es erschließe sich auch nicht, wieso das geltend gemachte hohe Arbeitsanzeigeaufkommen nicht seit September 2012 festgestellt worden sei.


Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,

die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs gegen den Bescheid vom 05.06.2014 - Verlängerung der beamtlichen Probezeit der Antragstellerin - wiederherzustellen.


Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Die vom Gericht beanstandeten Mängel seien aufgeklärt und behoben worden und auf dieser Basis sei erneut geprüft worden, ob sich die Antragstellerin zum Ablauf der Regelprobezeit bewährt habe. Die eingeholten Stellungnahmen der Fachvorgesetzten zeigten, dass auch zu diesem Zeitpunkt noch deutliche Mängel hinsichtlich der Befähigung und fachlichen Leistung vorhanden gewesen seien. Die Schwerbehinderung der Antragstellerin sei berücksichtigt worden. Der Bericht vom 21.03.2014 sei von dem Dezernatsleiter mit verfasst und mit der Abteilungsleiterin abgestimmt gewesen. Dies habe der Dezernatsleiter bestätigt.

Die Antragstellerin gewinne durch die Verlängerung der Probezeit zwei Jahre Probezeit und nicht nur drei Monate, da sich die Bewertung in dem angefochtenen Bescheid nur auf den Zeitraum bis 30.09.2012 beziehe.

Die Anordnung der sofortigen Vollziehung sei formell und materiell rechtmäßig erfolgt. Das besondere Vollzugsinteresse sei anhand des konkreten Falles dargelegt worden.

Der Antragsgegner legt Kopien der Bewährungsfeststellungen aller Probebeamtinnen und Probebeamten seit 2011 vor.

Mit Beschluss vom 29.07.2014 hat die Kammer den Rechtsstreit dem Einzelrichter zu Entscheidung übertragen.

Gegenstand des Verfahrens waren die Gerichtsakte, die Akte des Verfahrens 3 K 267/13 und die vorgelegten Behördenakten (drei Hefter Personalakten, ein Hefter Beurteilungen).

II.

Der Antrag ist zulässig. Er ist aber in der Sache unbegründet.

Bei der im Eilverfahren gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage erweist sich der Bescheid über die Verlängerung der Probezeit vom 05.06.2014 als offensichtlich rechtmäßig; sein Vollzug ist eilbedürftig.

Der Bescheid über die Verlängerung der Probezeit, bei dem es sich um einen belastenden Verwaltungsakt handelt (vgl. Hess. VGH, Urteil vom 02.05.1984 - 1 OE 54/83 -, HessVGRspr 1985, 17 ff, ZBR 1984, 250 f, DÖD 1984, 197 f), ist formell rechtmäßig ergangen.

Gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a) der Verordnung über die Zuständigkeit in beamtenrechtlichen Personalangelegenheiten im Geschäftsbereich des Ministeriums des Innern und für Sport vom 12.05.2011 (GVBl. 2011, 186) war das Regierungspräsidium XXX für die angefochtene Entscheidung zuständig.

Der Antragstellerin ist vor der Entscheidung Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden.

Die Frauenbeauftragte und die Schwerbehindertenvertretung wurden beteiligt.

Der Bescheid ist auch materiell rechtmäßig.

Rechtsgrundlage für die Verlängerung der Probezeit ist § 9 Abs. 5 Satz 1 HLVO i.V.m. § 23 Abs.1 Satz 2 Nr. 4 HBG.

Die Ernennung zum Beamten auf Lebenszeit setzt voraus, dass sich der Beamte in einer Probezeit von mindestens sechs Monaten und höchstens fünf Jahren bewährt hat (§ 10 BeamtStG). Nach § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BeamtStG kann der Beamte auf Probe entlassen werden, wenn er sich in der Probezeit nicht bewährt. Der Entlassungsgrund der mangelnden Bewährung ist Folge des Leistungsprinzips, denn nur eine erfolgreiche Bewährung lässt die Ernennung zum Beamten auf Lebenszeit zu. Fehlt es an einer Bewährung, so kann der Beamte nur noch entlassen werden, da eine weitere Beschäftigung im Beamtenverhältnis der entsprechenden Laufbahn nicht mehr möglich ist (BVerwG, Urteil vom 19.03.1998 - 2 C 5.97 -, BVerwGE 106, 263). Dabei muss die fehlende Eignung, Befähigung oder fachliche Leistung nicht mit Sicherheit feststehen. Es müssen aber ernstzunehmende begründete Zweifel bestehen, ob der Beamte den an ihn zu stellenden Anforderungen persönlich und fachlich gewachsen sein wird.

Stehen in diesem Sinne weder die Bewährung noch die Nichtbewährung zum Ablauf der regelmäßigen Probezeit von drei Jahren nach § 9 Abs. 2 Satz 1 HLVO fest und handelt es sich nach Einschätzung des Dienstherrn um behebbare Mängel, so kann die Probezeit um höchstens zwei Jahre verlängert werden (§ 9 Abs. 5 Satz 1 HLVO i.V.m. § 23 Abs.1 Satz 2 Nr. 4 HBG).

Bei der Feststellung der Bewährung oder der Nichtbewährung als Akt teils wertenden, teils prognostischen Charakters kommt dem Dienstherrn ein Beurteilungsspielraum zu. Dies gilt in gleichem Maße für die Entscheidung, die Probezeit zu verlängern. Die gerichtliche Überprüfung der Entscheidung beschränkt sich danach darauf, ob der Begriff der Bewährung verkannt oder die gesetzliche Grenze des Beurteilungsspielraums überschritten worden ist, ob der Beurteilung ein unrichtiger Sachverhalt zugrunde liegt und ob allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachwidrige Erwägungen angestellt worden sind (ständige Rechtsprechung, vgl. BVerwG, Urteil vom 19.03.1998 - 2 C 5.97 -, BVerwGE 106, 263 m.w.N.).

Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe erweist sich der angefochtene Bescheid als rechtmäßig.

Der Dienstherr hat die im vorangegangenen Verfahren vom Gericht gerügten Fehler behoben. Er hat eine Stellungnahme der Abteilungsleiterin und des Dezernatsleiters vom 21.03.2014 eingeholt, die mit weiterer Stellungnahme vom 21.05.2014 nochmals konkretisiert wurde. Damit hat der Dienstherr die erforderliche weitere Sachverhaltsaufklärung vorgenommen. In diesen Stellungnahmen haben die Verfasser zu der Widersprüchlichkeit der vorherigen Aussagen Stellung genommen, diese Widersprüche in nachvollziehbarer Weise aufgelöst und ihre Aussagen zur Bewährung der Antragstellerin korrigiert. Auf Grundlage dieser Stellungnahmen hat der Dienstherr nachvollziehbar dargelegt, dass zum Ende der Probezeit eine uneingeschränkte Bewährung der Antragstellerin nicht festgestellt werden konnte. Die Fachvorgesetzten hätten andererseits prognostisch zum Ausdruck gebracht, dass es sich aus ihrer Sicht am Ende der Regelprobezeit der Antragstellerin um noch behebbare Mängel handele. Bezogen auf den Zeitpunkt des Endes der Regelprobezeit sei auch aus eigener Bewertung nicht gänzlich ausgeschlossen, dass die Antragstellerin in der verlängerten Probezeit ihre Bewährung werde nachweisen können. Damit waren die Voraussetzungen für eine Verlängerung der Probezeit gegeben.

Soweit die Antragstellerin sich auf die positiven Aussagen im Zwischenbericht vom 26.04.2011 und im Abschlussbericht vom 23.08.2012 beruft, sind diese durch die Korrekturen und Präzisierungen in den Stellungnahmen vom 21.03.2014 und 21.05.2014 überholt.

Der Antragstellerin wurden auch zumindest im letzten Abschnitt der Regelprobezeit Aufgaben des gehobenen allgemeinen Verwaltungsdienstes übertragen. Warum dies zuvor nicht der Fall war, wurde nachvollziehbar dargelegt.

Entgegen dem Vortrag der Antragstellerin ist die Stellungnahme vom 21.03.2014 im Einvernehmen mit dem Dezernatsleiter ergangen. In der Personalakte ist die Mitzeichnung durch den Dezernatsleiter dokumentiert.

Soweit die Antragstellerin geltend macht, gemäß § 6 Abs. 3 HLVO sei bei der Beurteilung der Leistung Schwerbehinderter eine etwaige Minderung der Arbeits- und Verwendungsfähigkeit durch die Behinderung zu berücksichtigen, trifft dies zu. Die Antragstellerin hat aber nicht darlegen können, dass der Antragsgegner hiergegen verstoßen hätte. In ihrer dienstlichen Beurteilung für den Zeitraum vom 01.10.2009 bis 31.07.2012 ist die Schwerbehinderung angeführt. Auch in der nunmehr eingeholten Stellungnahme vom 21.03.2014 wird ausgeführt, dass die Schwerbehinderung der Antragstellerin berücksichtigt worden sei. Dafür, dass tatsächlich eine zu berücksichtigende Minderung der Arbeits- und Verwendungsfähigkeit vorliegen würde, die der Antragsgegner nicht berücksichtigt gehabt hätte, hat die Antragstellerin nichts vorgetragen.

Der Bescheid enthält auch die erforderliche Begründung für das besondere Interesse an seiner sofortigen Vollziehung (§ 80 Abs. 3 VwGO). Der Antragsgegner hat schlüssig und konkret ausgeführt, warum aus seiner Sicht gerade im vorliegenden Fall ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung gegeben ist. Ob diese angeführten Gründe die Anordnung des Sofortvollzugs tatsächlich tragen, ist im Rahmen von § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO unerheblich (vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 21.10.2014 - 9 B 1523/14 - m.w.N.).

Der Vollzug des angefochtenen Bescheides ist bei dieser Sach- und Rechtslage nach Auffassung der Kammer, die insoweit eine eigene, originäre Ermessensentscheidung trifft (vgl. Eyermann, VwGO, § 80, RdNr. 71, Redeker/von Oertzen, VwGO, § 80, RdNr. 52), auch eilbedürftig. Bei der gebotenen Interessenabwägung sind das private Interesse der Antragstellerin und das öffentliche Interesse miteinander abzuwägen. Dabei kommt den Erfolgsaussichten in der Hauptsache maßgebliche Bedeutung zu (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, § 80, RdNr. 152). Da sich die Verlängerung der Probezeit nach den obigen Darlegungen als offensichtlich rechtmäßig erweist, überwiegt das öffentliche Interesse an der sofortigen vorläufigen Vollziehung gegenüber dem Interesse der Antragstellerin von dem Vollzug verschont zu bleiben. Der Antragsgegner muss nach Ablauf der verlängerten Probezeit auch ohne Bestandskraft des angefochtenen Bescheides die Möglichkeit haben, über die Bewährung der Antragstellerin unter Einbeziehung des Zeitraums der Verlängerung der Probezeit zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung für den am 07.07.2014 gestellten Eilantrag beruht auf § 52 Abs. 5 Satz 4 i.V.m. Satz 1 - 3 GKG in der Fassung vom 27.02.2014. Maßgeblich ist danach die Summe der der Antragstellerin für das Jahr 2014 zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme von Bezügebestandteilen, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, und von nicht ruhegehaltsfähigen Zulagen (§ 52 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 GKG. Diese betrugen nach der Auskunft des Antragsgegners vom 06.02.2015 34.998,78 EUR. Da Gegenstand des Verfahrens ein Beamtenverhältnis auf Probe ist, ist hiervon die Hälfte anzusetzen (§ 52 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 GKG). Dieser Betrag ist nochmals zu halbieren, da sich die Antragstellerin lediglich gegen die Verlängerung der Probezeit wendet (sogenannter kleiner Gesamtstatus, vgl. Ziff. 10.2 des Streitwertkatalogs 2013 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit). Dies ergibt einen Betrag von 8.749,70 EUR, der im Hinblick auf den vorläufigen Charakter des Eilverfahrens nochmals auf die Hälfte zu reduzieren ist. Hieraus ergibt sich der festgesetzte Betrag von 4.374,85 EUR.

Referenznummer:

R/R7854


Informationsstand: 28.12.2018