Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Fulda vom 29. März 2012 - 4 Ca 4/12 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Die Parteien haben erstinstanzlich über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung und einen Zeugnisanspruch gestritten; in der Berufungsinstanz beschränkt sich der Streit auf die Rechtswirksamkeit einer Auflösung des Arbeitsverhältnisses durch arbeitsgerichtliches Urteil.
Der am xx xx xxx geborene ledige Kläger war auf der Grundlage eines am 26. Juli 2000 geschlossenen Arbeitsvertrags in der Zeit vom 01. Oktober 2000 bis zum 30. Juni 2007 als Büromaschinenmechaniker bei der A beschäftigt. Als sich diese Gesellschaft 2007 in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befand und ihr Geschäftsführer die Absicht hatte, das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger zu beenden, schlug er der Beklagten den Kläger als Mitarbeiter vor. In Folge dessen schlossen die Parteien am 25. Juni 2007 einen Arbeitsvertrag, wegen dessen Inhalt auf Bl. 11 - 18 d.A. verwiesen wird.
Im Rahmen dieses Arbeitsverhältnis war der Kläger als Positions-/Servicetechniker anfangs überwiegend im Außendienst tätig, indem er zu Kunden fuhr und dort Serviceleistungen erbrachte. Dabei reparierte er die Geräte nicht immer an Ort und Stelle, sondern teilweise auch in der Werkstatt in B.
Seine monatliche Bruttovergütung belief sich zuletzt auf 2.352,59
EUR brutto.
Eine am 26. April 2010 zum 31. Juli 2010 ausgesprochene ordentliche betriebsbedingte Kündigung wurde durch Urteil des Arbeitsgerichts Bad Hersfeld vom 08. Oktober 2010 - 2 Ca 222/10 - für unwirksam erklärt.
Am 29. Dezember 2010 erhob der Kläger eine Zahlungsklage wegen angeblich noch offener Vergütungsansprüche gegen die Beklagte und die C. In diesem Verfahren fand am 29. Juni 2011 eine Güteverhandlung vor dem Arbeitsgericht Bad Hersfeld statt, in deren Verlauf der Kläger u.a. mitteilte, dass er einen Antrag auf Anerkennung als schwerbehinderter Mensch gestellt habe, über den noch nicht entschieden sei. Inzwischen wurde die Klage abgewiesen, die dagegen eingelegte Berufung durch Urteil der Kammer vom 14. Januar 2013 - 7 Sa 1774/11 - zurückgewiesen.
Gegen eine dem Kläger am 25. Oktober 2011 erteilte Anweisung der Beklagten, seine Tätigkeit nunmehr in ihrer Werkstatt in Bad Hersfeld zu erbringen, erhob der Kläger am 21. März 2011 Klage. Das Verfahren ist bis zur Entscheidung in diesem Prozess ausgesetzt.
Am 24. März 2011 erlitt der Kläger während einer bestehenden krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit einen Herzinfarkt. Er wurde bis zum 31. März 2011 stationär behandelt, eine Anschlussheilbehandlung in D folgte. Im dortigen Entlassungsbericht, wegen dessen Inhalt auf Bl. 127 - 138 d.A. verwiesen wird, wurden keine Bedenken gegenüber einer Beschäftigung als Servicetechniker geäußert.
Am 28. März 2011 stellte der Kläger einen Antrag auf Anerkennung als schwerbehinderter Mensch, dem mit Bescheid vom 10. Juni 2011 insofern gefolgt wurde, dass ein Grad der Behinderung (
GdB) von 20 festgestellt wurde. Nach Widerspruch des Klägers wurde dieser Bescheid durch Neufeststellung vom 07. September 2011 dahingehend abgeändert, dass rückwirkend auf den 28. März 2011 ein
GdB 30 festgestellt wurde. Der auch hiergegen eingelegte Widerspruch blieb erfolglos. Eine Klage vor dem Sozialgericht ist anhängig.
Am 12. September 2011 beantragte der Kläger die Gleichstellung mit schwerbehinderten Menschen. Daraufhin wurde ihm mit Schreiben vom 24. Oktober 2011 zugesichert, dass eine Gleichstellung erfolgen werde (Bl. 154 d.A.).
Bereits mit Schreiben vom 19. April 2011 hatte der Kläger gegenüber der Beklagten Schadensersatzansprüche wegen Mobbings geltend gemacht. Diese verfolgte er mit einer am 21. Juli 2011 beim Arbeitsgericht Gießen eingegangenen Klageschrift weiter, wegen dessen Inhalt auf Bl. 345 - 476 d.A. verwiesen wird (im Folgenden entsprechend der erstinstanzlichen Terminologie kurz "Klageschrift auf Schmerzensgeld" genannt).
Am 29. Juni 2011 ging dem Kläger eine undatierte personenbedingte Kündigung zum 31. Juli 2011 wegen Krankheit zu, gegen die sich der Kläger mit der am 20. Juli 2011 bei Gericht eingegangenen und der Beklagten am 22. Juli zugestellten Klage wendet. Darüber hinaus hat er den Anspruch auf ein Zwischenzeugnis, für den Fall des Obsiegens mit dem Feststellungsantrag einen Weiterbeschäftigungsanspruch und hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit dem Feststellungsantrag den Anspruch auf ein Endzeugnis geltend gemacht.
Mit Schriftsatz vom 16. November 2011 hat die Beklagte einen Auflösungsantrag gestellt und diesen mit dem Vortrag des Klägers in dessen Schriftsatz vom 24. Oktober 2011 und in der Klageschrift auf Schmerzensgeld begründet.
Wegen des zu Grunde liegenden Sachverhalts im Übrigen, des Vorbringens der Parteien und ihrer Anträge erster Instanz wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl 794 - 804 d.A.) verwiesen.
Das Arbeitsgericht hat festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst wurde und die Beklagte auf den Hilfsantrag des Klägers zur Erteilung eines Endzeugnisses verurteilt. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen und auf den Antrag der Beklagten das Arbeitsverhältnis zum 31. Juli 2011 gegen Zahlung einer Abfindung in Höhe von 4.705,00
EUR brutto aufgelöst.
Es hat dies damit begründet, dass der Auflösungsantrag zulässig sei, weil die Kündigung vom 29. Juni 2011 nicht aus anderen Gründen als mangels sozialer Rechtfertigung
i.S.d. § 1 KSchG unwirksam sei. Sie verstoße insbesondere weder gegen
§ 16 AGG, noch sei sie
gem. § 612a
BGB unwirksam. Auch habe sie ohne vorherige Zustimmung des Integrationsamtes ausgesprochen werden können, weil der Kläger weder mit einem Grad von mindestens 50 schwerbehindert noch einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt sei.
Der Auflösungsantrag der Beklagten sei auch begründet, weil der Kläger in seiner Klageschrift auf Schmerzensgeld die Beklagte mit dermaßen überzogenen Vorwürfen angegriffen habe, dass eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit nicht mehr zu erwarten sei.
Gegen dieses Urteil vom 29. März 2012, auf dessen Inhalt zur weiteren Sachdarstellung Bezug genommen wird, richtet sich die Berufung des Klägers.
Der Kläger hält den Auflösungsantrag schon deshalb für unzulässig, weil er in einem einheitlichen Arbeitsverhältnis zu der Beklagten und der A stünde. Es hätten deshalb nur beide Arbeitgeber zusammen den Auflösungsantrag stellen können.
Außerdem sei die Kündigung auch aus mehreren anderen Gründen unwirksam.
Sie stelle eine verbotene Maßregelung
i.S.d. § 612a
BGB dar, da sie ausgesprochen wurde, nachdem er Zahlungsklage erhoben und der Gütetermin vom 29. Juni 2011 erfolglos geblieben war.
Insbesondere sei die Kündigung wegen unterlassener Beteiligung des Integrationsamtes
gem. § 85 SGB IX unwirksam. Dieser Sonderkündigungsschutz entfalle trotz fehlenden Nachweises zum Zeitpunkt der Kündigung insbesondere nach
§ 90 Abs. 2a Alternative 2 SGB X deshalb nicht, weil er seinen Antrag auf Anerkennung als schwerbehinderter Mensch so frühzeitig gestellt hatte, dass das Versorgungsamt ohne weiteres innerhalb der 2-Wochen-Frist des § 69
Abs. 1 Satz 2
BGB hätte entscheiden können.
Darüber hinaus äußert der Kläger die Auffassung, die Kündigung sei auch
gem. §§ 7,
1 AGG i.V.m. § 134
BGB unwirksam, weil sie eine Diskriminierung des Klägers auf Grund seiner gesundheitlichen Probleme darstelle, die der Beklagten seit 2010, spätestens aber seit dem Gütetermin vom 29. Juni 2011 bekannt gewesen seien.
Schließlich folge die Unwirksamkeit der Kündigung auch daraus, dass der Kläger vor ihrem Ausspruch nicht angehört wurde und die Kündigungsfrist fehlerhaft berechnet worden sei.
Der Kläger äußert die Auffassung, der Auflösungsantrag sei jedenfalls unbegründet. Er habe zwar in der Klageschrift auf Schmerzensgeld Tatsachenbehauptungen aufgestellt, diese seien aber nicht nachweislich falsch. Es dürfe ihm nicht die Möglichkeit genommen werden, in einem Schadensersatzprozess als Mobbing wahrgenommene Handlungsweisen des Arbeitgebers, die zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen geführt hätten, als solche darzustellen.
Das Arbeitsgericht habe gegen seine Obliegenheit zur neutralen Prozessführung verstoßen, indem es sich zur Begründung seiner Entscheidung auf Zitate in der Klageschrift auf Schmerzensgeld bezog, die nicht von der Beklagten, sondern allein vom Arbeitsgericht im Rahmen des Urteils in den Prozess eingeführt worden seien. Schon deshalb sei die Auflösungsentscheidung rechtswidrig.
Darüber hinaus habe er nie zum Ausdruck bringen wollen, dass die Beklagte gänzlich und allein die Schuld am Erleiden des Herzinfarkts trüge, sondern dass die Erhöhung des Stresspegels diesen (mit-)verursacht habe. Dies sei nach dem Inhalt des Entlassungsberichts auch nicht völlig ausgeschlossen.
Schließlich könne nicht allein aus der von ihm als belastend empfundenen "Mobbingsituation" geschlossen werden, dass eine den Betriebszwecken dienende Zusammenarbeit für die Zukunft ausgeschlossen sei. Vielmehr lasse sich das Arbeitsverhältnis durch Aufarbeitung der Geschehnisse reparieren.
Jedenfalls sei der Abfindungsbetrag zu niedrig festgesetzt worden, weil das Arbeitsgericht zu Unrecht von einer Betriebszugehörigkeit ab dem 01. Juli 2007 ausgegangen sei. Es müsse unter Anrechnung der Betriebszugehörigkeit bei der A von einer Betriebszugehörigkeit von 10 Jahren ausgegangen werden.
Der Kläger beantragt, wie folgt zu entscheiden:
1. Das Urteil des Arbeitsgerichts Fulda vom 29. März 2012, Az. 4 Ca 4/12, wird abgeändert.
2. Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch Urteil des Arbeitsgerichts Fulda vom 29. März 2012, Az. 4 Ca 4/12, auf Antrag der Beklagten und Berufungsbeklagten zum 31. Juli 2011 aufgelöst wurde.
3. Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehend Arbeitsverhältnis durch die dem Kläger und Berufungskläger mit Datum vom 29. Juni 2011 zugegangene Kündigung nicht aufgelöst worden ist.
Die Beklagte bittet um Zurückweisung der Berufung und verteidigt das angegriffene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags.
Wegen des weiteren Vortrags der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf die Berufungsbegründung vom 21. September 2012 (Bl. 864 - 882 d.A.) und die weiteren Schriftsätze vom 10. März 2013 (Bl. 939 - 941 d.A.) und vom 22. März 2013 (Bl. 957 - 960 d.A.) sowie die Berufungsbeantwortung vom 29. November 2012 (Bl. 915 - 924 d.A.) und den weiteren Schriftsatz der Beklagen vom 21. März 2013 (Bl. 945f d.A.) verwiesen.
I.
Die nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung des Klägers ist zulässig. Zwar war der Kläger mit seinem Klageantrag auf Feststellung der Unwirksamkeit der ihm am 29. Juni 2011 zugegangenen Kündigung erstinstanzlich erfolgreich, und die Beklagte hat auch gegen das Urteil vom 29. März 2012 ihrerseits keine Berufung eingelegt, sodass es - soweit den Klageanträgen stattgegeben wurde - in Rechtskraft erwuchs.
Dadurch, dass andererseits das Arbeitsgericht dem Auflösungsantrag der Beklagten stattgegeben hat, ist der Kläger durch das Urteil in einer Weise beschwert, dass die Berufung hiergegen ohne weiteres zulässig ist.
II.
Die Berufung ist jedoch in der Sache unbegründet. Das Arbeitsgericht hat das Arbeitsverhältnis zu Recht auf den entsprechenden Antrag der Beklagten
gem. §§ 9,
10 KSchG gegen Zahlung einer Abfindung aufgelöst.
Das Berufungsgericht schließt sich dem angefochtenen Urteil im Ergebnis und in der Begründung an (§ 69
Abs. 2
ArbGG). Der Inhalt der Berufungsbegründung gibt lediglich Anlass zu folgender Ergänzung:
Die vom Kläger im Wesentlichen in Form der Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrags dargebrachten Argumente sind weder geeignet die Unzulässigkeit des Auflösungsantrags noch seine mangelnde Begründetheit zu stützen.
Zu Recht hat das Arbeitsgericht den Auflösungsantrag der Beklagten als zulässig angesehen. Der Vortrag des Klägers in der Berufungsinstanz ist nicht geeignet, eine abändernde Entscheidung zu begründen.
a) Die vom Kläger zusätzlich zu den erstinstanzlich vorgetragenen Argumenten geäußerte Meinung, es bestünde ein einheitliches Arbeitsverhältnis mit der Beklagten und der A trifft nicht zu.
Hierzu hat die erkennende Kammer bereits in ihren Urteilen vom 14. Januar 2013 in den Verfahren 7 Sa 1774/11 unter II 2 und 3 der Entscheidungsgründe und 7 Sa 1790/11 unter II 2 der Entscheidungsgründe umfassende Feststellungen getroffen, auf die zur Vermeidung von unnötigen Wiederholungen in vollem Umfang Bezug genommen wird.
b) Allein aus der Tatsache, dass die hier streitige Kündigung am Tage des erfolglosen Gütetermins in der vorausgegangen Zahlungsklage ausgesprochen wurde, kann nicht gefolgert werden, dass die zulässige Klage tragender Beweggrund für den Ausspruch der Kündigung war. Selbst wenn man nicht wie das Arbeitsgericht auf den Zeitpunkt der Klageerhebung, sondern wie der Kläger auf den Zeitpunkt der Güteverhandlung abstellt, reicht dieser zeitliche Zusammenhang nicht zur Begründung einer entsprechenden verwerflichen Motivation
i.S.d. § 612a
BGB.
Darüber hinaus übersieht der Kläger bei seiner Argumentation ganz offensichtlich den berechtigten Hinweis des Arbeitsgerichts, dass es nach dem eigenen Vortrag des Klägers nicht die Beklagte, sondern der Prozessbevollmächtigte der A war, der in durchaus verständlicher Weise wegen der Inanspruchnahme durch den Kläger den Ausspruch einer Kündigung ankündigte. Angesichts der Tatsache, dass die A von einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Kläger zum 30. Juni 2007 ausgegangen war, war die Ankündigung einer (vorsorglichen) Kündigung die rechtlich schlüssige Reaktion, um die Ungewissheit über den möglichen Fortbestand des Arbeitsverhältnisses zu beenden. Anhaltspunkte dafür, dass sich die Beklagte diese Erklärung eines Dritten zurechnen lassen muss, hat der Kläger auch in der Berufungsinstanz nicht vorgetragen.
c) Die Kündigung war auch nicht wegen unterlassener Beteiligung des Integrationsamts
gem. §§ 85,
68 Abs. 1 SGB IX unwirksam, denn zugunsten des Klägers wurde weder ein
GdB von mindestens 50 festgestellt noch wurde er durch einen entsprechenden Bescheid einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt.
Dies allein ist aber entscheidend für den Sonderkündigungsschutz der §§ 85 ff
SGB IX. Deshalb bezieht sich der Kl. zu Unrecht auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (Urteil vom 06. September 2007 -
2 AZR 324/06). In der zitierten Entscheidung hat das Bundesarbeitsgericht zwar den Erhalt des Sonderkündigungsschutzes trotz fehlenden Nachweises zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung unter der Voraussetzung eines rechtzeitig gestellten Antrags und der Mitteilung an den Arbeitgeber vor Ausspruch der Kündigung festgestellt. Der entscheidende Unterschied zwischen dem dortigen Fall und dem hier anhängigen ist jedoch die Tatsache, dass in jenem Fall der
GdB 60 durch einen zwischen der Bezirksregierung und dem Kläger geschlossenen Vergleich rückwirkend festgestellt wurde und damit objektiv feststand, während eine solche Feststellung beim Kläger dieses Falles gerade nicht vorliegt.
Aus denselben Gründen kann auch die Frage, ob der Kläger im Falle einer früheren Bescheidung seines Antrags auf Feststellung der Schwerbehinderung schon früher - insbesondere schon vor dem Ausspruch der Kündigung - einen Antrag auf Gleichstellung hätte stellen können, nicht ankommen, denn einen entsprechenden Gleichstellungsbescheid hat der Kläger bis heute nicht vorgelegt. Soweit er auf die Zusicherung vom 24. Oktober 2011 verweist, hat das Arbeitsgericht zutreffend festgestellt, dass diese die konstitutive Feststellung durch den entsprechenden Verwaltungsakt nicht ersetzen kann. Dem ist der Kläger nicht mit durchschlagenden Argumenten entgegengetreten.
Sollte der Kläger mit seiner Klage auf Feststellung eines höheren Grades der Behinderung rechtskräftig obsiegen, so bleibt ihm die Restitutionsklage als möglicher Rechtsbehelf unbenommen.
d) Soweit der Kläger in der Berufungsinstanz seinen Vortrag zur angenommenen Unwirksamkeit der Kündigung
gem. §§ 7, 1
AGG i.V.m § 134
BGB vertieft hat, ändert dies nichts an den zutreffenden Feststellungen des Arbeitsgerichts.
Zwar mag es sein, dass in Einzelfällen die krankheitsbedingte Kündigung gegenüber Arbeitnehmern, die gesundheitlich beeinträchtigt sind, aber nicht dem Sonderkündigungsschutz
gem. §§ 85 ff
SGB IX unterfallen, eine diskriminierende Handlung darstellen kann, die auch unabhängig vom Kündigungsschutz des § 1
KSchG zur Unwirksamkeit der Kündigung führt. Aus den vom Kläger neben seinen umfangreichen rechtsdogmatischen Erwägungen vorgetragenen Tatsachen kann jedoch im vorliegenden Fall ein solcher benachteiligender Akt nicht angenommen werden.
Vielmehr geht auch die erkennende Kammer wie das Arbeitsgericht davon aus, dass die Beklagte sich in zulässiger Weise mit der fristgemäßen Kündigung des Gestaltungsmittels bedient hat, das die Rechtsordnung vorsieht, um ein Dauerschuldverhältnis wie das Arbeitsverhältnis in geordneter Weise zu beenden.
Weiterhin ist die Kündigung auch nicht wegen unterbliebener Anhörung des Klägers unwirksam. Insofern folgt auch das Berufungsgericht - wie zuvor bereits das Arbeitsgericht - nicht der vereinzelt gebliebenen Rechtsprechung der Arbeitsgerichte Gelsenkirchen und Dortmund, sondern der herrschenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur, nach der die Anhörung des Arbeitnehmers als Wirksamkeitsvoraussetzung auf den Sonderfall der Verdachtskündigung beschränkt bleiben muss.
Schließlich führt auch der von der Beklagten gewählte Kündigungstermin nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung, da das Arbeitsgericht zu Recht und mit zutreffenden Argumenten von einer Betriebszugehörigkeit seit dem 01. Juli 2007 ausgegangen ist.
Die Tatsache, dass die Beklagte bei einer früheren - für unwirksam erklärten - Kündigung eine andere Kündigungsfrist angenommen hat, kann nicht als Zusage der Anrechnung einer bei der A verbrachten Zeit auf die Betriebszugehörigkeit bei der Beklagten angesehen werden.
Der Auflösungsantrag ist auch - wie das Arbeitsgericht zu Recht angenommen hat - begründet.
Dabei hat das Arbeitsgericht keineswegs die Obliegenheit zur neutralen Prozessführung missachtet. Die Beklagte hat ihren Auflösungsantrags keineswegs nur mit bestimmten "unwahren Tatsachenbehauptungen" begründet, sondern sich zur Begründung auf das Verhalten des Klägers insgesamt und insbesondere auf den Inhalt der genannten Klageschrift bezogen, aus der das Arbeitsgericht zur Begründung seiner Entscheidung einige besonders hervorstechende Passagen heraushob und im Urteil zitierte. Damit hat es gerade nicht Tatsachen gewürdigt, die die Beklagte zuvor nicht in den Prozess eingeführt hatte.
Darüber hinaus weist die Beklagte in der Berufungsbeantwortung darauf hin, dass die entsprechenden Passagen der Klageschrift auf Schmerzensgeld Inhalt der mündlichen Verhandlung vor dem Arbeitsgericht waren. Dem hat der Kläger nicht widersprochen.
Die Berufungskammer folgt dem Arbeitsgericht in vollem Umfang bei seiner Bewertung der in der Klageschrift auf Schmerzensgeld erhobenen völlig überzogenen Vorwürfe gegenüber der Beklagten.
Wenn der Kläger in der Berufungsbegründung diese Beurteilung angreift, indem der die Meinung äußert, er habe im Schmerzensgeld-Verfahren in zulässiger Weise sein Recht wahrgenommen, das von ihm angenommene Mobbing-Verhalten der Beklagten als solches zu bezeichnen, so versucht er lediglich, die vom Arbeitsgericht zu Recht inkriminierten Passagen der Klageschrift zu verharmlosen. Dieser Versuch ist jedoch untauglich, denn er hat auch in der Berufungsinstanz keine Tatsachen vorgetragen, mit denen sich die Vorwürfe, begründen ließen, die darin gipfelten, dass die Beklagte den Herzinfarkt des Klägers herbeigeführt habe und mit Arbeitgebern die Kinder beschäftigen oder Leibeigene halten, gleichzusetzen sei.
Insbesondere folgt aus dem ärztlichen Entlassungsbericht D vom 17.05.2011 gerade kein schlüssiger Hinweis auf eine betriebliche Verursachung des Infarktes, vielmehr zitiert er lediglich die Angaben des Klägers im Rahmen der Anamnese, ohne hieraus irgendwelche Schlüsse für die ausführliche Diagnose oder die einzuhaltenden therapeutischen Regeln zu ziehen.
Der Kläger selbst bleibt in seiner Berufungsbegründung auch sehr viel zurückhaltender in seinen Schlussfolgerungen, wenn er vorträgt, ein "Zusammenhang zwischen der beruflich als stressig empfundenen Situation und dem Herzinnenwandinfarkt" könne "nicht ausgeschlossen werden". Wie er bei dieser Einschätzung auf der einen Seite die sehr viel weiter gehenden Vorwürfe in der Klageschrift auf Schmerzensgeld andererseits rechtfertigen und relativieren will, ist nicht ersichtlich.
Weiterhin folgt die Berufungskammer dem Arbeitsgericht auch in der Einschätzung, dass auf Grund der Schwere der Vorwürfe mit einer den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit nicht mehr zu erwarten ist. Wenn der Kläger demgegenüber meint, aus der Aufarbeitung des "Mobbingprozesses" könne eine gedeihliche Zusammenarbeit erwachsen, so sind konkrete Tatsachen, die diese Meinung rechtfertigen könnten, im vorliegenden Fall nicht ersichtlich.
Der Abfindungsbetrag wurde angesichts der Betriebszugehörigkeit ab dem 01. Juli 2007 nicht zu niedrig festgesetzt. Vielmehr hat das Arbeitsgericht seine Festsetzung mit zutreffenden Begründungen und unter Berücksichtigung aller im Rahmen der Entscheidung nach § 10
KSchG heranzuziehenden Gesichtspunkte getätigt.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97
ZPO.
Für die Zulassung des Rechtsmittels der Revision gemäß § 72
Abs. 2
ArbGG bestand keine gesetzlich begründbare Veranlassung.