1. Die Berufung der Beklagten gegen das Teil-Urteil des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 28.08.2013 - 3 Ca 2873/12 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Bestand des Arbeitsverhältnisses jedenfalls bis zum 31.01.2014 festgestellt wird.
2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Die Parteien streiten um die Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund Rentenbezuges sowie um Vergütungsansprüche untern dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges.
Der 1958 geborene Kläger steht seit dem 21.01.1985 bei den Britischen Stationierungsstreitkräften in Deutschland in einem Arbeitsverhältnis. Er war zuletzt bei der H Support Unit beschäftigt. Der Kläger ist von Beruf Bauingenieur; auf das Arbeitsverhältnis finden die Regelungen des Tarifvertrages für die Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland - TV AL II - Anwendung; er erhält dort eine Vergütung nach der Vergütungsgruppe C 6 a. Der Kläger ist seit vielen Jahren anerkannter schwerbehinderter Mensch mit einem
GdB von 100.
Der Kläger erlitt am 13.05.2008 einen Arbeitsunfall, aufgrund dessen die Unfallkasse des Bundes dem Kläger mit Bescheid vom 20.07.2011 eine monatliche Rente, beginnend ab dem 06.07.2009, bewilligt wurde. Im Rentenbescheid vom 20.07.2011 heißt es u.a. wörtlich:
"Sehr geehrter Herr X,
wegen der Folgen Ihres Arbeitsunfalls erhalten Sie von mir eine Rente auf unbestimmte Zeit (...) nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (
MdE) (...) von 60 %.
..."
Wegen der Einzelheiten des Rentenbescheides wird auf die Kopie Bl. 36 bis 39 d.A. Bezug genommen.
Nachdem der Kläger in der Zeit ab 1999 des Öfteren arbeitsunfähig erkrankte, beabsichtigte die Arbeitgeberin (die Dienststelle), das Arbeitsverhältnis zum Kläger zu beenden. Da der Kläger mittlerweile zum Mitglied der Betriebs-/Schwerbehindertenvertretung gewählt wurde, beantragte die Dienststelle bei der Betriebsvertretung sowie bei verschiedenen Arbeitsgerichten die Zustimmung zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses, die indessen nicht erteilt wurde. Wegen der Aufstellung der krankheitsbedingten Fehlzeiten seit dem Jahre 1999 wird auf die tabellarische Darstellung der Beklagten im Schriftsatz vom 21.06.2013, Bl. 74
ff. d.A. Bezug genommen.
Anfang des Jahres 2012 gab es ein Verfahren der Dienststelle zur Erteilung der Zustimmung der Kündigung des Klägers beim
LWL-Integrationsamt Westfalen. Nachdem zunächst die Zustimmung zur Kündigung erteilt wurde, legte der Kläger Widerspruch ein. Ob nach einer letzten Mitteilung des Widerspruchsausschusses des
LWL-Integrationsamtes der zustimmende Bescheid aufgehoben wurde, (Kopie Bl. 93, 93 R d.A.) ist nicht vorgetragen.
Mit Schreiben vom 01.08.2012 (Bl. 94 d.A.), gerichtet an Herrn Major K. M, teilte der Kläger mit, dass er zum 15.08.2012 seine Arbeit wieder aufnehmen werde. Frau C als Dienststellenleiterin teilte dem Kläger in ihrer Antwort vom 15.08.2012 (Bl. 95 d.A.) u.a. folgendes mit:
"...
2. Unabhängig hiervon hege ich angesichts Ihrer lang andauernden Arbeitsunfähigkeit und der fehlenden Information zu Ihrem derzeitigen Gesundheitszustand ernsthafte Zweifel an Ihrer Arbeitsfähigkeit und daran, dass Sie gesundheitlich in der Lage sind, Ihren Pflichten vertragsgemäß nachzugehen....
3. In Anbetracht der obigen Ausführungen mache ich Sie hiermit darauf aufmerksam, dass wir uns das Recht vorbehalten, Ihnen die Gehaltszahlungen für die Tage, an denen Sie sich auf dem Betriebsgelände aufhalten, zu verweigern, unabhängig davon, ob Sie tatsächlich Aufgaben als Schwerbehindertenvertreter wahrnehmen oder nicht.
..."
Dieses Schreiben erhielt der Kläger, der sich am 15.08.2012 in der Dienststelle einfand, persönlich.
Am Folgetag, den 16.08.2012, übersandten die Prozessbevollmächtigten des Klägers an Frau C die Kopie eines ärztlichen Attestes, welches unter dem 16.08.2012 ausgestellt ist und beschreibt, dass der Kläger seit dem 15.08.2012 wieder arbeitsfähig sei. Darüber hinaus baten sie um Bestätigung, dass der Kläger die Arbeit wieder aufnehmen könne und kündigten gegebenenfalls gerichtliche Schritte an (Kopie Bl. 96, 96 R und 97 d.A.).
Mit Schreiben vom 22.08.2012 wiederholte Frau C ihre Einschätzung, der Kläger sei nicht arbeitsfähig. Das Attest vom 16.08. entbehre jeder Grundlage und man biete dem Kläger eine gemäß beigefügter Stellenbeschreibung genau bezeichnete Tätigkeit für den Fall seiner vollständigen gesundheitlichen Genesung an. Darüber hinaus bot die Dienststelle dem Kläger die Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements an und wies auf die ihrer Ansicht nach erforderliche Untersuchung durch einen Betriebsarzt hin; man befinde sich nicht in Annahmeverzug. Auf die Kopie des Schreibens vom 22.08.2012 wird Bezug genommen (Bl. 98, 98 R d.A.)
In einem Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung beim Arbeitsgericht Bielefeld zum Aktenzeichen 3 Ga 38/12, welches der Kläger eingeleitet hatte, einigten sich die Parteien dahingehend, dass der Kläger sich einer betriebsärztlichen Begutachtung durch den B.A.D. unterziehen werde; zwecks einer avisierten Begutachtung übersandte Frau C dem Kläger drei Erklärungen zur Schweigepflicht und Datenschutzentbindung (Kopie Bl. 6
ff.d.A.). Der Kläger gab diese Erklärungen nicht ab und meint hierzu, einer betriebsärztlichen Begutachtung beim B.A.D stehe nichts entgegen; die von der Dienststellenleiterin übersandten Erklärungen seien hierfür nicht Voraussetzung.
Mit Schreiben vom 20.11.2012 teilte Frau C dem Kläger folgendes mit:
"Ende Ihres Beschäftigungsverhältnisses
Sehr geehrter Herr X,
1. ...
2. Ihr Anwalt hat bereits am 22.10.2012 mitgeteilt, dass Sie eine Rente im Auftrag der Unfallkasse des Bundes erhalten. Wir weisen Sie in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die Unfallkasse des Bundes ein Rentenversicherungsträger im Sinne des § 46 TV AL II sowie der §§ 125 und 218 b
SGB VII ist. Demnach endet Ihr Beschäftigungsverhältnis, ohne dass es einer Kündigung bedarf, mit Ablauf des Kalendermonats, in dem Ihnen der Bescheid zugestellt worden ist.
3. Aus § 46 TV AL II geht weiterhin hervor, dass Sie verpflichtet sind, der Beschäftigungsdienststelle die Zustellung des Bescheides unverzüglich anzuzeigen. Wir fordern Sie deshalb auf, den Rentenbescheid der Unfallkasse des Bundes bis spätestens zum 26.11.2012 bei der Unterzeichnerin einzureichen. ...
4. Vorsorglich weisen wir darauf hin, dass wir Ihr Beschäftigungsverhältnis aufgrund der uns vorliegenden Informationen spätestens seit dem 31. Oktober 2012 als beendet betrachten, da Sie zumindest seit diesem Monat laut Auskunft Ihres Anwaltes Leistungen Ihres Rententrägers beziehen.
..."
Auf die Kopie Bl. 5 d.A. wird Bezug genommen.
Gegen die Beendigung des Arbeitsverhältnisses wendet sich der Kläger mit der vorliegenden, beim Arbeitsgericht Bielefeld am 28.11.2012 eingegangenen und später um Annahmeverzugsansprüche erweiterten Klage. Da die Dienststelle den Kläger nicht beschäftigte, beantragte er Leistungen der Agentur für Arbeit, die ihm ab dem 24.11.2012 bewilligt wurden. Durch die Bundesagentur für Arbeit wurde über deren ärztlichen Dienst am 12.12.2012 ein Gutachten erstellt, welches unter anderem beinhaltet:
Leistungsbild:
Folgende Tätigkeiten können verrichtet werden (positives Leistungsbild):
Zeitlicher Umfang: Vollschichtig
Ergänzende Beschreibung (insbesondere negatives Leistungsbild):
Auszuschließen sind:
Häufiges Heben und Tragen ohne mechanische Hilfsmittel, Klettern, Steigen oder bewegen in unebenem Gelände, über Kopf arbeiten und anhaltende Armvorhalte, häufige einseitige oder kraftvolle Beanspruchung von Armen und Händen.
Feinarbeiten.
Absturzgefahr aus großer Höhe.
Beantwortung der Zielfragen:
"... Herr X ist im vollschichtigen Umfang leistungsfähig mit Beachtung der o.g. Einschränkungen."
Auf die Kopie Bl. 43 d.A. wird Bezug genommen.
Der Kläger trägt vor:
Das Arbeitsverhältnis sei durch den Bezug der Rente der Unfallkasse des Bundes nicht beendet worden. Die Bestimmung des § 46 TV AL II setze die Rente eines Rentenversicherungsträgers voraus, wohingegen die Unfallkasse des Bundes ein Unfallversicherungsträger sei.
§ 46 TV AL II lautet - soweit für den Rechtsstreit von Interesse - wie folgt:
a) Wird durch Bescheid eines Rentenversicherungsträgers festgestellt, dass der Arbeitnehmer erwerbsgemindert ist, so endet das Beschäftigungsverhältnis, ohne dass es einer Kündigung bedarf mit Ablauf des Kalendermonats, in dem der Bescheid zugestellt wird. Der Arbeitnehmer hat der Beschäftigungsdienststelle die Zustellung des Bescheides unverzüglich anzuzeigen.
Liegt bei einem Arbeitnehmer, der schwerbehindert
i.S.d. SGB IX ist, die für eine Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses erforderliche Zustimmung des Integrationsamtes noch nicht vor, so endet das Beschäftigungsverhältnis mit Ablauf des Tages, an dem der Zustimmungsbescheid des Integrationsamtes zugestellt wurde.
Der Kläger beziehe keine Erwerbsminderungsrente im Sinne des Rentenversicherungsrechts. Hier habe er lediglich eine Anwartschaft erworben, wie ihm die Deutsche Rentenversicherung mit Schreiben vom 18.05.2013 mitgeteilt habe (Kopie Bl. 127 d.A.).
Im Übrigen könne das Arbeitsverhältnis auch deswegen nicht durch die Rentengewährung der Unfallkasse des Bundes beendet worden sein, weil es an der erforderlichen Zustimmung des Integrationsamtes fehle. Dass aber der Kläger seit vielen Jahren anerkannter schwerbehinderter Mensch ist, sei der Dienststelle zweifelsohne bekannt.
Da er seit dem 15.08.2012 wieder arbeitsfähig sei, seine Arbeitskraft angeboten und die Dienststelle diese abgelehnt habe, lägen die Voraussetzungen des Annahmeverzuges vor. Seine Arbeitsfähigkeit ergebe sich aus dem vorgelegten ärztlichen Attest, wie auch aus der Begutachtung der Bundesagentur für Arbeit. Die monatliche Vergütung nach der Vergütungsgruppe C 6 a betrage 3.805,35
EUR brutto. Zu berücksichtigen sei für den Monat Oktober 2012 eine im einstweiligen Verfügungsverfahren - Arbeitsgericht Bielefeld 3 Ga 38/12 - vereinbarte Abschlagszahlung in Höhe von 1.000,00
EUR netto.
Darüber hinaus seien im Bruttobereich ein Weihnachtsgeld sowie im Nettobereich ab Leistungsbeginn die Zahlungen der Arbeitsagentur zu berücksichtigen.
Der Kläger hat beantragt,
1. Es wird festgestellt, dass zwischen den Parteien ein Beschäftigungsverhältnis besteht und dieses nicht zum 31.10.2012 beendet worden ist.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger die Vergütung für den Monat August in Höhe von 1.902,67
EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.09.2012 zu zahlen.
3. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger die Vergütung für den Monat September 2012 in Höhe von 3.805,35
EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.10.2012 zu zahlen.
4. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger die Vergütung für den Monat Oktober 2012 in Höhe von 3.805,35
EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.11.2012 abzüglich am 24.10.2012 gezahlter 1.000,00
EUR.
5. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger die Vergütung für den Monat November 2012 in Höhe von 6.695,89
EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 01.12.2012 zu zahlen.
6. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Vergütung in Höhe von 7.610,70
EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem jeweiligen Basiszinssatz aus jeweils 3.805,35
EUR seit dem 01.10.2013 und 01.02.2013 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat vorgetragen:
Die Unfallkasse des Bundes sei dem wörtlichen Sinne nach ein Träger einer Rentenversicherung im Sinne der tariflichen Norm, weshalb mit Rentenbewilligung, spätestens aber zum 31.10.2012, das Arbeitsverhältnis beendet sei. Die Zustimmung des Integrationsamtes werde sie unmittelbar einholen.
Lohnansprüche stünden dem Kläger für die Zeit ab 15.08.2012 nicht zu. Aufgrund der Entwicklung der Arbeitsunfähigkeitszeiten in der Vergangenheit sei nicht davon auszugehen, dass der Kläger überhaupt arbeitsfähig sei. Weder die ärztliche Stellungnahme, noch das Gutachten der Arbeitsagentur würden ausreichen, um die Arbeitsfähigkeit annehmen zu können. Ohne Begutachtung sei die Beklagte nicht in der Lage, den Kläger zu beschäftigen. Daher sei die Einholung eines Sachverständigengutachtens erforderlich. Eine solche mache allerdings nur Sinn, wenn die Beklagte auch die Ergebnisse der Begutachtungen erfahren könnte. Das Arbeitskraftangebot des Klägers sei nicht wirksam gewesen, da Herr Major M als Adressat des Schreibens nicht anwesend gewesen sei. Dies habe der Kläger gewusst, weshalb das Schreiben erst am 15.08.2012 habe geöffnet werden können.
Durch Teilurteil vom 28.08.2013, berichtigt durch Beschluss vom 11.10.2013 und der Beklagten am 02.09.2013 zugestellt, hat das Arbeitsgericht Bielefeld dem Feststellungsbegehren ebenso stattgegeben, wie den Vergütungsansprüchen für die Monate August, September und Oktober 2012. Im Übrigen hat es die Kostenentscheidung dem Schlussurteil vorbehalten. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht im Wesentlichen ausgeführt, die Rente der Unfallkasse des Bundes sei keine Rente eines Rentenversicherungsträgers, die Zustimmung des Integrationsamtes liege nicht vor und die Beklagte befinde sich in Annahmeverzug, da sie den Kläger nicht beschäftigt habe, nachdem er zum 15.08.2012 seine Arbeitskraft angeboten habe.
Wegen der Einzelheiten der angegriffenen Entscheidung vom 28.08.2013 wird auf Bl. 137
ff. d.A. Bezug genommen.
Hiergegen wendet sich die Beklagte mit der vorliegenden, beim Landesarbeitsgericht vorab per Telefax am 16.09.2013 eingegangenen und nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 04.12.2013 am 04.12.2013 vorab per Fax beim Landesarbeitsgericht eingegangen, begründeten Berufung.
Die Beklagte trägt vor:
Die dem Kläger durch die Unfallkasse des Bundes zuerkannte Rente sei eine solche im Sinne des § 46 TV AL II. Das Bundesarbeitsgericht habe im Urteil vom 06.12.2000 zum Aktenzeichen 7 AZR 302/99 entschieden, dass eine "auf Dauer" zu beziehende Rente nicht unbedingt eine Leistung der gesetzlichen Rentenversicherung sein müsse. Maßgeblich sei auch eine sonstige Leistung, wenn sie nur der Höhe nach den Arbeitnehmer wirtschaftlich absichere. Da die monatliche Rente des Klägers streitlos unwiderruflich gewährt wurde und monatlich 1.580,84
EUR betrage, liege eine solche wirtschaftliche Absicherung vor. An anderer Stelle des Tarifvertrages sei ausdrücklich von einem Rentenversicherungsträger im Sinne des
SGB VI die Rede, so in § 44 TV AL II unter Ziffer 5. Eine solche Einschränkung auf die Vorschriften des
SGB VI - gesetzliche Rentenversicherung - enthalte § 46 TV AL II nicht.
Da der Kläger es versäumt habe, die Rentengewährung rechtzeitig anzuzeigen, habe er auch jede Möglichkeit vereitelt, Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten nach den tariflichen Vorschriften zu prüfen. Die Einholung der Zustimmung des Integrationsamtes sei der Beklagten nicht möglich gewesen, da ihr nicht einmal der Bescheid über die Rente auf unbestimmte Zeit bekannt gewesen sei. Der Kläger habe die Vorlage vereitelt. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor der Berufungskammer vom 11.03.2014 hat die Vertreterin der Beklagten ergänzend erläutert, am 15.07.2013 sei ein entsprechender Antrag beim
LWL-Integrationsamtes gestellt worden, der indessen noch nicht beschieden sei.
Annahmeverzugsansprüche stünden dem Kläger nicht zu, da es nicht Aufgabe des Arbeitgebers sei, die Arbeitsunfähigkeit nachzuweisen. Allein die zeitlichen Zusammenhänge im Hinblick auf die jahrelangen Arbeitsunfähigkeitszeiten des Klägers hätten den Eindruck gegeben, dass er den Arbeitsanforderungen der Stelle nicht mehr gewachsen wäre. Erst durch Vorlage des Bescheides der Unfallkasse des Bundes vom 27.07.2011 wäre die Beklagte in die Lage versetzt worden, eine Beschäftigungsmöglichkeit zu prüfen. Hierfür sei auch Voraussetzung gewesen, die Ärzte von der Schweigepflicht zu entbinden.
Der Kläger habe sich geweigert, mit Frau C nach dem 15.08.2012 über eine mögliche stufenweise Wiedereingliederung zu verhandeln. Ein Gutachten des BAD - Zentrum Bielefeld, Herr
Dr. M - vom 30.08.2013 (Kopie Bl. 253 ff d.A.) habe er erst nach langem Hin und Her über seinen Prozessvertreter mit Schreiben vom 09.09.2013 bei der Beklagten eingereicht.
Schließlich habe der Kläger selbst offenkundige Zweifel an seiner Arbeitsfähigkeit, da er im Verfahren vor dem Arbeitsgericht Bielefeld 3 Ga 38/12 darauf hingewiesen habe, dass die Zahlungsverweigerung der Britischen Streitkräfte angesichts der erheblichen krankheitsbedingten Beeinträchtigungen und der Tatsache, dass er zu 100% schwerbehindert sei, nicht hinnehmbar sei.
Die Beklagte sei auch deswegen nicht in Annahmeverzug geraten, weil der Kläger nicht seine Arbeitskraft im Sinne der arbeitsvertraglich geschuldeten Leistung habe anbieten wollen, sondern lediglich eine ungerechtfertigte Freistellung als Schwerbehindertenvertreter auf einem nicht existierenden Arbeitsplatz im Büro der Vertretung für schwerbehinderte Menschen angestrebt habe.
In der Folgezeit - zwischen den Parteien unstreitig - hat die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum Kläger mit Zustimmung der Betriebsvertretungen fristlos gekündigt; das Kündigungsschreiben ist dem Kläger am 31.01.2014 zugegangen. Hiergegen wendet sich der Kläger mit einer Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht Bielefeld zum Aktenzeichen 3 Ca 478/14.
Die Beklagte beantragt,
1. das Teilurteil des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 28.08.2013 nebst Tatbestandsberichtigung vom 11.10.2013 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
2. Hilfsweise: Die Revision zuzulassen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt die angegriffene Entscheidung als zutreffend und weist wegen der nach seiner Auffassung bestehenden Arbeitsfähigkeit auf die arbeitsmedizinische Stellungnahme des B.A.D. vom 30.08.2013 hin.
Eine Verpflichtung zur Überlassung des Bescheides der Unfallkasse des Bundes an die Beklagte hätte nicht bestanden, da diese keine Auswirkung auf das bestehende Arbeitsverhältnis habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten im Vorbringen der Parteien wird ergänzend auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Terminsprotokolle Bezug genommen.
Die Berufung der Beklagten führt zu einer Beschränkung des Feststellungsanspruches, im Übrigen bleibt sie erfolglos.
I. Die Berufung der Beklagten ist nach der Beschwer (§ 64
Abs. 2
ArbGG) an sich statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§ 66
Abs. 1 Satz 1, § 64
Abs. 6
ArbGG; 516
ff. ZPO) und damit zulässig.
II. Die Berufung der Beklagten ist teilweise begründet, da die Feststellung des Bestehens des Arbeitsverhältnisses auf den 31.01.2014 - hierbei handelt es sich um das Datum des Zugangs der fristlosen Kündigung - zu beschränken war.
A.
Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist durch die durch Bescheid vom 20.07.2011 zuerkannte Rente der Unfallkasse des Bundes nicht gemäß § 46 TV AL II beendet worden.
Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt die Berufungskammer zur Begründung zunächst Bezug auf die zutreffenden Ausführungen in der angegriffenen Entscheidung,
vgl. § 69
Abs. 2
ArbGG.
Soweit die Beklagte im Berufungsverfahren ihr Vorbringen vertieft und erweitert hat, ist dem folgendes hinzuzufügen:
a. Bei der Zuerkennung der Rente an den Kläger durch die Unfallkasse des Bundes am 20.07.2011 handelt es sich nicht um den Bescheid eines Rentenversicherungsträgers im Sinne des § 46 TV AL II. Die Unfallkasse des Bundes ist nämlich kein Rentenversicherungsträger im Sinne der tariflichen Norm. Vielmehr beschreibt § 114
SGB VII - gesetzliche Unfallversicherung - in dessen Absatz 1 Ziffer 3, dass es sich bei der Unfallkasse des Bundes um den Träger der gesetzlichen Unfallversicherung - legal definiert: "Unfallversicherungsträger" - handelt. Damit steht schon aufgrund der gesetzlichen Bestimmung des § 114 Satz 1
Nr. 3
SGB VII fest, dass die Unfallkasse des Bundes eben kein Renten-, sondern ein Unfallversicherungsträger ist. Damit fehlt es bereits nach dem eindeutigen Wortlaut der tariflichen Vorschrift an der tatbestandlichen Voraussetzung, die gegebenenfalls zu einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Gewährung einer Rente führen könnte.
Die Bestimmung des § 46 TV AL II ist auch nicht dahingehend auslegungsfähig, dass der Begriff des "Rentenversicherungsträgers" weiter zu verstehen ist. Es handelt sich vielmehr um einen feststehenden Rechtsbegriff, der seit Einführung der gesetzlichen Rentenversicherung zum 01.01.1891 (
vgl. RGBL. 1889 I
S. 97) geprägt ist. Das Sozialrecht unterscheidet völlig verschiedene, unterschiedlich strukturierte Systeme in Form der Kranken-, Unfall-, Arbeitslosen-, Pflege- und Rentenversicherung. Am Beispiel der abweichenden Leistungsvoraussetzungen in der Renten- (
vgl. grundlegend § 34
SGB VI) und Unfallversicherung (
vgl. grundlegend § 56
Abs. 1
SGB VII) wird dies eindrucksvoll dokumentiert. Diese grundlegende Differenzierung wird auch daran deutlich, dass der Kläger eine Unfallrente von der Unfallkasse erhält und zwar auf Grund einer unfallversicherungsrechtlichen Minderung der Erwerbsfähigkeit und zudem eine Anwartschaft auf eine Erwerbsminderungsrente der gesetzlichen Rentenversicherung erworben hat, die er - ebenso streitlos - nicht bezieht. Nur Letztere wäre geeignet, den Tatbestand des § 46 TV AL II zu erfüllen, da keine Umstände ersichtlich sind, aufgrund derer die Tarifvertragsparteien einen neuen, eigenständigen Begriff des Rentenversicherungsträgers losgelöst von der gesetzlichen Bestimmung des § 125
SGB VI - gesetzliche Rentenversicherung - zu schaffen, wonach die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung die Deutsche Rentenversicherung Bund und die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See sind. Insofern geht die Kammer davon aus, dass bereits die Überschrift des § 125
SGB VI "Träger der gesetzlichen Rentenversicherung" synonym zu verwenden ist mit dem Wort "Rentenversicherungsträger", der in § 46 TV AL II enthalten ist.
Ist aber die anzuwendende tarifliche Vorschrift vom Wortlaut her eindeutig, verbleibt kein Raum für eine Auslegung (
vgl. zur Auslegung von Tarifverträgen und zum Erfordernis der fehlenden Eindeutigkeit des Wortlautes
z.B. im
BAG, Urteil vom 27.07.2011, 10 AZR 484/10 bei juris Rn. 14 und im
BAG, Urteil vom 15.01.2014, 10 AZR 297/13 bei juris Rn. 14), wie sie die Beklagte für ihre Rechtsauffassung in Anspruch nimmt.
Dieses Verständnis von der tariflichen Norm des § 46 TV AL II spiegelt sich auch in der Kommentarliteratur zu im Wesentlichen inhaltsgleichen tariflichen Regelungen im öffentlichen Dienst wieder, wie
z.B. in §§ 33
Abs. 2 Satz 1 des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L). Auch dort wird hinsichtlich der tatbestandlichen Voraussetzungen der Tarifnorm ausschließlich auf die rentenversicherungsrechtlichen Vorgaben im
SGB VI - gesetzliche Rentenversicherung - hingewiesen (
vgl. Sponer/Steinherr, TVöD, 124. Update 03/14 § 33 TVL Rn. 82
ff. m.w.N.).
b. Soweit die Beklagte sich ausdrücklich auf das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 06.12.2000, 7 AZR 302/99 bezogen hat, ergibt sich hieraus keine andere Bewertung der Tarifnorm des § 46 TV AL II. In jener Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts ging es um die Frage der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses auf der Grundlage des Tarifvertrages für Arbeiter der Deutschen Post
AG, welcher vorsah, dass das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des Monats enden würde, in dem ein Versorgungsberechtigter eine Versorgungsrente aus der VAP bewilligt worden ist. Bei der VAP handelte es sich um die Versorgungsanstalt der Deutschen Bundespost. In jenem Verfahren des Bundesarbeitsgerichts war die Frage der Erfüllung der tatbestandlichen Voraussetzungen der tariflichen Norm, nämlich die Bewilligung einer Versorgungsrente an den dortigen Kläger unstreitig. Der zitierte Streitfall des Bundesarbeitsgerichts und damit auch die Ausführungen des 7. Senats bezogen sich allein auf die Frage der Rechtswirksamkeit der tariflichen Beendigungsnorm und nicht auf die Frage einer Auslegung des Wortlautes der dortigen Vorschrift. Dies ergibt sich bereits aus der zitierten Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 06.12.2000, dort zu Rz. 34. Dort hat das Bundesarbeitsgericht als Obersatz ausdrücklich festgehalten, dass die dortige Beendigungsnorm des § 25 II
Abs. 1 TV AL wirksam sei, da sie mit höherrangigem Recht vereinbar und der arbeitsgerichtlichen Befristungskontrolle standhalte; einen Bezug zu der im vorliegenden Streitfall von der Beklagten angestrebten Auslegung der tariflichen Beendigungsnorm hat jenes Urteil des Bundesarbeitsgerichts nicht.
c. Auch nach dem Vorbringen der Beklagten im Berufungsverfahren ergibt sich die Unwirksamkeit einer Beendigung durch Rentengewährung an den Kläger außerdem aus
92 SGB IX i.V.m. § 46 TV AL II. Nach diesen Vorschriften (§ 92
SGB IX) bedarf die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses zu einem schwerbehinderten Menschen im Falle einer teilweisen Erwerbsminderung der Zustimmung des Integrationsamtes. Wie die Beklagte im Termin zur mündlichen Verhandlung vor der Berufungskammer am 11.03.2014 ausdrücklich erklärt hat, sei ein solcher Antrag am 15.07.2013 gestellt, indessen bis heute noch nicht beschieden worden. Damit ist zwischen den Parteien auch im Berufungsverfahren unstreitig, dass die Voraussetzungen für eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses wegen Rentengewährung schon wegen § 92
SGB IX nicht vorliegen.
Der Umstand, dass der Kläger gegenüber der Beklagten den Rentenbescheid der Unfallkasse des Bundes nicht unmittelbar nach Erhalt vorgelegt hat, verwehrt es ihm nicht, sich auf die fehlende Zustimmung des Integrationsamtes zu berufen. Zwar hat die Beklagte die Frage aufgeworfen, wie sie denn die Zustimmung des Integrationsamtes einholen könne, wenn sie noch nicht einmal den Rentenbescheid kenne. Indessen geht es bei der Frage der Beteiligung des Integrationsamtes um die Frage der Berücksichtigung der Schwerbehinderung, für die § 92
SGB IX im Falle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zusätzlich behördliche Zustimmungserfordernisse verlangt. Aus diesem Grunde ist in der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung zutreffend anerkannt worden, dass der schwerbehinderte Arbeitnehmer das Fehlen der nach § 92
SGB IX erforderlichen Zustimmung jedenfalls dann jederzeit geltend machen kann, wenn dem Arbeitgeber die Schwerbehinderung im Zeitpunkt der Mitteilung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses wegen Rentengewährung, hier durch Schreiben der Beklagten vom 20.11.2012, bekannt war (so ausdrücklich
LAG Hamm, Teilurteil vom 10.12.2009,
15 Sa 516/09 bei juris, ausdrücklich bestätigt vom
BAG, Urteil vom 09.02.2011,
7 AZR 221/10 bei juris Rn. 31 und 32). Dass aber der Beklagten am 20.11.2012 die Schwerbehinderung des Klägers zweifelsohne und unstreitig bekannt war, ergibt sich bereits aus ihrem eigenen Vortrag, wonach sie noch Anfang des Jahres 2012 beim Integrationsamt um Zustimmung zu einer beabsichtigten Kündigung nachgesucht hatte.
d. Ohne dass es nach den vorstehenden Ausführungen darauf ankäme, weist die Berufungskammer noch darauf hin, dass eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu dem von der Beklagten avisierten Zeitpunkt 31. Oktober 2012 ohnehin nicht in Betracht kommen kann. Denn bei der tariflichen Beendigungsnorm des § 46 TV AL II handelt es sich um eine auflösende Bedingung. Gemäß §§ 21, 15
Abs. 2
TzBfG endet zwar ein Arbeitsvertrag, der unter einer auflösenden Bedingung abgeschlossen worden ist, mit Eintritt der auflösenden Bedingung, frühestens allerdings jedoch zwei Wochen nach Zugang der schriftlichen Unterrichtung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber über den Eintritt der auflösenden Bedingung (
LAG Hamm, Urteil vom 10.12.2009 aaO;
BAG, Urteil vom 09.02.2011 aaO). Dass eine solche Mitteilung erstmals mit Schreiben vom 20.11.2012 erfolgte, ist indessen unstreitig.
e. Allerdings war die Feststellung des Bestehens des Arbeitsverhältnisses im Berufungsverfahren auf den 31.01.2014 zu begrenzen. Zu diesem Datum ist dem Kläger streitlos eine außerordentliche Kündigung zugegangen, die Gegenstand eines arbeitsgerichtlichen Verfahrens vor dem Arbeitsgericht Bielefeld ist. Streitgegenstand der vom Kläger vorliegend erhobenen Feststellungsklage ist indessen die Frage, ob im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht ein Arbeitsverhältnis bestand (
vgl. BAG, Urteil vom 15.05.2013, 7 AZR 494/11 bei juris Rn. 20). Diese Frage obliegt allerdings nicht der Entscheidung der Berufungskammer, sondern zunächst der Entscheidung des Arbeitsgerichts Bielefeld im Kündigungsschutzprozess. Aus diesem Grunde war es der Berufungskammer versagt, eine Feststellung des Bestehens des Arbeitsverhältnisses über den 31.01.2014 hinaus zu treffen.
B.
a. Dem Kläger stehen auch die geltend gemachten Zahlungsansprüche aus § 611
BGB i.V.m. § 615 Satz 1
BGB zu.
Soweit die Beklagte erstinstanzlich den vom Kläger für den Monat November 2012 angegebenen Bruttomonatslohn in Zweifel gezogen hat, ist diese Frage nicht zur Entscheidung im Berufungsverfahren angefallen, da das von der Beklagten zur Überprüfung gestellte Teilurteil Vergütungsansprüche lediglich bis einschließlich Oktober 2012 betrifft.
b. Der Kläger hat einen Anspruch auf Zahlung der ausgeurteilten Vergütung unter Berücksichtigung des bereits im einstweiligen Verfügungsverfahren vor dem Arbeitsgericht Bielefeld zuerkannten Abschlagsbetrages in Höhe von 1.000,00
EUR netto aus dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges, § 611
BGB, 615 Satz 1
BGB.
Auch insoweit wird hinsichtlich der Voraussetzungen des Annahmeverzuges zunächst auf die zutreffenden Ausführungen in der angegriffenen Entscheidung Bezug genommen, § 69
Abs. 2
ArbGG.
Nach dem ergänzenden Vorbringen der Beklagten im Berufungsverfahren ist dem noch folgendes hinzuzufügen:
Das Arbeitsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass bei einem Streit über die Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers der Arbeitgeber darzulegen und zu beweisen hat, dass der Arbeitnehmer zur Leistung objektiv außerstande war. Er muss zumindest Indizien hierfür vortragen, aus denen darauf geschlossen werden kann (
BAG, Urteil vom 22.02.20112, 5 AZR 249/11 Rn. 16 f.
m.w.N.). Zu dieser Fragestellung hat sich die Beklagte im Berufungsverfahren auf das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 15.05.2013, 5 AZR 130/12 bei juris berufen, wonach in dem Fall, dass sich bereits aus dem Sachvortrag des Arbeitnehmers selbst Indizien ergeben, die auf eine fehlende Leistungsfähigkeit im vermeintlichen Annahmeverzugszeitraum schließen können, eine Klage unschlüssig sei, wenn der Arbeitnehmer eine selbstgeschaffene Indizwirkung nicht ausräume (
BAG a.a.O. bei juris Rn. 27).
Vorauszuschicken ist allgemein zunächst, dass der Kläger am 15.08.2012 seine Arbeitskraft nicht nur wörtlich angeboten, sondern streitlos selbst in der Dienststelle erschienen ist. Die Beklagte hat dies auch dadurch bestätigt, dass sie vorgetragen hat, am 15.08.2012 sei dem Kläger ein persönliches Schreiben anlässlich seines Erscheinens in der Dienststelle überreicht worden. Damit aber liegt die Darlegungs- und Beweislast für die objektive Leistungsunfähigkeit grundsätzlich bei der Beklagten, da sie ebenso streitlos die Arbeitsleistung des Klägers - auch schriftlich dokumentiert - nicht angenommen hat.
Soweit die Beklagte meint, der Kläger habe im Sinne des Urteils des Bundesarbeitsgerichts vom 15.05.2013 selbst hinreichend Indizien vorgetragen, die auf eine objektive Leistungsunfähigkeit schließen lassen würden, vermochte die erkennende Berufungskammer dem nicht zu folgen. Es darf nämlich nicht verkannt werden, dass in dem vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fall der dortige Kläger für den dort streitgegenständlichen Annahmeverzugszeitraum unter Beweisantritt vorgetragen hatte, er sei schwer erkrankt und prozess- und geschäftsunfähig gewesen. Hier unterscheidet sich der Streitfall grundlegend: Der Kläger hat das Attest seines behandelnden Arztes vorgelegt, wonach er arbeitsfähig sei, obschon das deutsche Arbeitsrecht einen Nachweis der Arbeitsfähigkeit als Voraussetzung für die Beschäftigungspflicht des Arbeitgebers nicht kennt. Darüber hinaus hat er das Gutachten des medizinischen Dienstes der Arbeitsagentur vorgelegt, wonach sich eine vollschichtige Einsatzfähigkeit ergibt, lediglich bestimmte Einschränkungen seien zu beachten. Das weitere, vom Kläger zur Akte gereichte Gutachten des B.A.D. vom 30.08.2013 konnte die Berufungskammer hierbei außer Acht lassen, da sich insofern bereits vom Erstellungsdatum her nicht auf den streitgegenständlichen Zeitraum erstreckt. Damit aber hat der Kläger zusammenfassend selbst keine Indizien dafür vorgetragen, dass er im hier streitgegenständlichen Zeitraum objektiv leistungsunfähig ist.
Damit aber verbleibt es bei der grundsätzlichen Darlegungs- und Beweislast der Beklagten für die Frage der objektiven Leistungsfähigkeit
bzw. Leistungsunfähigkeit. Hierzu hat die Beklagte die Hauptaufgaben des Klägers umfassend dargelegt und unter Bezug auf den Rentenbescheid der Unfallkasse angeregt, Gutachten zur Beurteilung der Frage der Arbeitsfähigkeit des Klägers hinzuzuziehen und den Kläger entsprechend aufzufordern, die Gutachter und ihn behandelnden Ärzte von der Schweigepflicht zu entbinden. Einen konkreten, tätigkeitsbezogenen Bezug zu den Einschränkungen im Leistungsbild des Klägers und dass diese Einschränkungen dazu führen würden, der Kläger sei zur Erbringung seiner Arbeitsleistung nicht in der Lage, hat die Beklagte nicht im Einzelnen dargelegt. Sie hat zwar in Zweifel gezogen, dass die Einschränkungen im Leistungsbild laut Begutachtung der Arbeitsagentur deswegen nicht maßgeblich seien, weil sie davon ausgehe, der Kläger habe seine Tätigkeit als freigestellter Schwerbehindertenvertreter bei der Begutachtung angegeben; indessen verkennt sie, dass die Einschränkung des Leistungsbildes abstrakt sind mit der Folge, dass sie einzelnen Inhalten der Tätigkeit hätten zugeordnet werden können. Jedenfalls erschließt sich aufgrund der vorgelegten Unterlagen für die Berufungskammer nicht, inwiefern durch das sogenannte negative Leistungsbild die Hauptaufgaben der von der Beklagten vorgelegten Stellenbeschreibung als SEATTO nicht erledigt werden könnten, insbesondere nicht vor dem Hintergrund der behindertengerechten Ausstattungsmöglichkeit des Arbeitsplatzes für den Kläger.
Nach alledem konnte die Berufung der Beklagten gegen das Teilurteil des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 28.08.2013, 3 Ca 2873/12, keinen Erfolg haben.
III. Die Kosten des Berufungsverfahrens waren der Beklagten aufzuerlegen. Soweit sie mit ihrem Rechtsmittel im Hinblick auf die Beschränkung im Feststellungsausspruch Erfolg hatte, waren ihr die Kosten gleich X gemäß § 97
Abs. 2
ZPO - in entsprechender Anwendung - aufzuerlegen. Zwar beschreibt § 97
Abs. 2
ZPO vom Wortlaut her nur den Fall, dass der Berufungsführer aufgrund neuen Vorbringens obsiegt, welches bereits in erster Instanz vorgetragen hätte werden können. Indessen entspricht es der einhelligen Auffassung in Rechtsprechung und Literatur, dass § 97
Abs. 2
ZPO entsprechend anzuwenden ist, wenn eine Partei erst im höheren Rechtszug infolge erst eines hier eingetretenen Umstandes obsiegt, der nicht dem Bereich der Gegenpartei, sondern ihrem eigenen Bereich zuzurechnen ist (
vgl.Musielak,
ZPO/Lackmann, 13. Aufl., § 97
ZPO Rn. 11
m.w.N.). So liegt es hier: Die Beklagte hat die Kündigung mit Zugang beim Kläger am 31.01.2014 ausgesprochen und damit erst nach Erlass des Urteils erster Instanz den im vorgenannten Sinne maßgeblichen Umstand geschaffen.
IV. Gründe für die Zulassung der Revision im Sinne des § 72
Abs. 2
ArbGG liegen nicht vor. Insbesondere ist die Berufungskammer nicht von der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts abgewichen; die Rechtssache hat im Übrigen keine besondere Bedeutung, weil die Entscheidung allein auf den Umständen des Einzelfalles beruht.