Urteil
Antragsfrist für die Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung eines Schwerbehinderten - keine neue Frist für inhaltsgleichen Zweitantrag - Benennung der Kündigungsgründe innerhalb der Frist

Gericht:

VGH Mannheim 7. Senat


Aktenzeichen:

7 S 483/95


Urteil vom:

05.08.1996


Grundlage:

Leitsatz:

1. Die zweiwöchige Antragsfrist des § 21 Abs 2 SchwbG für die Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung gilt unabhängig davon, ob dem Arbeitgeber eine ordentliche Kündigung tarifrechtlich verschlossen ist.

2. Für einen mit einem zurückgenommenen Zustimmungsantrag inhaltsgleichen Zweitantrag läuft keine neue Antragsfrist.

3. Den Arbeitgeber trifft die Obliegenheit, die für ihn maßgeblichen Kündigungsgründe innerhalb der Antragsfrist zu benennen. Ein Nachschieben von Kündigungsgründen ist grundsätzlich nicht zulässig.

Fundstelle:

VGHBW RSpDienst 1996, Beilage 11, B 5-6

Rechtszug:

vorgehend VG Freiburg (Breisgau) 1994-12-06 8 K 1611/93

Rechtsweg:

Es liegen keine Informationen zum Rechtsweg vor.

Quelle:

JURIS-GmbH

Tatbestand:

Der am 1937 geborene, seit 1977 bei der Beigeladenen beschäftigte Kläger ist schwerbehindert mit einem seit 1.1.1991 anerkannten Grad der Behinderung von 70 vH. Durch Bescheid der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte vom 10.8.1992 wurde ihm auf seinen Antrag auf Gewährung von Berufsunfähigkeitsrente mit Wirkung ab 1.8.1991 Erwerbsunfähigkeitsrente bewilligt. Am 10.2.1993 beantragte die Beigeladene beim Beklagten erstmals die Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung des Klägers. In dem Antragsschreiben wurde ausgeführt, der Kläger sei als Meister in der Kelterei-Fertigung in K. tätig, seit Mai 1991 aufgrund seiner gesundheitlichen Einschränkungen nur noch vier Stunden täglich. An diesem Standort habe sich das Fertigungsvolumen durch Verlagerungen in ein französisches Schwesterunternehmen seit 1985 kontinuierlich um ca 75% verringert, der Personalbestand von seinerzeit 24 auf nur noch 7 Mitarbeiter; altersbedingt schieden bis 1995 noch 2 weitere Mitarbeiter aus. Durch diese Entwicklung hätten sich die verbleibenden administrativen Tätigkeiten auf ein Mindestmaß (durchschnittlich 1,5 Stunden pro Tag) mit weiter abnehmender Tendenz reduziert. Die diesbezüglichen Aufgaben des Klägers würden bei dessen Abwesenheit ohne zeitlichen Mehraufwand von anderen Mitarbeitern wahrgenommen. Die Meisterstelle des Klägers sei daher nicht mehr erforderlich.

Einen anderen für den Kläger geeigneten Arbeitsplatz gebe es im gesamten Unternehmen nicht. Nachdem der Beklagte Bedenken hinsichtlich des Nachweises nur noch geringfügiger Arbeit für den Kläger geäußert hatte, nahm die Beigeladene den Antrag am 17.2.1993 zurück. Am 10.3.1993 stellte sie erneut einen Antrag auf Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung. Darin legte sie ergänzend dar, von 1985 bis 1992 hätten sich die Arbeitsstunden im Meisterbereich Kelterei-Fertigung von 31.301 auf 12.761 pro Jahr verringert. 4 "Kostenstellen" seien aus dem Aufgabenbereich des Klägers zum 31.12.1991 ausgegliedert worden, was zum vollständigen Wegfall der entsprechenden administrativen Arbeiten geführt habe. Ende des Jahres 1993 werde eine weitere "Kostenstelle" (Sägerei) ausgegliedert. Der tägliche Zeitaufwand für die Tätigkeiten des Klägers betrage nur noch 106 Minuten in den Saisonmonaten März bis August, außerhalb der Saison sogar nur 82 Minuten täglich. Im Jahresdurchschnitt betrage der Zeitaufwand 98 Minuten pro Tag. Diese Zahlen bezögen sich auf einen Mitarbeiter, der eine Normalleistung zu 100% erbringe. Dass der Kläger etwa doppelt so lange mit diesen Tätigkeiten beschäftigt sei, liege an seiner Arbeitsweise und seiner Sehbehinderung.

Aufgrund seiner gesundheitlichen Einschränkungen sei er seit 1991 nicht mehr zur vollschichtigen Arbeit von 7, 4 Stunden täglich in der Lage. Der Kläger bestritt die Einhaltung der Antragsfrist des § 21 Abs 2 SchwbG, die Darstellung der für ihn anfallenden und von ihm geleisteten Arbeiten sowie das angebliche Fehlen eines anderen geeigneten Arbeitsplatzes. Nachdem die Hauptfürsorgestelle des Beklagten dem Betriebsrat, dem Vertrauensmann der Schwerbehinderten und dem Arbeitsamt L Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hatte, stimmte sie der außerordentlichen Kündigung mit Bescheid vom 24.3.1993 zu. In den Gründen wurde ausgeführt, die 2-Wochen-Frist des § 21 Abs 2 SchwbG sei entgegen der Auffassung des Klägers gewahrt, weil es sich bei der Reduzierung des Arbeitsanfalls auf ein geringfügiges Maß um einen sich fortlaufend wiederholenden Dauertatbestand gehandelt habe bzw die Frist zur Beantragung der Kündigungszustimmung gehemmt gewesen sei, solange die Beigeladene die ihr zur Aufklärung des Sachverhalts nach pflichtgemäßem Ermessen erforderlich erscheinenden Maßnahmen zügig durchgeführt habe. Zwischen den Kündigungsgründen und der anerkannten Behinderung bestehe kein Zusammenhang, so dass die Sollvorschrift des § 21 Abs 4 SchwbG eingreife. Die vorgetragenen Kündigungsgründe seien nicht offenkundig vorgeschoben. Der Kläger habe nicht zu widerlegen vermocht, dass die Beschäftigung eines Meisters nicht mehr wirtschaftlich sei. Die Argumente des Klägers beträfen im übrigen arbeitsrechtliche Fragen, über die gegebenenfalls das Arbeitsgericht zu entscheiden habe. Ein atypischer Fall, bei dem über die Zustimmung ohne Ermessensbindung zu entscheiden sei, liege nicht vor. Die Beigeladene habe die die Kündigung rechtfertigenden wirtschaftlichen Gegebenheiten und den wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung schlüssig vorgetragen. Angesichts der anerkannten Erwerbsunfähigkeit auf unbestimmte Zeit könne nicht auf Umsetzungsmöglichkeiten im Betrieb gedrängt werden, weil nach dem Grundgedanken des Schwerbehindertengesetzes für den Bestand eines Arbeitsverhältnisses eine Erwerbsfähigkeit vorausgesetzt werde. Mit Schreiben vom 29.3.1993 an den Kläger sprach die Beigeladene die außerordentliche Kündigung aus.

Zur Begründung seines gegen den Zustimmungsbescheid erhobenen Widerspruchs rügte der Kläger weiterhin die Versäumung der Antragsfrist nach § 21 Abs 2 SchwbG und machte geltend, der Arbeitgeber habe mit seinem Zustimmungsantrag den Zeitpunkt der Kenntnis vom Kündigungssachverhalt darzulegen und nachzuweisen.

Der Widerspruchsausschuss bei der Hauptfürsorgestelle wies den Widerspruch aufgrund mündlicher Verhandlung vom 14.6.1993 mit Bescheid vom 12.8.1993 zurück und führte aus, die Antragsfrist des § 21 Abs 2 SchwbG sei gewahrt. Die sich aus der Reduzierung der Aufgaben des Klägers ergebende Minderauslastung habe im Zeitpunkt der ersten Antragstellung am 10.2.1993 noch nicht so dezidiert festgestanden wie am 10.3.1993, dem Zeitpunkt der erneuten Antragstellung. Die von der Beigeladenen zwischenzeitlich noch durchgeführten Ermittlungen hätten ihren Niederschlag in der Begründung des zweiten Antrags gefunden. In der Sache sei es nicht Aufgabe des Beklagten, einen rein arbeitsrechtlichen Sachverhalt über den Zusammenhang mit der Behinderung hinaus umfassend zu klären. Es genüge die Prüfung, ob die vorgebrachten Gründe an sich geeignet seien, die Kündigung zu rechtfertigen. Die Frage, ob ein wichtiger Grund iSd § 626 BGB vorliege, sei vom Arbeitsgericht zu beantworten. Der Kläger bedürfe nicht im selben Maße wie sonstige
Schwerbehinderte eines Nachteilsausgleichs, weil seine soziale Absicherung durch die Erwerbsunfähigkeitsrente sichergestellt sei. Dann gebe aber die auch von der Arbeitnehmervertretung bestätigte Tatsache, dass der Bedarf für die bisherige Arbeitsleistung des Klägers weggefallen und für ihn kein gleichwertiger anderer Arbeitsplatz bei der Beigeladenen vorhanden sei, den Ausschlag für die Zustimmungsentscheidung.

Am 1.9.1993 hat der Kläger beim Verwaltungsgericht Freiburg Klage erhoben und seine Ausführungen zur Versäumung der Antragsfrist vertieft. Die Beigeladene habe sich bereits vor ihrem ersten Antrag definitiv entschieden gehabt, das Arbeitsverhältnis zu beenden, womit auch die Frist zu laufen begonnen habe. Während der Bemühungen um eine Nachbesserung der Antragsbegründung sei der Fristlauf nicht gehemmt gewesen. Die Kündigungsgründe im zweiten Antrag unterschieden sich nicht substantiell von den im ersten vorgebrachten. Die angefochtenen Bescheide seien wegen fehlerhafter Ermessensbetätigung auch inhaltlich rechtswidrig. Es werde verkannt, dass die außerordentliche Kündigung eines tarifrechtlich altersgesicherten Arbeitnehmers nur in krassen Ausnahmefällen zulässig sei.

Insoweit genüge nicht, dass der Arbeitgeber aus rein wirtschaftlichen Gründen einen Arbeitsplatz wegfallen lassen wolle. Die Unternehmerentscheidung, das Fertigungsvolumen am Standort K. kontinuierlich zu verringern, dürfe daher kündigungsrechtlich nicht zu Lasten des Klägers gehen, zumal es wegen der einvernehmlich reduzierten Arbeitszeit wirtschaftlich ohnehin nur um einen Teil der normalen Lohnkosten gehe. Die Reduzierung seiner Arbeitszeit von 7,4 Stunden täglich sei mit der Beigeladenen vereinbart worden.
Der Kläger hat beantragt, den Bescheid des Beklagten vom 24.3.1993 und dessen Widerspruchsentscheidung vom 14.6./12.8.1993 aufzuheben.
Der Beklagte hat zur Begründung seines Klageabweisungsantrags ausgeführt, die Antragsfrist des § 21 Abs 2 SchwbG, die Ausdruck des Verwirkungsgedankens sei, sei nicht versäumt gewesen. Es müsse dem Arbeitgeber gestattet sein, die der Kündigungsabsicht zugrundeliegenden Gründe noch einmal zu überprüfen. Inhaltlich bestehe zwischen den Kündigungsgründen und der Behinderung kein Zusammenhang, so dass mangels atypischer Umstände das Ermessen der Hauptfürsorgestelle hier zugunsten der Beigeladenen auf Null reduziert gewesen sei.

Durch Urteil vom 6.12.1994 hat das Verwaltungsgericht die angefochtenen Bescheide aufgehoben. In den Gründen ist ausgeführt, der Kläger sei rechtswidrig in seinen Rechten dadurch verletzt, dass der Beklagte die Zustimmung erteilt habe, obwohl bei der Antragstellung am 10.3.1993 die 2- Wochen-Frist des § 21 Abs 2 SchwbG bereits verstrichen gewesen sei. Die Antragsfrist beginne mit dem Zeitpunkt zu laufen, in dem der Arbeitgeber von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlange. Dies sei hier spätestens Anfang Februar 1993 der Fall gewesen, was sich daraus ergebe, dass alle im zweiten Antrag vom 10.3.1993 angeführten Kündigungsgründe im wesentlichen auch schon in dem ersten Antrag vom 10.2.1993 enthalten gewesen seien. Als insoweit maßgebende, von der Beigeladenen in beiden Anträgen genannte Tatsachen seien anzusehen die erhebliche Verringerung des Fertigungsvolumens und der Zahl der beschäftigten Mitarbeiter am Standort K, in Verbindung damit der vollständige oder fast vollständige Wegfall von in den Arbeitsbereich eines Meisters fallenden Aufgaben, ferner die Umstände, aus denen sich das Fehlen eines anderen, für den Kläger geeigneten Arbeitsplatzes ergebe. Mit dem zweiten Antrag vom 10.3.1993 seien keine neuen, erst nach der ersten Antragstellung bekanntgewordenen Kündigungsgründe oder auch nur wesentliche neue Begründungselemente vorgetragen worden. Vielmehr seien lediglich die schon zuvor bekannten, vorgetragenen und auch begründeten Tatsachen durch ergänzende Zahlen und Berechnungen unterstützt worden. Somit habe die Beigeladene bereits beim ersten Zustimmungsantrag sichere und umfassende Kenntnis der für die Kündigung maßgebenden Tatsachen gehabt, mit der die gesetzliche Ausschlussfrist zu laufen beginne. An dem Fristlauf ändere sich nichts dadurch, dass der Beklagte sich aufgrund des ersten Zustimmungsantrags noch nicht zur Erteilung der Zustimmung innerhalb der für ihn geltenden Frist des § 21 Abs 3 S 1 SchwbG in der Lage gesehen habe. Insoweit gebe es weder ein Ermessen der Behörde noch des Arbeitgebers, weil sonst beide Fristbestimmungen praktisch leerliefen.

Maßgeblich sei allein, dass die Beigeladene objektiv nach der vom Gericht vorzunehmenden Bewertung die Kenntnis aller für die Kündigungsabsicht maßgebenden Tatsachen bereits Anfang Februar gehabt habe. Entgegen der Auffassung des Beklagten könne auch nicht ein sich fortlaufend wiederholender Dauertatbestand angenommen werden, der die Frist immer wieder neu beginnen lasse. Die zu § 626 Abs 2 S 1 BGB vertretene Ansicht, bei einem Dauerverhalten des Arbeitnehmers beginne die dortige Frist nicht vor Beendigung dieses Zustands, könne nicht auf einen einmal eingetretenen und sodann fortdauernden Sachverhalt in der Sphäre des Arbeitgebers übertragen werden. Ansonsten würde es in das Belieben des Arbeitgebers gestellt, wann er kündige bzw die Zustimmung beantrage.

Gegen das ihr am 11.1.1995 zugestellte Urteil hat die Beigeladene am 6.2.1995 Berufung eingelegt und geltend gemacht: Zweifelhaft sei, ob § 21 SchwbG im vorliegenden Fall überhaupt Anwendung finde. Auf eine außerordentliche Kündigung habe hier nur deshalb zurückgegriffen werden müssen, weil eine ordentliche Kündigung im Hinblick auf die tarifliche Alterssicherung des Klägers ausgeschlossen gewesen sei. § 21 SchwbG gelte aber nur für außerordentliche Kündigungen, bei denen der Arbeitgeber zum Ausdruck bringe, dass er die für das Arbeitsverhältnis maßgebende Kündigungsfrist nicht einhalten wolle oder die Kündigung auf einen für ihn wichtigen Grund stütze. Beides sei hier nicht der Fall. Unabhängig davon habe das Verwaltungsgericht zu Unrecht eine verspätete Antragstellung angenommen. Die ausgesprochene Kündigung sei nicht Folge eines bestimmten, zu einem konkreten Termin abgeschlossenen Vorfalles oder
Vorganges, der im Zusammenhang mit dem Verhalten des Klägers stehe, sondern die Konsequenz aus einer lange währenden betrieblichen Entwicklung, die einen Dauertatbestand darstelle. Die Antragsfrist nach § 21 Abs 2 SchwbG beginne deshalb erst dann zu laufen, wenn feststehe, welche Arbeitnehmer nicht mehr oder nicht an ihrem bisherigen Arbeitsplatz beschäftigt werden könnten. Dies sei aber in bezug auf den Kläger im Februar 1993 noch nicht der Fall gewesen. Zwar habe sich abgezeichnet, daß sich durch die Auslagerung wesentlicher Produktgruppen eine Notwendigkeit zur Personalreduzierung ergeben werde. Daß dies den Arbeitsplatz des Klägers betreffe, sei aber noch nicht sicher gewesen. Sie, die Beigeladene, habe nach wie vor die Hoffnung gehegt, den Keltereibetrieb wieder ausbauen zu können. Erst am 3.3.1993 habe ein mit einem Umsatz von 3,4 Mio DM kalkulierter Auftrag der Firma B W über die Lieferung einer Kelteranlage auf 2,6 Mio DM reduziert werden müssen mit der Folge, dass dieser Auftrag nicht mehr kostendeckend am Standort K habe abgewickelt werden können, sondern nur durch eine Verlagerung ins Ausland. Dies werde durch das vorgelegte schriftliche Angebot über die Lieferung von Abtropfbehältern vom 18.1.1993 mit einem Angebotspreis von 1.865.600,-- DM und die zugehörige Auftragsbestätigung vom 3.3.1993 mit einem nur verbliebenen vereinbarten Preis von 1.336.247,-- DM belegt. Erst ab 3.3.1993 habe also festgestanden, dass sich der zwar bereits zuvor befürchtete, aber dennoch als abwendbar eingeschätzte Arbeitsmangel einstellen werde; so sei im Jahr 1993 in der Abteilung Kelterei nur noch ein Umsatz von 9,1 Mio DM gegenüber 13,3 Mio DM im Vorjahr erzielt worden. Erst die Verlagerung des genannten Großauftrags habe zu der definitiven Erkenntnis geführt, dass das Anstellungsverhältnis des Klägers nicht weitergeführt werden könne. Dementsprechend sei der erste Zustimmungsantrag vom 10.2.1993 im Hinblick auf die mit der Firma B W geführten Vertragsverhandlungen zurückgenommen worden, da seinerzeit noch die Hoffnung bestanden habe, den Großauftrag in K zu halten und damit Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten für die Mitarbeiter. Man möge ihr vorhalten, den ersten Zustimmungsantrag übereilt gestellt zu haben, nicht aber, dass sie dies später erkannt und ihre Handlungsweise entsprechend korrigiert habe. Die Behinderung des Klägers habe mit der Notwendigkeit der Beendigung seines Anstellungsverhältnisses nichts zu tun.


Die Beigeladene beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 6.12.1994 - 8 K 1611/93 - zu ändern und nach ihrem erstinstanzlichen Klageantrag zu erkennen.

Der Beklagte akzeptiert das Urteil des Verwaltungsgerichts in Ausspruch und Begründung.


Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er führt noch aus, die Beigeladene bezweifle zu Unrecht die Anwendbarkeit des § 21 SchwbG. Sie habe eindeutig einen Antrag auf Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung gestellt, auf den die genannte Vorschrift zwingend anzuwenden sei. Die Versäumung der Antragsfrist habe das Verwaltungsgericht überzeugend dargelegt. Die Beigeladene müsse sich insoweit entgegenhalten lassen, dass sie gerade mit ihrem ersten, später wegen des Hinweises der Hauptfürsorgestelle auf mangelnde Substantiierung zurückgenommenen Antrag bereits dokumentiert habe, dass sie die für die definitiv beabsichtigte Kündigung maßgeblichen Tatsachen gekannt habe. Diese Annahme werde dadurch bestätigt, dass die Begründung des zweiten Antrags nicht nennenswert von derjenigen zum ersten Antrag abweiche. Ebenso neu wie falsch sei die erstmals im Schriftsatz vom 6.3.1995 aufgestellte Behauptung der Beigeladenen, im Februar 1993 habe sie noch nicht konkret Bescheid gewusst, dass der Arbeitsplatz des Klägers nicht mehr aufrechterhalten werden könne. Wenn die Beigeladene am 10.2.1993 mit näherer Begründung die Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung des Klägers beantragt habe, weil dessen Arbeitsplatz wegfalle, könne sie zwei Jahre später nicht behaupten, sie habe im Februar 1993 noch keine Kenntnis davon gehabt, dass der Arbeitsplatz nicht aufrechterhalten werden könne. Dieser Vortrag werde auch durch den Akteninhalt, insbesondere die Aktenvermerke über Gespräche mit dem Personalleiter der Beigeladenen am 4.11. 1992 und 16.2.1993, widerlegt. Im übrigen habe im Februar 1993 keineswegs eine außergewöhnliche Auftragsverlagerung nach Frankreich stattgefunden. Entsprechend sei bei der Beigeladenen bereits seit Jahren verfahren worden.

Dem Senat liegen neben den Akten der Vorinstanz (8 K 1611/93) die einschlägigen Verwaltungsakten des Beklagten und die Akten des Arbeitsgerichts LX (5 Ca 66/93) vor. Sie waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben und die angefochtenen Bescheide aufgehoben. Denn diese sind wegen Verstoßes gegen § 21 Abs 2 SchwbG rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (vgl § 113 Abs 1 S 1 VwGO . Der Senat nimmt zunächst Bezug auf die zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts (§ 130b VwGO) und bemerkt im Hinblick auf das Berufungsvorbringen ergänzend:
Soweit die Beigeladene bereits die Anwendbarkeit des § 21 Abs 2 SchwbG im vorliegenden Fall in Zweifel zieht, kann ihr angesichts des eindeutigen Gesetzeswortlauts nicht gefolgt werden. Außerordentliche Kündigungen sind ebenso wie ordentliche gem § 15 iVm § 21 Abs 1 SchwbG zustimmungsbedürftig (vgl BVerwG, Beschluss vom 12.11.1981, Buchholz 436.61 § 12 SchwbG Nr 1). § 21 SchwbG trifft, wie sich aus seinem Absatz 1 ergibt, lediglich einige Sonderregelungen für die Zustimmung zu einer außerordentlichen Kündigung. Ob diese Sonderregelungen eingreifen oder aber nur die allgemeinen Vorschriften des 4. Abschnitts des Schwerbehindertengesetzes über den
Kündigungsschutz, entscheidet der Arbeitgeber mit der Angabe der von ihm beabsichtigten Kündigungsart in seinem Zustimmungsantrag. Seine Sache ist es, die aus seiner Sicht richtige Kündigungsart auszuwählen. Entscheidet er sich, zB unter Berücksichtigung einer vorgegebenen arbeitsrechtlichen Ausgangslage, die eine ordentliche Kündigung ausschließt, für die außerordentliche Kündigung, so hat es damit auch im Rahmen des Schwerbehindertengesetzes sein Bewenden. Eine Differenzierung danach, aus welchen Gründen dem Arbeitgeber eine ordentliche Kündigung verschlossen ist und er deshalb den Weg der außerordentlichen Kündigung beschreiten zu müssen glaubt, kennt § 21 SchwbG nicht und ist für die Anwendbarkeit der Vorschrift deshalb ohne Belang. Die vorausliegende arbeitsrechtliche Lage kann vom Arbeitgeber nicht im Rahmen der Kündigungsschutzvorschriften des Schwerbehindertengesetzes modifiziert oder gegen die eindeutigen, an arbeitsrechtliche Tatbestände anknüpfenden Bestimmungen dieses Gesetzes ins Feld geführt werden. Im übrigen ist auch arbeitsrechtlich die Wirksamkeit der Kündigung eines sogenannten unkündbaren Arbeitnehmers davon abhängig, daß die Kündigung als außerordentliche gewollt ist (vgl Palandt, BGB, 54. Aufl, § 626 Rdnr 12 mN zur Rechtsprechung des BAG). Der Arbeitgeber hat auch durchaus die Möglichkeit, eine außerordentliche Kündigung nicht fristlos auszusprechen, sondern, wie im vorliegenden Fall geschehen, mit einer sozialen Auslauffrist zu verbinden (vgl Palandt, aaO, § 626 Rdnr 33) Im vorliegenden Fall steht fest, dass die Beigeladene am 10.3.1993 die Zustimmung zu einer außerordentlichen Kündigung beantragt hat, so daß § 21 Abs 2 SchwbG anzuwenden ist. Nach dieser zumindest auch den Interessen des Schwerbehinderten dienenden Vorschrift (vgl dazu OVG Münster, Urteil vom 25.4.1989, NVwZ-RR 1990, 573) kann die Zustimmung zur Kündigung nur innerhalb von zwei Wochen beantragt werden (S 1, 1. Hs). Die Frist, die eine materielle Ausschlussfrist darstellt (vgl BVerwG, Beschluss vom 5.10.1995, Buchholz aaO § 21 SchwbG Nr 6; vom 15.3.1989, aaO Nr 2), beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Arbeitgeber von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt (S 2). Hiernach ist es Sache des Arbeitgebers zu bestimmen, welche Gründe er als maßgeblich für seine beabsichtigte Kündigungsentscheidung ansieht, dh ob und ggf welche Gründe ihn zur Kündigung veranlassen. In diesem Zusammenhang trifft ihn dann aber auch die Obliegenheit zur Offenlegung dieser Gründe innerhalb der Antragsfrist, und zwar vor allem deshalb, weil der Hauptfürsorgestelle nur so eine ordnungsgemäße Prüfung des Zustimmungsantrags und eine Entscheidung über diesen - innerhalb der für sie gem. § 21 Abs 3 S 1 SchwbG geltenden Entscheidungsfrist von zwei Wochen ab Antragseingang - ermöglicht wird (vgl BVerwG, Urteil vom 2.7.1992, BVerwGE 90, 275, 285). Dafür sprechen im übrigen auch Gründe der Rechtssicherheit im Zusammenhang mit der Berechnung der Antragsfrist nach § 21 Abs 2 S 2 SchwbG. Ein Nachschieben von "für die Kündigung maßgeblichen Tatsachen" auch noch nach Ablauf der 2-Wochen-Frist ist daher grundsätzlich ebensowenig zulässig wie die Geltendmachung von Kündigungsgründen, die der Arbeitgeber schon früher als zwei Wochen vor dem Zustimmungsantrag kannte (BVerwG, Urteil vom 2.7.1992, aaO m.N. auch zur entsprechenden Rechtsprechung des BAG zum präventiven Kündigungsschutz nach § 102 BetrVG, zB BAG, Urteil vom 11.4.1985, NJW 1986, 3159). Ist die Kenntnis der Kündigungsgründe beim Arbeitgeber vorhanden, so wird der Fristlauf durch weitere Ermittlungen nicht gehindert (BGH, Urteil vom 24.11.1975, NJW 1976, 797; vgl auch VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 20.6.1989 - 15 S 896/89 -, ZBR 1990, 130, 131).

Die von der Beigeladenen und zunächst auch vom Beklagten herangezogene Figur des Dauertatbestands führt hier nicht weiter. § 21 Abs 2 SchwbG will für beide Beteiligte des Arbeitsverhältnisses Klarheit schaffen, ob der Eintritt bestimmter Tatsachen, die möglicherweise eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen können, zum Anlass für eine solche Kündigung genommen wird oder nicht. Dies gilt aus den bereits vom Verwaltungsgericht zutreffend dargelegten Erwägungen jedenfalls dann, wenn es sich, wie hier, um betriebliche Anknüpfungspunkte aus der Sphäre des Arbeitgebers handelt; dass die Beigeladene - wohl auch um zur Anwendbarkeit des § 21 Abs 4 SchwbG zu gelangen - allein auf die von ihr genannten betrieblichen Gründe abheben und einen Zusammenhang der Kündigung mit der Behinderung des Klägers ausschließen wollte bzw will, hat sie im Berufungsverfahren noch einmal ausdrücklich hervorgehoben. Das Bundesarbeitsgericht hat selbst im Falle einer Betriebsstilllegung bei der Prüfung des Beginns der Ausschlussfrist nach § 626 Abs 2 BGB exakt auf den Tag abgestellt, ab dem der Arbeitnehmer tatsächlich nicht mehr beschäftigt werden konnte, die für ein Dauerverhalten eines
Arbeitnehmers entwickelten Grundsätze also nicht herangezogen (vgl BAG, Urteil vom 28.3.1985, NJW 1985, 2606; Palandt, aaO, § 626 Rdnr 27). Im übrigen ist auch schon im Ansatz zweifelhaft, ob Betriebsveränderungen bzw - schwankungen als "Dauertatbestand" angesehen werden können, solange sie noch durch unternehmerische Entscheidung reversibel sind.

Hier ist die Antragsfrist bereits zwei Wochen nach Verfassung des ersten Antragsschreibens vom 8.2.1993 verstrichen gewesen, der erst am 10.3.1993 eingegangene zweite Antrag demnach verspätet. Auf die den Sach- und Streitstand bei Beendigung der Vorinstanz berücksichtigenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts dazu, dass die entsprechenden betrieblichen Umstände, welche die Beigeladene zur Beantragung der Zustimmung veranlasst haben, ausweislich ihrer Antragsbegründungen vom 8.2. und 8.3.1993 schon Anfang Februar 1993 feststanden, kann zunächst Bezug genommen werden. Das Verwaltungsgericht hat insoweit zutreffend hervorgehoben, dass die Begründung des zweiten nicht substantiell von der Begründung des ersten Zustimmungsantrags abweicht, sondern die inhaltlich identischen Gründe lediglich noch mit detailliertem Zahlenmaterial im zweiten Antragsschreiben gestützt werden.

Diese Beurteilung wird untermauert durch den Inhalt des Kündigungsschreibens der Beigeladenen an den Kläger vom 29.3.1993. Darin finden sich wiederum nur dieselben Gesichtspunkte, die auch schon in den beiden Zustimmungsanträgen angeführt wurden, und zwar weitgehend wortgleich mit dem zweiten Antragsschreiben vom 8.3.1993. Allerdings hat die Beigeladene im Berufungsverfahren - erstmals mit Schriftsatz vom 6.3.1995 - die Behauptung aufgestellt, der erste Zustimmungsantrag sei möglicherweise voreilig gewesen und deshalb zurückgezogen worden, weil noch die Akquirierung und betriebsinterne Abwicklung des Auftrages der Firma B W mit einem Volumen von 3,4 Mio DM Umsatz im Raum gestanden habe und erst mit der Reduzierung dieses Auftrags um 0,8 Mio am 3.3.1993 sicher gewesen sei, dass der Auftrag zu wesentlichen Teilen ins Ausland verlagert werden müsse mit der Folge einer nunmehr definitiven Erkenntnis des Wegfalls des Arbeitsplatzes des Klägers. Mit diesem Vortrag dringt die Beigeladene jedoch aus folgenden Gründen nicht durch:

Es bestehen bereits in tatsächlicher Hinsicht Bedenken gegen die Annahme, die Beigeladene habe erst am 3.3.1993 - und nicht schon mehr als zwei Wochen zuvor - Kenntnis von der fraglichen Auftrags- bzw Umsatzreduzierung gehabt hat. Denn die von ihr vorgelegte, an die Firma B W gerichtete "Auftragsbestätigung" datiert zwar vom 3.3.1993 (vgl AS 71).

Eingangs dieses Schreibens wird aber "für die Erteilung des Auftrages ... am 8.2.1993" gedankt und auf eine Besprechung bei der Bestellerin am 9.2.1993 mit den Worten Bezug genommen: "Wie mit Ihnen am 9.2.1993 besprochen, bestätigen wir den Auftrag wie folgt:". Dies spricht dafür, dass die Kenntnis der angesprochenen Auftrags- bzw Preisreduzierung bei der Beigeladenen schon ab 9.2.1993 vorhanden war, mag zivilrechtlich der Werkvertrag auch erst mit der Übersendung der "Auftragsbestätigung" und - bei einem Verständnis als in den des schriftliches Angebot - entsprechender Reaktion der Bestellerin hierauf zustande gekommen sein. Bei einem Kenntnisdatum 9.2.1993 wahrte der Zustimmungsantrag vom 10.3.1993 die Zwei-Wochen-Frist des § 21 Abs 2 S 2 SchwbG auch insoweit nicht.

Der Berücksichtigung dieses neuen Vortrags der Beigeladenen stehen aber auch Rechtsgründe entgegen: Grundsätzlich ist, wie oben bereits ausgeführt, davon auszugehen, dass die für die Beantragung der Zustimmung zur Kündigung maßgeblichen Gründe angesichts der jeweils zweiwöchigen Fristenbindung sowohl des Arbeitgebers für seinen Antrag (§ 21 Abs 2 S 1 SchwbG) als auch der Hauptfürsorgestelle für ihre Entscheidung (§ 21 Abs 3 S 1 SchwbG) innerhalb der zweiwöchigen Antragsfrist vorgebracht sein müssen. Selbst wenn man aber auf das Ende der Entscheidungsfrist der Hauptfürsorgestelle oder gar auf den allgemein bei Anfechtungsklagen gegen Zustimmungsentscheidungen der Hauptfürsorgestelle maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt - nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts der Zeitpunkt der Kündigung mit dem dieser zugrundeliegenden historischen Sachverhalt (vgl BVerwG, Beschluss vom 7.3.1991, Buchholz aaO § 12 SchwbG Nr 3; vom 22.1.1993, aaO § 15 Nr 7) - abstellte, wäre eine spätere wesentliche Veränderung der Angaben zu den Kündigungsgründen und zur Kenntniserlangung von diesen Gründen durch den Arbeitgeber nicht mehr statthaft, dh rechtlich nicht mehr berücksichtigungsfähig.
Als eine solche verspätete wesentliche Änderung des Vortrags zu den maßgeblichen Kündigungsgründen ist aber die ca 2 Jahre nach dem zweiten Zustimmungsantrag erstmals aufgestellte Behauptung der Beigeladenen zu werten, die Modalitäten des Auftrags der Firma B W bzw die als notwendig angesehene Verlagerung wesentlicher Teile der Ausführung dieses Auftrags ins Ausland seien der entscheidende Punkt dafür geworden, daß für den Kläger keine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit mehr bestanden habe. Der schriftsätzlichen Beweisanregung der Beigeladenen auf Vernehmung eines ihrer Mitarbeiter hierzu war daher schon mangels Rechtserheblichkeit nicht nachzugehen.
Nach den Gesamtumständen ist der Senat im übrigen davon überzeugt, dass nicht die Modalitäten dieses einzelnen Auftrages für das Entfallen von Arbeitsmöglichkeiten des Klägers und für den Entschluss der Beigeladenen zur Kündigung kausal waren. Im gesamten früheren Vortrag der Beigeladenen ist auf längerfristige, einen mehrjährigen Zeitraum (in beiden Zustimmungsanträgen ab 1985) umfassende betriebliche Entwicklungen und Produktionsverlagerungen ohne Heraushebung einzelner Aufträge oder gar dieses einen Auftrags der Firma B W abgehoben worden. Auch die im zweiten Zustimmungsantrag und im Kündigungsschreiben enthaltenen detaillierten Zahlenangaben zur betrieblichen Entwicklung lassen keinen Bezug zu dem fraglichen Einzelauftrag erkennen. Dies steht im Gegensatz zu der Bedeutung, welche die Beigeladene diesem Auftrag im vorliegenden Zusammenhang nunmehr geben möchte.
Auch nach der sonstigen Aktenlage ist es sehr unwahrscheinlich, dass die Ausgestaltung dieses einen größeren Auftrags die "für die Kündigung maßgebende Tatsache" i.S.d. § 21 Abs 2 S 2 SchwbG gewesen sein könnte.
Aufschlussreich ist insoweit zB der Inhalt zweier Aktenvermerke von Mitarbeitern der Hauptfürsorgestelle über Betriebsbesuche vom 4.11.1992 bzw 16.2.1993 (Verwaltungsakten S 2, 25). Danach hat der als Zeuge angebotene Mitarbeiter der Beigeladenen E. bereits am 4.11.1992 erklärt, der Keltereibetrieb sei von früher 20 bis 25 Mitarbeitern konjunkturbedingt auf jetzt noch 10 Mitarbeiter geschrumpft; ab November 1992 werde auch noch 20% Kurzarbeit gefahren; aus diesem Grunde wolle man das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger lösen, auch weil er ja bereits Erwerbsunfähigkeitsrente erhalte. In dem Vermerk über den Betriebsbesuch vom 16.2. 1993 ist festgehalten, dass der Mitarbeiter der Beigeladenen K am 17.2.1993 telefonisch mitgeteilt habe, dass der Antrag auf Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung zurückgezogen und der Betrieb zunächst versuchen werde, Daten zu sammeln, um nachzuweisen, dass für den Kläger tatsächlich nur noch geringfügige Arbeiten vorhanden seien. Hiernach wäre zu erwarten gewesen, dass, wenn der Auftrag der Firma B W tatsächlich eine maßgebliche Rolle bei den Überlegungen der Beigeladenen zur Kündigung des Klägers wegen Arbeitsmangels gehabt hätte, die Einzelheiten dieses Auftrags, seiner Dotierung, Abwicklung und Auswirkung auf die Beschäftigungsmöglichkeit des Klägers im einzelnen in dem zweiten Antragsschreiben vom 8.3.1993 beschrieben worden wären. Dies ist aber gerade nicht der Fall. Vielmehr ist dieser konkrete Auftrag weder in der Begründung zum ersten Zustimmungsantrag noch in derjenigen zum zweiten Zustimmungsantrag überhaupt erwähnt. Beide Antragsbegründungen stimmen demgegenüber darin überein, dass auf die längerfristige Absenkung des Fertigungsvolumens und des Mitarbeiterstandes in K abgehoben wird sowie auf die Auslagerung mehrerer "Kostenstellen" aus dem Zuständigkeitsbereich des Klägers (vgl ua die Aufstellung der geleisteten Arbeitsstunden im Meisterbereich von 1985 bis 1992 im Kündigungsantrag vom 10.3.1993, Verwaltungsakten S 51).

Die zeitliche Abfolge, der Inhalt der beiden Zustimmungsanträge, der in der Nachholung einer unzureichenden datenmäßigen Substantiierung zu sehende Grund für die Rücknahme des ersten und die Einreichung des zweiten Zustimmungsantrags, der Inhalt des Kündigungsschreibens selbst sowie auch der Vortrag der Beigeladenen im zugehörigen arbeitsgerichtlichen Verfahren sprechen sämtlich dafür, dass der zwei Jahre später nachgeschobene Grund keine maßgebliche Bedeutung hatte und auch deshalb die Antragsfrist des § 21 Abs 2 SchwbG nicht wahren konnte.

Nach allem kann dahinstehen, ob und inwieweit die Hauptfürsorgestelle und die Verwaltungsgerichte das Vorliegen eines wichtigen Kündigungsgrundes iSd § 626 Abs 1 BGB im Rahmen des § 21 Abs 4 SchwbG zu prüfen haben (vgl dazu grundsätzlich verneinend BVerwG, Urteil vom 2.7.1992, aaO, aber offenlassend für den Fall, dass die vom Arbeitgeber geltend gemachten Gründe eine außerordentliche Kündigung offensichtlich nicht zu rechtfertigen vermögen).

Referenznummer:

MWRE112869600


Informationsstand: 03.04.1997