A
Die Berufung ist zulässig, in der Sache jedoch nicht erfolgreich.
I. Die Berufung ist zulässig. Sie ist insoweit statthaft, wurde vom Kläger nach Zustellung des erstinstanzlichen Urteils am 15. Februar 2019 mit am 13. März 2019 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz vom gleichen Tag form- und fristgerecht eingelegt (§ 66
Abs. 1 Satz 1 und 2, § 64
Abs. 6
ArbGG iVm. § 519
ZPO) und innerhalb verlängerter Berufungsbegründungsfrist mit Schriftsatz vom 13. Mai 2019, bei Gericht eingegangen am gleichen Tag, rechtzeitig und noch ordnungsgemäß begründet (§ 66
Abs. 1 Satz 1 und 2, § 64
Abs. 6
ArbGG iVm. § 520
ZPO). Durch den Einspruch des Klägers gegen das Versäumnisurteil vom 05. November 2019 ist der Rechtsstreit gemäß § 342
ZPO in die Lage zurückversetzt worden, in der er sich vor der Säumnis befunden hat. Der Einspruch ist gemäß §§ 64
Abs. 7, 59
ArbGG statthaft, sowie fristgerecht eingelegt worden.
II. Das die Berufung zurückweisende Versäumnisurteil vom 05. November 2019 war aufrecht zu erhalten, da die Berufung nicht begründet ist. Das Arbeitsgericht hat die Kündigungsschutzklage zu Recht abgewiesen. Die streitgegenständliche ordentliche Kündigung des Beklagten vom 12. Juli 2018 hat das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist gemäß § 622
Abs. 1
BGB zum 15. August 2018 beendet. Der Kündigungsschutzklage gegen die zweite Kündigung vom 09. Januar 2019, die der anwaltlich vertretene Kläger ausdrücklich unbedingt erhoben hat, blieb der Erfolg aufgrund der bereits zuvor erfolgten Beendigung des Arbeitsverhältnisses verwehrt.
1. Die Kündigung gilt nicht bereits infolge nicht rechtzeitiger Klageerhebung gemäß
§ 7 KSchG als von Anfang an rechtswirksam. Der Kläger hat gegen die Kündigung am 26. Juli 2018 fristgerecht innerhalb von drei Wochen nach Zugang beim Arbeitsgericht Mainz - Auswärtige Kammern Bad Kreuznach - Klage erhoben, welche dem Beklagten am 02. August 2018 alsbald zugestellt worden ist. Er hat die auch für Kündigungen im Kleinbetrieb anwendbare (
vgl. KR-Klose 12. Aufl. § 4
KSchG Rn. 17 mwN) Klagefrist des
§ 4 Satz 1 KSchG eingehalten.
2. Die Kündigung ist nicht sozialwidrig iSd.
§ 1 Abs. 2 KSchG. Die Vorschriften des Ersten Abschnitts des Kündigungsschutzgesetzes finden auf das Arbeitsverhältnis nach
§ 23 Abs. 1 Satz 2 KSchG keine Anwendung, da der Beklagte unstreitig nicht mehr als zehn Arbeitnehmer mit Ausnahme der Auszubildenden beschäftigt.
3. Der Wirksamkeit der Kündigung steht nicht eine fehlende Zustimmung des Integrationsamtes gemäß
§ 168 SGB IX entgegen, da das Integrationsamt seine Zustimmung zur streitgegenständlichen Kündigung mit Bescheid vom 10. Juli 2018 erteilt hat. Dass der Bescheid dem Beklagten am 11. Juli 2018 - wie aus dem Auslieferungsbeleg ersichtlich - per Einschreiben zugestellt worden ist, hat der Kläger im Berufungsverfahren nicht mehr in Abrede gestellt. Auch zuvor hatte er den Zugangszeitpunkt im Übrigen nur unter Verweis auf den späteren Eingang des Zustimmungsbescheides beim Klägervertreter unsubstantiiert einfach und damit unerheblich bestritten (§ 138
Abs. 2, 3
ZPO). Unabhängig davon, dass das Verwaltungsgericht Koblenz die Anfechtungsklage mit Urteil vom 13. September 2019 - XXX - abgewiesen hat, hatten Widerspruch und Anfechtungsklage des Klägers gegen die Zustimmung des Integrationsamtes zur Kündigung gemäß
§ 172 Abs. 4 SGB IX keine aufschiebende Wirkung.
4. Die Kündigung ist nicht deshalb nach § 134
BGB nichtig, weil sie gegen das Maßregelungsverbot (§ 612 a
BGB) verstieße. Selbst wenn man mangels ersichtlichen Hinweises des Arbeitsgerichtes nach
§ 6 Satz 2 KSchG (
vgl. BAG 18. Januar 2012 - 6 AZR 407/10 - Rn. 17 mwN, zitiert nach juris) davon ausgeht, dass der Kläger sich noch im Berufungsverfahren erstmals auf das Maßregelungsverbot berufen durfte (
vgl. BAG 04. Mai 2011 - 7 AZR 252/10 - Rn. 20. mwN,
vgl. BAG 20. Januar 2016 - 6 AZR 601/14 - Rn. 14, zitiert nach juris) und dem Berufungsgericht hierdurch eine eigene Sachentscheidungsbefugnis erwachsen ist (
vgl. BAG 04. Mai 2011 - 7 AZR 252/10 - Rn. 27
ff. aaO), liegt ein Verstoß nach § 612 a
BGB nicht vor
4.1. Nach § 612a
BGB darf der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer bei einer Maßnahme nicht deshalb benachteiligen, weil dieser in zulässiger Weise seine Rechte ausübt. Als Maßnahme kommt auch eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses in Betracht. Sie kann sich als Benachteiligung wegen einer zulässigen Rechtsausübung darstellen. Das Maßregelungsverbot ist verletzt, wenn zwischen der Rechtsausübung und der Benachteiligung ein unmittelbarer Zusammenhang besteht. Dafür muss die zulässige Rechtsausübung der tragende Grund, dh. das wesentliche Motiv für die benachteiligende Maßnahme gewesen sein. Es reicht nicht aus, dass die Rechtsausübung nur der äußere Anlass für sie war (
BAG 10. April 2014 - 2 AZR 812/12 - Rn. 63, 19. April 2012 - 2 AZR 233/11 - Rn. 47; 12. Mai 2011 - 2 AZR 384/10 - Rn. 38, jeweils zitiert nach juris). Den klagenden Arbeitnehmer trifft die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass er wegen seiner Rechtsausübung von dem verklagten Arbeitgeber durch den Ausspruch der Kündigung benachteiligt worden ist. Hierzu hat der Arbeitnehmer unter Beweisantritt einen Sachverhalt vorzutragen, der einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen der Kündigung durch den Arbeitgeber und einer vorangehenden zulässigen Ausübung von Rechten indiziert. Der Arbeitgeber hat sich sodann nach § 138
Abs. 2
ZPO im Einzelnen zu diesem Vortrag zu erklären. Sind danach entscheidungserhebliche Behauptungen des Arbeitnehmers streitig, sind grundsätzlich die vom Arbeitnehmer angebotenen Beweise zu erheben (
LAG Rheinland-Pfalz 25. Februar 2014 - 6 Sa 463/13 - Rn. 34, zitiert nach juris;
BAG 22. Mai 2003 - 2 AZR 426/02 - Rn. 13, zitiert nach juris).
4.2. Nach diesen Grundsätzen ist ein Verstoß gegen das Maßregelungsverbot nicht gegeben. Der Kläger hat bereits keinen Sachverhalt vorgetragen, der einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen einer zulässigen Rechtsausübung seinerseits und der danach erfolgten Kündigung des Beklagten indizieren würde. Soweit er sich darauf berufen hat, der Beklagte habe seinen Antrag auf Wiedereingliederung vom 20. Juni 2018 zum Anlass für seine Kündigung genommen, vermochte die Berufungskammer dies nicht nachzuvollziehen. Unabhängig davon, ob der Beklagte den Antrag des Klägers auf Wiedereingliederung ab dem 04. Juni 2018 - wie erstinstanzlich noch unstreitig - per Fax am 25. Juni 2018 (
vgl. Faxkopie mit Kopfzeile vom 25.06.2018, Bl. 25 d. A.) oder - wie zweitinstanzlich vom Kläger behauptet - am 21. Juni 2018 erhalten hat, hatte er zu diesem Zeitpunkt die Zustimmung zum Ausspruch der ordentlichen Kündigung bereits am 11. Juni 2018 beim Integrationsamt beantragt, so dass kein Indiz für einen Zusammenhang zwischen dem Wiedereingliederungsantrag und dem Kündigungsausspruch besteht. Dies gilt umso mehr, als der Beklagte seinen Antrag beim Integrationsamt auf andere Gründe gestützt und ua. geltend gemacht hat, den Kläger entlassen zu wollen, weil er Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen nach Lust und Laune erst Tage später eingereicht habe, mit dem Lkw zu Vorstellungsgesprächen gefahren sei, und Schäden an den Fahrzeugen des Beklagten hervorgerufen habe, für die man als kleiner Betrieb nicht finanziell zumutbar aufkommen könne. Vor diesem Hintergrund kann nicht davon ausgegangen werden, dass eine zulässige Rechtsausübung des Klägers der tragende Grund für die Kündigung gewesen ist.
5. Die Kündigung verletzt auch nicht das Gebot von Treu und Glauben (§ 242
BGB). Hiervon ist das Arbeitsgericht zutreffend ausgegangen.
5.1. Der Grundsatz von Treu und Glauben in § 242
BGB bildet eine allen Rechten, Rechtslagen und Rechtsnormen immanente Inhaltsbegrenzung. Eine gegen diesen Grundsatz verstoßende Rechtsausübung oder Ausnutzung einer Rechtslage ist wegen der darin liegenden Rechtsüberschreitung als unzulässig anzusehen. Die Vorschrift des § 242
BGB ist aber auf Kündigungen neben § 1
KSchG nur in beschränktem Umfang anwendbar. Das Kündigungsschutzgesetz hat die Voraussetzungen und Wirkungen des Grundsatzes von Treu und Glauben konkretisiert und abschließend geregelt, soweit es um den Bestandsschutz und das Interesse des Arbeitnehmers an der Erhaltung seines Arbeitsplatzes geht. Eine Kündigung verstößt deshalb nur dann gegen § 242
BGB, wenn sie Treu und Glauben aus Gründen verletzt, die von § 1
KSchG nicht erfasst sind (
BAG 05. Dezember 2019 - 2 AZR 107/19 - Rn. 12, 22. April 2010 - 6 AZR 828/08 - Rn. 41, 28. August 2003 - 2 AZR 333/02 - Rn. 16, jeweils zitiert nach juris). Es geht vor allem darum, Arbeitnehmer vor willkürlichen oder auf sachfremden Motiven beruhenden Kündigungen zu schützen, zB vor Diskriminierungen iSv.
Art. 3
Abs. 3
GG. Schließlich darf auch ein durch langjährige Mitarbeit erdientes Vertrauen in den Fortbestand eines Arbeitsverhältnisses nicht unberücksichtigt bleiben. Der Vorwurf willkürlicher, sachfremder oder diskriminierender Ausübung des Kündigungsrechts scheidet dagegen aus, wenn ein irgendwie einleuchtender Grund für die Rechtsausübung vorliegt (
BAG 28. August 2003 - 2 AZR 333/02 - Rn. 17, aaO). Die gebotene Berücksichtigung des durch langjährige Beschäftigung entstandenen Vertrauens erfordert, dass der Grund für Kündigungen gegenüber langjährig beschäftigten Arbeitnehmern auch angesichts der Betriebszugehörigkeit "einleuchten" muss. Es kann deshalb als treuwidrig zu werten sein, wenn der Arbeitgeber die Kündigung auf auch im Kleinbetrieb eindeutig nicht ins Gewicht fallende einmalige Fehler eines seit Jahrzehnten beanstandungsfrei beschäftigten Arbeitnehmers stützen will. Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen derjenigen Tatsachen, aus denen sich die Treuwidrigkeit ergibt, liegt unter Berücksichtigung der Grundsätze der abgestuften Darlegungs- und Beweislast beim Arbeitnehmer (
vgl. BAG 25. April 2001 - 5 AZR 360/99 - Rn. 29;
LAG Rheinland-Pfalz 21. Mai 2019 - 6 Sa 21/19 - Rn. 39
ff., mwN, zitiert nach juris).
5.2. Gemessen hieran stand dem Beklagten ein die Treuwidrigkeit der Kündigung nach § 242
BGB ausschließender einleuchtender Kündigungsgrund im dargestellten Sinne zur Seite. Der Beklagte hat im Einzelnen unter Angabe von Daten vorgetragen, der Kläger habe sich mehrfach verspätet krankgemeldet. Der Kläger hat dem keinen substantiierten Sachvortrag entgegengesetzt, sondern lediglich pauschal behauptet, Krankmeldungen immer pünktlich über seine Ehefrau oder seinen Prozessbevollmächtigten eingereicht zu haben. Da er konkrete Einzelheiten hierzu nicht vorgetragen hat, gilt der Vortrag des Beklagten gemäß § 138
Abs. 2, 3
ZPO als zugestanden. Soweit der Kläger geltend gemacht hat, der Beklagte könne sich nicht auf die verspäteten Krankmeldungen berufen, da er zuletzt im Termin vor dem Integrationsamt ein Hausverbot erteilt habe, hat er nicht dargelegt, zu welchem Zeitpunkt dies der Fall gewesen sein soll. Angesichts der Tatsache, dass der Kläger seine weitere Erkrankung nach den Behauptungen des Beklagten überwiegend bereits im Frühjahr 2018 verspätet angezeigt hat und zu diesem Zeitpunkt ein Verfahren vor dem Integrationsamt noch nicht anhängig gewesen ist, bleibt der Einwand des Klägers überdies ohne Erfolg. Unstreitig ist ebenfalls, dass der Kläger Schäden an Firmenfahrzeugen verursacht hat. Unabhängig davon, ob der Kläger diese Schäden mutwillig verursacht hat oder nicht, liegt auch hierin ein Grund, der eine Treuwidrigkeit der Kündigung ausschließt. Dass die Voraussetzungen für die soziale Rechtfertigung einer verhaltensbedingten Kündigung nach § 1
Abs. 2
KSchG vorliegen, ist im Kleinbetrieb des Beklagten gerade nicht erforderlich. Unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit war auch nicht ausnahmsweise eine vorherige vergebliche Abmahnung erforderlich (
vgl. BAG 28. März 2003 - 2 AZR 333/02 - Rn. 33, aaO). Aus welchen Gründen der Kläger meint, wegen seiner Schwerbehinderung diskriminiert worden zu sein, erschloss sich der Berufungskammer nicht. Ob die Kündigung auch deshalb nicht als treuwidrig zu betrachten ist, weil der Kläger nach bestrittener Behauptung des Beklagten bereits im Jahr 2017 gegenüber seinem Kollegen Z. geäußert hat, er könne in der Firma machen, was er wolle, da der Beklagte ihn wegen seiner Schwerbehinderung nicht kündigen könne, kann ebenso dahinstehen, wie die Relevanz der Behauptungen des Beklagten zu den Äußerungen des Klägers in sozialen Netzwerken und zu dessen unstreitiger Androhung, den Beklagten in der Presse diskreditieren zu wollen.
B
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97
Abs. 1
ZPO.
Gründe die eine Zulassung der Revision iSd § 72
Abs. 2
ArbGG veranlasst hätten, bestehen nicht.